Impfzentrum der Malteser auf dem Berliner Messegelände / picture alliance

Sonderrechte für Geimpfte? - Das Undenkbare wird plötzlich möglich

Noch immer wird munter über „Sonderrechte“ für Geimpfte nachgedacht. Doch genau darum geht es nicht. Sondern um die Rückgabe von Freiheitsrechten, die allen Bürgern selbstverständlich zustehen. Nur der Deutsche Ethikrat scheint dies nicht zu begreifen.

Porträt Mathias Brodkorb

Autoreninfo

Mathias Brodkorb ist Cicero-Autor und war Kultus- und Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er gehört der SPD an.

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Noch vor wenigen Monaten fegte ein Sturm der Entrüstung durch die Republik. Vereinzelt wurden seinerzeit Stimmen laut, die über „Sonderrechte“ für Geimpfte nachdachten – und prompt harsche Kritik auf sich zogen. Dabei ist schon das Wort „Sonderrecht“ eine groteske Umkehrung der Wirklichkeit, lebt es doch von der Illusion, der Staat könne seinen Bürgern nach Lust und Laune Rechte gewähren und entziehen.

Dabei ist es genau umgekehrt: Die Grundrechte stehen allen Bürgern als Abwehrrechte gegen den Staat immer schon zu, und es ist dessen Pflicht, sie auch zu gewährleisten. Eine Einschränkung dieser Grundrechte kommt nur auf gesetzlicher Grundlage, aufgrund besonderer Umstände und nur für begrenzte Zeit in Frage.

Wenn heute also munter über „Sonderrechte“ für Geimpfte nachgedacht wird, geht es um etwas völlig anderes: um die schrittweise Rückgabe der allen selbstverständlich zustehenden Freiheitsrechte. Und die Konsequenz dieser Logik ist denkbar einfach: Fallen die Gründe weg, die eine Einschränkung der Freiheitsrechte erforderlich gemacht haben, verliert der Staat auch jedwedes Recht, in die Freiheitsrechte seiner Bürger einzugreifen.

Die Sprache verriet das Denken

Obwohl die Verfassungslage seit dem Jahre 1949 unmissverständlich klar ist,  herrschte noch Ende 2020 darüber selbst in den politischen Führungsetagen der Bundesrepublik größte Unklarheit. So bekannte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor ein paar Monaten: „Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten.“ Schon die Sprache verriet dabei das Denken.

In einer Republik ist die Regierung allerdings nicht die Obrigkeit, die ihre Untertanen befehligt oder ihnen Geschenke macht, sondern nichts weiter als eine „Geschäftsführung“ (Jean-Jaques Rousseau), die vom Volk zur Regelung der öffentlichen Angelegenheiten beauftragt ist.

Zwischenzeitlich hat Spahn ohne weitere Erklärung seine Meinung um 180 Grad gewendet. Das zuerst Undenkbare rückt nun in greifbare Nähe. Nach dem gestrigen Impfgipfel kündigte er bereits für die nächste Woche einen entsprechenden Verordnungsentwurf der Bundesregierung an.

So solle die Quarantänepflicht für geimpfte Kontaktpersonen ebenso entfallen wie eine Gleichbehandlung von Geimpften, Genesenen und tagesaktuell Getesteten eingeführt werden. Bis zum Inkrafttreten wird aber noch einige Zeit vergehen. Erst am 28. Mai 2021 soll der Bundesrat über die Verordnung beraten.

Und so weicht die deutsche Politik durch Verzögerung der bis heute heiß diskutierten Frage nach einer „Bevorzugung“ Geimpfter faktisch aus. Noch im Februar 2021 hatte sich der Deutsche Ethikrat zweideutig mit einer Stellungnahme in diese Debatte eingebracht. Während es eigentlich die Aufgabe eines Rates ist, die Ratsuchenden zu unterstützen und ihnen folglich immer einen Schritt voraus zu sein, gelang es dem Ethikrat in diesem Falle nicht. Die diskutierte Frage sei „ethisch und rechtlich“ äußerst schwierig und müsse so lange nicht diskutiert werden, wie unklar sei, ob Geimpfte noch ansteckend sein könnten.

Lockerungen für Geimpfte erst im Juni

Doch diese Frage scheint nun geklärt. Bereits Anfang April stellte das Robert-Koch-Institut in einer Stellungnahme klar, dass nach „gegenwärtigem Kenntnisstand (…) das Risiko einer Virusübertragung durch Personen, die vollständig geimpft wurden, spätestens zum Zeitpunkt ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen“ sei. Schon damals kündigte Spahn zeitnah Lockerungen für Geimpfte an, die nun allerdings bis Juni auf sich warten lassen.

