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Träumt vom Sturm aufs Parlament: Reichsbürger Rüdiger Hoffmann / dpa

Polizei bläst „Mahnwache“ der Reichsbürger ab - Ein Königreich für eine Revolution

Vier Tage lang durften die Reichsbürger vor dem Reichstag zum Sturm aufs Parlament aufrufen. Dann erst blies die Polizei ihre „Mahnwache für Heimat und Weltfrieden“ ab. Aber warum gab sie ihnen erst eine Bühne? Momentaufnahmen aus einem bizarren Paralleluniversum.

Antje Hildebrandt

Autoreninfo

Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Noch ist alles friedlich. Die Augustsonne versinkt träge hinterm Bundeskanzleramt und kippt ihr mildes Licht auf die Wiese vor dem Reichstag, wo sich ein paar Dutzend Menschen auf Picknickdecken fläzen. Doch der Schein trügt.

„Deutschland wacht auf.“ Sagt Rüdiger Hoffmann. Nicht mehr lange, und der Protest gegen die Einschränkung der Freiheitsrechte werde so weite Kreise ziehen, dass „die“ endlich „rauskommen“ und das Gebäude dem Volk überlassen, sagt er. Hoffmann nickt mit dem Kopf in Richtung des Reichstagsgebäudes vis-à-vis. Man muss sich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. 

Die Sache mit der „Plandemie“

Hoffmann steht auf einer Bühne vor dem Reichstag. Cargohose, graues Kurzarmhemd, eine Brille in einem freundlichen Gesicht. Er ist einer der bekanntesten Reichsbürger. Und er hat eine Mission. Er will das Volk von einem Regime befreien, von dem er behauptet, es sei von den Alliierten eingesetzt worden und habe null Legitimation. Aber langsam würden die Bürger merken, dass die Regierung sie betrogen habe, ruft er.

Die Pandemie sei in Wirklichkeit eine „Plandemie“. Irgendwer lacht. Müder Applaus von der Wiese. Ein Mann in Shorts und gelbem Tanktop, der in der Sonne mit seinem Klappstuhl verschmolzen ist, ruft: „Irgendwann reicht’s.“ Irgendwann? Der Atem der Veranstalter ist lang. „Wir bleiben bis zum 3. Oktober“, sagt Hoffmann nach seinem Auftritt am Donnerstag. Es sei eine „Mahnwache für Heimat und Weltfrieden“. Er hat sie ordnungsgemäß angemeldet, das hat die Polizei Berlin gegenüber Cicero bestätigt.  

Hoffmann ist polizeibekannt

Das wirft Fragen auf. Denn Rüdiger Hoffmann und seine Initiative „staatenlos.info“ sind sowohl der Polizei als auch dem Verfassungsschutz bekannt. Hoffmann hatte nach der Wende als NPD-Kader einen Angriff auf ein Flüchtlingsheim organisiert. Es flogen Molotow-Cocktails. Das Gericht wertete das als Mordversuch. Hoffmann kam für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis.

Seither ist der gelernte Finanzkaufmann wegen „einer Hafttraumatisierung“ verrentet. Und er hat viel Zeit, seinen persönlichen Rachefeldzug gegen den Rechtsstaat zu organisieren. In Berlin kennt man ihn schon. Seit 2013 versucht Hoffmann, eine Revolution anzuzetteln. Seither ruft er Menschen immer wieder dazu auf, sich „massenweise vor den Reichstag zu begeben, um die Räumung des Deutschen Bundestags durchzusetzen.“ Der Sturm seiner Gefolgschaft blieb bislang regelmäßig aus. Zuletzt 2019. Da versuchte er, die Gelbwesten-Bewegung für seine Ziele zu kapern.

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Fritz Elvers | Fr., 21. August 2020 - 17:19

Freiheit ist immer auch die Freiheit der Garnichtdenkenden.

Obwohl, vielleicht sollte ich meine Steuererklärungen demnächst bei der Reichsfinanzverwaltung einreichen, da es die Bundesrepublik Deutschland gar nicht gibt, sowenig wie Bielefeld.

