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Schließen die „neue Normalität“ und Demokratie sich aus? / dpa

Lockerung des Ausnahmezustandes - Es fährt kein Zug zurück in die Normalität

Normalität lässt sich nicht planen – insbesondere nicht von der Regierung. Wer aus dem Ausnahmezustand in den Alltag zurückfinden will, darf das nicht unter neuen Regeln tun. Zweifel und Dissens der Menschen sind notwendig, damit Freiheit und Demokratie bestehen bleiben.

Matthias Heitmann

Autoreninfo

Matthias Heitmann ist freier Publizist und schreibt für verschiedene Medien. Kürzlich hat er das Buch „Entcoronialisiert Euch! Befreiungsschläge aus dem mentalen Lockdown“ veröffentlicht. Seine Website findet sich unter www.zeitgeisterjagd.de.

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„Wir bewegen uns in eine neue Normalität.“ – So formulierte es am 15. April 2020 Bundesfinanzminister Olaf Scholz in der Corona-Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und dem Ersten Bürgermeister von Hamburg Peter Tschentscher.

Dieser Pressekonferenz vorausgegangen war ein öffentlich inszeniertes, fast schon religiös anmutendes Warten auf Verkündigung, Führung und Orientierung. Gebannt verfolgte die Medienwelt, wie sich das Ende der Videokonferenz von Kanzlerin und Ministerpräsidenten immer weiter hinauszögerte, in der der „Fahrplan zurück in die Normalität“ beschlossen werden sollte.

Im Windschatten der Wortgewalt

Für politisch Interessierte liefert das aktuelle Ringen um Auswege aus dem Corona-Lockdown faszinierende Einblicke in das Sprachlabor der Politik. „Fahrplan zurück ins Leben“, „Rückkehr in die Normalität“, das „Wiederhochfahren von Gesellschaft und Wirtschaft“ sowie die „Lockerung“ – an Aussagen wie diesen hängt die zwischen Sofa, Balkon und Kinderzimmer-Homeoffice eingepferchte Nation.

Da ging die Aussage von Finanzminister Scholz zur „neuen Normalität“ fast schon unter, auf die wir uns zubewegen. Dabei sind es gerade diese eher am Rande der Aufmerksamkeit formulierten Sätze, die beachtenswert sind. Die entscheidenden Themen und Trends werden im Windschatten der Wortgewalt gesetzt.

In die Zukunft ohne Zeit und Ziel?

Was will uns Scholz sagen, beziehungsweise was verbirgt er? Es geht um einen überaus diffusen Fahrplan, der eine Bewegung in Richtung einer „neuen Normalität“ anstoßen soll. Das Bedrückende am Berliner Fahrplan ist, wie weit er von der Wirklichkeit und von demokratischen Grundsätzen entfernt ist: Er konzentriert auf die Festlegung von Standzeiten. Die Ankunftszeit spielt keine Rolle.

Zudem ist fast unbemerkt auch das ursprüngliche Ziel der Fahrt ersetzt worden. Scholz geht es nicht um die Wiederherstellung einer „alten Normalität“, sondern um das Erreichen einer neuen. Doch wie sieht diese neue Normalität aus? Wer hat darüber entschieden? Und wenn wir nicht wissen, wie diese neue Normalität aussieht, wie können wir erkennen, ob und wann wir sie erreichen? Können wir nicht, denn wir sind ja nur Passagiere.

Streckenkenntnis und Zielstrebigkeit

Ein vager Plan für die Fahrt ins Nirvana, deren Zeiten unbekannt bleiben, gleichzeitig aber entscheidend von unserem Verhalten abhängen sollen – man benötigt schon einige Monatsrationen an Phantasie oder noch härtere Drogen, um hierin transparentes und demokratisch kontrollierbares Handeln zu erkennen. Die Notstandspolitik suggeriert Streckenkenntnis und Zielstrebigkeit, sie fordern von den Mitfahrenden, sich gefälligst hinzusetzen und nicht durch Fehlverhalten den Zeitplan zu gefährden.

