Ein Flugzeug der Bundeswehr wird am Nato-Stützpunkt Incirlik überprüft
Der Nato-Stützpunkt Incirlik in der Türkei könnte durch Flugzeugträger auf dem Meer ersetzt werden / picture alliance

Türkei und das Militärbündnis - Raus aus der Nato

Nach dem Türkei-Referendum fordern viele ein Ende der EU-Beitrittsgespräche. Viel wichtiger aber ist die Frage, ob die Türkei weiter in der Nato bleiben soll. Warum mehr dagegen als dafür spricht

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

So erreichen Sie Christoph Schwennicke:

Es ist wie Schattenboxen. Alle Welt arbeitet sich jetzt daran ab, ob die Beitrittsgespräche der EU mit der Türkei nach dem Ermächtigungsreferendum von Recep Tayyip Erdogan beendet werden sollen. Dahinter steht eine Frage, die es gar nicht mehr gibt. Sie lautet: Kann die Türkei vor dem Hintergrund ihrer Entwicklung der vergangenen Jahre unter Präsident Erdogan in der Nato bleiben?

1952 ist das Land zusammen mit Griechenland Mitglied des transatlantischen Militärbündnisses geworden. Von Anfang an waren weniger gemeinsame Werte als vielmehr geostrategische Interessen ausschlaggebend. Die Türkei ist mit ihrem Luftwaffenstützpunkt Incirlik eine Art stationärer Flugzeugträger der Nato für den Nahen und Mittleren Osten.

Damit verbunden war die Hoffnung, eine kemalistische Türkei Richtung Westen zu binden. Zugunsten dieser militärstrategischen Funktion und dieses politischen Anreizes wurden über Jahrzehnte viele Augen zugedrückt. Die Frage aber ist: Geht das noch? Und muss das überhaupt noch sein?

Artikel 5 verpflichtet zu militärischem Beistand

In den vergangenen 60 Jahren haben sich sowohl die Technologien als auch die Militärstrategie weiterentwickelt. Landgestützte Luftstreitkräfte sind nicht mehr so alternativlos, wie sie es seinerzeit waren. Mehr und mehr gehen vor allem die USA zu flexibleren und mobileren Lösungen, sprich: seegestützten Lösungen über. Also Flugzeugträgern. Weil die Technologien das möglich machen und die Abhängigkeiten von Staaten, von denen man in militärischen Belangen lieber nicht abhängig ist, in den vergangenen Jahrzehnten offenkundig geworden sind. Incirlik steht nicht zuletzt für dieses Dilemma.

Neben der Frage, ob man sich im Zugang zu seiner gemeinsamen Militärbasis und in seinen Einsätzen von einem Herrscher wie Erdogan abhängig machen möchte, stellt sich darüber hinaus die nach Artikel 5 des Nato-Vertrages. Der legt fest, dass die übrigen Nato-Mitglieder im Bündnisfall, also bei einem Angriff von außen, einem Partnerland militärisch beistehen. Zuletzt hatte der Angriff vom 11. September 2001 den Bündnisfall ausgelöst und damit den gemeinsamen Nato-Einsatz in Afghanistan.

„Demoktator“ Erdogan

Erdogan ist spätestens seit dem Referendum zum Präsidialsystem ein „Demoktator“. Ein Diktator, dessen Ermächtigungsgesetz das Volk selbst gewählt, den es sich damit auf die nächsten zehn Jahre selbst als autoritären Führer gegeben hat.

Der Mann ist eine lose Kanone an Bord des Verteidigungsbündnisses, das sich auf gemeinsame Werte gründet. Was, wenn Erdogan beim nächsten Putschversuch abermals fremde Mächte, die Gülen-Bewegung oder wen auch immer, als Gegner ausmacht und die Nato-Partner zum Beistand auffordert? Möchte im westlichen Bündnis jemand vor eine solche Frage gestellt werden? Um diesen Punkt geht es viel mehr als um die sich fast albern ausnehmende Forderung, die deutschen Bundeswehrsoldaten aus Incirlik abzuziehen. Das ist plumper und typisch deutscher Aktionismus, bei dem man sich vielleicht gut fühlt, der aber am eigentlichen Problem nichts ändert.      