Diejenigen, die sich bei Geimpften noch immer gegen eine baldige Rückkehr zu ihren Freiheitsrechten aussprechen, können sich dabei weiterhin auf den der Politik hinterher hinkenden Deutschen Ethikrat berufen. Dieser hatte nämlich schon vor Monaten betont, dass ein solcher Schritt ethisch problematisch sein könne, „bis alle Impfwilligen Zugang zur Impfung“ haben.

Auch in ihrer neuesten Stellungnahme bleibt die Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx dieser Linie treu. Zwar müssten, so Buyx, „die starken, individuellen Freiheitseinschränkungen für Geimpfte aufgehoben“ werden, allerdings erst dann, „wenn die dritte Welle hoffentlich bald vorbei ist“.

Dass mit dem faktischen Ende der Pandemie allerdings die Aufrechterhaltung von Grundrechtseinschränkungen ein Rechtsbruch wäre, und zwar für alle, dürfte indes keine so furchtbar erhellende Erkenntnis sein. Dafür reicht ein Blick in jeden beliebigen Grundgesetzkommentar.

Die deutsche Politik wird sich in ihren Entscheidungen also wohl auch weiterhin auf sich selbst verlassen müssen.

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Manfred Bühring | Di., 27. April 2021 - 10:40

Der Autor ist anscheinend noch nicht in der Verfassungswirklichkeit angekommen. Denn seit Merkel interessiert geltendes Recht, auch Verfassungsrecht, doch bei politischen Entscheidungen nicht mehr. Rechtsbruch ist Gewohnheitsrecht geworden. Ob Euro-"Rettung", Etatrecht, Grenzöffnung, Corona-Notstandsgesetze usw. usw., es interessiert nicht mehr! Viel bedenklicher als die Aushöhlung der Rechtssicherheit durch Politikerwillkür ist allerdings die Tatenlosigkeit unserer Judikative, die bis hin zu den obersten Gerichten all' diese Rechtsbrüche auch noch legitimiert. Das macht Angst.

Gerhard Lenz | Di., 27. April 2021 - 13:13

Antwort auf von Manfred Bühring

Interessanter Beitrag. Sie erinnern an die "Verfassungswirklichkeit". Die scheint allerdings nicht nur Merkel & Co., sondern auch der Judikative als Ganzes abhanden gekommen zu sein.
Denn selbst die Gerichtsbarkeit segnet mittlerweile (meist) das ab, was Sie Politikerwillkür nennen, macht sich also zu deren "Erfüllungsgehilfen".
Ich nehme an, die paar Fälle, in denen Querdenker beispielsweise Recht bekamen, nehmen Sie ausdrücklich aus. Da war für Sie die "Rechtssicherheit" wahrscheinlich noch intakt.
Selbstverständlich kommen auch die üblichen Klöpse, betreffend Migration oder Euro...Interessanterweise gibt es bis heute kein Gerichtsurteil, welches die Regierenden des Gesetzesbruches überführt. Selbst ein Di Fabio, gerne als Kronzeuge genannt, ist nicht vor Gericht aktiv geworden!
Sie klingen wie ein anderer Forist, der ständig nach den Gerichten ruft, bei unangenehmen Urteilen aber auffällig laut schweigt.
Aber eine Rechtsprechung a la carte gibt es leider weder für ihn noch für Sie!

Urban Will | Di., 27. April 2021 - 10:54

Nicht ganz verwunderlich, dass der deutsche Gerechtigkeitswahn vom sogenannten Ethik – Rat höher eingestuft wird als die elementaren Grundrechte. Dieser „Rat“ passt zu uns...
Aber er hat – mit Verlaub - „nichts zu melden“. Die Gewährung der Grundrechte ist Aufgabe des Staates!
Eine Impfpriorisierung war wohl aus vielerlei Gründen unvermeidlich und ist nach aller Abwägung nachvollziehbar. Es hätte sonst ein Hauen und Stechen gegeben.
Nicht aber, wie Sie hier schreiben, sind es pauschale, nicht mehr begründbare GR – Einschränkungen.
Es ist eine Sauerei, dass man sich jetzt wochenlang Zeit dafür nehmen will, Geimpften, etc. Erleichterungen zu gewähren.

Aber von dieser Regierung ist nichts anderes zu erwarten. Die Chefin hatte schon immer „ihren eigenen“ Bezug zu den Grundrechten und man ließ sie nicht nur gewähren, man lernte auch dienlichst.