Ganz wichtig: Abstand halten, Gurt anlegen und während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen! Dann, und nur dann, könnte eventuell eine „neue Normalität“ erreicht werden, in die sich Versatzstücke der alten einbauen lassen. Freilich nur dann, wenn nicht nur unser Gehorsam, sondern auch unsere Gesundheit zu 99,8 Prozent sicher sind.

Wer die Normalität verlässt, gibt sie auf

Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die schlechte Nachricht lautet: Diese so geplante Rückkehr in die Normalität fußt auf einem katastrophalem Doppel-Irrtum. Zum einen ist die Normalität weder ein Ort, den man verlassen und wieder aufsuchen kann, noch ist sie ein Aggregatzustand, den man wechseln kann. Wer die Normalität verlässt, gibt sie auf. Was auch immer auf sie folgt, es ist nicht normal.

Zum anderen hat die Politik ein völlig weltfremdes Verständnis davon, wie Normalität entsteht. Diese hält sich nämlich nicht an Skizzen und Entwürfe, sondern sie ist das Produkt unzähliger menschlicher Prozesse; sie wächst aus Erfahrungen, Entwicklungen, grandiosen Siegen und schmerzhaften Niederlagen und Brüchen. Sie existiert nur, wenn sie von normalen Menschen mit Leben gefüllt wird. Und es gibt sie nur am Stück.

Zweifel und Dissens als Quelle der Gefahr

Die heutige Situation entzieht dem gesellschaftlichen Leben seine urwüchsige Widerspenstigkeit, und sie befördert Übergriffigkeit, Selbstkontrollverlust, Allmachtsfantasien und Größenwahn aufseiten von Politikern und staatlichen Autoritäten. Zugleich stärkt das erfolgreiche Verbreiten von Angst und Schrecken obrigkeitsstaatliches Denken. Die Frage der Stunde lautet: „Darf ich das?“.

Zweifel und Dissens gelten in diesem Klima nicht als Keimzellen der Freiheit, sondern als Quelle der Gefahr. Und plötzlich gehen dann Dinge, die noch vor Kurzem undenkbar waren. Der Ausnahmezustand frisst die Normalität. Die bloße Vorstellung, aus dieser Anomalie mithilfe eines maßvoll getakteten Fahrplans in die Normalität zurückkehren zu können, ist selbst zutiefst abnormal.

Normalität ist nicht planbar

Die gute Nachricht lautet: Es wird sich eine „neue Normalität“ entwickeln – jedoch anders, als es Olaf Scholz und seinen Regierungskollegen vorschwebt. Indem wir uns von der alten bekannten Normalität entfernen und uns in neuen Realitäten zurechtfinden, überwinden wir langsam die Schockstarre – sowohl im Handeln als auch im Denken.

Für die Demokratie ist es lebenswichtig, dass der demokratische Souverän wieder mit dem eigenständigen Denken beginnt. Dazu müssen wir jedoch die Komfortzone der verordneten, aber verlogenen Sicherheit verlassen. Anstatt ständig darüber nachzudenken, ob irgendetwas erlaubt ist oder nicht, sollten wir fragen: „Warum sollte das nicht erlaubt sein?“ oder „Macht diese Beschränkung überhaupt Sinn?“ Das sind die Fragen der heranbrechenden neuen Normalität.

Risikoscheu als Wurzel des Obrigkeitsdenkens

Das Aktivieren des eigenständigen Denkens funktioniert jedoch nicht per Knopfdruck. Das Obrigkeitsdenken sitzt tief und beeinflusst die moderne Gesellschaft schon seit vielen Jahren. In seiner modernen Ausprägung findet es sich im Gedanken der Risikoprävention wieder, der spätestens seit den späten 1980er-Jahren fester Bestandteil des etablierten politischen Wertekanons ist. Einer der Protagonisten dieses Denkens, der deutsche Soziologe Ulrich Beck, machte schon in seinem Buch Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine andere Moderne von 1986 deutlich, dass traditionelle demokratische Prozesse für das von ihm geforderten Umdenken eher hinderlich sind.

