Donald Trump, Präsident der USA, kommt am 06.07.2017 auf dem Flughafen in Hamburg an.
Trump in der Zwickmühle / picture alliance

Rechtsextremismus in den USA - Welcher Konflikt dahinter liegt

Donald Trumps Zickzackkurs in seinen Reaktionen auf die rechte Gewalt in Charlottesville lässt vergessen, dass dort ein Konflikt zutage getreten ist, der mehr als 150 Jahre zurückreicht. Der Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten müsste endlich aufgearbeitet werden

Autoreninfo

Eva C. Schweitzer arbeitet als freie Journalistin für verschiedene Zeitungen in New York und Berlin. Ihr neuestes Buch ist „Links blinken, Rechts abbiegen“.

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Charlottesville, Virginia: Am Wochenende protestierten dort weiße Nationalisten, Ku-Klux-Klan-Mitglieder und militante Gruppen wie Vanguard mit Fackeln und Hakenkreuzfahnen dagegen, dass die Stadt das Denkmal von Robert E. Lee entfernt. Lee war oberster Befehlshaber der Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg. Die Protestanten trugen Plakate, auf denen „Blut und Boden“ stand und „Jews will not replace us“ („Die Juden werden es nicht schaffen, uns zu ersetzen“). Dahinter steht die Theorie, dass eine jüdische Weltverschwörung die weiße Bevölkerung durch dunkelhäutige Immigranten ersetzen wolle.

Linke Gegendemonstranten kamen, darunter auch Mitglieder der bei weißen Nationalisten verhassten Gruppe „Black Lives Matter“, die Polizeigewalt gegen Afro-Amerikaner anprangert. Die Gruppen gerieten aneinander, ein weißer Nationalist fuhr in die Menge, tötete eine Frau und verletzte 19 weitere Menschen.

Danach meldete sich US-Präsident Donald Trump zu Wort, indem er die „Gewalt von allen Seiten“ verurteilte. Die Nationalisten feierten das als Erfolg. Die Neonazi-Website Daily Stormer sah Trumps Worte als Beweis, dass der Präsident auf ihrer Seite stehe. Aufgrund der Kritik, selbst aus seiner eigenen Partei, hat Trump seine Aussage mittlerweile verschärft. Die Gewalt sei rassistisch motiviert gewesen und von Neonazis, weißen Nationalisten und dem Ku-Klux-Klan verübt worden, sagte er nun.

Der geschichtliche Hintergrund

Der Streit um die Denkmäler der Bürgerkriegsgeneräle der Südstaaten, die überall entfernt werden, ist die neueste Wendung in einem langen Kulturkampf zwischen Rechten und Linken, Weißen und Schwarzen. Bei dem geht es letztlich darum, dass Afro-Amerikaner gleiche Lebenschancen erhalten. 

Das Kernproblem, das dahintersteht, ist das Unvermögen der USA, Afro-Amerikaner nach dem Ende der Sklaverei in die Gesellschaft zu integrieren. Und das auf eine Weise, die mit anderen Einwanderergruppen gelungen ist, die ursprünglich als „troublemakers“ (Unruhestifter) galten: Iren, Italiener oder osteuropäische Juden.

1865, am Ende des Sezessionskriegs, galten die ehemaligen Sklaven zwar offiziell als freie Menschen, aber verändert hatte sich kaum etwas. William Tecumseh Sherman, der Heerführer der Nordstaaten, hatte jedem von ihnen ein Maultier und ein Stück Land versprochen. Bekommen haben sie es nicht. Denn eigentlich war es dem Norden nur darum gegangen, die Abspaltung des Südens zu verhindern. Nordstaaten wie New York erlaubten sogar noch bis 1827 die Sklaverei.

