- Der Schriftgott aus Kassel
Erst 46 und schon Großvater – für Friedrich Forssman ging es auch sonst schnell voran: Als einer der bedeutendsten Typografen und Bezwinger des Arno Schmidt’schen Mammut-Werkes «Zettels Traum» lebt er vom reinen Glück der Bücher. Ein Besuch auf der Kasseler Wilhelmshöhe. Von Alexander Cammann
Sonor summt es
vorne im Wagen, während er sich schwungvoll in die Kurve legt.
Hinauf geht es dann die langgestreckte Wilhelmshöher Allee; schon
thront hoch droben auf dem Karlsberg weithin sichtbar der Herkules,
jene zehn Meter hohe Statue aus Kupfer, die seit 1717 die Ansicht
der Stadt prägt. Durch Kassel also in einem anthrazitfarbenen
Citroën Traction Avant, Baujahr 1955, Farbe bleu nuit: fürwahr ein
herrliches Gefährt, dessen angenehmes Motorengebrumm auch dem
führerscheinlosen Laien auf dem Beifahrersitz auffällt, nachdem er
zuvor vergeblich nach dem selbstverständlich nicht vorhandenen Gurt
gegriffen hatte. Stilgerecht in einen hellen Sommeranzug gewandet,
erzählt der routinierte Chauffeur, dessen Kopf die Kabinendecke
touchiert, von den Urlaubsreisen mit seiner Frau in diesem
unverwüstlichen Automobil: quer durch Europa, nach Rom, nach
England, nun, da die Kinder aus dem Haus seien … Voller Neid
wandert der Blick des Beifahrers nach draußen, wo sich alle Köpfe
nach diesem König der Straße umdrehen.
Ausgerechnet Kassel: Wer die üblichen Klischees im Kopf hat, wer da
an die unablässigen Tiraden des Literaturwissenschaftlers und
«Merkur»-Herausgebers Karl Heinz Bohrer gegen alle
deutsch-provinziellen Höllen aus Fußgängerzonen denkt, der wird
durch den unkonventionell-effektvollen Auftritt dieses
Automobilisten gleichsam automatisch bekehrt. «Der Provinzbegriff
war auch schon mal schärfer», meint der Mann am Steuer dazu nur
lässig; zudem sei man hier in einer einstigen Residenzstadt in der
Mitte Deutschlands und also in zwei ICE-Stunden überall: ob in
Hamburg, Berlin, München oder Stuttgart. Jetzt sind wir angekommen,
ein paar Schritte nur vom Schlosspark Wilhelmshöhe entfernt, dessen
sattes Grün in der Mittagssonne prangt. Rasch lässt der Mann im
hellen Anzug den staunenden Gast noch einen Blick auf den Motor
werfen, dann führt er ihn unter üppigen Magnolien und Glyzinien
hinein in eine Gründerzeitvilla am Hang über der Stadt. Hier lebt
also dieser Automobilist seit mehr als zwanzig Jahren: Friedrich
Forssman, einer der renommiertesten Typografen und Buchgestalter
des Landes. Ein paar Fragen haben wir bei unserem Besuch, der so
überraschend im Oldtimer beginnt, auf dem Herzen: Was ist das
Geheimnis eines schön beschaffenen Buches? Wie muss man selbst
beschaffen sein, um sich der Buchästhetik zu verschreiben und mit
tausend Buchstabenformen derart zu zaubern? Und wie zum Teufel hat
er es hinbekommen, «Zettels Traum», das hochkomplexe Spätwerk Arno
Schmidts, das infolge seiner detailversessenen, höchst schwierigen
Textstruktur lange für unsetzbar gehalten wurde, schließlich in
zehnjähriger Arbeit doch zu setzen und zu einem druckreifen, im
vergangenen Jahr erschienenen Buch zu machen? Dynamisch nimmt der
Hausherr mehrere Stufen auf einmal im Treppenhaus, während wir
hinterherstapfen, nach oben in sein Arbeitszimmer, vorbei an
historischen Stichen und Daddelautomaten, natürlich antik,
natürlich in Gebrauch.