Seither hat sich das Heraufbeschwören von Ausnahmesituationen und Ängsten zu einem Kerninstrument moderner Politik entwickelt. Angesichts der aktuellen Situation erscheinen die eher symbolischen und regional begrenzt verhängten Klima-Notstände des letzten Jahres in einem ganz anderen Licht. Es ist kein Zufall, dass in den dominanten Medien immer häufiger die positiven Nebeneffekte des Corona-Lockdowns auf die Natur betont werden.

Freiheit braucht Risiko

Schon jetzt wird der erzwungene Abschied von unserer alten Normalität von Politikern und Aktivisten als Startsignal aufgefasst, um ihre eigene Agenda des Verzichts auf Mobilität, Konsum, Energie und Lebensstandard in die „neue Normalität“ einzubringen. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis die Idee regelmäßiger Lockdowns zur Natur- und Klimarettung als eine Art „globales Heilfasten“ oder „Öko-Ramadan“ offiziell erörtert werden dürfte.

Es liegt an uns, wie sich die Welt im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt. Wer eine Normalität anstrebt, in der Menschen möglichst viel frei und selbst entscheiden, der muss zuallererst sein eigenes Verhältnis zu Unsicherheit und Risiko „normalisieren“. Freiheit und Selbstbestimmung sind ohne Risikobereitschaft nicht zu haben. Dies für sich selbst umzusetzen ist weitaus wichtiger als jeder verordnete Schritt in eine vermeintliche Normalität.

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Stefan Jurisch | So., 19. April 2020 - 08:25

den ein oder anderen zumindest zum Nachdenken anregen dürfte.

alleine der Begriff ist unscharf. Und so kreist der Autor in Längen um einen schwammigen Begriff und verliert sich in Gedankenspielchen, denen man folgen kann, ohne anschliessend einen Deut schlauer zu sein.
Normalität? Reden wir doch besser von gesellschaftlicher oder poltischer Realität, und, den Einzelnen betreffend, unserem Alltag.
Der nach Katastrophen immer anders aussieht als davor.
Nur: Wer behauptet, die Pandemie sei das Mittel, um seine versteckte Agenda umzusetzen, weil er Einschränkung von Demokratie nicht als vorrübergehende, notwendige Massnahme begreife, spielt das hinterhältige Spiel der Populisten. So, wie es unehrlich ist, die Klimakrise mit den Corona-Massnahmen in Verbindung zu bringen.

Bernhard Jasper | Mo., 20. April 2020 - 09:34

Antwort auf von Gerhard Lenz

Herr Lenz, natürlich ist das ein populistischer Beitrag. Auch bei diesem Autor fällt doch in erster Linie eines auf: die Ratlosigkeit, wenn es darum geht dem Thema einen diskussionsfähigen Rang zuzuweisen. Die Unsicherheit in der Bewertung ist doch offensichtlich, mehr noch, selbst in der drastischen Gefahr (es geht um Menschenleben!), wird die menschliche Anwendung des Intellekts, Voraussicht, vereitelt.

Gerhard Lenz | Mo., 20. April 2020 - 14:43

Antwort auf von Bernhard Jasper

durchaus schreiben.

Aber vielleicht ist das eine notwendige Konsequenz im Cicero-Universum.

Vielleicht ist es ratsam, gelegentlich eine populistische Sichtweise einzunehmen.

Damit sichert man sich dann, siehe Reaktionen, den Jubel des Stammpublikums in diesem Forum.

Immer schade, wenn sich ein guter Journalist verbiegt, um ein paar Schreihälsen eine Freude zu bereiten.

Dabei müsste doch ein Blick auf die entsprechenden Konkurrenzblätter reichen: Ich sehe nicht, dass JF oder TE den Markt dominieren...