Nach dem Krieg gelangten die Plantagenbesitzer bald wieder an die Macht. Schwarzen wurde es verwehrt, zu wählen. Die sogenannten „Jim Crow Laws“ ordneten Rassentrennung in Schulen, Restaurants und Krankenhäusern an. Viele Schwarze emigrierten in die Großstädte des Nordens wie Chicago, Detroit, New York, wo sie in Ghettos landeten, während die Weißen in die Vororte flüchteten. Woodrow Wilson, US-Präsident während des Ersten Weltkriegs, führte noch im zwanzigsten Jahrhundert bundesweit die Rassentrennung in Bus und Bahn ein. Und auch im Zweiten Weltkrieg kämpfte eine segregierte US-Armee.

Rassismus hält sich bis heute

Die Zustände änderten sich erst, als in den fünfziger Jahren Präsident Dwight D. Eisenhower tausend Soldaten nach Arkansas schickte, um schwarze Schüler in weiße Schulen zu eskortieren. Sein Nachfolger Lyndon Johnson verpflichtete die Bundesstaaten dann in den sechziger Jahren, allen Bürgern das Wählen zu gestatten.

Doch die Diskriminierung von Afro-Amerikanern hält bis heute an. Sie reicht vom „Redlining“, bei dem Banken in weißen Vororten keine Immobilienkredite an Dunkelhäutige vergeben. Bis zum Streichen von meist schwarzen Wählern aus den Verzeichnissen in Florida und Ohio unter Präsident George W. Bush. Anteilig sitzen mehr Afro-Amerikaner im Gefängnis, weil es ihnen schwerer fällt, die Kaution aufzubringen. 

Generell gilt in Amerika der Grundsatz: Verbesserung ja, aber es darf nichts kosten. Eines der größten Probleme ist dabei, dass die öffentlichen Schulen in ethnisch gemischten Großstädten verarmen. Und selbst die liberalsten Nordstaatler schicken ihre Kinder lieber auf private Schulen oder ziehen in weiße Vororte. Deshalb gibt es für Universitäten die „Affirmative Action“, den privilegierten Zugang für Minderheiten – anstatt die öffentlichen Schulen von vorneherein finanziell so auszustatten, dass alle Schüler gleiche Chancen auf einen Studienplatz haben.

Heuchlerische Debatte

In der angespannten Beziehung zwischen Schwarzen und Weißen lebt die Vergangenheit weiter. Auch die Niederlage im Bürgerkrieg ist im Süden bis heute nicht vergessen. Südstaatler verbreiten einige Legenden über den Krieg, aber in einer Beziehung haben sie recht: Die Debatte ist im Norden von Heuchelei geprägt. Intellektuelle und Politiker erheben sich gerne moralisch über den Süden. Die Statuen von Lee und anderen Generälen werden abmontiert, weil es darum geht, den Kriegsgegner für den Aufstand gegen Washington zu bestrafen. Dabei wäre es besser, auch die eigenen Verwicklungen in der Sklaverei aufzuarbeiten.

Die Statue des Nordstaaten-Soldaten William T. Sherman bleibt unterdessen stehen. Obwohl er bei seinem Zug durch Georgia mehr Kriegsverbrechen begangen hat als jeder Südstaaten-General. Zudem war er die treibende Kraft hinter dem Vernichtungskrieg gegen die Sioux. Ein anderes Beispiel: Andrew Jackson, der siebte Präsident der Vereinigten Staaten, schickte Indianerstämme auf Todesmärsche. Er ist auf dem 20-Dollar-Schein zu sehen. Woodrow Wilson ziert noch heute die Universität Princeton, die Namen der Präsidenten George Washington und Andrew Jackson, beide waren Sklavenhalter, sind in Amerika allgegenwärtig.

Mehr Ehrlichkeit wäre ein erster Schritt

Das alles entschuldigt natürlich keine gewalttätigen Neonazi-Demos. Die Ereignisse von Virginia sind beunruhigend. Zumal sie in einer Intensität geschahen, die ohne ein verstohlenes Augenzwinkern aus dem Weißen Haus nicht denkbar gewesen wäre. Die Fackelträger dieser Nacht sind vermutlich für jeden Diskurs verloren. Nicht aber viele ihrer Sympathisanten, die übrigens nicht alle aus dem Süden stammen: Auch der Vater von Donald Trump stand dem Ku-Klux-Klan nahe. Um diese Sympathisanten zu erreichen, wäre mehr Ehrlichkeit ein guter erster Schritt.