Friedrich Forssman
ist ein Phänomen, in mehrfacher Hinsicht. Von seiner ausgesuchten
Höflichkeit, seiner randlosen Brille und den großen, unter
Jackettärmeln dezent verborgenen Manschettenknöpfen darf man sich
nicht in die Irre führen lassen. Und auch die Pfeife, die er sich
sogleich ausbittet anzünden zu dürfen, wirkt bei ihm gar nicht
ohrensesselhaft, vielmehr als perfektes Stimulanzmittel. Zwei
Dutzend Exemplare liegen im Kreis auf einem kleinen Tisch; Forssman
erläutert bereitwillig, warum es so viele sein müssen: Jede Pfeife
sollte nach Gebrauch ausglühen, damit die Qualität nicht so schnell
nachlässt. Er weiß eben, wie es am besten geht.
Der Ruf des 46-Jährigen in der Welt der Buchgestaltung ist ganz
außerordentlich. Zahllose Preise hat er eingesammelt, 31 allein
seit 1990 von der Stiftung Buchkunst. Jan Philipp Reemtsma, für
dessen diverse Editionsprojekte von Arno Schmidt, Christoph Martin
Wieland bis zu Walter Benjamin Forssman seit zwei Jahrzehnten
arbeitet, erzählt die Anekdote von einem Dialog unter Kennern,
dessen Zeuge er war: «Wenn das so weitergeht, hält er sich für
Gott», so der eine über den Typografen. Daraufhin der andere: «Er
IST Gott.» An den verzweifelten Ausruf «Wo hab ich nur die Bibel
hingelegt?» aus eigenem Mund erinnert sich Andreas Töpfer, selbst
Typograf und Gestalter für den avancierten Kleinverlag Kookbooks:
Bei irgendeinem Umzug schien dem «Indiemusiker» (Töpfer über
Töpfer), der eine ganz andere, wildere Buchästhetik als der
Klassiker Forssman verfolgt, dessen Lehrbuch-Backstein
«Detailtypografie» vorübergehend abhandengekommen zu sein. Für
Stefan Weidle, dessen Bücher im gleichnamigen feinen Kleinverlag
Forssman seit 1995 gestaltet, ist diese Zusammenarbeit das
«Erfreulichste meines Verlegerlebens»: «Forssmans Kreativität, sein
Auge, sein Gefühl für Proportionen sind immer wieder
verblüffend.»
Solche Hymnen hört man überall über diesen seltsam alterslos
wirkenden Mann. Die Dielen knarren im Studio – einst die zwei
Kinderzimmer der Familie –, als der unter Pfeifendampf hin und her
wandelnde Friedrich Forssman mit Blick über die Kasseler Dächer nun
sein Erfolgsgeheimnis offenbaren soll. Frühe Weichenstellungen
fallen jedenfalls bei der Analyse des Forssman-Phänomens ins Auge,
auch privat: Als 20-Jähriger heiratet er die Kommilitonin Cornelia
Feyll, die erste Tochter Anna kommt im selben Jahr zur Welt,
Tochter Alice folgt zwei Jahre später. Mit 42 Jahren wird er
Großvater. Biografische Zufälle, gewiss; man will es ihm glauben.
Indes scheint es ihm im Blut zu liegen, zeitiger als andere zu
wissen, was er will. Antiquariate in Bern verzauberten den kleinen
Friedrich; sein Vater, der Philologe Bernhard Forssman, lehrte
zwölf Jahre in der Schweiz. Alte Bücher verhießen dem Knaben
«reines Glück», so erinnert er sich; seine Jules-Verne-Bände
sammelte er sich bald zusammen. Mit 14, 15 dann das
Erweckungserlebnis in «Mittelerde»: Tolkiens Bücher in der
Hobbit-Presse, gestaltet und mit Zeichnungen versehen vom
legendären Illustrator und Grafiker Heinz Edelmann, wurden zum
Schatz während der verhassten Gymnasialzeit in Marburg; sofort
zieht er ein paar zerlesene Bände aus dem Regal. Die Schule brach
er ab, da versenkte sich der lesewütige Jüngling schon in Proust.
Der 17-Jährige verschrieb sich nunmehr gänzlich der Buchwelt: als
Schriftsetzerlehrling in Bamberg, später an der Fachhochschule in
Darmstadt, dann zum Hauptstudium in Mainz bei Hans Peter Willberg.