Z.B. über den schönen Satz im Artikel: "Abstand halten, Gurt anlegen und nicht mit dem Fahrer sprechen". Real übertrage ich es mal darauf, was unsere Tageszeitung berichtete, dass nämlich Fahrschulen wie bisher unterwegs sein dürfen. "Sie dürfen ihre Dienste unter Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen und Mindestabständen
w e i t e r anbieten. Beim praktischen Fahrschulunterricht kann und muss der Mindestabstand von 1,5 m zwischen Personen nicht eingehalten werden." Von Maskenpflicht während der Fahrt habe ich nichts gelesen. Freie Fahrt also den systemrelevanten? Fahranfängern, (also unter sich fremden Personen,) aber 'Vollbremsung' für Otto Normalverbraucher und Familien, die sich gern mal wiedersehen würden.

Hans Jürgen Wienroth | So., 19. April 2020 - 08:31

Ein sehr guter „Leitartikel“ zur aktuellen Situation. Auch ich vermisse bei unseren Politikern einen erkennbaren Zukunftsplan, den sie dem Souverän vorstellen und sich in Wahlen dafür die Zustimmung einholen. Stattdessen beherrschen plötzliche, angeblich unvorhersehbare Ereignisse seit vielen Jahren unsere Politik, die dann einer „sofortigen“ Lösung bedürfen und natürlich „Alternativlos“ sind.
Wie sagte es Frau Merkel im letzten (?) Wahlkampf sinngemäß: Ich kann Ihnen nicht vorhersagen, was in der Welt geschieht, aber sie können sich darauf verlassen, dass wir das richtige tun werden.
Wer so ohne Plan in einen Wahlkampf geht, der darf von Menschen mit Verstand keine Stimme bekommen, auch nicht ihre „Unterstützer“. Wo jedoch ist die geeignete Alternative in unserer „alternativlosen“ Parteienlandschaft?

Ernst-Günther Konrad | So., 19. April 2020 - 09:46

Die Medien feiern wieder diese Pressekonferenz als "Wiederwahl" der Kanzlerin. Tatsächlich stieg nur schwarzer Rauch auf. Sie beschreiben es exakt und für mich absolut nachvollziehbar richtig, Herr Heitmann. Vor allem eine Ihrer vielen Sätze blieb mir besonders in Erinnerung:
" Für die Demokratie ist es lebenswichtig, dass der demokratische Souverän wieder mit dem eigenständigen Denken beginnt. Dazu müssen wir jedoch die Komfortzone der verordneten, aber verlogenen Sicherheit verlassen."
Die Menschen müssen endlich aufhören sich hysterisch, panisch und wie Roboter fremdgesteuert zu verhalten. Derzeit, dazu wurde ein Teil der Bevölkerung jahrzehntelang hingeführt, wird alles geglaubt, solange man selbst keinen Nachteil für sich hat. Diese Regierung und die regierungstreuen und unkritischen Medien haben in ihrer völlig überzogenen Reaktion und medialen Darstellungen, mit der gleichen Machart, wie beim Klima, fast alle und jeden manipuliert.
Die Menschen werden aufwachen. Nur wann?

Gerhard Lenz | So., 19. April 2020 - 12:04

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Hatten wir schon. Ergebnis bekannt.

Wiederholung? Nein, danke.

Keine Angst, ihr treuen Gesellen & Genossen.
Deutschland wird nicht erwachen, weil es in ein künstliches Koma gelegt wurde.
Koma - schwerste Form der Bewußtheitsstörung & Gehirn wird heruntergefahren, da es entlastet werden soll.
Wer "in Betrieb" bleiben will, kann nur ohne ....
PS: Bin schon vor dem Mauerfall aus dem Koma erwacht :-)
Liebe Grüße an Alle, die trotz alle dem ihren Humor & Verstand nicht verlieren

Christa Wallau | So., 19. April 2020 - 16:35

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Ich kann mich ihnen nur anschließen.
Es dauert E w i g k e i t e n , bis die Mehrheit der Bürger in Deutschland eigenständig zu denken beginnt.
Allerdings fürchte ich, daß ab dem Zeitpunkt, an dem endlich das allgemeine AUFWACHEN in Deutschland erfolgt, es drunter und drüber gehen wird.
Von einer Normalität werden wir dann - so oder so - noch weiter entfernt sein als jetzt; denn dann spürt j e d e r am eigenen Leib, wie heruntergewirtschaftet unser Land ist - und das nicht erst seit Corona!
Wir erleben gerade die Ruhe vor dem Sturm.