Vom BP ist hier nichts zu erwarten, er stimmt seine „Jahrhundertreden“ wohl eh immer mit d Kanzleramt ab.
Wo bleibt das BVerfG?

Hermann Kolb | Di., 27. April 2021 - 11:19

..., der die Schattenseiten der zunehmend technokratisch daherkommenden, zunehemend dilettantischen und monodimensionalen Regierungsführung der letzten 10 Jahre beschreibt.

Gerhard Hellriegel | Di., 27. April 2021 - 11:22

Ich denke, der Autor irrt.
1. Es handelt sich hier nicht um einen Strafprozess, wo die Anklage die Beweispflicht hat. Sondern der Staat hat lediglich nachzuweisen, dass die Einschränkung verhältnismäßig ist. Auch wenn es so sein sollte, dass das Übertragungsrisiko für Geimpfte geringer ist als das Getesteter, bleiben beide Risiken ziemlich im Dunkeln. Ich erinnere daran, dass noch vor wenigen Monaten das Risiko für Jüngere, insbesondere Kinder, deutlich unterschätzt wurde, das ändert sich erst jetzt. Die Frage der Verhältnismäßigkeit muss also abgewogen werden.
2. Dazu kommt die Mutanten-Gefahr, von denen niemand so recht weiß, ob und welche Impfstoffe vor welchen wie schützen. Glaskugel?
3. Wie unterscheidet man einen Geimpften von einem Nicht-Geimpften? Ja, durch den Impfpass.
Und wie stellen Sie sich eine Impfpasskontrolle vor?
4. Ganz abwegig: Ein Geimpfter könnte ja auch aus freien Stücken Maske tragen, sei es, dass ihm die Unklarheit der Situation klar ist - oder einfach so.

Hermann Kolb | Di., 27. April 2021 - 12:55

Antwort auf von Gerhard Hellriegel

1. Sie reden hier bereits von Verhältnismässigkeit, wobei nicht einmal die Wirksamkeit der Massnahmen erwiesen sind. Im Gegenteil: die entsprechenden Studien kommen nach meiner Kenntnis im übrigen alle zum selben Ergebnis. Lockdowns schaden mehr als sie vermeintlich nutzen.
Es gibt kein besonderes Risiko für Kinder. Im Gegenteil sind in der letzten grossen Grippewelle weitaus mehr Kinder gestorben als an Covid 168 : 4
2. Es gibt keine Mutantengefahr. Alle bisherigen Gefahren haben sich wie zu erwarten als nicht gefährlicher herausgestellt. Die Wahrscheinlichkeit der Abschwächung des Virus ist im Gegenteil weitaus wahrscheinlicher.
3. Die ganze Diskussion ist absurd. Wer sein persönliches Risiko senken will, bleibt zuhause.
4. Kann er tun. Oder sich zuhause einmauern. Allerdings sollte er sicherstellen, dass er auch zukünftig seinen Beitrag zur Bewältigung, etwa des aktuell 650 Mrd. grossen Schuldenbergs alleine des Bundes zur Abfederung der Massnahmen, leisten kann.

Ruediger Goettel | Di., 27. April 2021 - 18:48

Antwort auf von Hermann Kolb

Soso, und lesen Sie bewusst falsch und behaupten einfach mal so?
1. Es wird davon gesprochen, dass alles i mVerhältnis betrachtet werden muss. Von wlechen Studien reden sie denn hier so groß? Ökonmische, die Länder wie Singapur, Australien, Neu Seeland einfach außen vor lassen, die mit einer sehr konsequenten Lockdownstrategie sehr große Erfolge haben? Evtl. der Lockdown einfach nicht konsequent genug? Gibt auch klare Studien die zeigen, je mehr Kontakte, desto mehr Infizierte und Tote. Egal, einfach mal behaupten.
Kennen Sie den Unterschied zwischen a) infizierten Kindern, die das Virus weitergeben, auch wenn es ihnen selber wenig ausmacht, und b) infizierten Kindern, die schwer erkranken? Es geht um a).
2. Abschwächen des Virus hat man vor einem Jahr auch gesagt. Nur durch das Runterbeten dieses Mantras wird es nicht zur Realität. Wie harmlos die indische Mutante ist, bekommen sie schon auch mit?
Wortanzahl zu Ende.