Bereits dem Schulabbrecher hatte der renommierte Buchgestalter
Willberg, mit Forssmans Vater seit Kindertagen befreundet, einmal
die Wunderwelt der Buchstaben gezeigt. «Ich fand aber all diese
Schriften ziemlich langweilig; schließlich wollte ich doch Heinz
Edelmann werden!» Gefunkt hatte es dennoch.
Und es funkte noch
anderweitig. Arno Schmidt, der große Schwierige aus Bargfeld, zog
Forssman in seinen Bann, da war er 18. Bald hatte er alles von
diesem Schriftsteller gelesen – und der 22-jährige Student
marschierte 1987 zum Frankfurter Buchmessenstand der
Arno-Schmidt-Stiftung, dabei eine Mappe mit der Semesterarbeit über
die Satzprobleme im so schwer zugänglichen Spätwerk des Meisters,
inklusive Lösungsmustern. Wegen zahlloser typografischer
Absonderlichkeiten gab es die 1334 DIN-A3-Seiten von «Zettel’s
Traum», 1968 vollendet, seit 1970 nur als Faksimile. Schmidts
Förderer Reemtsma, den der junge Mann alsbald in Hamburg besuchte,
erinnert sich an den «schlichten Glücksfall»: «Eigentlich hatten
wir es aufgegeben, jemanden für die Satzarbeit von ‹Zettel’s Traum›
zu finden, denn es war ja klar: Darüber wird jeder verrückt.» Zudem
musste ein Setzer große inhaltliche Kompetenz mitbringen und es
daher auch wirklich wollen. So jemand tauchte da plötzlich auf.
Ein Wunderkind also: Diese Schublade hat der Besucher innerlich
längst beschriftet, während er sich immer tiefer ins intensive
Zwiegespräch mit Forssman verstrickt; auch darin ist – selbstredend
– das Gegenüber ein Meister. «Buchgestalterische Wunderkinder sind
undenkbar», verkündet der just in diesem Moment, als könne er
Gedanken lesen: «Es gibt immer eine Tradition und einen
ästhetischen Zusammenhang», zumal das Buch, wie wir es kennen, seit
einem halben Jahrtausend in seiner gesetzten Form recht unverändert
daherkomme. Die Aufgabe der Typografie sei es, den Lesefluss zu
erleichtern, ein Mehr an Komfort zu bieten; vom Trend, wie im Falle
Kafkas Faksimile-Editionen herzustellen, hält er folglich nicht
viel. Seit Anfang der neunziger Jahre arbeitete Forssman in diesem
Sinne an Arno Schmidt für die «Bargfelder Ausgabe» seiner Werke,
irgendwann dann auch an «Zettel’s Traum». Aus den geplanten fünf
Jahren Werkelei wurden schließlich zehn – doch als das monumentale
Opus im vergangenen Herbst als Buch erschien, war das ein Ereignis
für die deutsche Literaturgeschichte. Und dass seither fast 5000
Käufer die verschiedenen Ausgaben zu stolzen Preisen zwischen 198
und 448 Euro erworben haben, erfreut ihn sichtlich. Die für ihren
hinreißenden «Atlas der abgelegenen Inseln» gefeierte Typografin
Judith Schalansky, deren zweiter Roman «Der Hals der Giraffe» im
Herbst bei Suhrkamp erscheint, bewundert seine Leistung: «Das
Schlimme und Großartige in der Typografie ist ja, dass es eine
gewisse Gesetzmäßigkeit des Richtigen, des Wahren gibt – und dann
bleibt einem nichts anderes übrig, als genau jenen, auch bisweilen
monströsen Weg zu gehen wie Forssman bei Zettel’s Traum.» Und dann
das Kompliment: «Forssman beweist, dass Schönheit im Buch aus
Konsequenz und Angemessenheit entsteht.» Die zweite Satzhälfte
dürfte auch der solcherart Gelobte unterschreiben.