Risiken eines Türkei-Austritts

Der frühere Nato-General und Generalinspekteur Harald Kujat hat schon vor einem Jahr die Türkei einen „unsicheren Kantonisten“ in der Nato genannt und die Frage der Mitgliedschaft aufgeworfen. Seither hat sich das Land am Bosporus rasant und unbeirrt weiter zum Gegner des Westens entwickelt. Sicherer ist dieser Kantonist also bestimmt nicht geworden. Im Wahlkampf fürs Referendum hat Erdogan mit wüsten Beschimpfungen des Westens und Europas Stimmung gemacht. Wenn es also neue Technik und neue Strategien möglich machen, auf den Flugzeugträger Türkei zu verzichten, dann sollte man diesen Weg ernsthaft in Betracht ziehen.

Es gibt gewichtige Gegenargumente, zweifellos. Da ist die Gefahr, dass sich die Türkei weiter Russland zuwenden könnte. Das allerdings wäre nur ein Folgefehler der verfehlten Russlandpolitik der Nato. Russland könnte bei mehr politischer Weitsicht und strategischem Verstand schon lange Nato-Partner sein. Dennoch: Die Achse Putin-Erdogan ist keine, die man sich als Kontrahenten wünscht. Zugleich hegt Wladimir Putin aus langjähriger Erfahrung einen tiefen Argwohn gegen alle Politik, die im Gewand des Islam daherkommt. Seine Begeisterung für Erdogans Re-Islamisierung der Türkei wird sich also in Grenzen halten.

So wenig Abhängigkeit wie möglich

Bleiben wie immer die USA. Deren neuer Präsident Donald Trump hat Erdogan nach dem Referendum am Telefon gratuliert und lässt generell hie und da eine unselige Sympathie für Autokraten erkennen. Zugleich wechselt er seine Ansichten schneller als ein Chamäleon die Farbe. Die Nato hielt er zunächst für überflüssig, inzwischen singt er ihr Ständchen. 

Bei allen berechtigten Widerreden und Einwänden: Die Debatte über die Nato-Mitgliedschaft der Türkei muss geführt werden. Schon allein deswegen, weil der Nato-Vertrag gar keinen Ausschluss vorsieht und eine Änderung des Vertrages von allen Partnern ratifiziert werden müsste.

Nach Abwägung der Für und Widers spricht viel dafür, alles zu tun, um sich von diesem Nato-Partner zu verabschieden. Strategisches Ziel des Westens muss sein: so wenig Abhängigkeit von einer Erdogan-Türkei wie möglich. Eine Militärbasis in Incirlik und die Beistandsklausel der Nato als Faustpfand eines „Demoktators“ sind das Gegenteil dessen.

 

Zu diesem Artikel gibt es eine Umfrage
Cicero arbeitet mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Civey erstellt repräsentative Umfragen im Netz und basiert auf einer neu entwickelte statistischen Methode. Wie das genau funktioniert, kann man hier nachlesen. Sie können abstimmen, ohne sich vorher anzumelden.
Wenn Sie allerdings  direkt die repräsentativen Ergebnisse – inklusive Zeitverlauf und statistische Qualität – einsehen möchten, ist eine Anmeldung notwendig. Dabei werden Daten wie Geburtsjahr, Geschlecht, Nationalität, E-Mailadresse und Postleitzahl abgefragt. Diese Daten werden vertraulich behandelt, sie sind lediglich notwendig, um Repräsentativität zu gewährleisten. Civey arbeitet mit der Hochschule Rhein-Waal zusammen.

