Ryanair-Fluggäste am Flughafen Memmingen, Unterallgäu / dpa

Anja Karliczek über Rückzug von Ryanair - Tourismuspolitische Sprecherin der Union: „Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig“

Wegen hoher Gebühren und Steuern streicht Ryanair sein Angebot in Deutschland kräftig zusammen. Die tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Anja Karliczek, sieht die Ampel in der Verantwortung – und kritisiert deren nationale Tourismuspolitik.

Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Die irische Billigfluglinie Ryanair macht ihre Drohung wahr und streicht ihr Angebot in Deutschland kräftig zusammen. Dortmund, Dresden und Leipzig würden im Sommer 2025 nicht mehr angeflogen, sagte Fluglinienchef  Eddie Wilson in Hamburg. Dass Ryanair sein Angebot am Hauptstadtflughafen BER reduzieren will, ist bereits seit August bekannt. Berlin sollen 20 Prozent weniger Flüge als bislang erreichen.

Wilson begründete die Entscheidung mit zu hohen Kosten in Deutschland. Er forderte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die Bundesregierung auf, unter anderem die Luftverkehrssteuer abzuschaffen und die Flugsicherungsgebühren zu senken. Wilson sagte, die Entscheidung sei final. Sollte die Bundesregierung aber reagieren, würde Ryanair das ebenfalls tun. 

Auch die Lufthansa-Tochter Eurowings hat Flugstreichungen angekündigt. In einem ersten Schritt werde man für 2025 mehr als 1000 Flüge aus dem Programm nehmen, erklärte Jens Bischof, Chef von Eurowings. Eingestellt wird zum Sommerflugplan die innerdeutsche Verbindung von Hamburg nach Köln-Bonn. Sechs weitere Ziele in Europa und Nordafrika würden ebenfalls nicht mehr angeflogen. 

Politik der Ampelregierung sei „irrational“

Die tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Anja Karliczek, kritisiert in dem Zusammenhang die nationale Tourismuspolitik der Ampel. Gegenüber Cicero sagte Karliczek am Freitag: „Der asiatische Markt wird ausgebaut, Drehkreuze in europäischen Nachbarländern und der näheren europäischen Umgebung wachsen. Deutschland aber spielt eine immer unwichtigere Rolle, auch und gerade durch die falschen Ansätze in der nationalen Tourismuspolitik. Die im internationalen Wettbewerb extrem hohen Standortkosten sorgen dafür, dass nicht nur Ryanair, sondern auch Eurowings viele Verbindungen streicht.“

Die Luftverkehrssteuer ist in Deutschland im Mai erhöht worden. Je nach Ziel der Reise liegt sie zwischen 15,53 und 70,83 Euro pro Ticket, was Anbieter in der Regel an die Passagiere weitergeben. Laut dem Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) aus Berlin gehört die Gebühr in Deutschland zu den höchsten in Europa. In der Folge müssen Passagiere, die von einem deutschen Flughafen starten, in der Regel mehr für ihren Flug zahlen als Passagiere in vielen anderen Ländern der Europäischen Union. Mit der Flugsicherungsgebühr wird unter anderem die Arbeit der Deutschen Flugsicherung bezahlt. 

Ryanair-Chef Wilson bezeichnete die Politik der Ampelregierung hier als „irrational“. Die Regierung nehme an, der Markt für Luftverkehr in Deutschland könne wachsen, obwohl dieser immer weniger konkurrenzfähig sei. CDU-Politikerin Karliczek sieht das ähnlich: „Zu wenig Personal, gestiegene Standortkosten, verspätete Auslieferung neuer Maschinen, es gibt viele Gründe für die Fluggesellschaften, aber nur einen, warum es gerade Deutschland so hart trifft: Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig im Vergleich zu anderen Standorten.“ Diese Tendenz, so Karliczek, „dass immer mehr Fluglinien Deutschland meiden, wird auch für unsere Urlauber das Reisen und Fliegen teuer machen, weil die Erreichbarkeit einfach fehlt“.

Die Frequenz bricht ein

Nach Cicero-Informationen ist das Luftverkehrswachstum in Deutschland auch im Jahr 2023 hinter anderen europäischen Ländern zurückgeblieben. Während das Sitzplatzangebot an deutschen Flughäfen nach wie vor nicht mehr als 79 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht hat, wurde der pandemiebedingte Einbruch in den übrigen europäischen Ländern mit 96 Prozent des Angebotes von 2019 nahezu überwunden. Heißt konkret: Die Anzahl der geflogenen Frequenzen von innerdeutschen Flughäfen bricht ein. 

Entscheidend für die langsame Erholung des Luftverkehrs in Deutschland auf deutlich niedrigerem Niveau als im restlichen Europa sind die hohen Standortkosten. Laut BDF gibt es für Fluggesellschaften mehrere Kosten, die standortabhängig und wesentlich sind. Außer der Luftverkehrssteuer und der Flugsicherungsgebühr verweist der Verband auch auf die Luftsicherheitsgebühr, die bei den Durchsuchungen von Passagieren und deren Gepäck anfällt. Ihre maximale Höhe soll 2025 von zehn auf 15 Euro steigen. Ebenfalls nennt der BDF Flughafenentgelte, die die Betreiber von den Gesellschaften verlangen.

