- Jetzt braucht es schnell ein Gesetz
Der Deutsche Ethikrat hat ein klares Urteil gefällt. Nun muss die Zulassung von Beschneidungen rasch vom Bundestag gesetzlich geregelt werden, um die Verunsicherung bei Ärzten und Eltern zu beenden. Ein Kommentar
Es ist das höchste deutsche Gremium in Fragen der Moral. Sein Votum hat Gewicht, weil es Aufschluss gibt über die Fundamente unserer Gesellschaft. Die Kompetenz der 26 Sachverständigen ist unbestritten. In ihrem Urteil berücksichtigen sie voll umfassend die medizinischen, rechtlichen, religiösen und ethischen Aspekte eines Problems. Und deshalb hat der folgende Satz eine besondere Wucht: Einstimmig – ja, genau: einstimmig! – hat sich der Deutsche Ethikrat für die gesetzliche Zulassung der Beschneidung ausgesprochen. Das ist ein Signal, wie es kräftiger kaum geht.
Natürlich gab es Vorbehalte, die Debatte war kontrovers, und die Zustimmung wurde an Bedingungen geknüpft. Dazu gehören eine qualifizierte Schmerzbehandlung, eine fachgerechte Durchführung mit Betäubung und ein Vetorecht des Kindes abhängig von seinem Entwicklungsstand. Doch die Grundsatzfrage wurde abschließend geklärt: Die Beschneidung von Neugeborenen aus religiösen Gründen sollte an sich nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Damit wurde, zumindest implizit, das anders lautende Urteil des Landgerichts Köln zurückgewiesen. Das ist klar und deutlich.
Nun muss schleunigst ein entsprechender Gesetzentwurf her. Das Mehrheitsvotum des Bundestages sowie die einmütige Empfehlung des Ethikrates gestatten es niemandem mehr, auf Zeit zu spielen. Alle Argumente sind bekannt, weiterer Diskussionsbedarf besteht nicht, der Handlungsdruck – auch verstärkt durch die jüngste Anzeige gegen einen jüdischen Geistlichen – ist groß.
Es ist falsch, den Gegnern der Beschneidung pauschal unlautere Motive zu unterstellen. Viele haben lediglich das Kindeswohl im Sinn. Aber sie sollten akzeptieren, dass die höchste institutionelle moralische Autorität in diesem Land, der Deutsche Ethikrat, nach eingehender Prüfung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist. Möglichst noch in diesem Jahr sollte ein Beschneidungs-Schutz-Gesetz verabschiedet werden. Wer sich dann noch dagegen stellt, braucht ein Argument, das der Ethikrat nicht bedacht hat. Die Suche danach dürfte schwierig werden.
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