 

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Gerdi Franke | Mi., 19. April 2017 - 14:43

Braucht das Bündnis einen derart unberechenbaren Partner? Diese Frage ist falsch! Sie muss lauten: Kann sich das Bündnis einen derart unberechenberen Partner leisten? Und ich meine Nein! Weil das Risiko viel zu groß ist in Auseinandersetzungen gezogen zu werden, die nicht im Interesse der anderen Partner sind!

Günther Zeretzki | Mi., 19. April 2017 - 15:27

Das Problem ist, mit Schutz ist nicht zu spaßen. Alles hängt davon ab, wie man die aktuelle Sicherheitslage einschätzt. Eigentlich wäre ich für eine Abschaffung der NATO. Den Ostblock gibt es auch nicht mehr und es gibt wenige Gründe, nicht mehr Souveränität für Deutschland von der USA einzufordern. Nirgends steht geschrieben, dass es für Sicherheit möglichst große Militärblöcke braucht. Und nirgends steht geschrieben, dass Kulturaustausch nur über ein gemeinsames Militärbündnis stattfinden kann. Von den aktuell größten Gefahren hängt nur die Hälfte der Entscheidungen ab.

Peter Müller | Mi., 19. April 2017 - 15:39

Die Türkei ist das Pipeline-Tor zum europäischen Energiemarkt. Dieses Tor offen zu halten, daran haben die Saudis und damit die Amerikaner ein großes Interesse.

Sprich: Europa wird sich mit Erdogan arrangieren, auf Befehl von Oben.

Herr Müller, wenn Sie unter „Befehl von oben“ die USA meinen, dann gebe ich Ihnen recht.
Ich bin kein Anhänger der NATO, da hier leider wieder die USA die Hauptrolle spielt und unsere Politiker – vor allem unsere Verteidigungsministerin – volle Abhängigkeit demonstrieren.

Leider zeigt sich kein Trend für eine europäische Lösung, sonst würde ich sofort für eine Abschaffung der NATO plädieren. Dann wäre das Thema Türkei auch vom Tisch.

Juliana Keppelen | Mi., 19. April 2017 - 16:09

kann man nur zustimmen und trotzdem wird nichts passieren. Die EU-Außenpolitik und Nato-Politik wird nicht in Brüssel oder Berlin bestimmt. Was in der EU und in der Nato zu passieren hat entscheiden andere.

Ralf Müller | Mi., 19. April 2017 - 16:12

Die Diskussion um den EU-Beitritt der Türkei wurde und wird von Beginn an unehrlich geführt. Es war ausschließlich die linksgrüne Politik, die später zum Mainstream wurde, die für einen solchen EU-Beitritt war und die gierige Wirtschaft, die seit ewigen Zeiten Massenmigration und Türkeibeitritt einfordert. Die normale Bevölkerung, abseits der Parlaments-Parteien, hat diesen Beitritt nie! gewollt. In diesem Land zählt das Volk nichts - und damit meine ich alle Deutschen - deshalb kann Politik machen, was sie will. Über unsere Köpfe hinweg. Jetzt gibt die Türkei den Anlass, dieses traurige kapitel ein für allemal zu beenden. Im Frieden und gegenseitigen Respekt. Erdogan hat viel geleistet. Vielleicht hat er sich jetzt vertan. Aber alles das hat mit der EU nix zu tun. Die Türkei ist Orient, Asien, nicht Europa. Überdehnt Europa nicht!

"Überdehnt Europa nicht!", ich meine Europa kann man nicht "Überdehnen" EU aber schon. Was zur Zeit als -tatsache sich herausstellt ist,das EU mit Ausdehnung sich selbst in die enge getrieben hat, und das herausfzukommen ist fast unmöglich geworden. Leider gibt es wenig Hoffnung auf Rettung, ist aber noch mit Grosserrrmühe eventuell zu Richtigstellung mit kleiner Wahrscheinlichkeit machbar. Hoffentlich.