In Italien, Spanien u.anderern Ländern wissen die Menschen schon lange, was auf sie zukommt. Deshalb fordern sie ultimativ viel mehr Geld von den Geberländern in der EU. Sie vergessen dabei, daß eine Milchkuh auch irgendwann einmal ausgemolken ist. Sie steht dann trocken, u. wer sie weiter quält, bringt sie um oder wird erleben, daß sie ihn wütend tottrampelt. Dann hätte er sie besser zum Notschlachten gebracht, damit sie ihr Letztes noch hergibt.

Karl Heinz Jennen | So., 19. April 2020 - 09:57

Diese Presseschau vom 15. April war in meinen Augen eine Lachnummer, viele, sehr viele Worte ohne jeden Sinn.
Es gibt kein zurück, unser Leben muß sich ändern,
die Wohlstandsgesellschaft muß sich ändern.
Massentourismus und Überangebote müssen verschwinden, das wäre meiner Ansicht nach die
Konsequenz aus dieser Pandemie.

verschwinden,

Keine Angst, das wird sich alles stark ändern. Ob die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen ihnen dann gefallen, steht auf einem anderen Blatt.

Urban Will | So., 19. April 2020 - 10:28

Herr Heitmann.

Die neue, „verordnete“ Normalität. Nur zu unserem Besten.
Allmachtsphantasien und Blaupause für Künftiges.

Ein Schrittchen fehlt noch: die Einschränkung von Art 5 GG, zum Wohle des Volkes natürlich. Zersetzende Meinungen und Artikel sind nicht erwünscht und ähnlich schädlich wie so ein Virus, könnten sie doch Menschen veranlassen, nicht zu befolgen, was die Obrigkeit entscheidet zu ihrem Wohl. Siehe China oder anderswo.
Eine neue, verordnete Normalität kann man formen, wie man will und sie definiert, was der Untergebene als „normal“ zu empfinden hat, wehrt er sich, handelt er „unnormal“.

Ich schrieb es schon einmal: Was wird sich erheben aus dem Entwicklerbad?

Je weiter die Obrigkeit abdriftet, desto unmöglicher wird der Weg zurück in die „alte“, die eigentliche Normalität. Gesichtswahrung ist längst wichtiger geworden als die Einhaltung von Grundrechten.
Schwäche und Angst regieren.

Es wird Zeit für eine laute Opposition!

Hoffen wir mal sehr, dass die Politik in Sachen Corona-Krise in ihren Handlungen angemessen reagiert und diese Situation nicht für ihre Machtausübung ausnutzt. Also die Rechte der Staatsbürger nicht wieder hergeben will, um sich bei ihrer Machtausübung nicht stören zu lassen.
Eine Rückkehr zur Normalität muss kommen, denn mit Staatswirtschaft werden wir nur ärmer und mit Steuern und Abgaben erdrückt.
Es ist im Übrigen immer Zeit für eine laute Opposition! Sie soll die Regierung kontrollieren, andere Wege in der Politik aufzeigen.

gabriele bondzio | So., 19. April 2020 - 10:39

Das scheint mir eine recht wichtige Beobachtung zu sein. Könnte man die „Normalität“ beliebig oft mit neuen Inhalten bestücken. Wäre die Bedeutung des Wortes zunichte und wie Herr Heitermann richtig erkennt: „ Sie existiert nur, wenn sie von normalen Menschen mit Leben gefüllt wird. Und es gibt sie nur am Stück.“
Natürlich wäre es für die Politik äußerst komfortabel, den jetzigen Ausnahmezustand in eine neue Normalität umzuschreiben. Dann wäre der Westen aber nicht weit von der Normalität in z.B.China entfernt.Was aber den Virus nicht gehindert hat auch dort seine Opfer zu suchen.

