Sprung in die Menschenmenge beim Klaasohm / dpa

Klaasohm auf Borkum - Die Lust am Skandalisieren

Der Norddeutsche Rundfunk empört sich über das traditionelle Borkumer Klaasohm-Fest als „nicht mehr zeitgemäß“. So lautet stets das Verdikt, wenn moderne Bilderstürmer am Werk sind. Dinge, an denen sich generationenlang niemand gestört hat, geraten ins Visier zeitgeistiger Weltverbesserer.

Michael Sommer

Autoreninfo

Michael Sommer lehrt an der Universität Oldenburg Alte Geschichte und moderiert gemeinsam mit dem Evolutionsbiologen Axel Meyer den Cicero-Wissenschafts-Podcast

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Mit diesem Shitstorm hatten die Borkumer wohl nicht gerechnet. Das NDR-Magazin „Panorama“ berichtete in seiner jüngsten Ausgabe über Höllenqualen, die junge Frauen alljährlich erleiden, wenn auf der westlichsten der Ostfriesischen Inseln „Klaasohm“ gefeiert wird. Junge Männer, in furchterregende Kostüme gekleidet, gehen dann als Schreckgestalten um. Es kommt vor, dass sie Deerns, die ihnen über den Weg laufen, mit Kuhhörnern verprügeln. Kern des Fests ist aber der rituelle Kampf der Klaasohme untereinander. Klaasohm ist ein Fest für die Borkumer, nicht für Touristen. Deshalb wird auf der Insel wenig Aufhebens davon gemacht, was in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember passiert.

Das Fest bezieht seinen Sinn aus der langen Abwesenheit der Männer, als Borkum noch eine Hochburg des Walfangs war. Wenn die Seeleute nach Monaten im Nordatlantik auf ihre Insel zurückkehrten, wollten sie dem Weibsvolk zeigen, wer Herr im Haus ist. Deshalb gehört eine gehörige Portion – ritualisierter – Gewalt zum Klaasohm.

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Bert Dufaux | Di., 3. Dezember 2024 - 15:47

Das Problem ist mittlerweile, dass wir unsere eigenen Bräuche und Traditionen nicht mehr leben können, weil sie sexistisch, diskriminierend, homophob, rassistisch und was sonst noch alles mögliche seien und aus Rücksicht auf die neu hermigrierte Bevölkerung auch die Pflege dieser besser unterlassen werden sollte. Aus dem "bunten" Kulturtopf, der ja durch die Migration ein Vorzug für uns alle sein soll, dürfen wir uns aber auch nicht bedienen, weil dies "kulturelle Aneignung" sei und somit ebenfalls rassistische Züge tragen soll. Was also dürfen wir überhaupt noch?

Peter William | Di., 3. Dezember 2024 - 16:23

ist ein ganz anderes. Ähnlich den Verschönerungs-Influencern die über makellos hinaus in die pure Selbstverstümmelung übergehen. Sie können einfach nichts anderes und von irgend etwas muss man ja leben. Also werden über Traditionen "berichtet" damit die digitale Feder etwas auf dem Papier hinterlässt. Ein Aufschrei ist noch besser, dem Streisand-Effekt folgend bringt dieser enorme Aufmerksamkeit und somit Klick-Zahlen. Leider habt ihr digitalen Noobs immer noch nicht verstanden wie es im Internetzeitalter läuft, sowas wird ignoriert! Drüber lesen und ignorieren. Wer hat das Recht denen vorzuschreiben was sie machen sollen, die Frauen lassen es ja freiwillig über sich ergehen. Die Weltverbesserung ist doch nur vorgeschoben...
Da die grüne Politik wohl weitergehen wird und auch der Rest der Industrie fliehen werden muss um nicht pleite zu gehen, ähnlich den Bauern wird bei weiterem "Fortschritt" die deutsche Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten in den Wald ziehen müssen. Stammeskultur

Alexander Thomas | Di., 3. Dezember 2024 - 16:30

Gemessen an den Details zum Brauch ist die Verharmlosung, die der Cicero hier zum Ausdruck bringen möchte, einfach nur noch eins: peinlich.

Christa Wallau | Di., 3. Dezember 2024 - 17:35

und zwar für j e d e s Gemeinwesen. Wer Traditionen gewaltsam unterbindet,
begeht ein Verbrechen an den Menschen, die mit ihnen seit langem leben, d. h. in ihnen verwurzelt sind.
Entwurzelung ist jedoch mit das Schlimmste, das man Menschen antun kann. Es beraubt sie ihrer inneren Sicherheit u. Verbundenheit untereinander und nimmt ihnen das weg, was man HEIMAT nennt.
Laut Simone Weil (1909-1943/französ. Philosophin u. Mystikerin) gehört "Verwurzelung" zu den Grundbedürfnissen der menschlichen Seele.

Wenn die Zustimmung zu bestimmten Traditionen schwindet, gehen sie ohnehin -ganz von selbst- zugrunde. Das ist dann ein natürlicher Prozeß, den man beklagen mag, der aber langsam u. friedlich vonstatten geht.

Von einer angeblich höheren moralischen Warte aus Traditionen zu verbieten, ist anmaßend u.
zerstörerisch. Man braucht nur an die Entwurzelung der Indianer in den USA zu denken.

Die PANORMA-Redaktion geriert sich als moralische Instanz in der BRD.
S i e gilt es zu stoppen!!!

Querdenker | Di., 3. Dezember 2024 - 17:47

„Zukunft braucht Herkunft“, das heißt auch Beständigkeit. Nur passt die nicht in das Weltbild der Zerstörer, die alles Bestehende auslöschen wollen, um daraus „Neues, Großartiges“ zu errichten, von dem man heute nicht einmal weiß, wie es aussehen soll.

Diese Zerstörungswut zeigt sich bei der Energieversorgung, bei dem traditionellen Leben in einer gewachsenen Gemeinschaft mit christlichen Werten des Zusammenlebens. Alles Neue ist besser als das Alte, von den Speisen bis zur Kultur ist der Wandel interessant.

Aber werden vor der Zerstörung auch die Folgen des Wandels angesehen? Fährt man in fremde Länder und lebt dort, um zu prüfen, ob die andere Kultur besser oder nur anders, interessanter ist?

Ist es wirklich so, wie eine Politikerin einmal (sinngemäß) sagte: Deutschland hat, neben der Sprache keine Kultur. Darf man deshalb alles zerstören, was nach Kultur aussieht?

Albert Schultheis | Di., 3. Dezember 2024 - 17:47

Diese aufgeplusterten kleinen Despoten vom NDR einfach ignorieren!
Mit besten Grüßen an die Borkumer!

werner gottschämmer | Di., 3. Dezember 2024 - 17:57

..einfach nur was soll dieses Narrativ „nicht mehr zeitgemäß“ bedeuten, das ist ja in vielen Fällen so ein Schlagwort. Was ist das?

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