Gerhard Hellriegel | Di., 27. April 2021 - 18:58

Antwort auf von Hermann Kolb

Hallo Herr Kolb, man kann über alles diskutieren, verschiedenster Meinung sein, Zahlen so oder so wenden, mit diesem oder jenem vergleichen, aber eines muss klar bleiben: hat ein Virus pandemische Qualität, dann muss sein exponentielles Wachstum gestoppt werden: MUSS. Wer das nicht bestätigt, ist damit weg. Ich warte nicht auf Ihre Forderungen nach Perfektion, sondern auf Vorschläge, wie es mit anderen Mitteln gestoppt werden kann.

Urban Will | Di., 27. April 2021 - 13:06

Antwort auf von Gerhard Hellriegel

Denke, die ich für sehr „gefährlich“ halte, da sie rein von Angst geprägt einen Lockdown auf unbestimmte Zeit gutheißen wird.

Dieses Virus mit all seinen Mutanten wird bleiben und es wird Fälle geben, wo die Impfung nicht vor Infektionen schützt, viell. nur d Krankheitsverlauf lindert. Das muss reichen!
Das „Risiko“ zu sterben ist immer noch verschwindend gering. Mit was wollen Sie es gleichsetzen?
Es gibt immer Risiken, seit Jahrhunderten leben wir damit, nur seit Corona schreien alle nach „Null – Risiko“.
Noch ist jeder selbst für seine Gesundheit verantwortlich, Art 2 GG verpflichtet den Staat, ein System zu Verfügung zu stellen, nicht aber, jeden einzelnen „100%ig“ zu schützen. Sonst wäre so ziemlich alles verboten...
Und dann dieser „Kontrollzwang“. Von mir aus eine Kopie d Impfausweises. Oder d Original.
Oder einfach mal den Menschen vertrauen. Hilft gelegentlich.
Sie scheinen ja auch d Regierung zu vertrauen... Da wiederum habe ich so meine Bedenken.

Robert Müller | Di., 27. April 2021 - 18:18

Antwort auf von Gerhard Hellriegel

Ein weiteres Problem wird auftauchen, wenn die Impfungen nicht mehr wirken werden. Also vielleicht in einem Jahr. Das Beispiel mit der jährlich angebotenen Grippeschutzimpfung zeigt wie schwierig das ist.
Ich denke, es wird da keine saubere Lösung geben. Vielleicht bräuchten wir eine App, die den Impfstatus bechnet und ähnlich wie in China man nur mit grünen Status bestimmte Angebote wahrnehmen kann. Ich würde das übrigens mit der Gruppeschutzimpfung kombinieren. Ich meine, eine Grippewelle mit zehntausenden Toten sollten wir uns nicht leisten.

David Warncke | Do., 29. April 2021 - 10:55

Antwort auf von Gerhard Hellriegel

Das Risiko, sich als 2fach geimpfter erneut mit dem Virus anzustecken ist sehr wohl schon belegt. Es haben sich in den USA ca. 5000 2fach geimpfte mit dem Virus angesteckt, jedoch bezogen auf 60Mio geimpfte. Das bedeutet, die Wahrscheinlichkeit sich trotz Impfung zu infizieren liegt bei 0,008%. Die Wahrscheinlichkeit einer Weitergabe sollte noch geringer sein.
Und einen Punkt möchte ich bei all der Diskussion auch noch mal setzen.
Geimpfte bekommen keine Sonderrechte, sondern Ihre Rechte zurück und umso schneller das geht umso eher besteht wieder Hoffnung für jene die am härtesten getroffen sind, Gastronomie, Kulturschaffende usw. .

Heidemarie Heim | Di., 27. April 2021 - 11:25

In die sich die Regierung manövriert hat. Rein juristisch gesehen möchte man meinen, klar wie Kloßbrühe werter Herr Brodkorb! Mein bürgerlich-freiheitlicher "Reflex";) bekam bei diesem Rumgedruckse der Politik sofort Schluckauf! Aber signalisierte mir mein Radar für Gerechtigkeit?, Solidarität, was auch immer dazwischen;)! Das Problem auch hier, und da können die ihrer Aufgabe NICHT gerecht werdenden
Politiker dem Ethikrat eigentlich dankbar sein für deren Einwurf, nämlich das man hier auf dem für unser Verständnis schmalen Grat der, böses Wort! "Sippenhaft" wandelt. Gefährlich auch die Aufhebung der Priorisierung! Denn das heißt Feuer frei für alle, die NATÜRLICH den gleichen Anspruch auf das unzuverlässig eintreffende Impfstoffgut haben, aber haben dann alle auch die gleichen Chancen? Das gibt a)böses Blut in den HA-Praxen, b) unter den Nachbarn und c) Ellbogeneinsatz vorm Impfzentrum wie an mancher Tafel? Gestern eine Schnellumfrage im TV dazu, 20000 Anrufer entschieden 48:48%!MfG