Für mich ein sehr schöner, aufklärender Artikel Herrn Heitermanns.
Das wird schwer, den Zug zurückzuholen. Unsere reduzierte Meinungsfreiheit verhin-dert das Zurück in die Normalität, das Zurück in die Demokratie. Besaßen wir jemals
ein "Vetorecht"? Wer bestimmt für uns die "Normalität"? Eine funktionierende De-mokratie im Sinne des Souveräns kann nur mit diesem entstehen. Versuchen wir es
mit Marie von Ebner-Eschenbachs Feststellung:
"Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewußtseins".

Walter Müller | So., 19. April 2020 - 13:01

Sehr gut! Sie stellen die richtigen Fragen. Mich stört, dass sich die Politik als wissende Elite inszeniert, obwohl sie genau das gar nicht ist. Gibt es im ganzen „Krisenmanagement“ überhaupt Ziele und Prioritäten, und wenn ja, welche sind das? Warum wird all dies hinter verschlossenen Türen diskutiert? Warum werden nächste Schritte nur immer für die nächsten Tage kommuniziert? Wovor hat man Angst?
Offenbar traut die Regierung dem gemeinen Bürger kein aktives Mitdenken zu. Und bitte keine Kritik, es ist schon schwierig genug, die Bürger im Regelkorsett zu behalten! „Jetzt müssen wir zusammenhalten“ meint die kritiklose Befolgung von staatlichen Anordnungen, wir sind nun mal im Notstand. Bei mir erzeugt das Unwohlsein.

Beate.weikmann | So., 19. April 2020 - 15:17

Politiker zu 10. im Aufzug stehen, in Großraumbüros, Ämtern usw. gearbeitet wird. Die Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, dann ist der Artikel nicht fragwürdig sondern höchste Zeit. Es ist nie zu früh auch die Grundrechte wieder zu beachten. Das Augenmaß darf nicht verloren gehen.

Heidemarie Heim | So., 19. April 2020 - 15:56

"Vorsicht an der Bahnsteigkante! Die Türen werden in wenigen Sekunden geschlossen! Achten Sie auf die Durchsagen unserer fachkundigen Reiseleitung! Alles weitere finden Sie in der vor Ihnen liegenden Broschüre. In wenigen Minuten servieren wir Ihnen einen kostenlosen Begrüßungscocktail und gleich danach stellen wir Ihnen unsere neueste Produktpalette der neuen Normalität vor. Darin enthalten sind zum Beispiel Spitzenprodukte aus einheimischer Fertigung wie
der patentierte Unisex-Mundschutz in Ihrer Wunschfarbe und einer Kreation individueller Düfte wie z.B. unser Klassiker 100% Neckartor.
Ein weiterer unserer momentanen Verkaufsschlager und unentbehrlich für Home Office-Arbeiter*Innen unser neuester analoge Lageplan von den deutschlandweiten Parkmöglichkeiten mit gutem frei verfügbaren, doch leider weitgehend ungeschützten W-Lan- Zugang Ihrer Lieblingsapotheke oder Ihres Bäckers um Ihrer Arbeit im gemütlich gestalteten car-Office nachzugehen;-)" "Yes we can neue Normalität!" MfG