Albert Schultheis | Mi., 19. April 2017 - 17:20

Die NATO ist eine aggressive, militärische Organisation, die ohne Skrupel die Interessen ihrer Führungsmächte durchsetzt - egal, was es kostet. Ethische Werte haben in dieser Organisation keinen Platz - und wo sie herbeizitiert werden, sind das nur leere Worthülsen zur Kaschieren ihrer wahren Ziele.
Zu dieser Organisation passt die Türkei unter einem Diktator Erdogan genau so gut wie die USA unter Trump, Deutschland unter Merkel oder England unter May.

Albert Schultheis schätzt die Lage treffend ein. Die NATO war niemals ein militärisches Defensiv-Bündnis, sondern eine Organisation zur Eindämmung sozialistischer und kommunistischer Ideen, die sich zunächst in Russland und dann auch bei den Verbündeten des Warschauer Vertrages durchsetzen konnten. Einzig die Tatsache, daß beide Militärbündnisse, also die NATO und der Warschauer Pakt, über eine atomare Bewaffnung verfügten, also über Waffensysteme, die im Einsatzfall die gesamte Zivilisation in Schutt und Asche legen konnten, hinderte die NATO an der Durchsetzung ihrer früheren Roll-back-Strategie.
Inzwischen hat sich die strategische Situation grundlegend geändert. Eine angebliche Bedrohung durch die Sowjet-Union bzw. die Staaten des Warschauer Paktes gibt es seit wenigstens zwei Jahrzehnten nicht mehr.
Und der Islamische Staat ist eine Schimäre, die als Feindbild dafür herhalten muß, um die NATO-Organisation beibehalten zu können.
Deshalb kann die Losung nur heißen: Abschaffen!

eine Schimäre. Eine erfundene Feind, der ohne die Unterstützung der NATO nicht mal 1 Woche sich halten kann. Je mehr eingebildete Feinde, mehr Aufträge der Waffenlobby. Abschaffen, schon gestern.

Nur wenige Diskussionspartnerinnen und Diskussionspartner kommen zu wirklich klarsichtigen Erkenntnissen, wie etwa Kostas Aslanidis (siehe oben).
Es kann nicht sein, was nicht sein darf!
Gäbe es weltweit "keine Feinde" mehr, könnten die Waffenproduzenten allesamt Insolvenz anmelden und die dubiosen "Waffenhändler" wären weitgehend beschäftigungslos und müßten auf Provisionen in Millionenhöhe verzichten.
Genau deshalb gibt es den "Islamischen Staat" (IS), der die Waffenproduktion schon durch seine Existenz forciert und auch forcieren soll.
"Amtierende" Politikerinnen und Politiker würden diese Erkenntnis niemals öffentlich zu äußern wagen, nicht einmal der SPD-Vorsitzende Martin Schulz, der ansonsten gerne Klartext redet. Schade eigentlich...

Dr. Lothar Sukstorf | Mi., 19. April 2017 - 17:36

Guter Anstoss! Die Nato wurde aus geostrategischer Sicht gegründet, um die UdSSR einzudämmen(man nannte das damals Containment-policy) die durch die flexible respone in den 60ziger Jahren abgelöst wurde. Um sogenannte "westliche Werte" ging es nie bei der Nato, das sind heute alles nur Argumente, mehr für Medien und für solche, wie die Grünen, gedacht und gebracht. Auch das Bemühen D., aus der Nato eher ein "Pazifismus-Insitut" zu machen, ändert nichts daran, es ist und bleibt ein Militärbündnis. Die Türkei kann gerne austreten. Sie wird dann genau so wie Frankreich, unter de Gaulle, assoziert bleiben. Man wird die vorhandene militärische Infrastruktur auch weiterhin nutzen. Dies alles abzubauen, ist die Türkei logistisch gar nicht in der Lage. Ersatz: Bulgarien und Rumänien. Und ggf. wird die Nato Ägypten assozieren. Allein wegen der asymmetrischen Bedrohungen bleibt die Türkei und wegen der türk. Generäle, die durch den Austritt Pfründe verlören. Auf die muss Erdogan auch achten.