Gerhard Fiedler | Di., 27. April 2021 - 12:08

Ob Sonderrechte nur Geimpften oder auch negativ Getesteten gewährt werden sollen, darüber wird fleißig gestritten. Wie aber mit jenen verfahren werden soll, die sich weder impfen noch testen lassen wollen, dieses Thema wird gemieden wie die heiße Kartoffel. Oder geht man im Ernst davon aus, dass sich alle impfen lassen? Im Grundgesetz, Artikel 2 - Absatz (2) heißt es: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden." Ein solches Gesetz, vom Bundestag beschlossen, würde daher mit Sicherheit auf seine Rechtmäßigkeit hin vom obersten Gericht überprüft werden. Doch grundgesetzwidrige Gesetze auf den Weg zu bringen, scheut man nicht mehr. Damit hat man schon Übung. Von daher wird beim „Umbau der Gesellschaft“ durch grünlinke Ideologen unserem Grundgesetz eine besondere Bedeutung zukommen. Seine Totenglocke könnte schon mal gegossen werden.

Dana Winter | Di., 27. April 2021 - 12:31

"Doch genau darum geht es nicht. Sondern um die Rückgabe von Freiheitsrechten, die allen Bürgern selbstverständlich zustehen."

Sorry, Herr Brodkorb, es geht nicht um "Rückgabe" von Freiheitsrechten! Dieses Gerede von einer „Rückgabe der Grundrechte“ ist leider weit verbreitet, dennoch völlig falsch! Als sei der Staat, gegen dessen Übergriffe die Grundrechte historisch entstanden sind, berechtigt, Grundrechte nach Gutdünken zu gewähren oder zu nehmen. Nein, Grundrechte gelten unaufhebbar, einige können zeitlich beschränkt aus eng begrenzten Gründen eingeschränkt werden. Das ist ein feiner aber essenzieller Unterschied! Keine Regierung der Bundesrepublik gibt mir meine Grundrechte zurück - er hat sie nämlich nicht, ich habe sie!

Wer oder was ist der "Deutsche Ethikrat"? Diese Leute erzählen genauso viel,wie die Regierung.Augenscheinlich haargenau das Gleiche und in voller Länge.Grundrechte hätten nur legal durch klare Befristung suspendiert werden können,wenn die Notstandsgesetze ausgerufen worden wären.Aber das hätte Ausgangssperre rund um die Uhr bedeutet.Und,Igitt,Igitt,VDG!!!!---Militär.Furchtbar.Lieber macht man die Menschen mürbe mit Immer wieder,Na,Ja.Schnauze voll.Denn sie sollen ja auch noch ackern gehen,nicht wahr?Diesen Leuten kann man nur noch kalte Verachtung entgegenbringen.Merkel,VDG,SPD;"Linke".Der Rest kann sich nicht durchsetzen,weil zur negativen Kraft per se erklärt oder Ein-Mann-Partei mit wenig Biss und Verhältnis zum radikalen opponieren.Die Schwäche der Regierung und was noch,ist evident.Aber als Alternative die VDG zu verhimmeln?Das kommentiert sich selbst.

Danke, Frau Winter, für Ihre inhaltliche Richtigstellung, die geboten war.
Sprache ist bekanntlich der Ausdruck von Gedanken.
Und damit sind wir beim Problem:

Wer die Frage aufwirft, ob und ggf. wieviel Grundrechte der Staat wem "zurück geben" kann/darf/sollte, hat eine wesentliche Grundlage unserer Staatsordnung nicht verstanden (oder, noch schlimmer, missachtet bewusst unsere Verfassung).

Die Grundrechte sind seit jeher Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe und Bevormundungen. Diese Abwehrrechte hat jeder Bürger (und zum Teil jedes Unternehmen), OHNE dass es irgendeines Zutuns des Staates bedürfte.

Es geht hier also (ungeachtet Ihrer zurückhaltenden Bitte um präzise Formulierung) nicht nur um Begrifflichkeiten, sondern um grundlegende Inhalte und Denkweisen.

Daher ist es erschreckend, dass Politiker und auch Herr Brodkorb eine Sprache benutzen, die ein grundfalsches Verständnis vom Verhältnis zwischen Staat und Bürger (sowie Unternehmen) verrät.