Norbert Heyer | So., 19. April 2020 - 17:22

Wenn die Bekämpfung einer Krise mehr „Opfer“ verursacht, als die Krise selbst, ist etwas schiefgelaufen. Wir haben festgestellt, dass die verspätete Reaktion zu einer Ausbreitung führte, die Mängel in unserem System offenbarte. Dann reagierte die Staatsmacht und zog die Notbremse. Das öffentliche Leben wurde auf das absolut notwendige begrenzt. Die Kosten dieser Bremsspur werden alles in den Schatten stellen, was die Bundesrepublik bisher erlebte. Wer jetzt glaubt, dass mit dem vorsichtigen Anfahren von Wirtschaft und Handel alles sich wieder einrenkt, ist naiv. Anscheinend ist es den Verantwortlichen nicht klar, welche finanziellen Lasten zu stemmen sind. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und Konkurse werden ungeahnte Höhen erreichen. Der Staat - das sind die Bürger - muss dafür haften und zahlen. Nicht umsonst fordern erste Politiker, dass die Reichen finanziell stärker zu belasten sind. Die Mittelschicht wird merken, wer genau damit angesprochen wurde. Die Zeche zahlt immer die Masse ...

das wird wohl so kommen – er weiß auch, dass "die Reichen" ihre Vermögenswerte sonst wohin schaffen können. Und ihre Immobilien wird er nicht antasten, das klappt ja nicht mal bei den Clans. Scholz will ohne Komplikationen ans Geld, und das geht am besten bei den abhängig Beschäftigten.

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 19. April 2020 - 17:28

irgendeiner Seite aktiv "Angst und Schrecken" verbreitet worden wäre, ich denke eher, dass Angst und Schrecken, auch unter den Politikern* weit verbreitet waren, dass sie sich aber große Mühe gegeben haben, es herunterzuspielen oder zu verbergen.
Und das würde mich schon sehr verwundern.
Glaubte irgendjemand, dass Katastrophen nur ein Ding der anderen sei?
Ich nicht oder wie meine Mutter zu sagen pflegte, das Unerwartete erwarten.
Hatte sie aus einem Philosophiekurs an der Volkshochschule.
Ich glaube, das ist mit Bereitschaft zu Risiko schlecht übersetzt.
Es geht meines Erachtens generell darum, Leben nicht mit Planung zu verwechseln, jedoch, wie ich meine, Planung/Struktur in einem lebendigen Chaos zu entwickeln und umzusetzen, um weiterhin Leben zu sichern und zu befördern.
Das dürfte sich Nietzsche in etwa auch so gedacht haben, als er von Chaos und Vernunft im Zarathustra sprach.
Fast meine einzige Sorge war, dass man Menschen würde nicht ausreichend schützen können.
Es geht aber!

Bernd Muhlack | So., 19. April 2020 - 17:35

"En Dampfmaschien, wat issen Dampfmaschien?
Jetzt stelle mer uns emol janz dumm.
etc..."

Normalität, was ist Normalität?

Ist der Rückkehr zur Normalität vielleicht dadurch gekennzeichnet, dass man bei Kaufland oder REWE auch noch um 22:00 zwischen diversen Sorten Klopapier auswählen kann?
Sich dabei mit wildfremden Zeitgenossen mit deren Zellstofferfahrungen austauscht?

Ich bin kein Anhänger abstruser Verschwörungstheorien (Kennedy und Hitler leben ja bekanntlich noch, spielen zusammen Schach).

Es ist jedoch sehr bemerkenswert, dass das Parlament "stillschweigend" seine Geschäftsordnung dahin gehend geändert hat, dass die Beschlussfähigkeit bereits ab 25 % der MdBs gegeben ist, zuvor waren mehr als 50 % notwendig.
Wozu bedarf es dann aktuell mehr als 700 MdBs?

Natürlich sind diese "Beschränkungen" Eingriffe in die Grundrechte.
Wie soll eine Demonstration möglich sein, wenn eine "Zusammenrottung" von mehr als 2 Personen verboten ist?

Normalität ist für jeden etwas anderes, oder?

