- Wandelnder Widerspruch
Die Sozialdemokraten berauschen sich an ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Sie glauben wieder an den Wahlsieg. Doch kann ihn die Welle der Euphorie tatsächlich bis ins Kanzleramt tragen?
Von einem Zug reden sie in der SPD neuerdings mit glasig glänzenden Augen. Noch weiß niemand, wo dieser Zug am Ende einfahren wird, aber hier, in der Schöneberger Straße 3 in Berlin-Kreuzberg, fährt er jedenfalls los. Jeden Morgen gegen halb neun.
In Sichtweite der Mauerreste des Anhalter Bahnhofs ducken sich zwei dunkle Limousinen mit Bonner Kennzeichen. Vor dem Eingang eines gehobenen Mittelklassehotels steht ein Grüppchen junger Leute mit eingezogenen Köpfen, um ihr Nikotindepot hastig aufzufüllen. Als ein gedrungener Mann durch die Tür nach draußen in Richtung der beiden Wagen stürmt, kommt Leben in die Gruppe. Sie stupsen sich, recken die Hälse, tuscheln. Satzfetzen zwischen Rauchschwaden: „Schau mal … das ist doch der …“ Dann fällt ein Allerweltsname. Der Mann bemerkt die Aufmerksamkeit, die ihm nicht unangenehm ist, reagiert aber nicht. Mit Schwung steigt er stattdessen in den Wagen. Tür zu, und die beiden Limousinen gleiten los.
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