Peter Schulmeister | Fr., 21. August 2020 - 18:10

Antwort auf von Fritz Elvers

...und kein "Zentrum für politische Schönheit"vor dem Parlament der Deutschen.Was die Reichsbürger auf der extrem rechten Kante der Wippe,sind die Denunziantenspinner und Schreihälse der Antifa-"Kunst" auf der anderen.Beide Gruppierungen gleich schlecht behandeln.Und nichts von Kompromiß.

ist das alles ja halb so schlimm...Und wenn ein Reichsbürger ab und zu von der Waffe gebrauch macht und einen "angeblichen" Polizisten, also einen Ordnungshüter eines Staates, den es "ja gar nicht gibt" erschiesst, so what?

Schliesslich gibt es ja auch Antifa-Schreihälse.

Und schon ist alles in bester Ordnung.

Frank Irle | Fr., 21. August 2020 - 17:40

Ich halte diese Bewegung für überschätzt. Ihre Vorstellungen sind zu absurd, um massentauglich zu sein, ihre Köpfe sind zu wirr, um sich über ein einfaches "dagegen" hinaus einigen zu können, und ihre scheinbare Beliebtheit rührt einerseits daher, dass der Mainstream darauf starrt wie das Kaninchen auf die Schlange, und andererseits daher, dass sich zur Zeit keine seriöse politische Kraft mehr dazu befleißigt, gegen den Druck der öffentlichen Meinung zu opponieren. Letzteres kann sich jederzeit ändern. Es muss sich nur jemand trauen.

DIe Hochkonjunktur der Bauernfänger könnte problematisch sein, wenn einer davon es schaffte, die anderen auszustechen und die Wütenden nachhaltig zu beeindrucken, aber so lange hundert spinnerte Möchtegern-Kaiser ihre eigenen Süppchen kochen und man nicht von den allzu absurden Narrativen ablässt, sondern die Absurdität sogar noch steigert (Hildmann!), halte ich die Gleichgültigkeit des Bezirksbürgermeisters für durchaus verständlich.

gabriele bondzio | Sa., 22. August 2020 - 08:00

Antwort auf von Frank Irle

Gleicher Meinung bin ich auch. Eine Demokratie sollte solche Rand-Erscheinungen aushalten können. Es ist ja auch nicht so, dass sie weiter großartig wachsen. Sondern das den Verfassungsschutzbehörden nach Angaben des Bundesamtes eine „weitere Aufhellung“ des Spektrums gelinge.
Gewalt und Straftaten muss man allerdings nicht akzeptieren (wie auch beim normalen Bürger) und dazu hat der Staat ja seine Mittel.

Holger Jürges | Fr., 21. August 2020 - 18:06

"Fridays for Future, MeToo und Black Lives Matter Eine neue Generation stellt die Systemfrage" titelte der Tagespiegel - ein Aufruf zur Abschaffung des Kapitalismus! -
Frau Hildebrandt, wie wär´s mit einem Artikel darüber: Immerhin durften hier - unter der Billigung unserer Kanzlerin - die Schüler/innen die Schule schwänzen, hinsichlich des besagten Begehrens von F.f.F. - Es gibt also viele Aktionisten/Gruppierungen, welche die Abschaffung des Systems durch freie Demonstration fordern. - So ist das halt in Deutschland: Es handelt sich um ein demokratisches Recht, das nicht nur für rotgrüne Genossen geschaffen wurde; das müssen wir halt ertragen, Frau Hildebrand.

Antje Hildebrandt | Fr., 21. August 2020 - 19:13

Antwort auf von Holger Jürges

Sorry, aber bei Aufrufen zum Sturz des Regimes, Antisemitismus und NS-Verharmlosung hört die Meinungsfreiheit auf. 

Werte Frau Hildebrand, die NS-Verharmlosung findet doch seit Jahren schon durch das linksgrüne Sprktrum statt. Zuletzt duch eine Baerbock, die einen Herrn Kemmerich mit einem Nazivergleich belegt. Oder wollen Sie das irgendwie relativieren. Genau dies wurde zum Glück in der Vergangenheit durch verschiedene Cicero Autoren dargestellt.
Im Dunstkreis der Partei Die Linke sind demokratiefeindliche Mitglieder, die auch vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Antisemitismus findet sich laut Autoren der Zeitschrift Jüdische Rundschau eher in den linken Reihen. Die Zeitschrift kann ich Ihnen nur ans Herz legen.
Jetzt bin ich nur gespannt ob Sie Gegenwind ertragen können?

