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Clintons Ex-Beraterin - „Familie heißt Kündigung“

Für ihre Söhne verließ Anne-Marie Slaughter, Ex-Beraterin von Hillary Clinton, ihren Top-Job in Washington 

Autoreninfo

Jutta Falke-Ischinger ist die Ehefrau des deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger. Nach fünf Jahren in Washington und zwei Jahren in London lebt sie wieder in Berlin.

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Dieser Artikel ist eine Kostprobe aus der Juni-Ausgabe des Cicero, die Sie in unserem Online-Shop erwerben können.

 

 

Frau Slaughter, Sie waren Planungschefin im US-Außenministerium unter Hillary Clinton, gingen dann wegen Ihrer Söhne zurück nach Princeton und veröffentlichten vor einem Jahr in dem Magazin „The Atlantic“ den Text „Why women can’t have it all“. Aktuell tourt Facebook-Vorstand Sheryl Sandberg mit ihrem Buch „Lean in“ um die Welt, um Frauen zu erklären, dass man doch alles haben kann, nämlich Familie und Spitzenjob. Wer hat denn nun recht?

Wir liegen gar nicht so weit auseinander. Wenn Sandberg sagt, dass sich Frauen auf dem Weg nach oben nicht abschrecken lassen sollen und reinhängen müssen, gebe ich ihr recht. Mich beschäftigt aber eine andere Frage viel mehr: Warum ist in unserer Gesellschaft die Wertschätzung für Menschen so gering, die für andere da sind, sie betreuen oder pflegen? Wir leben in einer Kultur, in der die Idee, dass man jemand anderen über sich selbst stellt, abwegig erscheint.
 
Übertreiben Sie jetzt nicht etwas?
Nein, wenn im politischen Washington über jemanden gesagt wird, er oder sie höre auf, „um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen“, ist das ein Euphemismus für die Tatsache, dass er gefeuert wurde. Es gilt der Grundsatz: Wer sich voll auf seine Karriere konzentriert, wird befördert. Wer sich auch noch um die Familie kümmern will, ist unprofessionell.
 
Sie haben sich trotzdem gegen die Karriere in der US-Außenpolitik und für Ihre Kinder entschieden.
Ja, aber ich habe damit ein Tabu gebrochen. Als Feministin, und als solche betrachte ich mich, stellt man die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf nicht infrage. Meine Entscheidung hat bei vielen erfolgreichen Frauen meiner Generation einen Schock ausgelöst, weil sie nicht in ihr eigenes Lebensmodell passte.
 
Erhielten Sie auch Unterstützung?
Von jungen Frauen zwischen 18 und 22, die ich in Princeton an der Universität unterrichte oder bei Vortragsreisen getroffen habe. Sie wurden selbst als Kinder von doppelverdienenden Eltern rund um die Uhr von Kindermädchen erzogen. Für die spielt das Thema Work-Life-Balance eine große Rolle, weil sie Familie haben wollen, aber nicht für den Job die Kinder komplett outsourcen möchten.
 
Haben Sie eine Lösung?
Ich werde bei diesem Punkt oft bewusst missverstanden. Ich habe nie gesagt: Frauen, bleibt zu Hause. Aber wir müssen es berufstätigen Frauen und Männern leichter machen, sich auch um ihre Kinder kümmern zu können. Wir brauchen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, bezahlten Elternurlaub und betriebliche Kinderbetreuung.
 
 

Macht die Politik genug dafür?
Präsident Obama müsste sich für all diese Dinge noch stärker einsetzen, aber wahrscheinlich hat er Angst, wieder als Sozialist gebrandmarkt zu werden.

Was kann die Wirtschaft selbst tun?
Moderne Unternehmen treten für eine radikale Flexibilisierung ein. Der Trend geht in Richtung ergebnisorientierter Arbeit. Die sagen zu ihrem Mitarbeiter: Das ist die Aufgabe, diese Qualitätsstandards müssen eingehalten werden, bis dahin brauchen wir es, der Rest ist deine Sache.

Was haben die Unternehmen davon?
Sie werden als Arbeitgeber attraktiver, gerade auch für kreative Frauen. Sie tun sich leichter, die besten Leute zu rekrutieren oder Mitarbeiterinnen zurückzugewinnen. Zahlreiche Unternehmen haben viel Zeit und Geld in deren Weiterbildung investiert. Die wollen diese doch nicht gleich wieder verlieren, nur weil die Frauen aus familiären Gründen eine Weile kürzer treten wollen.

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Gibt es konkrete Beispiele für solche Maßnahmen?
Viele haben das Problem erkannt. Die Unternehmensberatung McKinsey sucht gezielt nach sogenannten „alumnae“, also Frauen, die das Unternehmen vor mehr als zehn Jahren verlassen haben. Die will man zurückholen, weil sie das Geschäft kennen und inzwischen Netzwerke aufgebaut haben, die ein junger Uniabsolvent kaum bieten kann. Diese Entwicklung könnte auch dazu führen, dass die politisch und sozial unsinnige Diskriminierung der über 45-Jährigen auf dem Arbeitsmarkt der Vergangenheit angehört.

Wenn wir in Deutschland über Frauen in Führungspositionen diskutieren, wird sofort nach Quotenregelungen gerufen.
In den USA haben wir eine Phobie gegen Quoten. Unsere Gerichte würden so etwas wahrscheinlich auch sofort kassieren. Ich kann dem allerdings schon etwas abgewinnen. Man braucht nämlich einen Frauenanteil von 20 bis 30 Prozent, um die Strukturen dauerhaft zu verändern. In Bezug auf Frauen in Führungspositionen wäre das aber dringend nötig, da weder hier noch in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren viel passiert ist.

Kritiker halten das für eine Elitendebatte?
Klar, wenn man über Führungspositionen spricht, ist das ein Elitenthema. Aber die Hälfte der Absolventen der US-Top-Universitäten sind Frauen, der Anteil der Frauen in Führungspositionen liegt jedoch unter 20 Prozent. Der Vorwurf, es handle sich um eine Elitendiskussion, kommt immer von denen, die dieses Problem nicht sehen wollen. 

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