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Georg Kurti | Di., 15. August 2017 - 15:56

Vielen Dank, für die nützlichen Informationen.

Die Amerikaner haben eines der freiesten Länder der Welt geschaffen,
wo sich vorher Indianerstämme gegenseitig versklavt haben.

Bernd Eifländer | Mi., 16. August 2017 - 08:10

Antwort auf von Friedrich Monecke

Die "Amerikaner" wie sie es nennen, waren europäische Zuwanderer. Europäer !!! Und der Begriff Indianer, kam zustande weil Columbus dachte er wäre in Indien angelandet. Man nennt das Ureinwohner. Die "Indianer" haben sich gegenseitig versklavt, lesen sie regelmäßig vor dem Einschlafen Grimms Märchen ?
Ein Glück das uns die "Indianer" nicht vorher entdeckt haben, sonst würde sie heute im Reservat leben.

Jürgen Dörschel | Mi., 16. August 2017 - 13:59

Antwort auf von Friedrich Monecke

Natürlich haben sich die Indianerstämme untereinander "bekabbelt", aber niemals versklavt. Wahr ist, dass die Amerikaner der Frühzeit die Eingeborenen brutal unterjocht und manchmal auch ermordet haben. War George W. Bush ein aufrichtiger Demokrat? Wohl kaum, denn er formte sich die für ihn günstigste Pseudorealität. Und heute Morgen bekam Donald Trump vom KuKluxClan ein Solidaritätsschreiben für seine rechtsverblendeten Äußerungen. Ich bin froh, nicht in den Genuss der US-"Demokratie" zu kommen.

Karin Zeitz | Di., 15. August 2017 - 17:27

Bekanntlich wird die Geschichte immer von den Siegern geschrieben. In den USA gingen die Nordstaaten als Sieger aus dem Konflikt hervor. Wie im Artikel richtig bemerkt wurde die Bekämpfung der Sklaverei im Süden als humanitärer Vorwand benutzt, um den Krieg zu rechtfertigen. Ein fatales Zeichen ist es, wenn nach so langer Zeit das Denkmal eines Kriegshelden demontiert wird. Man kann die Geschichte nicht durch Denkmalstürmerei vergessen machen oder verbessern, man muss sich ihr ganz einfach stellen. Ich bedauere z. B. sehr, dass in meiner Heimatstadt in sozialistischen Zeiten eine wunderschöne Denkmalgruppe - Kaiser Wilhelm, Bismarck und Moltke - abgerissen worden ist.

Rene Fischer | Di., 15. August 2017 - 18:01

Antwort auf von Karin Zeitz

Gerade eine demokratische Grundhaltung sollte dafür sensibilisieren, einen Abriss eine Denkmals als eventuell kleineres Übel als negative Gefühle ganzer Bevölkerungsgruppen zu sehen. Persönlich stehe ich der Sache zwar auch skeptisch gegenüber, aber ich bin auch kein Amerikaner und schon gar kein Schwarzer. Ich frage mich allerdings, warum man überhaupt jemals Lenin-Denkmäler in den USA aufgestellt hat und ob man nicht hier zuerst anfangen sollte. Auch stellt sich für mich die Frage nach der Dringlichkeit. Die USA steht, wie wir alle, vor der Hyperinflation und schadet auch durch ein überbürokratisiertes Wirtschaftssystem gerade den Ärmsten. Wer sich um Denkmäler kümmert, hat unter Umständen wenig Bildung an wichtigerer Stelle. Aber wie gesagt, bin kein Amerikaner. Kultur hat ja auch seinen Wert.

Susi Raschke | Mi., 16. August 2017 - 21:41

Antwort auf von Rene Fischer

da kommt man fast ins Schwärmen. Wäre denn noch jemand dafür, das Sowjetische Ehrenmal im Berliner Tiergarten zu entfernen?