Kai-Oliver Hügle | Sa., 22. August 2020 - 04:50

Antwort auf von Enka Hein

Ich bin Frau Hildebrandt sehr dankbar für ihre Klarstellung und finde es symptomatisch, dass man Leser in diesem Forum an so etwas erinnern muss. Zu Ihren Einwänden:

1) Die Position der Jüdischen Rundschau wird durch Erkenntnisse des BKA widerlegt, denen zufolge "die antisemitischen Straftaten nach wie vor weit überwiegend dem Phänomenbereich PMK -rechts- zuzuordnen (93,4 %) [sind]."

https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/PMK/PMKrechts/PMKr…

2) Selbst wenn dem nicht so wäre, so verstehe ich nicht, warum sich so viele Foristen hier so schwer damit tun, Inhalte zur Kenntnis zu nehmen, die sich nicht kritisch mit FFF, BLM, dem ÖRR oder Merkel sondern mit Reichsbürgern und Rechtsextremismus beschäftigen. Woher kommt das fast schon reflexartige Bedürfnis, von solchen Entwicklungen abzulenken bzw sie zu verharmlosen? Zur Erinnerung: Allein in den letzten 12 Monaten wurden in Kassel, Hanau und Halle 13 Menschen erschossen, und auch Reichsbürger schießen!

Ich bin grundsätzlich bei ihnen, Frau Hildebrandt - aber dann bitte auch in die linke Richtung. Was ist denn die Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus anderes als ein Ruf nach einem Umsturz der bestehenden Ordnung?!
Für linke Umsturz-Forderungen gilt also Meinungsfreiheit?!
Und ist Sozialismus-Verharmlosung ungefährlicher als NS-Verharmlosung?! Bei der nicht weniger blutigen Vergangenheit des Sozialismus?!

Wann immer irgendwo mitten unter uns rechte Umstürzler von sich reden machen, pariert die politische Rechte Kritik an diesen Verfassungsfeinden sofort, ja reflexartig, mit dem Hinweis auf Linke.

Als wenn dadurch das rechte Umsturzpotential neutralisiert würde.

Nur ist das, wie die Geschichte zeigt, nichts als großer Käse:

Hitler verschwand nicht dadurch, noch wurde er weniger gefährlich, weil es gleichzeitig revolutionierende Kommunisten in Weimar gab.

Vielleicht ! Die Einen reagieren auf fast jedes Thema damit das sie reflexartig die AfD mit einbringen.
Die Anderen weissen darauf hin dass es auch linkes Umsturzpotiential gibt und das man doch bitte über ALLE Formen politisch motivierter Gewalt berichten möge und nicht nur über die Rechte sondern auch über die extremistische und gewaltebereite Linke.
Denn linke und rechte Gewalttäter sind gleichermassen von Hass getrieben und lassen ihre Aggressionen an Personen und Gruppen aus die sie zu ihren Feinden erklären.

Joachim Kopic | Sa., 22. August 2020 - 18:02

Antwort auf von Ann-Kathrin Grönhall

... die Welt ist nicht nur auf der positiven Seite bunt! Wie auch - letztendlich hängt sehr viel am Charakter der/s Einzelnen - mich stören ALLE Hetzer ... ob links, rechts oder aus dem religiösem Umfeld - das kann man garnicht oft genug betonen!

Sind Sie sicher sehr geehrte Frau Hilderand?

Ich möchte Sie mal an Speakers Corner in London erinnern. Meinungsfreiheit hört niemals auf, Meinungsfreiheit, Meinung als Solche, darf sich auch gegen bestehende gesetzlich verfasste Normen richten! Mehrheit ist bekanntlich nicht gleich Wahrheit! Der Filter sind Wahlen, dort entscheidet der Wähler über Sein oder Nichtsein! Wollen auch Sie uns merkelistische DDR/SED-Verhältnisse oktroyieren?

ich mache mich ja nicht zum Anwalt der Reichsbürger und ja, derlei Gebaren kratzt schon an den notwendigen Begrenzungen gemäß Poppers Toleranzparadoxon. - Nein, mir geht’s ums Prinzip: Ich war beruflich mit den Strafgesetzen beschäftigt; demnach gilt für mich jener besagte Gedanke der Voltaires Meinungspostulat innewohnt. - Die Grenze hinsichtlich dessen ist für mich erst beim Erreichen eines Straftatbestandes überschritten...

