Bernd Stegemann / Foto: Katrin Ribbe

Bernd Stegemann im Gespräch mit Ben Krischke - Cicero Podcast Gesellschaft: „Lustgewinn durch Grausamkeit“

„Die Wokeness-Illusion - Wenn Political Correctness die Freiheit gefährdet“ heißt ein jüngst erschienenes Buch der Cicero-Redaktion, in der sich die Autoren mit verschiedenen Aspekten der Identitätspolitik und der Wokeness beschäftigen. Einer von ihnen ist Bernd Stegemann, Autor zahlreicher Bücher und Professor an der Hochschule für Schauspiel (HfS) Ernst Busch. Ben Krischke hat mit ihm über Wokeness gesprochen.

Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

So erreichen Sie Ben Krischke:

Wokeness ist ein Kampfbegriff geworden. Das gilt sowohl für die Befürworter wie die Gegner einer Einstellung, die sich selbst als „wach“ oder „aufmerksam“ bezeichnet. Im Herder Verlag ist nun ein Buch der Cicero-Redaktion zum Thema erschienen. Es heißt „Die Wokeness-Illusion - Wenn Political Correctness die Freiheit gefährdet“, herausgegeben von Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier und Ben Krischke, Redakteur bei Cicero und Leiter Debatte bei Cicero Online

In der Textsammlung (128 Seiten, gebunden) werden zentrale Elemente des Zeitgeist-Phänomens kritisch geprüft und eingeordnet: der Vorwurf der kulturellen Aneignung, die Forderung nach geschlechtergerechter Sprache, die Rede von strukturellem Rassismus, das Instrument der Cancel Culture und die Einführung einer geschlechtlichen Diversität. Die Autoren dieses Buches, neun an der Zahl, sind sich einig, dass die so kritisierte Wokeness nicht zur Abschaffung oder Einebnung von Unterschieden beiträgt, sondern im Gegenteil diese untermauert.

Einer von ihnen ist Bernd Stegemann, Dramaturg und Professor an der Hochschule für Schauspiel (HfS) Ernst Busch. Stegemann hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter „Die Öffentlichkeit und ihre Feinde“ bei Klett-Cotta und „Wutkultur“ bei Theater der Zeit (August 2021). Für den Cicero Gesellschaft Podcast hat er mit Ben Krischke über das Buch gesprochen, Wokeness in der Kultur und über die Frage, warum selbst den klügsten Anhängern des Wokeismus nicht aufzufallen scheint, dass es in genannten Themenbereichen zwar viel Empörung gibt, aber auch große Widersprüche. 

Wokeness-Illusion
Die Wokeness-Illusion / Herder

Wokeness beschreibt Stegemann als eine „seltsame Mischung aus einem moralischen Empfinden, einer politischen Intention und einem aktivistischen Furor“. Insofern habe Wokeness gewisse Parallelen zu „religiösen Erweckungsbewegungen“, die sich speisen aus klaren Gut-Böse-Schemata und der eigenen Vorstellung, anderen, die sich den woken Ideen verweigern, moralisch überlegen zu sein.

Stegemann und Krischke sind sich einig, dass die große Gefahr der Wokeness davon ausgeht, dass, so Stegemann, die Aktivisten direkt „an das Betriebsprogramm unserer aufgeklärten, säkularen, demokratischen, offenen Gesellschaft“ heranwollen und dabei in alle Lebensbereiche vordringen: in die Kultur ohnehin, aber auch in die Wirtschaft und die Politik. Der Höhepunkt dieser Strömung, so Stegemann weiter, sei allerdings noch nicht erreicht. Daher lohnt es sich, selbst wachsam zu sein im Umgang mit jenen, die selbiges von sich behaupten. 
 

Das Gespräch wurde am 14. Februar 2023 aufgezeichnet. Das Buch können Sie hier bestellen.

Sie können den Podcast jetzt hier – klicken Sie dazu „Inhalte aktivieren“ – hören, oder auch auf allen Podcast-Portalen.

 

 

Sie sind interessiert an weiteren Themen und noch kein Abonnent von Cicero Plus? Testen Sie uns, gratis für 30 Tage.


Mehr Podcast-Episoden:

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 18. Februar 2023 - 09:13

Genau diesen Eindruck habe ich von diesem Wokeness Fanatikern auch. Sie wollen endlich mal was zu sagen haben und weiden sich an der Ausgrenzung und der vermeintlichen "Macht", die sie erhoffen zu erhalten, in dem sie entscheiden, wer, wann und wie sich selbst zu fühlen und zu verhalten hat.
Ich weise nochmals auf den Film "Das Experiment" hin, das für mich in erdrückender Weise zeigt, wozu scheinbar völlig harmlose, anständige und ehrlicher Menschen mittels Drehbuch und Fremdsteuerung in der Lage sind, komplett ihre Menschlichkeit und ihr Selbstverständnis zu leugnen und einmal als "Täter" und einmal als "Opfer" von einem "Spielleiter" lenken zu lassen.
Diese ganze Bewegung bildet für mich die moderne Form der kirchlichen Inquisition ab, mit all ihrer Verlogenheit. Was die Sache neu und auch brandgefährlich macht sind die Möglichkeiten, teilweise anonym oder verdeckt via sozialen Medien zu agieren und dadurch die Msm gleich mitzuvereinnahmen. Am Ende frisst die "Moral" sich selbst.

Christa Wallau | Sa., 18. Februar 2023 - 11:34

Sie sprechen hier etwas sehr Richtiges aus, lieber Herr Stegemann:
Die "Woken" in ihrer Ichbezogenheit u. Rigorosität sind tatsächlich g r a u s a m gegenüber allen, denen sie ihre Forderungen aufoktroyieren.
Wegen der angeblichen Betroffenheit bzw. Verletzheit kleiner u. kleinster Gruppen wird allen anderen ein anormal-künstliches Verhalten aufgezwungen, und die "Woken" dürfen sich quasi am Erfolg ihres Dauer-Drucks berauschen! Mich erinnert dieses Verhalten an Erzieher, denen es Freude bereitet, sich immer neue Methoden des Bestrafens auszudenken, mit denen sie ja angeblich die Zöglinge "auf den richtigen Weg bringen".

Da kann ich nur entgegnen: MIT MIR NICHT !
Auf meine Kosten wird sich niemand mehr
sadistischen Lustgewinn verschaffen. Im Gegenteil: Ich antworte den "Woken" mit dem Recht auf m e i n e n Lustgewinn, indem ich
mich an keine einzige Regel der "Woken" halte, z. B. weiterhin von "Negern" und "Zigeunern" spreche u. nicht im Traum daran denke zu gendern!

Karl Marxen | Sa., 18. Februar 2023 - 12:17

Schöner Beitrag.
Die Woken sind all das Schlechte was sie vorgeben zu bekämpfen.