Anton F. Keller | Mi., 16. August 2017 - 11:55

Antwort auf von Karin Zeitz

Ausserhalb der USA ist der Name Robert E. Lee nur historisch Interessierten geläufig, die sich mit der Geschichte der Vereinigten Staaten befassen.

Im Unterschied dazu sind die Namen Wilhelm I, Bismarck und Moltke ausserhalb Deutschlands nicht nur historisch Interessierten bekannt. Die Entfernung der drei Statuen in Chemnitz war in Europa mit Erleichterung registriert worden.

Sowohl das Stadtschloss wie der Palast der Republik sind Zeugnisse der deutschen Geschichte. Dass der Volkspalast unter lächerlichem Vorwand abgerissen wurde, dafür das Stadtschloss rekonstruiert wird, schadet der Stellung Deutschlands in Europa.

Fehlt nur noch, dass die drei Statuen in Chemnitz wieder aufgestellt werden.

Karin Zeitz | Mi., 16. August 2017 - 14:51

Antwort auf von Anton F. Keller

braucht eigentlich nicht mehr reanimiert zu werden. Deshalb bin ich froh darüber, dass die Chemnitzer sich vehement und erfolgreich gegen das Entfernen des Marx-Kopfes - liebevoll “Nischel“ genannt -gewehrt haben, auch wenn das Denkmal und der Platz davor manches Mal als Kulisse für irgendwelche sinnfreien Kunstwerke herhalten muss. Eine Stadt sollte nicht ängstlich herumhorchen, was Andere darüber denken und den Mantel in den jeweils herrschenden Wind hängen, sondern sich stolz ihre Identität bewahren.

Jürgen Dörschel | Mi., 16. August 2017 - 16:11

Antwort auf von Karin Zeitz

Leider ist es nur wenigen bekannt, dass Bismarck als erster Deutscher die Rente mit 65 Jahren durchsetzte. Ein Meilenstein für die Zukunft, auch wenn seinerzeit nicht alle das Rentenalter erreichten. Es war ein wichtiger und wertvoller Anfang. Unverständlich, wenn gerade so ein Denkmal im Sozialismus abgebaut wird, denn er war indirekt ein Vorreiter.

Larissa Tscherkow | Di., 15. August 2017 - 19:44

gibt es leider noch immer auf der Welt. Das diese furchtbaren Menschen entschieden bekämpft werden müssen, versteht sich von selbst!

Doch ist mir nicht so ganz klar, was D. Trump falschgemacht haben soll als er die Gewalt von allen Seiten verurteilte, wenn man bedenkt, dass auch Linksextreme in den USA Gewalt ausüben.

Es ist noch nicht so lange her, da wurde ein republikanischer Politiker von einem linksextremen Trumphasser erschossen. Donald Trump reagierte damals nicht anders, als er diesmal reagierte.

Doch damals empörten sich unsere Medien wenig über seine Reaktion, und warfen ihm auch nicht vor sich nur ungenügend zu distanzieren.

Auch hatte ich den Eindruck, dass unsere Medien diesen Vorfall schnell zu den Akten legen wollten.

Und es gab auch keine Überschriften, in denen die linke Gewalt als linke Gewalt bezeichnet wurde.

Der ständige Doppelstandard, den unsere Medien in ihrer Beurteilung anlegen, je nachdem wer Verbrechen verübt, ist erschreckend.

Dimitri Gales | Di., 15. August 2017 - 20:39

Abzeichen, Orden etc. aus der NS-Zeit finden dort reissenden Absatz. Dafür kann Trump nun wirklich nichts. Die Rassenschranke bestimmt bekanntlich noch immer das öffentliche Leben in den USA und das wird sich auch nicht ändern. Schwarze haben insbesondere in den Südstaaten schlechte Karten. Auch dafür trägt der Präsident keine Verantwortung. Die Rassensegregation ist historisch gewachsen und lässt nicht so einfach wegbügeln, wie es Idealisten wünschen.

