Das von der russischen Nachrichtenagentur Sputnik veröffentlichte Bild soll russische Soldaten in der Ukraine zeigen / dpa

Ukraine-Krieg - „Putin ist kein Kommunist, er ist ein lupenreiner Imperialist“

Der Osteuropa-Historiker Jan Claas Behrends sprach bereits 2014, nach der Annexion der Krim, von einem Scheitern des russlandpolitischen Ansatzes „Wandel durch Annäherung“. Im Interview ordnet er den Überfall auf die Ukraine historisch ein, erklärt die unterschiedlichen Perspektiven Putins und des Westens auf Europa und prognostiziert innenpolitische Erschütterungen in Russland infolge des Ukraine-Kriegs. Ob es einen Putsch gegen Putin geben könnte, sei aber schwer zu sagen.

Autoreninfo

Nathan Giwerzew ist Journalist in Berlin.

So erreichen Sie Nathan Giwerzew:

Jan Claas Behrends ist Osteuropa-Historiker und Experte für Kriege im postsowjetischen Raum. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und lehrt an der Europa-Universität Viadrina.

Herr Behrends, wie unterscheidet sich der Ukraine-Krieg von anderen postsowjetischen Konflikten, in denen Russland intervenierte?

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Karl-Heinz Weiß | Di., 15. März 2022 - 19:59

Ein Desaster der geschichtsvergessenen Obama-Politik: "Russland ist eine Regionalmacht".
Jetzt hoffe ich inständig, dass sein früherer Vize sich nicht auch bezüglich China so irrt ("Beistandspflicht für Taiwan"). Die frühere Rolle seines Sohns Hunter in der Gaswirtschaft der Ukraine (monatlich 50.000 Dollar Verdienst) lassen nichts Gutes erahnen.

Ronald Lehmann | Di., 15. März 2022 - 22:26

Unterschied zwischen Imperialisten & Kommunisten?

Beide sind Machthungrig & können nie Genug bekommen. Gierig, Absolutistisch & Anmaßend.

Und hier sehe ich die Krux unserer menschlichen Entwicklung.

Es gab in meinen Augen bisher nur wenige bedeutsame & auserkorene Menschen in der obersten Hierarchie, die zum Schluss nicht der Macht erlegen waren.

Und ob man einen militärischen Krieg oder einen wirtschaftlichen Krieg wählt oder beides,
es bleibt das gleiche Gefäß mit hässlichen Attributen!

KAMPF ohne Liebe & Barmherzigkeit - bei ALLEN, die Machthungrig sind & nie genügend bekommen!

Außerdem:
Viele Worte sind nur ein Gefäß. Diese vor allem mit tugendhaften Taten (!!!) zu füllen ist wesentlich schwieriger & uninteressanter für die Menschen, die zur Macht greifen!

Bernhard Homa | Di., 15. März 2022 - 23:36

"Putin lupenreiner Imperialist": aber nur, wenn man Putins wirre geschichtsideologische Ergüsse für bare Münze nimmt und anderes ignoriert - genauso gut könnte man sagen, dass hier Kriegs-Ursache und Kriegs-Begründung verwchselt werden, weil Putin Geschichte einfach je nach Kassenlage als Argument für Machtpolitik einsetzt
"Nord-Stream-1-Pipeline den russischen Konflikt mit der Ukraine möglich gemacht hat": diese spekulative These lässt sich kinderleicht umdrehen: ohne NS 1 hätte RUS die UKR schon früher und noch viel brutaler zerbombt, weil es überhaupt nichts mehr zu verlieren gibt. Ob es übrigens aus westlicher Sicht besonders schlau ist, wenn RUS schlussendlich als Paria und chinesische Rohstoffkolonie endet, sei mal dahingestellt.
"Einfluss in Westeuropa zu kaufen": anstatt solches Geraune von sich zu geben sollte Herr Behrends vielleicht besser akzeptieren, dass nicht jede/r mit anderer Meinung zu Putin/RUS als er selbst bezahlter FSB-Agent ist ...

