Nach einer Stunde tritt er endlich auf: Kevin Costner in „Horizon“ / dpa

Film der Woche: „Horizon: Eine Amerikanische Saga – Chapter 1“ - Western von gestern

Kevin Costner will mit dem vierteiligen Westernepos „Horizon: Eine Amerikanische Saga“ an alte Erfolge anknüpfen. „Chapter 1“ beeindruckt jedoch vor allem durch eindimensionale Stereotypen und eine verstaubte Mise-en-scène.

Autoreninfo

Ursula Kähler ist promovierte Filmwissenschaftlerin und arbeitete unter anderem am Deutschen Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt am Main. Sie veröffentlichte „Der Filmproduzent Ludwig Waldleitner“ (2007) und „Franz Schnyder. Regisseur der Nation“ (2020).

 

So erreichen Sie Ursula Kähler:

Erinnern Sie sich noch? Ein düsterer Klavierakkord. Der Cowboy blickt finster und frontal in die Kamera. Sein breiter Schnurrbart verdeckt den gesamten Mund. Der Hut ist lässig nach hinten verrutscht. Dann zieht er mit der rechten Hand einen Revolver, zielt in die Kamera und schießt. So begann einst die Vorabendreihe „Western von gestern“ im Zweiten Deutschen Fernsehen. Von 1978 bis 1986 zeigte man hier Westernkurzfilme. Es waren vor allem billig produzierte Raritäten aus den 30er und 40er Jahren. Um in die gewünschte Episodenlänge zu passen, musste man die Filmchen entsprechend schneiden. Diese Verstümmelung ging oft auf Kosten der Dramaturgie. Es wurde geknallt, gekämpft, geritten – und die Kohärenz ging flöten. Dennoch bot „Western von gestern“ mit seiner Antiquiertheit eine unfreiwillige Komik. Und einen hohen Unterhaltungswert. Diesen sucht man in Kevin Costners neuestem Film „Horizon: Eine Amerikanische Saga – Chapter 1“ leider vergeblich.

Bereits seit 1988 ist Costner wie besessen von dieser Tetralogie. Um sie zu finanzieren, musste er 38 Millionen Dollar Eigenkapital investieren. Auf sein Grundstück an der Küste Kaliforniens nahm er eine Hypothek auf. Es ist sein Herzensprojekt. Dabei geht es um die Eroberung des Westens der USA und die Gründung der Stadt Horizon während des amerikanischen Bürgerkriegs. Über einen Zeitraum von 15 Jahren sollen verschiedene Perspektiven sowohl der Siedler und Soldaten als auch der Ureinwohner gezeigt werden. Der erste Teil feierte auf dem diesjährigen Filmfestival von Cannes Weltpremiere. Einige Zuschauer verließen während der Vorstellung den Saal. Die meisten blieben und applaudierten Costner zum Schluss begeistert. Vermutlich galten die Ovationen aber mehr seinem Schöpfer als der Produktion. Alles andere müsste auf eine gewaltige Geschmacksverirrung und Sinnestäuschung der Filmelite schließen lassen.

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Sabine Lehmann | Mi., 21. August 2024 - 16:25

Die Autorin hat Kevin Costner nicht verstanden. Das war mir schon in ihrem ersten Artikel zu seiner Person aufgefallen.
Diese Western-Filme sind für Costner weit mehr als nur Filmprojekte. Das ist sein Leben, sein Wesen. Wenn man sich mit seiner Biographie, seinem Leben und seinen Interviews beschäftigt, wird klar, dass sein Herz in den sogenannten Wilden Westen gehört, wenn auch in einer manchmal etwas verklärten Sicht auf historische Fakten und deren Hintergründe. Im Grunde lebt Costner im "falschen" Zeitalter;-)
Im Großen und Ganzen aber gibt es keinen besseren und authentischeren Darsteller für Filme aus dieser Epoche, als Costner. Und wer in diesem Kontext zu viel amerikanischen Pathos attestiert, der hat die Seele der Amerikaner nicht recht verstanden, tut mir leid. Aber der hat auch nicht verstanden, warum die meisten Menschen überhaupt noch ins Kino gehen, nämlich genau für dieses Feeling.

Gisela Hachenberg | Mi., 21. August 2024 - 21:09

Warum lässt diese Dame, auch wenn sie eine promovierte Filmwissenschaftlerin (?) ist, die Kinogänger nicht selbst entscheiden, wie sie den Film
finden? Schade, den Film so schlechtzuschreiben! Wieder so eine angebliche Filmzensierspezialistin. Ich habe mich von schlechten Kritiken nie abhalten lassen, einen Film zu genießen. Im Gegenteil!

Ein Auszug der positiven u. euphorischen Filmkritiken:
„HORIZON überzeugt als Epos, das eben nicht nur ein einfacher Western ist, sondern emotional nachvollziehbar die Schicksale der Einwanderer und der Ureinwohner in einer willkürlichen Welt ohne Gesetz zeigt.”
„Mit diesem Epos setzt Costner sowohl den Siedlern als auch der indigenen Bevölkerung Amerikas ein filmisches Denkmal, ohne dabei auf typische Westernszenen zu verzichten.“
„Kevin Costner ist voll auf Kurs, mit der HORIZON-Tetralogie das ultimative Western-Epos zu erschaffen.“
„Liebe, Angst, Mut, Verzweiflung–Kevin Costner wollte nicht weniger als die ganz große amerikanische Erzählung auf die Leinwand bringen. Und genau das ist ihm mit HORIZON gelungen.“
„Wenn es überhaupt einen Film gibt, der für die große Leinwand das leisten kann, was YELLOWSTONE für den kleinen Bildschirm bereits gelungen ist, dann mit Sicherheit HORIZON."
„HORIZON: Die Ära von "DER MIT DEM WOLF TANZT", "ERBARMUNGSLOS" oder "TOMBSTONE" ersteht wieder auf.”