Der BDF teilte mit, der Verband sei von der Ankündigung Ryanairs wenig überrascht. „Das war ein Rückzug mit Ansage und zeigt die negative Dynamik, in der sich der Luftverkehrsstandort Deutschland insgesamt derzeit befindet“, sagte Geschäftsführer Michael Engel. Der BDF erwartet weitere Negativnachrichten dieser Art – speziell aus Hamburg, heißt es. Dort plane der Flughafenbetreiber eine Erhöhung der Entgelte im nächsten Jahr. Auch der Flughafenverband ADV aus Berlin warnte in einer Stellungnahme davor, dass Deutschland im Luftverkehr den Anschluss verliere. Die Ryanair-Ankündigung zeige, der Standort Deutschland sei zu teuer, sagte Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Auch er ist sicher: „Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig.“

mit dpa

 

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Albert Schultheis | Fr., 11. Oktober 2024 - 13:05

Dann geht man eben bankrott!
"Anja Karliczek, sieht die Ampel in der Verantwortung – und kritisiert deren nationale Tourismuspolitik." - Aber bitte, Frau Karliczek, das war doch das erklärte Ziel der Ampel! Und zwar nicht nur in der Tourismusbranche - die wollten die gesamte Wirtschaft - den verhassten Kaputalismus ihrer Nazi-Vorfahren - dieser so verhassten, ingeniösen Ethnie der Deutschen kaputtmachen! Weil der es ist, der sie ngeblich kaputtmacht! Das schrieben die schon damals in den 70erJahren an die Wände unserer Universitäten. Jetzt sind sie so weit: sie sind in den Institutionen angekommen - und hocken auf der Regierungsbank! Von nichts haben sie eine Ahnung, haben ja nichts gelernt - aber wie man kaputtmacht, das wissen sie, wie man die Menschen mit Propaganda verblödet, das können sie, wie man ihnen das Wort verbietet, darin haben sie Erfahrung. Und sie wissen und können drauf bauen, dass wir alle sie gewähren lassen.

Ingofrank | Fr., 11. Oktober 2024 - 15:31

zu Verkraften da die buntländische Bevölkerung heut zu Tage eh genug urlaubt.
Aber in in den wirklich bedeutenden Wirtschafts, Finanz und Infrastrukturfeldern ist eine Bankrotterklärung Existenz bedrohend.
Das scheint aber diese Laienspieltruppe von Regirung & Union immer noch nicht zu begreifen.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Peter William | Fr., 11. Oktober 2024 - 16:43

"Ryanair-Chef Wilson bezeichnete die Politik der Ampelregierung hier als „irrational“. Die Regierung nehme an, der Markt für Luftverkehr in Deutschland könne wachsen, obwohl dieser immer weniger konkurrenzfähig sei."
In Deutschland hat sich diese und die Vorgängerregierung gedacht die Unternehmer und die Industrie mit einem Handicap klar kommen zu lassen, höhere Preise für Energie und Abgaben sollen durch, ich weiss nicht was, ausgeglichen werden. Durch Genialität? Keine Ahnung was die Regierungen sich dachten wie dies auszugleichen sei! Die Folge ist in diesem Fall die Streichung von Flugverbindungen, die Unternehmen reagieren mit Standortverlagerungen. Erst heute wurde im Handelsblatt eine Agenda 2035 beschrieben. Seien wir doch ehrlich, die deutsche Bevölkerung ist dazu nicht bereit, seit Jahrzehnten werden genau die besprochenen Maßnahmen verfolgt, ohne sichtbare Erfolge, Beispiel gefällig: Carolabrücke. Solange die Brandmauer steht und gewählt wird wie bisher, wieso etwas ändern?

Heidemarie Heim | Fr., 11. Oktober 2024 - 16:50

Zunächst muss ich anmerken, dass ich aus Gründen des Komforts z.B. an Bord, Gepäckbestimmungen usw. nie mit dieser Fluglinie verreist bin obwohl früher ein von ihr bedienter Abflughafen in der näheren Umgebung war. Nachdem wir jahrelang lieber weitere Anfahrtswege mit dem PKW zum nächsten deutschen Flughafen in Kauf nahmen, auf das der Buchung beigefügte Bahnticket verzichteten wir wegen desaströser Zugverbindungen u. unerfreulichen Abenteuern, fliegen wir im Grenzgebiet wohnend nun innereuropäisch nur noch ab LUX, wo sich Ryanair glaube ich ebenfalls zurückziehen möchte. Die dort vertretene heimische Airline gehört zwar nicht unbedingt zum Billigsegment, der Airport ist eher klein zu nennen, dafür aber übersichtlich, der Service am Boden und in der Luft freundlich, fast familiär und egal wohin, man reist mit 23kg im Koffer, 8kg im Handgepäck. Dazu an Bord all inclusive fürs leibliche Wohl auch in der Holzklasse;). Und das Wägelchen wartet bis zur Rückkehr behütet in der Tiefgarage. FG

Walter Bühler | Fr., 11. Oktober 2024 - 16:56

... liegen zum Glück nahe bei Berlin. Berliner, die touristisch verreisen wollen, können das von dort aus wie gewohnt tun, ohne größere Anstrengungen, und können so nebenbei ihren kleinen Teil zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Nachbarländern beitragen.

Es gibt das Gerücht, dass der BER samt dem Steglitzer Kreisel demnächst von "Tropical Islands" übernommen wird. Dort kann man doch wunderbar noch ein heimisches Südsee-Paradies installieren, und auf dem Flughafen-Gelände kann man einen Safari-Park einrichten. Dann brauchen die Leute gar nicht mehr zu verreisen, und die tolle Verkehrsanbindung mit der Bahn würde sich wirklich lohnen.

War das nicht immer das eigentliche Ziel grün-linker Verkehrspolitik? Auf der Stra0e, auf der Schiene - und natürlich auch in der Luft?

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