Gedenkstätte in Berlin Plötzensee – dieses Jahr wird die offizielle Gedenkfeier coronabedingt virtuell übertragen / dpa

Gedenken an das Attentat vom 20. Juli - „Wir waren doch alle dagegen“

Am 20. Juli wird mit einer offiziellen Gedenkfeier an das missglückte Attentat 1944 auf Adolf Hitler gedacht – eigentlich. Coronabedingt kann die Veranstaltung dieses Jahr nur virtuell stattfinden. Welche Bedeutung hat das für die Angehörigen und letzten Zeitzeugen?

Autoreninfo

Rixa Fürsen macht einen Master in Internationalen Beziehungen an der Hertie School in Berlin. Derzeit hospitiert sie in der Redaktion von CICERO.

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Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld (*1929) ist der älteste Sohn von Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld, der am Attentat vom 20. Juli im Widerstand gegen Adolf Hitler beteiligt war. Mit 15 Jahren musste er verkraften, dass die Nazis seinen Vater zum Tode verurteilten und am 8. September 1944 in Plötzensee ermordeten.

Graf Schwerin, dieses Jahr findet wegen des Coronavirus zum ersten Mal keine offizielle Gedenkfeier zum 20. Juli in Berlin Plötzensee statt. Welche Bedeutung hat diese Zeremonie und der diesjährige Ausfall für Sie?
Normalerweise gibt es am 20. Juli drei Veranstaltungen: einen ökumenischen Gottesdienst in dem Hinrichtungsraum, ein Gedenken im Hof des Bendlerblocks – wo viele der Involvierten bereits am Abend des Attentats verhaftet wurden – der Bundesregierung und die Kranzniederlegung in der Gedenkstätte Plötzensee. Da nehmen normalerweise 300 bis 400 Menschen teil. Ich gehe seit Jahrzehnten zu der Gedenkfeier. Dieses Ritual hat sich über die Jahre so eingebürgert. Es ist das erste Mal, dass die offizielle Gedenkfeier nur virtuell übertragen wird.

Woran soll in Deutschland am 20. Juli erinnert werden?

An die Tatsache, dass es Widerstand gegen das Regime gab; dass es im Dritten Reich Menschen gab, die sich organisiert haben, mit dem Ziel die Reichsregierung zu stürzen und ein gerechtes Deutschland aufzubauen.


Können Sie sich an den 20. Juli 1944 erinnern? 
Ich hatte am 20. Juli 1944 Sommerferien – ich war damals 15 Jahre alt. Ich wohnte mit meiner Mutter und meinen Brüdern auf dem Land. An dem Tag haben wir keine Nachrichten gehört. Wir wussten also gar nichts. Alles war ganz normal. Am Tag darauf war ich auf einer Entenjagd und der Förster erzählte mir von einem Attentat. Als ich nach Hause kam und es meiner Mutter erzählte, fiel sie quasi vor mir in Ohnmacht. Sie wusste nicht viel, aber etwas. Am 7. August wurden wir dann verhaftet. 

Was haben Sie zwischen dem Attentat und Ihrer Verhaftung gemacht? 
Da war ich zu Hause. Ich habe nicht damit gerechnet, dass wir verhaftet werden würden. Ich habe nichts gewusst. Mein Vater war kriegsbedingt nur selten zu Hause. Seine Abwesenheit war also nichts Ungewöhnliches.

Wann haben Sie geahnt, was am 20. Juli passiert war?
Erst im Gefängnis im Schloss Güstrow erzählte mir meine Mutter – wir waren gemeinsam in Haft –, was passiert war. Wie viel meine Mutter wirklich wusste, weiß ich nicht; aber sie hat sich sehr viel zusammengereimt. Sie wusste wohl, dass es eine Bewegung in Berlin gab, aber sie kannte keine Details. Je weniger man wusste, desto besser war es. Man wusste ja nie, ob man verhört werden würde.

Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld
Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld / dpa 

Und wann haben Sie wirklich begriffen, inwieweit Ihr Vater im Widerstand gegen Adolf Hitler involviert war? 
Erst nach der Entlassung, als die ersten Schriftstücke erschienen sind, wie das Buch von Annedorle Leber „Das Gewissen steht auf“ – das waren die ersten gedruckten Beweise.

Was hat das mit Ihnen gemacht, über den Widerstand, den Ihr Vater geleistet hat, Bescheid zu wissen? 
Trotz des Ablebens war das für mich eine große Beruhigung – keine Freude, aber eine Beruhigung. 

