- Asoziale aus so genannten besseren Kreisen
Steuerhinterzieher gehören an den Pranger, denn sie sind die wahren Asozialen im Lande: Die wohlhabenden Raffkes mit Konten in der Schweiz zeigen nämlich nicht dem Staat was eine Harke ist, sie betrügen alle ehrlichen und fleißigen Steuerzahler
So ganz wohl fühlt man sich nicht dabei, wenn der Staat mit Hehlern zusammenarbeitet. Denn es sind ja Kriminelle, die ihren Bank-Arbeitgebern in der Schweiz oder Lichtenstein Daten mit den Namen deutscher Steuerhinterzieher stehlen und sie deutschen Behörden gegen satte Millionen-Honorare anbieten. Darf das ein Rechtsstaat?
Andererseits: Der Staat macht Deals mit Geiselnehmern, belohnt V-Leute mit Geld für ihren Verrat, gewährt Strafnachlass, wenn ein größerer oder kleinerer Gauner auspackt. Das alles mit dem Ziel, Straftäter zu überführen oder Straftaten zu verhindern.
Ganz abgesehen von diesen juristischen Fragen: Tausende Deutsche, die den Fiskus mit ihren Schwarzgeldkonten im Ausland gewollt und gezielt betrogen haben und immer noch betrügen, verbringen zur Zeit schlaflose Nächte, konsultieren atemlos ihre Rechtsanwälte und Steuerberater. Nicht wenige versuchen, durch Selbstanzeige das Schlimmste zu verhindern.
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Mögen die Betroffenen auch Selbstmitleid empfinden und sich über die staatliche Praxis des Datenkaufs empören – Mitleid haben diese Raffkes, die sich beim Steuerzahlen über dem Gesetz wähnten, nicht verdient. Im Gegenteil: Da kommt Schadenfreude auf – und das aus gutem Grund.
Denn die Ertappten sind in der Regel Menschen aus so genannten gutbürgerlichen Kreisen: Manager, leitende Angestellte, Handwerker, Selbständige und deren Erben. Sie würden sich, wenn man sie fragte, zu der staatstragenden Schicht zählen: politisch interessiert, gesellschaftlich engagiert, gesetzestreu und patriotisch.
In dieser ehrenwerten Gesellschaft ist man sich einig, dass „die Wirtschaft“ das Rückrat des Landes ist, die meisten Politiker nur auf den eigenen Vorteil bedacht, die Steuern viel zu hoch und die Staatsfinanzen marode sind. Ob beim Small Talk im Golfclub, bei der Opernpremiere oder auf den Business Seats der Fußballarenen sind sich diese Herrschaften einig: Wenn die Beamten nicht so faul, die Verwaltung nicht so unproduktiv und die Transferleistungen für die arbeitsscheuen „Sozialschmarotzer“ nicht so hoch wären, dann könnten die Steuern viel niedriger und die öffentlichen Haushalte ausgeglichen sein.
Viele dieser Steuerhinterzieher reden im Freundes- und Bekanntenkreis ganz offen darüber, dass sie sich „von diesen Politikern nicht mehr alles gefallen lassen“. Steuerhinterziehung wird so zum Akt zivilen Ungehorsams, ja des individuellen Widerstands. Und besonders schlau fühlen sie sich auch noch, weil sie glauben, ihre Auslandsgelder so gut versteckt zu haben, dass sie verschlafenen Finanzbeamten nie und nimmer dahinter kommen.
Tatsächlich betrügen diese Biedermänner und –frauen weder die Politik noch den Staat. Die Steuern, die sie hinterziehen, zahlen eben andere. Wenn der Staat eines kann, dann sich die Finanzmittel zu besorgen, die er braucht – durch höhere Steuern, höhere Abgaben, höhere Schulden beziehungsweise durch eine Kombination aus allen drei Optionen.
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Auch wenn es unrealistisch ist: Würden alle Steuerzahler, dem Staate geben, was des Staates ist, (und würden alle Sozialleistungs- und Transferempfänger nur beanspruchen, was ihnen zusteht) dann könnten die Steuern und Abgaben niedriger sein oder die Staatsausgaben höher. Doch in der realen Welt führt der Steuerbetrug der einen zur höheren Belastung der anderen.
Die Damen und Herren Mitglieder der Steuerhinterzieher-Kaste zeigen nicht dem Staat was eine Harke ist, sie zahlen es nicht der Politik heim. Nein, sie betrügen alle ehrlichen und fleißigen Steuerzahler und nehmen es lächelnd in Kauf, dass ihretwegen andere mehr zahlen oder Einschränkungen staatlicher Leistungen hinnehmen müssen.
Steuerhinterziehung ist Betrug am Gemeinwesen. Steuerhinterzieher verhalten sich asozial. Deshalb haben sie kein Mitleid verdient und keine mildernde Umstände, sondern harte Strafen. Am besten wäre es, man könnte sie wie im Mittelalter auf dem Marktplatz an den Pranger stellen. Nun ja, die Veröffentlichung ihrer Namen samt der Höhe der von ihnen hinterzogenen Steuern im Internet täte es auch.
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