Michaela Diederichs | Di., 15. August 2017 - 21:49

Trump hat sich nur der Sprache der Staatsanwälte bzw. Gerichte bedient in seinem ersten Statement. Die haben nämlich zunächst nicht von Terror gesprochen und die Anklage lautete auch nicht entsprechend. Wenn die Polizei in Frankreich bei einer solchen "Autofahrt" das gleiche Vokabular verwendet und Herr Macron nichts sagt, ist das ok. Lustig, diese Unterscheidungen. Journalismus bekommt immer öfter erheiternde Noten und Autofahren sollte vielleicht - auch in Anbetracht der Giftdiesel - gänzlich verboten werden. Einfach zu tödlich.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-08/frankreich-autofa…

Peter Wagner | Di., 15. August 2017 - 22:48

Vergangenheit "aufgearbeitet".
In der Berliner Humboldt -Universität hängt immer noch der Marx-Spruch aus der DDR-Zeit, am Alex steht noch immer das Marx-Engels-Denkmal und in jeder mittleren Stadt gibt es eine Marxstraße.
Merkwürdig, oder? Nach 100 Millionen Marxismus-Opfern.
Sind die nicht so wichtig, oder was ist das Problem?

Vinzenz Brandner | Mi., 16. August 2017 - 01:56

Das Kernproblem ist nicht, wie Frau Schweitzer meint, das Unvermögen der Amerikaner, die Afroamerikaner zu integrieren. Egal, in welchem Ausmaß diese integriert sind, dem guten Robert E. Lee ginge es in jedem Fall an den Steinkragen. Warum das so ist? Ein Journalist eines privaten TV-Senders sprach kürzlich vom "Sklavenhalter"-General Lee. Lee hatte Sklaven, war nicht schön, aber im Süden damals üblich, auch wenn ein paar Übereifrige 150 Jahre später deswegen vor Entrüstung hyperventilieren.- Lee zog aber nicht für den Erhalt der Sklaverei in den Krieg, wie Frau Schweitzer sicher weiß, sondern - jetzt kommts - für sein H e i m a t land Virginia. Dass er das Wunder fertigbrachte, dass der militärisch vollkommen unterlegene Süden 4 Jahre durchhielt, brachte ihm sein Denkmal und die Anerkennung der Südstaatler ein, deren Welt (vielleicht zu Recht) zu Klump gehauen wurde. Mit Moral hat das alles nichts zu tun, und deswegen verstehen es die linken Aktivisten, dickhäutig wie stets, nicht.

M artin Michael | Mi., 16. August 2017 - 06:42

Danke mal ein Wertfreier Bericht der Sachlage, in anderen Mainstreamern bin ich zensiert worden, weil ich gewagt hatte diese eitlen Gazetten richtigzustellen, das Lee keine Sklaven sein eigen nannte und Sherman der Held des Nordens seine 19 Sklaven nach dem Krieg er freiließ nachdem er eine Kompensation von unglaublichen $19000 bekommen hatte.

helmut armbruster | Mi., 16. August 2017 - 08:37

Das Kernproblem sei das Unvermögen der USA, Afro-Amerikaner nach dem Ende der Sklaverei in die Gesellschaft zu integrieren.
Das ist also seit 150 Jahren nicht gelungen (d.h. in 6 Generationen nicht u.das ohne Sprachprobleme)!!!
Es muss Gründe geben warum u. wieso das nicht gelungen ist. Was sind diese Gründe?
Gründe hin oder her klar ist, dass, gelingt die Integration nicht, die Folge eine gespaltene Gesellschaft ist, siehe USA.
Ich wünschte mir daher, dass in D und EU
- dieses Problem einmal gründlich, objektiv und wissenschaftlich angegangen wird. Und frei von voreiliger politischer Stellungnahme à la "wir schaffen das".
- alle Politiker, Voreingenommenen u. Gutmenschen in dieser Frage nichts zu melden haben
- Alternativszenarien durchgespielt werden im Sinne von wie sieht es in 10-20-30 Jahren aus, wenn die Integration a) gelingt, b) nur halb gelingt und c) nicht gelingt.
So blindlings weiter wursteln wie bisher sollten wir jedenfalls nicht. Es könnte böse enden.