Erinnern Sie die letzte Begegnung mit Ihrem Vater?

Eine der letzten Erinnerungen, die ich mit meinen Vater habe, war im März 1944. Das war nachdem ich wegen politischen Aktionen aus der Klosterschule Roßleben geflogen bin. Über Berlin bin ich damals nach Hause gefahren und habe eine Nacht bei meinem Vater übernachtet – er war damals in Berlin stationiert. Mit Wehrmachtswagen und Fahrer holte er mich vom Bahnhof ab. Nachdem wir losgefahren waren, forderte er mich auf: „Nun erzähl mal bitte, was war denn los?“ Ich stockte natürlich vor dem fremden Mann, dem Fahrer. Das merkte mein Vater sofort und versicherte mir: „Du kannst ruhig reden, der denkt genauso wie wir“. 

Wie hat Ihr Vater Sie im Laufe Ihres Lebens geprägt? 
Weiß ich nicht. Er war eine Leitfigur, an der man sich ausrichten konnte. Nachdem ich von Roßleben geflogen war, sagte er mir, dass er einverstanden sei mit dem, was ich da getan hätte, aber es der falsche Zeitpunkt dafür wäre. Das habe ich natürlich in dem Moment nicht verstanden. Im Nachhinein weiß ich, dass er zu der Zeit mit der Vorbereitung des 20. Juli beschäftigt war. Das ist mir sehr nahe gegangen, als ich das verstanden habe – als wir selbst verhaftet wurden.

Welche Lehren haben Sie aus dem Schicksal Ihres Vaters für Ihr Leben gezogen? 
Sie müssen nicht vergessen, dass ich 1944 15 Jahre alt war. Ich weiß nicht, ob man als 15-jähriger Lehren mitnimmt. Zu der Zeit passierte auch so viel, dass die Verhaftung und Verlegung in das Kinderheim Bad Sachsa, dann wieder die Entlassung, aber nicht nach Hause dürfen, sondern bei Verwandten untergebracht werden. Das waren alles gravierende Ereignisse für einen 15-jährigen. Ich habe mir zu der Zeit viele Gedanken darüber gemacht, wie wir weiterleben sollten und nicht, wie es dazu gekommen ist. 

Haben Sie jemals daran gezweifelt, ob Ihr Vater damals das Richtige getan tat?
Nein. Wir waren doch alle dagegen.

Gibt es eine Tugend Ihres Vaters, die Sie für Ihr Leben angenommen haben? 
Seine Gradlinigkeit – die Verfolgung eines Ziels: Die Herrschaft der Nazis zu durchbrechen. Beides sind Eigenschaft, die heutzutage zum Teil nicht notwendig sind: Wir brauchen keine gravierenden Veränderungen. Und sein starker christlicher Glauben, der hat auf mich immer großen Eindruck gemacht. 

Wie können wir als Gesellschaft unsere Erinnerungskultur aufrecht erhalten – um das Vergangene nicht zu vergessen?
Im Dialog – wo die Menschen Fragen stellen können. Kultur wird nicht durch Denkmäler wachgehalten; sondern durch Gespräche, durch Artikel, durch Aufzeichnungen und Schriftstücke. Nur so können wir Wissen und Erfahrungen weitergeben. 

Auf der ganzen Welt werden zurzeit Denkmäler demoliert und zerstört. Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung? Welche Kraft haben historische Ereignisse und Figuren heute noch? 
Grundsätzlich halte ich nicht viel von Denkmälern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen, die an einem Denkmal vorbeigehen, daraus irgendwelche Schlüsse ziehen. Das, was momentan passiert, beweist: keine Denkmäler. Denn wenn es keine Denkmäler gibt, kann nichts abgerissen werden. Denkmäler rufen immer Gegenaktionen hervor und die Gegenaktion der jetzigen Zeit lautet: alles abreißen. Wie lange haben die Denkmäler gestanden – 30, 40, 50 Jahre? Und jetzt sind sie weg. Kein Mensch denkt da irgendwann mehr dran.

Gilt das auch für den 20. Juli?