Naumanna | Do., 22. August 2024 - 11:55

Ich kann der Autorin in allem beipflichten- habe den Film gestern gesehen. Völlig unverständlich was in Kevin Costner gefahren Ist - keine Empathie mit den Figuren möglich - 170 Darsteller ! - total langweilige Story - einige berührende Szenen - kein Kinofilm sondern als Serie aufgebaut - ohne die Kinogänger davon zu informieren - total unverständlich wieso der Regisseur von Der mit dem Wolf tanzt so einen Schmarren drehen kann - sehr sehr schade .... totaler Kontrollverlust ... allerdings tolle Kamera ... aber das nützt auch nix wenn die Story banal ist ...

Sabine Lehmann | Do., 22. August 2024 - 16:14

Antwort auf von Naumanna

Vielleicht war ich in meinem Eifer dann doch zu vorschnell mit meinem Urteil. Ist im Grunde ja auch nicht besonders clever, einen Film in Schutz zu nehmen, den ich noch gar nicht gesehen habe. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass der neue Streifen die Handschrift Costners trägt, die ich immer sehr gemocht habe, so auch in seiner Mammut-Serie "Yellowstone".
So wie Sie jetzt schreiben, werte(r) Naumanna, scheint das ja diesmal etwas anders zu sein. Ich werde mir den Film trotzdem anschauen und in Zukunft besser erst denken und dann schreiben;-)

Kurt Kuhn | Do., 22. August 2024 - 20:14

Antwort auf von Sabine Lehmann

Sie haben sich, liebe Frau Lehmann, ja nur zur Person Kevin Coster geäußert, nicht zu seinem neuen Film! Er ist als Westerndarsteller sehr authentisch, da kann ich Ihnen nur zustimmen.
Meine Frau hat, nach der Werbung dafür im TV, alleine und einstimmig beschlossen, dass wir demnächst zusammen ins Kino gehen werden. Ihr Wunsch ist mir Befehl... nach 35 Jahren Abstinenz. Hoffentlich gibt es schöne Landschaftsaufnahmen zu sehen!

Schöne Grüße!

Ja, vielleicht ist doch alles ganz anders, lieber Herr Kuhn. Ich hatte dann mal nach den Filmkritiken renommierter Experten geschaut(siehe oben), die waren durch die Bank alle positiv. Aber selbstverständlich ist so ein Epos auch nicht jedermanns Sache. Ich jedenfalls war als kleines Kind begeistert vom "Wilden Westen", unser Lieblingsspiel war immer Cowboy und Indianer. Und bevor ich gleich wieder zugrunde geschrieben werde, es wurde immer darum gestritten wer was spielen durfte, Indianer war mindestens genauso beliebt wie Cowboy. Und die klassischen Rollenverteilungen "Gut und Böse" die gab's bei uns auch nicht, das wechselte ständig, Großes Vorbild immer Winnetou(war ja klar;-)) Dass die Mädchen auch alles mitspielen "durften", war wohl damals schon der kleine Vorreiter des Feminismus;).....kleiner Scherz.....
Sei's drum, all diese schönen Filme von u. mit Kevin Costner aus dieser Zeit, ich liebe sie alle, ganz besonders "Weites Land" mit F. Duvall als Partner. Pathos? Ich mag das!

Ronald Lehmann | Do., 22. August 2024 - 23:10

Antwort auf von Sabine Lehmann

& ihre Kommentar bringt es auf den Punkt, liebe Frau Lehmann
denn er hat sich so sehr in die Rollen & deren Zeit hinein versetzt
wie übrigens alle Premium-Schauspieler der alten Garde
wie z.B. ein Daniel Day-Lewis > "Der letzte Mohikaner" oder "Der seidene Faden"
aber auch unser Lieblingsfilm, liebe Frau Lehmann
"Rendezvous mit Joe Black" wo gleich zwei Schauspieler der Extraklasse am Werk sind & selbst ein Leonardo DiCaprio hat mich im Film "Aviator" oder in "Der Wolf der Wall Street" voll überzeugt

Aber wie im wahren Leben
ich persönlich pfeife auf solche Bewertungen
von Menschen, die sich immer selbst am wichtigsten nehmen

& liebe Frau Lehmann & Foristen >> wie im wahren Leben
> Schönheit liegt im Auge des Betrachters
& jede Eule findet ihre Kinder schön

& es ist wie im wahren Leben
wenn man zu Hause selbst kocht
nicht immer gelingt einen alles
aber es gibt garantiert ein nächstes MAL 😉😍

Oh, das freut mich sehr, Herr Lehmann, denn "Rendezvous mit Joe Black" gehört auch zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Für mich eine cineastische kleine Perle mit dem genialen Anthony Hopkins und dem charismatischen Brad Pitt, dieser besondere Cast in einer ganz außergewöhnlichen Story und einem überraschenden Finale! Ja, all diese schönen Filme, was wäre die Welt ohne all diese phantastischen Geschichten?!