Bianca Schmidt | Mi., 16. August 2017 - 09:33

Statt in die Vergangenheit zu blicken, sollte man seine Energie für die Herausforderungen der Zukunft verwenden. Versuche nicht zu ändern, was nicht mehr zu ändern ist.

Tim Cramer | Mi., 16. August 2017 - 10:11

Bedauerlicherweise ist es ja heute Mode, von einem moralischen Sockel herab zu argumentieren und die Welt in gut und böse zu scheiden. Umso wohltuender war das Lesen dieses Artikels. Ich hoffe, ich darf in Zukunft häufiger Artikel von Frau Schweitzer und Artikel lesen, die sich von mehr als einem Blickwinkel einer Frage annähern.

Peter Weih | Mi., 16. August 2017 - 11:06

Noch zwei Details die das Ganze noch Widersprüchlicher erscheinen lassen: Zum einen gab es bis ca. 1830 auch weiße Sklaven (bzw. weiße Menschen mit einem sklavenähnlichen Rechtsstatus) zum anderen waren im Konvent, der die noch heute gültige Verfassung der USA ausgearbeitet hat knapp die Hälfte der Mitglieder Sklavenhalter. (Quelle: M. Hochgeschwender: Die Amerikanische Revolution: Geburt einer Nation 1763-1815). Solch ein tiefer geselschaftlicher Antagonismus lässt sich nicht mal so "aufarbeiten". Leider wurde der Graben in der Amtszeit des ersten schwarzen Präsidenten auch nicht kleiner sondern paradoxerweise noch tiefer.

Christoph Kuhlmann | Mi., 16. August 2017 - 12:10

Die USA müssen ihre Geschichte aufarbeiten und nicht verdrängen. Rassismus ist Fakt und jeder Versuch ethische Diskriminierung durch gezielte Förderung oder Benachteiligung ethnischer Gruppen zu bekämpfen ist bereits selbst Rassismus. Genauso ist der Abbau von Denkmalen Verdrändung und nicht Aufarbeitung. Man hätte den Park in dem es steht auch Martin-Luther-King-Park nennen und die Sklaverei und spätere Diskriminierung von Afroamerikanern thematisieren können. Eine differenzierte Sichtweise lässt sich nun einmal nichr durch Standbilder vermitteln, doch General Lee das Denkmal eines schwarzen Bürgerrechtlers gegenüberzustellen, könnte manchem zu denken geben.

Anton F. Keller | Mi., 16. August 2017 - 12:48

Am Ende des Bürgerkriegs gab es eine kurze Periode der Gleichheit. In der Reconstruction Area wurden die eben erkämpften Rechte der Schwarzen der Reintegration der Südstaaten geopfert. Die Segregation wurde erst mit den Bürgerrechtsgesetzen unter Lindon B. Jonson beendet. Damit begann man von dort weiter zu gehen, wohin man 100 Jahren zuvor zurückgegangen war.

Nach dem Krieg wurde Deutschland eine Entnazifizierung aufgezwungen, die unter dem McCarthyism von den USA aber rasch wieder abgeblasen wurde.

Die intern angestossene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist in Deutschland mit dem Begriff der 68er-Bewegung verbunden. Glücklicherweise können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen, was die Bundesrepublik vor 1968 war.

Leider hatten die USA bis heute noch keine 68er-Bewegung.

Marianne Bernstein | Mi., 16. August 2017 - 15:00

Es ist modern alle Probleme auf eine individuelle Schiene zu haben. Schuld sind die bösen Rassisten und Rechten und wenn die Weg sind dann bricht das Himmelreich aus.
Ich glaube nicht, dass das so einfach funktioniert.
Es gibt in den USA und Europa viele Probleme, die aber viel mehr mit Chancen und Gerechtigkeit zu tun haben als mit der Hautfarbe.
Es gibt genügend Weisse in den USA, die auch keine Chance haben und die das nicht einmal sagen dürfen, denn es geht nur um Rassismus!
Die USA haben ein Gewaltproblem, nicht zuletzt weil es viel zu viele Waffen gibt, die USA haben ein Chancenproblem, weil Geld alles ist und die Verteilung des Geldes sehr ungerecht.
Das erklärt auch warum ein schwarzer Präsident unabhängig von seinen Intentionen an der Spaltung der Gesellschaft nichts ändern konnte.
Die Focusierung auf Rassismus wird keine Probleme lösen sondern diese nur verstärken, weil die Kampf gegen den Rassismus die Ungerechtigkeit werden verstärken wird.