Die Veranstaltung am 20. Juli in Plötzensee oder im Bendlerblock sollte man noch eine gewisse Zeit weiterführen. Es kommen – Gott sei Dank – in den letzten Jahren mehr und mehr Jugendliche zur Gedenkfeier. Wir – die das damals mitbekommen haben – werden immer älter. Das ist schwierig, aber so ist das nun mal mit Gedenkveranstaltungen: Irgendwann läuft es sich tot. Es kann sein, dass der Tag kommt, an dem man etwas anderes für den 20. Juli erfindet und nicht mehr Menschen zusammentrommelt, um mit Reden an die Ereignisse zu erinnern. Für mich ist der 20. Juli Vergangenheit, für meine Kinder ist er Geschichte.

In welcher Verantwortung sehen Sie sich, der Erinnerungskultur etwas beizutragen? 
Durch Vorträge und Gespräche haben wir viele Möglichkeiten. Das geschriebene Wort ist mir wichtiger als ein Denkmal oder eine Veranstaltung.

Welchen Einfluss haben die Geschehnisse des 20. Juli auf Ihr Leben genommen? Sehen Sie Ihr Leben in einer gewissen Verantwortung? 
Es waren schwierige Zeiten. Doch es hat die Kenntnisnahme von politischen Ereignissen verstärkt, die mir nicht geheuer waren. Meine Wahrnehmung der AfD heutzutage ist sicher eine Schlussfolgerung aus dieser Zeit.

Wie schätzen Sie die AfD ein? 
Es kommt ganz drauf an, wie die übrigen Parteien sich verhalten. Ich habe den Eindruck, dass die anderen Parteien nicht wissen, wie man mit der AfD umgehen soll. Es ist keine Linie zu erkennen und es passiert zu wenig, um sie klein zu halten. Die anderen Parteien – besonders die großen – müssen mit ihrer Politik so stark werden, dass kein Mensch einen Grund sieht, die AfD zu wählen. Es ist ein politisches Spiel, aber die Kräfte – die Gegenkräfte – sind meiner Ansicht nach stark genug, um Mittel zu finden, wie man die Menschen überzeugen kann, dass die AfD nicht das richtige politische Programm für Deutschland hat. 

Nehmen Sie die AfD als Gefahr wahr?
Es ist eine Gruppierung von Menschen, die Ziele verfolgen, die uns schon einmal zum Absturz gebracht haben. Das Aufwachsen einer neuen rechtspopulistischen Gruppierung ist ein unheimliches Gefühl für mich. 

Wie sehen Sie die zunehmende Politisierung der Gesellschaft, wie wir sie in den letzten Jahren erleben? 
Es kommt auf die Einstellung und die Form der Politik an – auf das, was wir unter einer demokratischen Gesellschaft verstehen. Wenn sich das verstärkt, ist das positiv. Aber wenn die Exzesse, die uns in den extremen Richtungen geboten werden, mehr werden, ist das negativ. Die Entwicklung der AfD ist negativ, aber generell ist die Entwicklung in Europa positiv. 

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Christa Wallau | Mo., 20. Juli 2020 - 14:03

stimme ich in allem zu, was er hier äußert, bis auf seine Einschätzung der AfD.

Diese Partei ist definitiv k e i n e
"Gruppierung von Menschen, die Ziele verfolgen, die uns schon einmal zum Absturz gebracht haben" (seine Worte).
Im Gegenteil: Alle Persönlichkeiten, mit denen ich in der AfD verkehre (es sind eine ganze Menge) wollen Deutschland gerade vor einem neuerlichen Absturz b e w a h r e n!
Sie stehen voll auf dem Boden der Demokratie und des Grundgesetzes.
Das Programm der AfD ist in keinem einzigen Punkt extremistisch. Dies ist eine reine Falsch-
Behauptung seitens der anderen Parteien, die um ihre Macht bangen.

Die Aufständischen wurden 1944 als Volksverräter übel beschimpft - so wie heute jeder, welcher der AfD angehört o. ihr seine Stimme gibt.
Damals mußten die meisten Oppositionellen mit ihrem Leben für ihren Widerstand bezahlen.
Heute gibt es - Gott-sei-Dank - für die Gegner der Merkel'schen Politik als Bestrafung n u r ätzende gesellschaftliche Ausgrenzung.

....und des Grundgesetzes."

Müßig, solche Aussagen zu kommentieren. Der Flügel, die JA, und viele andere Mitglieder haben durch ihre Aussagen deutlich gemacht, wo sie "stehen".

Natürlich ist das Programm der AfD nicht extremistisch. Da könnte sich die AfD ja gleich erfolgreich um Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht bewerben, würde sie ihre "Radikalität" auch noch für alle sichtbar in ihr Programm schreiben.