Christoph Kuhlmann | Mi., 16. März 2022 - 01:56

Bei Putin geht es also um alles oder nichts. Er darf nicht verlieren, weil er sonst gestürzt wird. Das deutet allerdings auf weitere Eskalationen hin. Eventuell wird ihm auch der Westen helfen das Gesicht zu wahren und einen Frieden oder Waffenstillstand vermitteln. Ich traue das manchem Politiker zu. Es kommt meines Erachtens sowieso weit mehr auf die Wirkung der Sanktionen an. Spätestens wenn die russische Bevölkerung wieder auf das Wohlstandsniveau der 1990er Jahre zurückfällt dürfte es brenzlig für das Regime werden. Die Frage lautet nun, dauert das Wochen, Monate oder Jahre? Wie autark ist Russland und wie weit hilft ihm China.

Albert Schultheis | Mi., 16. März 2022 - 10:17

Sie stecken leider im unilateralen Narrativ Kiews fest! Vielleicht sollten Sie sich einmal für eine Minute in die Perspektive Putins, ja, in das geschichtliche und kulturelle Empfinden der Mehrheit der russischen Menschen begeben! Insbesondere seit der tiefgreifenden und friedlichen Wende Gorbatschews, dem Niedergang unter Jelzin und dem unversöhnlichen, aggressiven Vorrücken der NATO, als hätte es nie eine Wende gegeben. Dann kam der westliche Putsch in Kiew und der Beginn des Bruderkriegs in der Ukraine. Für Russland liegt der Kriegsbeginn nicht vor 3 Wochen, sondern im Jahr 2013. Auch wenn man das bei der FAZ, der ZEIT und den ÖRR geflissentlich ignoriert und umgedeutet hat. Das Verschließen von Augen und Ohren führt immer zu gravierenden Katastrophen. Wer diese vermeiden will, muss sich zuallererst damit befassen, was war und was ist! Leider führt das bei uns im Land regelmäßig dazu, dass Sie zu allererst Ihren Job verlieren und persönlich kalt gestellt werden. Kein Ende in Sicht!

Dirk Weller | Mi., 16. März 2022 - 10:35

eine kritische Bilanz ziehen sollen.“

Ja, das hätte man.

Zum Beispiel hätte man sich fragen müssen, ob man der Ukraine 2014 ein Assoziierungsabkommen mit der EU hätte aufdrängen dürfen, und man hätte sich auch fragen sollen, ob die Nato-Osterweiterung unbedingt sein musste, obwohl seriöse Politiker wie Robert McNamara, Henry Kissinger, Egon Bahr oder Helmut Schmidt seit Mitte der 90iger Jahre vor den negativen Auswirkungen warnten.

Putin ist zweifelsohne der Hauptverursacher des momentanen Krieges.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Putins Verhalten AUCH eine Reaktion auf die arrogante Ignoranz des Westens bezüglich Russlands Interessen ist.

Wie sagte 2014 Henry Kissinger :

„Die Dämonisierung von Wladimir Putin ist keine Politik. Sie ist ein Alibi für die Abwesenheit von Politik.
. . . .
Die Vereinigten Staaten ihrerseits müssen vermeiden, Russland als einen Abweichler zu behandeln, dem geduldig von Washington etablierte Verhaltensregeln beigebracht werden müssen.“