In dessen, sagen
wir mal: angenehm objektreichen Studio mahnt an der Wand ein Schild
mit einem Satz der Schriftgestalterlegende Jan Tschichold: «Gute
Typographie kann nie witzig sein.» Dennoch empfindet Forssman seine
Mission als lustvoll: «Wenn ein Dokument ankommt und ich es dann am
Computer so lange knete, bis es richtig wird – das ist das reinste
Vergnügen.» Zudem sei es ein sehr spielerischer Beruf: In der
inneren Bilanz arbeite man bei einem Auftrag zu zwei Dritteln für
den Kunden, 25 Prozent für die Fachwelt – und «den köstlichen Rest
für sich selbst». Und wo werde man schon fürs Lustlesen bezahlt?
Hier parliert zweifellos ein überaus belesener Intellektueller;
momentan fräst er sich nebenbei durch Luhmann. «Wir Buchleute haben
es schönerweise stets mit gedanklicher Substanz zu tun; die
geistige Potenz eines Autos hingegen ist geringer.»
An Anfang sah es nicht so rosig aus. In den achtziger Jahren galt
Typografie als aussterbende Angelegenheit; viele prophezeiten ihm
den Hungertod. Manche schlaflose Nacht habe der junge Familienvater
deswegen damals gehabt: «Ich kam von den Inhalten her, doch an den
Hochschulen herrschte überall aufgeblasenes Werbertum, das mich
nicht interessierte.» Doch er blieb dabei: «Ich glaubte an das
Buch.» Heute hingegen floriert die Buchgestaltung: «Alle möglichen
Leute spielen mit Schriften – das ist wunderbar, eine unglaubliche
Bereicherung. Wir leben mitten im Goldenen Zeitalter der
Typografie.» Wer diesem Missionar zuhört, vergisst umgehend alle
kulturkritischen Anwandlungen. «Ich mag keine Kulturpessimisten»,
meint Forssman denn auch; er würde umsatteln, wenn das Buch keine
Zukunft hätte. Aber das E-Book, mit seinen neuartigen,
blitzschnellen, assoziativen Verknüpfungsmöglichkeiten? «Das
E-Book ist nicht menschengerecht», tönt es forsch, «denn es
unterbricht ständig den Lese- und Denkfluss. Es ist die Antwort auf
eine Frage, die ich nicht habe.» Er gerät in Fahrt: «Wir verkaufen
doch den Lesern das Wertvollste, was es gibt: Konzentration.» Die
«Kontemplationsmaschine Buch» sei dafür unerlässlich. Aber kommt
nicht momentan das traditionelle Nacheinander der
Gedankendarstellung in Wort und Schrift an ein Ende? Forssman
glaubt das nicht: «Wer die Linearität auflösen will, muss wissen,
was er tut. Denn sie ist nun mal die Voraussetzung jeder
Argumentation, die für andere Personen nachvollziehbar sein soll.»
Jeder Erzählstrom funktioniere so – und daher habe das klassische
Buch als zentrales Dialoggerät mit dem Leser eine wunderbare
Zukunft vor sich.
Die Forssman’schen Gestaltungen, die Lesehindernisse vermindern
sollen, befördern diesen Dialog zwischen Buch und Lesern. In den
theoretischen Grundlagenwerken «Lesetypografie» (zunächst mit Hans
Peter Willberg) und «Detailtypografie» (mit Ralf de Jong) hat er
seine Positionen präsentiert; beides enorme Verkaufserfolge. Auf
seinem Schreibtisch stehen die Bände der historisch-kritischen
Benjamin-Ausgabe bei Suhrkamp; im Herbst ist ein weiterer Band
dieser so großartigen, höchst aufwendigen Reihe fällig. Zweifellos
liegt es an Forssman, wenn wir bei der Lektüre glauben, dem
fragmentarischen, oft assoziativen Denken Benjamins so nahe wie nur
möglich zu kommen. Zuletzt hat er für Reclam gearbeitet, das erste
Mal gemeinsam mit seiner Frau, die Designerin ist: Beide
gestalteten unter anderem die «Reclam Bibliothek», die natürlich
sogleich preisgekrönt wurde. Er schwärmt von der Zusammenarbeit mit
dem Verlag, der eine sanfte Modernisierung wollte – und sofort
fallen noch ein paar andere Verlagsnamen, deren Erscheinungsbild
Forssman gern ein wenig Schliff verpassen würde. Am Computer zeigt
er die Entwürfe zu Ausstellungen; aus den Regalen holt er von ihm
gestaltete Kataloge – doch da ist der Besucher längst mittendrin in
diesem ästhetischen Sog, den Forssmans geballte Kreativität, sein
suggestiver Elan unweigerlich auslöst. In allem scheint eine
intuitive Zielstrebigkeit zu wirken, die dann doch
verblüfft.