Zuhören reicht. Besonders dem "Ausschwitzer" Hoecke natürlich. Oder einem Kalbitz, trotz offensichtlicher Vergangenheit von den Freunden von "Demokratie und Grundgesetz" wieder in Amt und Würden gehievt. Aber das sind selbstverständlich nur zwei Beispiele von vielen - irgendjemand, und das waren bestimmt keine Gegner, haben die beiden ja in ihre jeweiligen Funktionen gewählt.

Gedroschenes Stroh, die AfD als ewiges Opfer, dabei doch einzig wirkliche und ach so aufrichtige Retter von Volk und Vaterland.

Aber was soll man einer bekennenden Flügel-Anhängerin auch erwarten?

wenn es sich bei der AfD nur um lupenreine, verfassungstreue Demokraten handelt, warum gibt es dann keinen Aufstand gegen die Flügelleute und andere Radikalinskis. Es droht den nur bürgerlich-konservativen Kräften doch nichts, sie werden nicht an Klavierdraht aufgehängt. Fehlt ihnen die "Männlichkeit" (Höcke)?

Hallo Herr Lenz.

Ihre Dauerkommentare zu Frau Wallau grenzen ja fast an virtuelles Stalking.

Die Foristin Wallau ist eben eine überzeugte Anhängerin gewisser AfD-Positionen, warum auch nicht?
Andere finden die Linken oder die Grünen, gar die MLPD super.
Ein jeder nach seinem Gusto im Rahmen der Gesetze.

Wen der Verfassungsschutz beobachtet bestimmt vor allem der Präsident sowie die "Politik".
Im Zweifel wechselt man den Chef aus, wie im Fußball den Trainer.

Herr Lenz, ich halte sie für einen intelligenten und gebildeten Zeitgenossen, dieses ständige AfD-Bashing haben Sie doch gar nicht nötig!

Ich habe sehr viele Debatten im Btag gesehen und die Beiträge vieler AfDler waren nicht die schlechtesten.
Und was das "proleten" betrifft nenne ich nur Herrn Dr. Hofreiter sowie Frau Nissen (SPD).

Herr Lenz, wir haben hier im Land massive gesellschaftliche, soziale Probleme.
Die Situation eskaliert, q.e.d.
AfD?
Der Wahlkampf in 2021 wird von allen Seiten "brutalst möglich" werden.
Leider.

Hallo, Herr Muhlack,
zum Thema "Ausschwitzen" finden Sie überall Aufklärung im Netz.

Ich gehe lieber direkt auf Ihre anderen Fragen ein:
Finden Sie es legitim, dass ein bekennendes AfD-Mitglied hier fast täglich offensiv Werbung für seine Partei betreibt?
Sie denken schon? Dann müssen Sie auch akzeptieren, dass diese Parteiwerbung "verlässlich" kritisiert wird. Das hier ist ja ein öffentliches Forum. Da hat, wenn ich nicht irre, keiner ein Privileg auf ungestörte Parteiwerbung.
Ich hege ja keinen persönlichen Groll gegen die Dame, auch wenn ich ihre Einstellungen manchmal sehr bedenklich finde.
Das nervt Sie?
Aber finden Sie es in Ordnung, das hier täglich über Merkel genörgelt wird? Oder über die Grünen, usw.?
Auch das nervt zuweilen gewaltig. Sollte da jemand gleichfalls lieber mal ruhig sein? Dann sagen Sie es!
Was mich zur abschliessenden Frage bringt: Was bringt ausgerechnet Sie, einen aufgeweckten Zeitgenossen, zu einer Partei wie der rechtsextremen AfD?

Den Begriff "Volksverräter" verwenden ausschließlich AfD-nahe Kräfte, was nur eines von zahllosen Indizien dafür ist, wer hier an welche unselige Tradition anknüpft.
Andere sind z. B. Aussagen von Höcke (siehe unten), Krah ("Wir schießen den Weg frei.") und Weidel ("Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten..."), die ich hier bereits mehrfach mit Quellen zitiert habe.
Hier ein paar Zitate des thüringischen AfD-Landesvorsitzenden, die auch beim BfV registriert worden sein dürften.

https://www.businessinsider.de/politik/thueringen-das-sind-die-radikale…

Jeder weitere Kommentar erübrigt sich.

Gerhard Lenz | Di., 21. Juli 2020 - 12:24

Antwort auf von Kai-Oliver Hügle

..ich gehe nicht davon aus, dass der durchschnittliche, der AfD zugeneigte Forist sich die Mühe macht, Ihren Link zu nutzen.