Gisela Fimiani | So., 19. April 2020 - 21:41

„Freiheit und Selbstbestimmung sind ohne Risikobereitschaft nicht zu habe.“ Hier legen Sie den Finger auf den wunden Punkt. Nach meiner Überzeugung bedarf es in diesem Land der offenen, ernsthaften Diskussion darüber, in welcher Art von Demokratie wir leben wollen. Wollen und können wir die derzeitige Parteien-Demokratie verändern? Wollen wir einen zurückgenommenen oder einen allmächtigen, allgegenwärtigen Staat? Bevor dem mündigen Bürger sein Mündig-Sein völlig genommen wird, bevor mir Herr Scholz eine „neue Normalität“ androht, möchte ich eine grundsätzliche Auseinandersetzung darüber führen, wie wir in Zukunft eine freiheitlich bürgerlichen Demokratie gestalten wollen. Ich möchte darüber nicht von Parteien informiert und gegängelt werden. Ich möchte nicht, dass vergangene und zukünftige Krisen mir den vornehmsten aller Werte stückweise rauben: meine (politische) Freiheit, mein selbstständiges Denken. Für diesen, eng mit Menschenwürde verknüpften, Wert scheue ich das Risiko niemals.

Heidemarie Heim | Mo., 20. April 2020 - 14:55

Antwort auf von Gisela Fimiani

Ich stimme Ihnen voll und ganz zu liebe Frau Fimiani, was die gesellschaftlich notwendige Diskussion betrifft! Allerdings sehe ich diese sogar in meinem näheren wie weiteren Umfeld noch in weiter politischer Ferne. In Ihren Ausführungen sprachen und mahnten Sie ja oft von einem für die Mehrheit bequemen m.E. Mix aus Paternalismus und Maternalismus. Wenn ich mir allein die von allen geduldete Absenz einer schlagkräftigen politischen Opposition der letzten Legislaturperioden anschaue, bzw. wie man mit Unterstützung der Medien diesbezüglich einen Popanz nach dem anderen aufbaut gegen nicht Mainstreamkonforme. Dazu das sehr minder ausgeprägte Interesse eines Großteils der Bevölkerung und Wähler an der Politik solange sie selbst nicht unmittelbar negativ betroffen sind, macht mir nicht all zu viel Mut hinsichtlich einer Auseinandersetzung mit dem Thema. Zumal wenn wie aktuell eine Gefahr von außen droht, die die angeblich vorhandene Homogenität der Gemeinschaft aufzubrechen vermag.MfG

Albert Schultheis | Mo., 20. April 2020 - 10:30

Seit Angela Merkels Amtsantritt als Kanzler*in ist uns jegliche Normalität systematisch aus getrieben worden. Allem voran das Gefühle für Heimat, das Gefühl im eigenen Land unter den Landsleuten Zuhause zu sein, die minimale Verlässlichkeit darauf, vom Nächsten, dem Mitbürger nicht erschlagen, gemessert oder mit feindseligen Hass belegt zu werden - ist uns abhanden gekommen. Dazu hat sich die Angst um unsere Kinder gesellt, besonders um unsere Mädchen in der Öffentlichkeit, auf unseren Plätzen, in den Schulen. Dazu das tägliche Gesundbeten der Merkels, Altmeiers, Steinmeiers, und all der anderen Single-Lebenskünstler, die die Angst um Kinder nie gekannt haben. Warum mussten wir ausgerechnet diesen Verantwortungslosen, diese Champagnercliquen, weil ohne überdauernde Zulunftshoffnungen, unser Land anvertrauen? Wie blind kann ein Land noch sein? Aber die Ab-Normalität geht weiter: Polizei und Richter schützen das Recht vorwiegend derer, die hier nur auf Kosten der Anderen hier leben.

Jens Böhme | Mo., 20. April 2020 - 23:12

Immer noch ist das Grundgesetz außer Kraft gesetzt. Dieser soziale, politische und wirtschaftliche Missstand muss auch den Medien bewusst werden, damit nicht die erträumte, politische Normalität einiger Politiker zum Dauerzustand wird. Spätestens zu den nächsten (Brief-)Wahlen sollte sich der eine Mehrheit der Gesellschaft der dramatischen Lage ihrer erkämpften Bürgerrechte und Freiheiten zur Disposition stehen.