Christiane Bohm | Mi., 19. April 2017 - 18:17

Was machen wir in Syrien? Ist irgendein Nato Partner von Syrien oder seinen Schutzmächten Russland und Iran angegriffen worden?

Nicolas Wolf | Mi., 19. April 2017 - 18:27

Der Bündnisfall der NATO wurde nicht nur zu letzt 2011 ausgerufen, sondern von diesem Ereignis abgesehen noch gar nicht. GB hat auch ohne die NATO die Falklandinseln zurückerobert, den Vietnamkrieg haben die USA auch ohne NATO verloren. Griechenland und Türkei haben NATO-intern auch miteinander keinen Krieg gehabt, auch wenn das knapp war. Daher ist die NATO bisher noch nicht ernsthaft getestet wurden und wer da am ende welche Rolle spielen würde, na wer weiß. Ob die Türkei der unsichere Kantonist ist, der das Problem in der Nato darstellt? Da habe ich so meine Zweifel, denn die Türkei ist sicherlich eher für einen Krieg bereit als Deutschland (nur lange dürfte dieser Krieg nicht dauern, dafür reichts wirtschaftlich nicht). Den Zweck für das Verteidigungsbündnis erfüllt die Türkei aber so alle mal. Daher sollte man gerade aus deutscher Sicht vorsichtig sein, denn diesen Zweck erfüllt Deutschland nur sehr eingeschränkt, Ideologie ist dann auch nicht besser als die Fähigkeit.

Heinrich Niklaus | Mi., 19. April 2017 - 19:09

US-Präsident Trump hat die Türkei als strategischen Nato-Verbündeten herausgestellt. Der Nato-Stützpunkt Incirlik gilt als stationärer „Flugzeugträger“ für Operationen im Nahen Osten.

Ist alleine vor diesem Hintergrund damit zu rechnen, dass die USA einen Austritt der Türkei aus der Nato unterstützen würden? Ganz sicher nicht.

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die muslimische Welt den westlichen Demokratisierungsbemühungen die Kalte Schulter zeigt.

Und selbst in Demokratien sozialisierte Muslime fühlen sich eher, wie das Türkei-Referendum zeigt, ihren „muslimischen Führern“ verbunden als „westlichen Werten“.

Der Westen muss sich gegenüber der islamischen Welt und dem politischen Islam deutlich positionieren. Die bisherige „Strategie des Westens“, sich wegzuducken und einer Konfrontation dadurch auszuweichen, indem man behauptet, der Terror in Europa habe „nichts mit dem Islam zu tun“, ist nicht länger durchhaltbar.

Hans Beyer | Do., 20. April 2017 - 00:14

Auch diese sollte man beachten. Erdogan ist der Wiedergänger des Osmanischen Reiches.
Für ihn ist es eine inakzeptable Zumutung, mit denen verbündet sein zu müssen, die vor 100 Jahren das Osmanische Reich zerschlagen haben: England, Frankreich, USA.
Schlagworte sind: Sykes-Picot-Abkommen, Balfour-Declaration.

In der nächsten Zeit wird er wohl seinen Bezug zu diesen Staaten lockern und sich mehr nach Osten orientieren, auf Iran und Pakistan. Diese drei können gemeinsam eine mittlere Macht darstellen und auch auf Atomwaffen zurückgreifen.

Deutsches Interesse ist dagegen, die von der Nato auferlegte Gastarbeiter-Einführung rückabzuwickeln, da sie in diesem stets gewachsenen Ausmaß durch die großen Kulturunterschiede sehr viele Probleme hervorgebracht und auch zu vielen Toten und Verletzten auf deutscher Seite geführt hat (google "Einzelfall"). Außereuropäische Einwanderung in erheblichem Maß ist Belastung und Bedrohung für europäische Völker.