Helmut Bachmann | Di., 27. April 2021 - 12:43

Der Ethikrat hat vollkommen recht. Die Grundrechte sind nämlich allen wieder zu gewähren, wenn die große Gefahr gebannt ist und nicht denen, die priorisiert waren oder brav die Impfpflicht erfüllen. Nach Logik der Impfung ist der Notstand aufzuheben, wenn die besonders Gefährdeten geimpft sind. Punkt. Geschieht ja auch um uns herum. In Deutschland stattdessen Fantastereien über „Sonderechte“ und“neue Freiheiten“. Wer hört da nicht die Nachtigall?

Gisela Fimiani | Di., 27. April 2021 - 12:54

Von einer polit-medial etablierten Klasse, die vor kultur-historischer Ignoranz strotzt, ist die Kenntnis des Grundgesetzes, samt dessen e t h i s c h e n Grundlagen, nicht mehr zu erwarten. Diese „Neusten erdreusten“ sich „grenzenlos“. Der Staat wird zur tabula rasa, auf der man sich die Welt macht, wie sie einem gefällt. Dass Sie, Herr Brodkorb, auf Selbstverständlichkeiten hinweisen müssen, ist bereits erschreckend. Noch erschreckender ist allerdings, dass diese durch demokratische Institutionen nicht verteidigt werden. Institutionen aber, die sich willkürlichen und wohlfeilen Relativierungen hingeben, geben die demokratisch-rechtsstaatliche Gesellschaftsform preis. Wenn die Institutionen nicht mehr funktionieren, kann sich das Hasardeurentum grenzenlos erdreisten.

Jan Kreppel | Di., 27. April 2021 - 12:58

Bisher ist die Impfung selbst ja ein Privileg. Geimpft wird nach Priorität. So erhält zum Beispiel ein Angehöriger der Verfassungsorgane in besonders relevanter Position die Impfung mit Priorität 3, alle Normalsterblichen sind dagegen nicht so relevant, und werden mit Priorität 4 geimpft. Wieviele haben sich vorgedrängt oder mit besonderer Chuzpe bereits eine Impfung erhalten? Undenkbar, den ohnehin schon Privilegierten nun die Grundrechte zu gewähren, solange nicht zumindest allen Bürgern ein Impfangebot gemacht wurde.

Jens Böhme | Di., 27. April 2021 - 14:51

Antwort auf von Jan Kreppel

Was ist mit Bürgern, die ein Angebot nicht annehmen? Wann erhalten diese ihre Grund- und Bürgerrechte wieder? Wenn Null Covid eintritt? Angebote sind keine Zwangsmaßnahmen. Das Grundgesetz ist in äußerster Gefahr, wenn Staat und Gesellschaft weiter derart am Grundgesetz vorbei fachsimpeln.

Hellmut Wilde | Mi., 28. April 2021 - 12:25

Antwort auf von Jens Böhme

Hoffentlich hält das Grundgesetz mehr, als die Regierung verspricht.
Die Zeit eingeschränkter Grundrechte endet ja nicht spätestens mit dem Ende der Covid Pandemie, sondern nur mit dem Beschluss des Bundestags, dass die nationale Notlage vorbei ist. Der Beschluss könnte allerdings auf sich warten lassen, denn ein klares zeitliches oder sachliches Limit sucht man in Merkels Gesetz vergebens.

Frank Müller | Di., 27. April 2021 - 19:24

Antwort auf von Jan Kreppel

Lieber Herr Kreppel, im Grunde müsste allen "nicht Infektiösen" sämtliche Grundrechte wieder eingeräumt werden, also allen Gesunden. Immerhin diskutiert man jetzt wenigstens die Frage am Fall der Geimpften. Wie viele Prozent haben sich denn vorgedrängt? Das sind doch Marginalien.
Haben Sie einen Balkon? Ihrem Gedanken der sinnfreien Solidarität folgend, sollten Sie diesen mit Flatterband weiträumig absperren und abwarten, bis alle anderen auch einen Balkon oder Garten haben – jetzt, in Zeiten von Corona.

Jan Kreppel | Di., 27. April 2021 - 19:47

Antwort auf von Frank Müller

Lieber Herr Müller, von Solidarität habe ich nicht gesprochen. Es geht um die vom Grundgesetz garantierte Gleichheit. Ihren Aspekt mit dem Balkon habe ich nicht ganz verstanden. Wollen Sie die Ungleichheit in Bezug auf Besitz mit der Ungleichheit in Bezug auf Grundrechte vergleichen? Etwas wirr.