Heidemarie Heim | Mi., 16. März 2022 - 12:49

Ich verfolge alle Beiträge hier und anderenorts, die Analysen verschiedenster Experten und die Versuche sich und anderen zu erklären wie der Aggressor Putin tickt oder wie lange er und seine Gefolgschaft brauchen um einen Staat und seine annähernd 41 Millionen Bewohner brutal ausgedrückt platt zu machen. Und seit dem ersten Schock und Unglauben darüber brennt mir dieses schlichte "Und dann" oder besser, was hat er denn danach mit diesem von ihm verursachten Totalschaden gültigen Völkerrechts vor? Er und seine Anhänger können doch nicht im Ernst glauben, dass man ihn, sein Volk, welches ihn unterstützt oder nicht, Typen wie Lukaschenko oder andere Vasallen, (evtl. noch diskrete Hilfe seitens China), danach auch nur noch mit der Kneifzange anfassen würde, so man bei Verstand ist. Ich weiß, in der Vergangenheit waren Menschenrechte in Politik und beim Geschäft oft zweitrangig, was leider auch viel über den Rest der Welt aussagt. Aber das hier ist noch mal eine andere Hausnummer! MfG

Gerhard Lenz | Mi., 16. März 2022 - 13:50

Scheinbar darf auch Herr Putin im Cicero nur in Grenzen kritisiert werden.
Während Sozis und "eklige Grüne" hier von Foristen beinahe unbegrenzt diffamiert, beleidigt usw. werden können.

Offensichtlich wird es nicht gerne gesehen, Putin völkisch-faschistoides Verhalten vorzuwerfen - obwohl er Geschichte verfälscht und erfindet und jetzt ein Land überfallen hat, das er von der Landkarte zu wischen wünscht.

Wenn, was unbestritten ist, so mancher Oligarch im Umkreis Putins sich nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystems die Taschen gefüllt hat - ist das eine unerwünschte Aussage? Oder das, worüber es ernsthafte Schätzungen gibt, Putin durchaus vom Verscherbeln des "Volksvermögens" profitiert hat?
Ist es unerwünscht, das zu sagen?

Oder das Putin mit Kommunismus nichts mehr am Hut hat - und, wie ich schrieb, wohl genauso (oder so wenig) kommunistisch denkt wie die Herren Trump, Pinochet, Bolsonaro oder Hoecke?

Unerwünscht?

Hans Süßenguth-Großmann | Mi., 16. März 2022 - 20:04

"..Die Russische Föderation ......Indem der Kreml Korruption exportiert, ....... Die Beschlagnahmung von Yachten, Wertgegenständen und Immobilien können da nur der erste Schritt sein....".
Ich habe echte Schwierigkeiten mit der Tatsache, dass russische Staatsbürger, die ggf. exorbitant reich sind, per se als schuldig bezeichnet werden und für sie das Grundaxiom der bürgerlichen Gesellschaft - bedingungsloser Schutz des Eigentums - nicht gelten soll. Was hat ein Oligarch getan, dass es zum Krieg mit der Ukraine gekommen ist und was sollen die Sanktionen in Bezug auf den Krieg bewirken?

Ernst-Günther Konrad | Do., 17. März 2022 - 07:35

Aus meiner Sicht eine einseitige Sicht zu den historischen Abläufen. Ich nehme Ihre Antworten zur Kenntnis Herr Behrends, aber ich teile sie nicht allen Punkten. Sie sagen: "Wir wissen noch nicht sehr viel über die Pläne zu diesem Krieg." Aber Sie erwecken den Eindruck, die Motivation Putins und seiner Person "zweifelsfrei" einzuordnen und beleuchten deshalb mögliche Gründe nur aus einem Blickwinkel. Ich möchte mir da derzeit eher die Sichtweise der Herren Schultheiß und Weller zu eigen machen. Nein, nichts rechtfertigt einen Krieg, aber wer die Entstehung nur einseitig betrachtet, findet keine Lösungen. Ob mit oder ohne Putin. Wie will man zukünftig mit Russland und seinem Volk umgehen? Glaubt irgendjemand im Ernst, dass die Bedenken Russlands vor einer zügellosen Osterweiterung ohne Putin plötzlich weg sind? Welche Auswirkungen werden die Sanktionen in der Zukunft haben? Werden Sie beibehalten? Werden weiterhin Russen in unserem Land verfolgt? Kann man auf das russ. Gas verzichten?