Noch ein paar
Schritte um den Schlossteich gleich gegenüber? Die Nachmittagssonne
beleuchtet das grüne Barockparadies unterhalb des Herkules-Hangs,
eine traumhafte Idylle. Für einen Moment wird sie jedoch durch
einen Kampfwanderertrupp gestört: Forssman echauffiert sich
sogleich über den «Eitelkeits-Radau», den diese penetranten
Zeitgenossen mit ihren Stöcken veranstalten; Tätlichkeiten liegen
in der Luft. Alsbald aber dreht sich das Gespräch um das, was da
überhaupt noch kommen kann. Hat er nicht mit Mitte vierzig ein Werk
vorzuweisen, das andere nicht mit siebzig erreichen? Monumentale
Projekte sind vollendet, mit eigenen Lehrbüchern hat er selbst
Klassikerstatus in seiner Zunft erreicht.
Woher die Motivation? Was will er denn überhaupt noch erreichen?
Ein eigenes Büro mit Mitarbeitern jedenfalls nicht, zu sehr wäre er
dann zu lukrativen Aufträgen gezwungen – die Freiheit, gelegentlich
nicht-kommerzielle Dinge zu übernehmen, will er nicht aufgeben.
Vielleicht ergibt sich noch eine Professur: «Man müsste eine neue
Schule gründen, spielerisch, vor allem, um ästhetische Debatten zu
befördern, die es noch zu wenig gibt.» Die Benjamin-Edition wird
ihn ohnehin noch zehn Jahre beschäftigen, anderes sich fortlaufend
ergeben; 12 bis 14 Projekte seien es momentan. Überdruss verspüre
er absolut nicht: «Vergessen Sie nicht: Ich betreibe vor allem ein
Handwerk!» – was man denn doch unter Koketterie verbucht. Seine
lächelnde Gegenfrage: «Wie motivieren Sie sich denn täglich?» So
energisch, wie dieser Handwerker ausschreitet, mit gezügelter,
gleichwohl vibrierender Energie, wird einem weder bange um neue
Forssman-Ideen noch um die Zukunft des Buches. Und wie sieht sein
Leben in 15 Jahren aus? «Warum nicht genauso?», kommt es prompt
zurück. Allerdings, seufzen wir da: Warum nicht genauso.
In der Villa wartet die dreijährige Enkelin Charlotte aus Berlin
mit Großmutter und Schokokuchen, von dem sie dem Besucher auf der
Terrasse bereitwillig abgibt. Gestalterische Ambitionen offenbart
die Kleine währenddessen durch das Aufkleben ausgeschnittener
Tierbilder, derweil Opa Friedrichs Mahnung dafür sorgen soll, dass
ihr Mund beim Kauen geschlossen bleibt. Schwer fällt es, sich von
dieser Szenerie zu verabschieden. Und während die Sonne sich hinter
dem Karlsberg neigt, sinnieren wir still über die Bedingungen der
Möglichkeit glückenden Lebens – und über Jan Philipp Reemtsmas
Bekenntnis: «Wie er das alles in den 24 Stunden eines Tages
schafft, ist mir ein Rätsel.» Dieses Geheimnis allerdings hat
Friedrich Forssman heute geschickt bewahrt. Ein Herkules ist es
jedenfalls, der hier unermüdlich am Werk ist, hier in seinem
schöpferischen Paradies.
Alexander Cammann lebt als Journalist und fester Autor der
Wochenzeitung «Die Zeit» in Berlin
Friedrich Forssman, Ralf
de Jong
Detailtypografie. Nachschlagewerk
für alle Fragen zu Schrift und Satz
Hermann Schmidt, Mainz 2004.
408 S., 98 €
Friedrich Forssman, Hans Peter Willberg
Lesetypografie
Hermann Schmidt, Mainz 2010.
344 S., 39, 80 €
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