- „Die Türkei ist too big to fail“
Im Interview erklärt der deutsch-türkische Wissenschaftler Yaşar Aydın, wieso das BIP der Türkei trotz offener Wahlversprechen wächst, und warum eine Wirtschaftskrise am Bosporus folgenschwere Konsequenzen für die europäische Migrationspolitik hätte.
Dr. Yaşar Aydın ist Wissenschaftler am CATS - Centrum für angewandte Türkeistudien der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und lehrt zugleich an der Evangelischen Hochschule in Hamburg. Er studierte an der Universität Hamburg Soziologie und Volkswirtschaft, absolvierte seinen Master in Soziologie an der Universität Lancaster (England) und promovierte an der Universität Hamburg. Neben Fachbeiträgen schreibt er Kommentare für türkische und deutsche Zeitungen. Zuletzt erschienen von ihm die Bücher „Türkei“ (2017) und „Graue Wölfe“ (2022) sowie zusammen mit Jens Bastian „Dynamiken der deutsch-türkischen Wirtschaftskooperation“.
Herr Aydın, mit der Ernennung Mehmet Şimşeks zum Finanzminister und der Ökonomin Hafize Gaye Erkan zur Chefin der Zentralbank kam bei vielen Türken die Hoffnung auf, dass diese erfahrenen Experten einen vernünftigen Wirtschaftskurs initiieren. Nach einem halben Jahr steht fest: Die türkische Wirtschaft steckt weiterhin in einer Krise. Was läuft falsch?
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In den letzten Jahren war viel über die Wirtschaft der Türkei zu lesen. Etliche Male stand sie angeblich vor dem Zusammenbruch, Erdogan war angeblich am Ende, die Opposition wurde fast schon in die Regierung geschrieben. Das meiste war und ist alles überzogen, manches vielleicht auch gelogen, ich weiß es nicht. Jedenfalls ist es Sache der Türken sich ihre Regierung zu wählen und selbst wenn man Erdogan ablehnt, so ist er doch der gewählte Präsident. Und mal ehrlich. Einerseits wird er gerne auch von Deutschland ob seines autoritären Führungsstils kritisiert und anderseits kriechen wir ihm bei der Migration geradezu in den Allerwertesten und machen eine Form des Menschenhandels mit, in dem wir die Türkei bezahlen, Menschen an der "Weiterreise" zu hindern. Es ist schwer für außenstehend zu beurteilen, ob die türkische Wirtschaft wirklich schwach ist oder gar am Zusammenbrechen, wie es die letzten Jahre immer Mal wieder geschrieben wurde.
Ja, es ist interessant, eine andere Sichtweise zur Kenntnis zu nehmen. Das deutsch-türkische Handelsvolumen spricht eher gegen einen baldigen Zusammenbruch der dortigen Wirtschaft. Sich in die Hände eines solchen Politikers zu begeben, spricht auch eher gegen die geopolitische Begabung einer ehemaligen Quantenphysikerin. Und für gute Beziehungen zu China ignoriert Erdogan das Schicksal seiner dortigen Glaubensbrüder.
Werter Herr Aydin, nicht einmal Deutschland - wie wir gerade erleben! Reiche entstehen und zerfallen, das lehrt uns die Geschichte - auch das türkische. Warum? Weil es sich als quasi-Gottesstaat eine fragwürdige, unmenschliche und absolut frauenfeindliche Religion Religion zur Grundlage gewählt hat, weil es unter Erdogan zu einem gewaltbereiten, expansionistisch nationalfaschistisch orientierten Regime verkommen ist - siehe Bergkarabach, Armenien und die unverhohlenen Reden Erdogans in Deutschland.
Dennoch behaupte ich, dass ein Erdogan immer noch im Sinne der Rationalität und des Eintretens für die Interessen des eigenen Volkes unserem Regime Scholz, Habeck, Baerbock etc. himmelweit überlegen ist. Sein Taktieren während des Ukrainekrieges war klug, berechenbar, hundertmal klüger als das infantile Kriegsgeschrei aus Berlin. Was die Berechtigung hinsichl. der NATO-Mitgliedschaft anbelangt, habe ich große Zweifel - aber die habe ich auch gegenüber den USA! -Siehe Angriff auf Nordstream!
Herr Aydın amüsiert mit der Wortschöpfung von der importierten Inflation. Sollen die Importeure unter Wechselkursniveau verkaufen? Und Frau Evisen unterlässt während des gesamten Interviews nach den Gründen der hohen inflation zu fragen. Die Konsumenten und die in- und ausländischen Investoren halten sich zurück mit Ausnahme Chinas, welches das Risiko nicht scheut. Wer also trägt die Verantwortung? Kleiner Tipp: Inflation ist immer die Folge einer verbrecherischen Politik (Ludwig Erhard).
Diese ist aber Voraussetzung für eine rationale Wirtschaftspolitik. Der Islam hat den Kapitalismus weitgehend verhindert. Es geht nicht nur um das Zinsverbot, sondern auch um das Erbrecht, welches eine Kapitalakkumulation lange Zeit verhinderte. Es geht um Gewaltenteilung und Rechtssicherheit für welche die Auslegung des Korans vollkommen irrelevant ist. Viele muslimischen Gesellschaften steht die Aufklärung und damit der totale Machtverlust religiöser Institutionen noch bevor. „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unseren Messern verblutet.“ schrieb Friedrich Nietzsche 1882 in der fröhlichen Wissenschaft. Es ist ein Machtkampf; auch die Rationalität bewahrt die Menschheit nicht vor mörderischen Fehlern. Mit der Renaissance des Islam erwächst neue Armut, aus der sich der Glaube speist. Ein perpetuum Mobile des materiellen und intellektuellen Elends.