Ich bin bei Ihnen, irgendwann hört die Meinungsfreiheit auf.
Ich gehe davon aus, dass Sie Zeuge dieser Aufrufe waren und konsequenterweise Strafanzeige gestellt haben.
Aus gegebener Veranlassung habe ich hinsichtlich einiger Urteile des Verfassungsgerichtes jedoch meine Zweifel, dass das Gericht Ihre Meinung umfänglich teilt.
Und, nur das, werte Frau Hildebrandt, wäre rechtlich von Belang.
Um evtl. Missverstände auszuräumen, ich verurteile solche Aufrufe und würde, wenn sie mir zur Kenntnis gelangen, Strafanzeige stellen.

Fritz Elvers | Sa., 22. August 2020 - 00:47

Antwort auf von Holger Jürges

und zwar wegen Mordversuchs im Zuge eines Anschlags auf ein Asylbewerberheim.

Da fallen mir doch gleich die Bilder von Rostock Lichtenhagen 1992 ff ein. Eine Schande für Deutschland! Es gibt nicht nur irre "Reichsbürger", sondern auch gut ognisierte aus dem rechten Sumpf.

Und Sie kommem hier mit Fridays for Future, MeToo und Black Lives Matter als Umstürzler?

Bernd Muhlack | Fr., 21. August 2020 - 19:42

OHA, ist das DER Rüdiger Hoffmann?
Nach meiner Recherche wohl nicht!
"Ein Telefonkabel kann verknuddeln, muss es aber nicht!"
"Ich habe jetzt meinem Mieter, ewiger Student, einen Job besorgt- im Fruchthof. Okay, um vier Uhr aufstehen ist nicht jedermanns Sache - also wegen der Miete!"

Also ein anderer Rüdiger Hoffmann.
Ich habe mir das bei YT angesehen und tendiere zwischen Kopfschütteln und Zugabe mit Hirn!

Frau Hildebrandt, sicherlich kennen Sie den Film "Der Untergang", die letzten Tage im Führerbunker.
Bruno Ganz spielt nicht Hitler, er IST Hitler!
Das ist nur genial - da passt alles!

"In der Tiefebene von Fulda steht Guderian mit seinen Panzerarmeen und wartet auf den Russen!"
"Heiß geliebter Führer, das wussten wir ja gar nicht!"
Und dann der irre Blick des Führers!

"Reichsbürger?"
"Der dritte Weg?"
Brandgefährlich!

Rigaer Straße, die rote Flora et co?
Duisburg Marxloh and more no goes?
Brandgefährlich!

"Handeln für Deutschland"
Ein Buch von Helmut Schmidt - SPD!

Gunther Freiherr von Künsberg | Fr., 21. August 2020 - 19:47

auch absoluter Realitätsverlust ist ein krankhafter Tatbestand, der gegebenenfalls die Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB zur Folge hat. Dies scheint hier der Fall zu sein, sodass eine strafrechtlich relevante zu einer Verurteilung führende Tat wohl nicht infrage kommt. Einweisung?

Gerhard Schwedes | Fr., 21. August 2020 - 21:32

Vielleicht steckt hinter der Duldung dieser Politsekte folgendes Kalkül: 1. Selbstaufwertung. Eine irrlichternde Sekte von rechts herumlaufen lassen, um das eigene Licht, das ja selber beträchtlich am Flackern ist, umso strahlender aufleuchten zu lassen. 2. Propagandistisches Mittel. Mit der zugelassenen Aufmotzung der Reichsbürger vor dem Bundestag mögen die Parteistrategen die Chance verbinden, die verrückten Reichsbürger mit der AfD in einen einzigen Topf zu verrühren. 3. Ablenkungsmanöver und Blitzableiterfunktion. Man lenkt damit wieder einmal von den eigentlichen Problemen ab, indem ganz Deutschland sich mit diesem Klamauk beschäftigt, dabei aber das viel gewichigere Desaster unserer Altparteien aus dem Auge verliert. 4. Rechtfertigungsgrund für die hohen Kosten des Reichstagsgrabens. Als Anschauungsmaterial ganz wichtig für die anstehenden Wahlen, bei denen der politische Gegner den leichtfertigen Umgang mit Finanzen kritisiert. 4. Mittleidserheischende Opfermasche

Michau-Mattern Hermann | Sa., 22. August 2020 - 12:48

Es gibt ein Recht auf Dummheit und ich darf dafür demonstrieren. Unsere Gesellschaft wird das ohne Weiteres aushalten.