Deswegen wiederhole ich hier nur eine Äußerung von Herrn Hoecke, die besonders vielsagend sein dürfte:

„Auch wenn wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen....“

Es ist nicht anzunehmen, dass die Dame, die stets die Treue zu Demokratie und Grundgesetz für ihre Partei beansprucht, sich von solchen "Sprüchen" distanziert.

Denn jegliche Radikalität der AfD ist ja nicht mehr als Geschwätz der um Machtverlust fürchtenden Altparteien.
(Ironie Ende)

Fritz Elvers | Mo., 20. Juli 2020 - 16:41

Hätte ein durch und durch fanatisiertes Volk die neue Regierung (Junta) gelyncht?
Hätten die Westalliierten sich auf einen Separatfrieden überhaupt eingelassen?
Der Krieg gegem die SU wäre weiter gegangen, mit welchem Ausgang und welchen Koaiitionen?

Das schmälert nicht die Heldentaten der Verschwörer, aber es war ohnehin nur das Militär dazu in der Lage, diesem Horror ein Ende zu setzen. Das Volk sah die Deportationen und hörte von dem Völkermord und war zu schwach oder zu begeistert. Es opferte lieber seine Söhne, bis auf ganz wenige.

Die verehrte AfD Wählerschaft sollte wenigstens jetzt auf von Schwanenfeld hören.

Sehr gute Frage. Aber es geht nicht nur um die Reaktion eines Volkes, das ja dann pünktlich bei Kriegsende plötzlich schon immer geschlossen gegen Hitler war.

Hatte Stauffenberg demokratische Absichten? Man darf dazu neigen, diese Frage zu verneinen. Immerhin hat auch der Mann im Reich Karriere gemacht, galt lange als "überzeugt".

Was eine "Läuterung" natürlich nicht ausschliesst. Aber ist die irgendwo verlässlich bezeugt?
Oder wäre an die Stelle einer Bande von Verrückten eine gemässigtere, aber immer noch anti-demokratische Militärregierung gerückt, hätte das Attentat geglückt?

Zweifelsfrei hätte eine Beseitigung Hitlers & Co. der Menschheit viel weiteres Leid erspart. Insofern ist natürlich schon alleine der Versuch einer ausserordentlichen Würdigung wert.

Fritz Elvers | Di., 21. Juli 2020 - 19:43

Antwort auf von Gerhard Lenz

die Pläne des Kreisauer Kreises als maßgebliche Denkfabrik sahen durchaus einen liberalen Bundesstaat als Ziel an und sogar eine europäische Integration. Natürlich waren die "starken Männer" Militärs. So sollte Beck Staatspräsident werden. Aber wie hätte es in dieser Situation auch anders gehen sollen?

Stauffenberg war natürlich Offizier, von Geburt sozusagen vorgezeichnet. Aber er war auch stark beeinflußt von Stefan George. Seine letzten Worte, es lebe das heilige Deutschland, kamen nicht von ungefähr. Sein ungeheurer Mut und seine strategische Cooleness, würde man heute sagen, setzten eine extrem starke Persönlichkeit voraus. Ein Demokrat im heutigen Sinne war er wohl kaum, aber ein Wegbereiter.

Ekkehard Windrich | Mo., 20. Juli 2020 - 17:21

Sehr geehrter Herr Graf von Schwerin von Schwanenfeld,

vor wenigen Monaten habe ich mich intensiv mit Filmaufnahmen von Freislers "Gerichtsverhandlungen" gegen die Attentäter des 20. Juli beschäftigt - nicht gerade aus Vergnügungssucht, wie sich denken lässt.

Diese Filmdokumente anzuschauen, ist eine erbarmungslose seelische Prüfung. Nicht nur Freislers berüchtigte Rhetorik und die entwürdigenden Schikanen sind kaum erträglich, sondern ganz besonders die peinliche Gesinnungsnachforschung, die selbst noch dem Beichtvater eines bloßen, eher zufälligen Mitwissers zum tödlichen Verhängnis wurde.

Die erhaltenen Aufnahmen dokumentieren aber auch die kaum glaubliche Standfestigkeit einiger Angeklagter, selbst nach schlimmer Gestapo-Folter für ihre Tat und ihr Gewissen Freisler die Stirn zu bieten.

Zu diesen Aufrechten, vor denen ich mich nur in tiefem Respekt und Dankbarkeit verneigen kann, zählte bekanntlich auch Ihr Vater.