Manfred Sonntag | Di., 27. April 2021 - 13:52

Prima, Herr Brodkorb. Unsere Republik entwickelt sich zurück in einen Ständestaat. Jede Minderheit, jeder gesondert zu betrachtende Bürger, erhält gesondert entwickelte Grundrechte. Mit Hilfe der Identitätspolitik werden dann schlussendlich jedem Menschen die Grundrechte unterschiedlich vorenthalten oder nach Gutdünken differenziert zugeteilt. Etwas anders formuliert nennt man das auch das System "Teile und herrsche". Man könnte es auch Diktatur nennen.

Norbert Heyer | Di., 27. April 2021 - 15:00

Es gibt unser Grundgesetz und die darin festgelegten, nicht verhandelbaren Grundrechte. Das im Falle von Corona hier einige Grundrechte zurückgenommen wurden, war und ist nachvollziehbar. Wer aber beide Impfdosen erhalten hat, für den müssen alle Grundrechte wieder uneingeschränkt gelten. Nur traut sich kaum einer der hier zuständigen Politiker, hier eine klare Meinung zu vertreten. Denn im Endeffekt entscheidet nur -und ausschließlich- Frau Merkel in ihrer bekannt empathielosen Art. Wer demokratische Wahlen annullieren kann, den Ministerpräsidenten Befugnisse entziehen kann und wer in der Vergangenheit mehrfach Moral über Recht gestellt hat, wird auch hier so entscheiden, wie es ihr passt. Die Abnicker werden auch das akzeptieren, da doch (fast) noch nie in der Geschichte Deutschlands ein Politiker mehr Macht als diese Frau hatte. Anscheinend haben die meisten Bürger den gesunden Menschenverstand an der Garderobe abgegeben und lassen sich von abgehobenen Politikern
gerne vorführen.

Rainer Mrochen | Di., 27. April 2021 - 15:41

Es geht einzig und allein nur um Grundrechte von denen abgelenkt werden soll ! Was sind und wie funktionieren Grundrechte? Das legitime Interesse aller Menschen war schon immer, ihren Herrschern nicht willkürlich ausgeliefert zu sein. Ein Mittel zur Durchsetzung des Interesses war, den Herrschern Verfassungen abzuringen, also Gesetze zur Begrenzung staatlicher Macht. Die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, das (GG), enthält zu diesem Zweck Grundrechte. Diese sind Rechte der Bürgerinnen und Bürger gegen den Staat. Es sind Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte. Grundrechte sind nicht in einem politikfreien Raum zu verstehen. Für das Verständnis von Grundrechten gibt es im Wesentlichen zwei Sichtweisen, eine obrigkeitsstaatliche und eine rechtsstaatliche. Im vorliegenden Fall soll aber nur die obrigkeitsstaatliche Sichtweise zur Anwendung kommen. Rechtsstaatlich werden Grundrechte
nicht vom Staat gewährt, sie sind dem Staat vorgegeben. "Sonderrechte" gibt es nicht! Klagen !!!!

Bernd Muhlack | Di., 27. April 2021 - 16:11

Es muss zwischen den Beschränkungen durch den Staat, den Behörden u dem Handeln der Unternehmen, Geschäfte streng unterschieden werden.
Angenommen man gibt Geimpften ihre "SonderR zurück" bedeutet dies nicht zwingend, dass man nun alle Geschäfte aufsuchen kann.
Die Inhaber können weiterhin Beschränkungen als "Hausrecht" erlassen. Solange keine Diskriminierung vorliegt (Wir verkaufen nicht an Migranten!) ist das zulässig.
Wir sind hier bei dem Thema "Drittwirkung der Grundrechte".

All das wird seit etlichen Monaten zerlabert u man bringt nichts Zielführendes auf die Reihe - fast nichts.
Hier im Unterzentrum (ca 15.000 EW) haben zurzeit einige Geschäfte stundenweise geöffnet, limitierter Zugang. Die Sicherheitsmaßnahmen sind gut - Abstand, Desinfektion und Maske.
Natürlich ist das suboptimal, jedoch besser als closed shop, oder?

Gleichwohl halte ich diese merkelsche Rasenmäher-Methode für falsch u verstehe nicht, warum die MP zustimmten, obwohl sie "massive" Bedenken haben - Ja, aber..