Michael Sander | Mi., 16. August 2017 - 17:04

Antwort auf von Marianne Bernstein

Da gebe ich ihnen Recht. Das ist diese völlige Fixierung auf Identitätspolitik. Weisse gegen Schwarze, Latinos, Moslems, Schwule oder was auch immer.
Wenn man Menschen nur immer nach Gruppenzusammengehörigkeit definiert und anspricht, löst man kein einziges Problem, sondern schafft unzählige Neue.
Politiker versprechen sich Vorteile davon, wenn sie die Rechte irgendeiner für sie attraktiven Wählergruppe thematisieren. Sowas eignet sich halt gut für einen "wir gegen die" Wahlkampf. Aber in Wirklichkeit ist es das Gegenteil von dem, was es vorgibt zu sein - nämlich integrativ zu sein. Man kann keine Gruppen integrieren, sondern nur Individuen. Wer Identitätspolitik betreibt, braucht sich über die Spaltung der Gesellschaft nicht zu wundern.

Hans Page | Fr., 18. August 2017 - 08:02

Denkmäler und Titel haben immer auch einen politischen Zweck. Andererseits hat es sich eingebürgert, Erinnerungsmale auch von der Gegenseite zu tolerieren. Wenn nicht, dann sollten der politischen Correctess wegen, Leute wie Alexander der Grosse, Karl der Grosse u.a. vor ein postfaktum Gericht gestellt werden und der Verbrechen von Angriffskriegen (Persien, Afghanistan, Indien) und Verbrechen gegen die Menschheit (massenhafte Ermordung von Sachsen) angeklagt werden. Wir haben ja ähnliche Phänomene in Deutschland, indem man all die Kolonialmilitärs ächten will. Ich warte darauf dass England all seine Reichtümer an Spanien zurück gibt, und Spanien an die Indios.

Oliver Hoch | Fr., 18. August 2017 - 16:25

In Fernsehkommentaren konnte ich hören, dass die bösen weißen den rassistischen Spruch "White Lives Matter" gebrüllt hätten. Zu "Black Lives Matter" habe ich das noch nie gehört, und auch im Artikel ist dieses überaus positiv konnotiert.
Rassismus ist zerstörerisch - egal, ob der Rassist weiße, schwarze oder blaue Hautfarbe hat.
Wer das nicht anerkennt, ist ein Rassist.

Ronnie Berger | So., 20. August 2017 - 15:12

da meine Kommentare hier immer wieder zensuriert werden, bringe ich ein Quote zu Gen Sherman; die US hat einen Tank und mehrere Denkmaeler nach ihm benannt "While Americans recoil with indignant shock at the holocausts occurring in Bosnia and Rwanda, we might be reminded of the advice William Tecumseh Sherman gave to President Ulysses S. Grant: "First clear off the buffalo, then clear off the Indian. We must act with vindictive earnestness against the Sioux even to their total extermination--men, women and children."
Los Angeles Times, May 04 , 1994

Thomas Bonsack | Do., 24. August 2017 - 23:01

"Anteilig sitzen mehr Afro-Amerikaner im Gefängnis, weil es ihnen schwerer fällt, die Kaution aufzubringen".
Eine etwas einseitige Sichtweise, dazu muss man sich zunächst an die realen Zahlen orientieren. In den USA sitzen insgesamt 2,2 Millionen Menschen im Gefängnis, davon haben 900 000 mit schwarzer Hautfarbe, bei einem Bevökerungsanteil von 13% (manche Angaben liegen auch leicht über den 13%). Von den 900 000 Gefangenen mag ein kleiner Teil im Gefängnis sitzen und nicht in der Lage sein, die Kaution aufzubringen.