„Die Parteien müssen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen bleiben“ / dpa

Parteienfinanzierung - Bundesverfassungsgericht streicht Parteien 25 Millionen Euro

Mit Hackern, Fake News und Datenschutz hatte die große Koalition 2018 begründet, warum Parteien mehr Geld brauchen. 25 Millionen Euro pro Jahr wurden es. Das Bundesverfassungsgericht kann der Argumentation zwar grundsätzlich folgen - doch es gibt ein entscheidendes Aber.

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Es geht um das Vertrauen der Menschen in die Politik und den Eindruck, Parteien bedienten sich am Geld der Steuerzahler: Das Bundesverfassungsgericht hat eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro für nichtig erklärt. Der 2018 von den damaligen Regierungsfraktionen der Union und SPD im Bundestag beschlossene Anstieg auf seinerzeit 190 Millionen Euro pro Jahr sei verfassungswidrig, urteilte das höchste deutsche Gericht am Dienstag in Karlsruhe. 

Vor allem habe der Gesetzgeber die Höhe der Anhebung seinerzeit nicht ausreichend begründet, erklärte die Vorsitzende des Zweiten Senats und Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König. Damit gelte wieder die alte Gesetzesgrundlage für die Parteienfinanzierung. Was das konkret für die schon ausgezahlten Gelder heißt, blieb zunächst offen.

Ein sattes Plus

„Die Parteien müssen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger angewiesen bleiben“, betonte König. Nach dem Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien dürfe der Staat den Prozess der politischen Willensbildung nicht beeinflussen. Auch dürfe der Umfang der Staatsfinanzierung nicht immer weiter anschwellen.
 

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Mit seiner Entscheidung gab das Gericht 216 Abgeordneten von Grünen, Linkspartei und FDP – damals allesamt Oppositionsparteien – Recht. Diese hatten die Verfassungsmäßigkeit der Erhöhung in Karlsruhe überprüfen lassen. Auch wenn sie selbst genauso von der Erhöhung profitierten, hielten sie das satte Plus für unverhältnismäßig.

König sagte, eine absolute Obergrenze für die staatliche Teilfinanzierung solle verhindern, dass bei den Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck entstehe, die Parteien würden sich in unangemessener Weise aus öffentlichen Kassen selbst bedienen. „Denn ein solcher Eindruck kann zu einem nachhaltigen Akzeptanzverlust für dieses System führen“, argumentierte die Vorsitzende Richterin.
Einsparpotenziale berücksichtigen

Begründung: wachsende Herausforderungen

Mit Stimmen von Union und SPD hatte der Bundestag seinerzeit die deutliche Aufstockung beschlossen. Die Parteien begründeten das in erster Linie mit den wachsenden Herausforderungen durch die Digitalisierung wie Hackern, Fake News und Datenschutz im Netz. Um derartige Aufgaben bewältigen zu können, sei mehr Geld nötig.

Dass sich die Verhältnisse einschneidend geändert hätten, haben die Parteien laut König zwar hinreichend dargelegt – die Anhebung könnte also gerechtfertigt sein. Jedoch ergeben sich nach ihren Worten aus dem Grundgesetz auch Begründungspflichten. Das Gesetz zur Erhöhung der Parteienfinanzierung erkläre aber nicht, warum mit 25 Millionen Euro gerade der Mehrbedarf durch die Digitalisierung angemessen ausgeglichen und zugleich die staatliche Parteienfinanzierung auf das unerlässliche Maß beschränkt werde. Ferner machte die Vorsitzende Richterin deutlich, dass bei den Kalkulationen auch Einsparpotenziale infolge neuer Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

Eine relative Obergrenze

Die staatliche Parteienfinanzierung war nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1992 neu gefasst worden. Wie viel Geld Parteien vom Staat bekommen, hängt vor allem davon ab, wie sie bei den letzten Wahlen abgeschnitten haben. Die staatlichen Mittel werden an die Teuerungsrate angepasst, steigen so regelmäßig. Andere Einnahmequellen sind etwa Mitgliederbeiträge und Spenden.

Die absolute Obergrenze für die staatliche Teilfinanzierung legt die Summe fest, die an alle anspruchsberechtigten Parteien ausgezahlt wird. Hierum ging es in dem Verfahren in Karlsruhe. Hinzu kommt eine relative Obergrenze: Der staatliche Anteil darf nicht jenen überschreiten, den Parteien etwa über Mitgliederbeiträge selbst erwirtschaften. Das liegt daran, dass aus dem Grundgesetz ein Verbot überwiegend staatlicher Parteienfinanzierung abgeleitet wird.

Keine Zeit für Oppositionsarbeit

Geld aus öffentlichen Kassen bekommen dabei nicht nur im Bundestag und in Landtagen vertretene Parteien, sondern auch kleinere. Um wie viel es geht, macht eine Übersicht des Bundestags für das Jahr 2021 deutlich: 20 Parteien hatten demnach Anspruch auf staatliche Finanzierung. Das Spektrum reicht von rund 13.600 Euro für Team Todenhöfer bis gut 56.110.000 Euro für die SPD.