Hanno Woitek | Di., 27. April 2021 - 17:28

die sich nicht impfen lassen wollen, sich ruhig gegenseitig anstecken und ggf. sterben. Solange die Geimpften geschützt sind vor diesen vorsätzlich andere anstecken wollenden. Zwingen müßte und könnte man sie auch zum ständigenMasken tragen.
Um unsere Freiheit und unser Grundgesetz und dem handeln darin, muß man sich keine Gedanken machen, außer natürlich Herr Lindner. die sich nicht impfen lassen Wollenden sind eh Deppen. Oder mittelalterliche Katholische Priester mit ihrem Standardsatz. " Gott will es"

Angela Bösener | Di., 27. April 2021 - 20:13

Antwort auf von Hanno Woitek

Sehr geehrter Herr Woitek,
derartigen Äußerungen lassen blindes Vertrauen in bedingt zugelassene neuartige Impfstoffe vermuten. das ist Ihr gutes Recht. Bedenken Sie aber, dass es möglicherweise auch eine Reihe von Menschen gibt, die gute Gründe für ihr Misstrauen haben. Im Übrigen empfehle ich Ihnen, Ihre Aussage, Geimpfte wären alle geschützt und nur Nichtgeimpfte stecken sich gegenseitig an, einer genaueren Prüfung zu unterziehen. All das, was nicht in den öffentlichen Medien orchestriert wird, muss nämlich nicht zwingend auch nicht existent sein.

Karsten Berger | Di., 27. April 2021 - 19:26

Wie schön wir doch vom ÖR Programm an die Hand genommen werden. Nicht nur im Print und TV, sondern seit Monaten zunehmend im Hörfunk, wie heute im NDR Kultur. Auch wurde ausgewogen wie immer darauf hingewiesen, daß selbstverständlich die Rechte gemäß Verfassung gelten. Nur ginge es in diesem Fall auch um „Gerechtigkeit“. So sprach sie, die Vetreterin des Ethikrates heute mehr als 10 Minuten zu dem Thema. Da die „Jungen“ ja erst ihre Erstimpfung im Juni/Juli bekommen könnten, sei es doch eine Frage der Solidarität, daß die anderen noch eine Weile warten müssen. Das sei doch für diese kurze Zeit noch zumutbar. In den nachfolgenden Nachrichten wurde Herr Marcel Fratscher vom DIW gleichlautend zitiert. Jetzt ist auch klar, warum die Kanzlerin bisher alles richrig gemacht hat und auch Theater, Museen und Konzerte noch eine kleine Weile warten müssen. Das gebietet die Gerechtigkeit. Vielen Dank für die Betreuung!

Rob Schuberth | Di., 27. April 2021 - 19:42

Es
handelt sich eben nicht - wie schon im Artikel teilweise erwähnt - um Sonderrechte.

Man sollte die eingeschränkten GG-Rechte einfach an diejenigen zurückgeben die z. B. 2 x geimpft sind.

Und ja, es stimmt.
Der Sprachgebrauch entlarvt die Denke unserer Politiker (aller Parteien).

Carola Schommer | Mi., 28. April 2021 - 09:28

Die Frage, ob Geimpften ihre Bürgerrechte zurückgewährt werden, ist an sich schon nicht die richtige. Denn diese Frage zu stellen macht erst Sinn oder setzt voraus, es als verfassungsgemäß zu erachten, Nichtgeimpften ihre Grundrechte verweigern zu dürfen.

Spätestens die Ausgangssperren dürften, selbst wenn man alle anderen Einschränkungen als irgendwie gerechtfertigt betrachten wollte, keinesfalls mehr dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit entsprechen weder für jene noch für solche.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 28. April 2021 - 09:39

Ich habe als Impfgegner für die Sichtweise eines jeden Kommentators in Hinblick auf Wirksamkeit und Ansteckungsgefahr Verständnis. Es lassen sich für beide konträre Positionen hier im Forum durchaus Argumente pro und kontra entdecken. So sollte ein Thema diskutiert werden. Leider lässt die Politik kritische Experten öffentlich nicht zu Wort kommen, noch beachtet sie die rechtlichen Bedenken von ehem. Verfassungsrichtern, Prof. für Staatsrecht usw., die erhebliche Bedenken bis hin zu Verfassungsbruch sehen.
Zur Politik dieses Regierung habe ich schon genug kritisiert. Aus meiner Sicht kann nur ein Eilbeschluss oder ein schnelles Urteil des BVG - woran ich nicht glaube - zumindest den Rechtsfrieden wieder einigermaßen herstellen. Die Spaltung des Volkes beim Thema Impfung wird auch durch einen Richterspruch nicht zu kitten sein. Werden alle diejenigen, die aus Angst vor den Folgen des Impfstoffes oder aus grundsätzlicher Ablehnung auf eine Insel verbannt und zu Aussätzigen werden?