Marco Holter | Do., 20. April 2017 - 00:34

Es tut mir leid, aber ich kann nicht zustimmen. Aus deutscher Sicht scheint die NATO Mitgliedschaft der Türkei fraglich. Die USA werden die Türkei aus strategischer Sicht nicht fallen lassen. Zu wichtig ist der Standort Türkei. Die Nähe zu allen Konfliktherden im nahen Osten, zum Kaukasus und zu Russland ist ein riesiger strategischer Vorteil für diverse militärische Konflikte in diesen Regionen. Ich glaube die USA haben sogar einige Atomwaffen dort stationiert. Das Risiko einer Achse China-Russland-Türkei wird kein vernünftiger NATO Stratege in Kauf nehmen wollen. Solange Herr Erdogan nicht völlig durchdreht wird die Türkei die NATO niemals verlassen.

Leonhard Bolschakow | Do., 20. April 2017 - 02:05

Die Türkei aus der NATO zu schmeißen, wäre falsch. Ich bin kein Fan von Erdogan, aber strategisch wäre diese Entscheidung brandgefährlich. Hat jemand mal auf die Weltkarte geschaut? Die Türkei ist wie ein Schutzpuffer. Ich glaube, das berühigt sich wieder. Und immer das Argument, dass sich die Türkei Russland zuwenden könnte. Ihr langweilt mich. Ihr seid so einfallslos, immer noch in eurem westlichen Denken gefangen. Es gibt in Asien genug andere Partner, die mit der Türkei zusammenarbeiten würden.

Marc Meyer | Do., 20. April 2017 - 05:23

Ich sehe das genauso wie der Autor. Aber der Rauswurf wird nicht kommen. Dafür wird die EU in Brüssel sorgen die ja trotz der Wahlen noch immer an Beitrittsgesprächen festhält (man darf sich alles gegenüber der EU erlauben, die EU ist so schwach das sie nichts unternehmen wird). CDU und SPD werden die Türkei in der Nato halten, den beide Parteien sind im Zweifel gegen Demokratie, in der muss man nähmlich alle Gesetze einhalten, und das wollen beide Parteien schon beim Euro nicht.

Dr. Roland Mock | Do., 20. April 2017 - 09:26

Vieles von dem, was Herr Schwennicke schreibt, ist einleuchtend. Dennoch glaube ich, daß das Thema der NATO-Mitgliedschaft in Moment einfach nicht auf der Tagesordnung steht. Ein weiteres Faß in unruhigen Europa würde- ohne Not- aufgemacht. Warten wir doch erst einmal, wie die Türkei (und auch die Einstellung Trumps zu Erdogan) entwickeln. Ich bin sicher, daß die Führungsgremien der NATO dies seit Jahren intern diskutieren und einen Plan B für den Fall, daß die Türkei sich vollends vom Westen abwenden sollte, hat.

Matthias Junglewitz | Do., 20. April 2017 - 11:07

denn wie so häufig liegt die Antwort in der Geschichte. Erdogan wird niemals freiwillig die NATO verlassen, denn die ist sein einziger wehrhafter Schild gegen den Erzfeind der Türkei: Russland. Zeit ihrer Geschichte haben diese beiden Länder erbitterten Krieg gegeneinander geführt. Ganz Südrussland (westlich des Ural) und die Krim waren Herrschaftsbereich des osmanischen Reiches bis ihnen unter Katarina II entgültig diese Gebiete entrissen wurden. (Siehe Münchhausen). Jeder russische Marinekadett träumt davon mit der Schwarzmeerflotte nach Istanbul zu fahren, die Minarette der Hagia Sophia zu sprengen und Istanbul als Konstantinopel wieder als Mittelpunkt der orthodoxen Christenheit zu etablieren (siehe 2. und 3. Rom). Und die Armenier wollen auch wieder ihr altes Staatsgebiet wiederhaben (Teile Ostanatolien). Nein, Erdogan weiß genau, dass er nach dem Austritt aus der NATO verwundbar ist und alleine deshalb wird er bleiben wollen. Die Orthodoxen wollen 1453 rückgängig machen.