Die AfD hatte ebenfalls in Karlsruhe geklagt. Sie kritisiert, die große Koalition habe das Gesetz während der Fußball-Weltmeisterschaft in nur zehn Tagen durch den Bundestag gebracht. In so kurzer Zeit sei keine Zeit für Oppositionsarbeit geblieben. Das Verfassungsgericht wollte sein Urteil hierzu um 14.00 Uhr sprechen. Allerdings sagte Richterin König schon in der ersten Verkündung, der Senat habe wegen der generellen Entscheidung die Frage der Verfassungsmäßigkeit beim Zustandekommen des Gesetzes offengelassen.

Quelle: dpa

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Ronald Lehmann | Di., 24. Januar 2023 - 13:05

Auch wenn dies Urteil kein absolutes Signal in Richtung Demokratie-Stabilität ist, zeigt es uns Wähler & Souverän, man soll das freie Denken, & die aufrechte Haltung nie aufgeben, sondern tagtäglich im Blickpunkt des eigenen sehen/handeln stellen.
Möge die Wahrheit & das Licht sich bei allen Themen für alle Menschen durchsetzen.

An dieser Stelle rückblickend der letzten Wochen & Monate auf die vielen hervorragenden Artikel von euch, lieber Herr Margieur & Team ein ganz großes Dankeschön. Viel Kraft, Glück & innere Gelassenheit gegen Anfeindungen & stets ein aufrechter Gang wie klarer Blick.
Ihr seid das Fernglas für uns Leser, um den eigenen Horizont zu erweitern. Danke - Chapeau

Ernst-Günther Konrad | Di., 24. Januar 2023 - 13:45

Endlich mal wieder ein Urteil, das die eigene entwickelte Rechtsprechung des BVerfG fortführt und nicht komplett neu alles auf den Kopf stellt. Es wird nicht lange dauern, da werden die Parteien schon neue Wege finden, sich zu bereichern und ihre Parteienmacht auch finanziell abzusichern. Schon interessant. FDP, LINKE und GRÜNE gegen die damalige Groko. Und jetzt sind die alle in LT und ohne LINKE im BT in einer Regierung vereint. Und wer weiß? Vielleicht gibt es längst, grüne, gelbe, rote und auch wieder schwarze Kassen. Beim Abzwacken von Steuergeldern sind die doch sehr einfallsreich. Obwohl bereits damals erhebliche Rechtsbedenken geäußert wurden, tat die Groko das, was auch die Ampel inzwischen nahtlos übernommen hat. Gesetze einfach erstmal durchpeitschen, Moral ausschalten, Gier einschalten und hoffen, das Harbarth auf Linie nach 5 Jahren bleibt. Wobei, der ist ja ein CDU-Gewächs und erst am 22.11.2018 zum Präsident des BVerfG gewählt worden und die SPD ist noch in der Regierung

Gerhard Lenz | Di., 24. Januar 2023 - 15:30

natürlich nicht einordnen. Für ihn sind solche Ausgaben oft grundsätzlich Geldverschwendung. Insofern dürfte auch dieses Urteil gerade dort gut ankommen, wo man entweder besonders politikmüde geworden ist, oder nicht versteht, wie Demokratie funktioniert.

Grundsätzlich gilt natürlich: Jeder Cent Parteienfinanzierung durch öffentliche Mittel macht eine Partei unahbhängig von Spenden und damit Einflußnahme. Natürlich muss es aber auch einen Deckel geben. Aber wie beurteilen, was noch gerechtfertigt ist, und was Verschwendung bedeutet?

Das Urteil ist wohl eher eine Bestätigung, dass Union und SPD dieses Gesetz nicht ordentlich begründet haben. Denn so heisst es ja auch in dem Beitrag: "...die Anhebung könnte also gerechtfertigt sein." Andererseits ist es natürlich richtig, ja notwendig, nachzuschauen, wo gespart werden kann.

Nur: Plumper Populismus, so nach dem Motto: Hauptsache, man hat den (Schurken) den Geldhahn zugedreht, führt zu Jubel an den Rändern, schadet aber sonst nur.

Bernhard Marquardt | Di., 24. Januar 2023 - 16:08

nennt man die Bemühungen, sich bei jeder bietenden Gelegenheit nicht nur finanziell immer das Beste für die eigene Position heraus zu holen.
Und natürlich gehört die Selbstbedienung von Mehrheitsfraktionen dazu.
Der neueste Coup zum eigenen Nutzen und Frommen ist die von der „Ampel“ vorgelegte „Wahlrechtsreform“, die vorwiegend zu Lasten von Direktmandaten der in der Opposition befindlichen CSU ausgehen wird.
Statt derer werden dann Wahlkreise von hinreichend demütigen Kandidaten von Gnaden der Parteioberen „vertreten“, die zu den dortigen Bürgern keinerlei Bezug haben.
Die Parteien machen sich den Staat an allen Ecken und Enden zu eigen.
Weil sie es können.
Und weil dem Wahlvolk angesichts des derzeitigen Angebots die Alternativen ausgehen.