ist die Türkei für die USA aus strategischen Gründen unverzichtbar. Einmal für die Umklammerung des russischen Territoriums mit Nato-Stützpunkten und für den Zugang zu den Rohstoffen aus dem nahen und mittleren Osten. Die Strategen im Pentagon werden nicht im Traum daran denken, hier etwas zu ändern, selbst wenn die deutsche Regierung darauf drängen würde.

Matthias Junglewitz | Do., 20. April 2017 - 19:08

Antwort auf von Karin Zeitz

Die Türkei spielt für die USA strategisch zunehmend eine geringere Rolle. Erstens können die USA die aufplatzenden Konflikte nicht beherrschen. Die reichen teilweise in die antiken Zeit zu den Perserkriegen der Antike und Alexander des Großen, auf jeden Fall zu den islamischen Eroberung und den Kreuzzügen. Die neusten russischen Raketensysteme heißen Iskander, auf arabisch, persisch heißt das Alexander. Jeder Schritt in dem Krieg dort ist historisch, religiös motiviert. Da Religion in unserer Gesellschaft zunehmend an Einfluss verliert übersehen unsere Politiker und Gesellschaft den Zusammenhang. Sie verstehen es nicht. Die Sprengkraft die dort sitzt ist gewaltig. Und die Türkei gerät zunehmend in ein Visier, dass man schon als vergessen galt. Die Orthodoxen wollen Konstantinopel wieder haben. Und die Türkei gerät zunehmend wie eine Nuss in einen Nussknacker. Wenn die Kurden mitmachen wird sie geknackt. Die Iraner werden stillhalten. Schiiten mögen die Sunniten nicht.

Karin Zeitz | Mo., 24. April 2017 - 08:11

Antwort auf von Matthias Junglewitz

zwischen den muslimischen Glaubensrichtungen sind nichts Anderem als den Herrschaftsansprüchen der jeweiligen Vertreter geschuldet und werden von den imperialistischen Kräften des Westens geschürt. Die Unterstellung, dass die orthodoxen Christen Kreuzzugsgelüste hätten und Konstantinopel erobern wollten halte ich für absurd. Womit begründen Sie diese Auffassung?

Ralf Müller | Do., 20. April 2017 - 12:07

Warum will EU Erdogan die Todesstrafe verbieten?
USA hat sie, China hat sie, Indien auch, viele Kleinere haben sie. Hat die scheinheilige BRD oder die EU die Beziehungen deswegen zu einem dieser Staaten abgebrochen? NEIN. Warum wird dann der Türkei gedroht? Völlig anders ist es mit der Beitrittsperspektive. Die gehört beendet aber nicht wegen Todesstrafe sondern weil die Türkei weder ein europäisches Land ist, noch europäische Kultur lebt. Türkei ist Orient, Asien, Moslemkultur, aber kein westliches Europa. Das ist keine Wertung oder Herabsetzung, es ist wertfreie Tatsache. Wer die Türkei kennt, der sieht den Unterschied zwischen Europa und dem Orient. Unterschiede sind nichts Schlechtes.

Bernhard Kopp | Do., 20. April 2017 - 15:55

Bei aller Sympathie für eine Neuordnung der Nato, zurück zu einer eindeutigen Verteidigungsgemeinschaft ohne out-of-area Missionen - es ist aber nicht anzunehmen, dass die USA die Nato-Mitgliedschaft der Türkei überhaupt auf eine Tagesordnung nehmen würden. Trump gratuliert Erdogan.