Helmut Kohl in Erfurt im Jahr 1990 vor unzähligen Deutschlandfahnen
Helmut Kohl in Erfurt 1990: Abhold den verzögernden Winkelzügen, bereit zu dramatischen Entschlüssen / picture alliance

Nachruf auf Helmut Kohl - Der Architekt des Hauses Europa

Dass die Politik eines ganzen Lebens anknüpft an einen erzählbaren Sinn, das ist so selten, dass wir die wenigen Beispiele auswendig wissen: Churchill, Adenauer, de Gaulle, Brandt – und Helmut Kohl. Was bei ihm mit dem Impetus „Nie wieder Krieg“ begann, fügte sich zu einem mächtigen, hinreißenden Muster zusammen

Autoreninfo

Christoph Stölzl ist Historiker. Für die Bundesregierung leitete Stölzl in den neunziger Jahren die Neuschaffung der zeitgeschichtlichen Gedenkstätten „ Deutsch-russisches Museum Berlin-Karlshorst“ und „Alliiertenmuseum“. Er ist Präsident der Musikhochschule Franz Liszt.

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An Helmut Kohl denken, heißt immer zuerst, sich an wichtige Stationen des eigenen Lebens zu erinnern. So geht es jedem von uns, weil selten in der jüngeren Geschichte ein einzelner Politiker so tief im Guten in das Schicksal von Millionen von Menschen eingewirkt hat. Helmut Kohl hat die Chance genutzt, die deutsch-europäische Geschichtslandschaft, die seit dem Jahr 1914 durch mehrere Katastrophen umgestürzt gewesen war, zu einer neuen, haltbaren Architektur zusammenzufügen. Das „Haus Europa“, ein Begriff, der zuvor als politischer Versuchsballon herumschwebte, hat durch Kohl feste Wände erhalten. Sie wackeln, halten aber denn doch auch unerwartete Stürme aus, wie wir sie in Zeiten der griechischen und ukrainischen Krise erlebt haben. (Interessant wäre, wie ein Kanzler Kohl auf die Flüchtlingskrise reagiert hätte). Der Atomkrieg, der als finstere Wolke über zwei Generationen hing, hat nicht stattgefunden. Und das zweigeteilte Deutschland, wo sich Anfangs der achtziger Jahre die Raketen gegenüberstanden, ist vereint und hat, wie man so sagt, andere, sozusagen normale Völker-Sorgen.

„Nie wieder Krieg“ als Impetus

Kohl hat Schlechtes, Misslungenes zum Guten und Einverständigen gewendet, hat Feinde versöhnt, hat wieder zusammengewebt, was zerrissen war. Das ist fast zuviel für ein Politikerleben, und Helmut Kohl hat als Realist und Christ immer klar gesagt, dass Glück und Gnade dabei eine ebenso wichtige Rolle gespielt haben wie sein eigenes Handeln. Wie aber sah dies aus? Man hat früher viele Worte  über den  bloßen „Machtmenschen“ Kohl geredet. Aber alle Politik handelt vom Stoff der Macht – mögen manche Akteure ihr Image noch so lammfromm malen lassen. Das harte parteipolitische Handwerk brauchte Kohl als Voraussetzung für die Gestaltung dessen, was ihn von Anfang an umtrieb.

Kohls politischer Impetus, der eines Sensiblen und Eruptiven zugleich, wurzelt im „Nie wieder Krieg“ der ersten Jahre nach 1945. Der tatendurstige Idealist, der an Churchills Europa-Vision glaubte und französische Schlagbäume umriss, hat damals  für immer seine Lebensgrundsätze gefunden. Es waren, nach Kohls Erinnerungsworten, die Zeiten, wo jeder jedem half, ein Handschlag etwas galt, ein Versprechen ein Versprechen war und nicht wegen jeder Kleinigkeit gejammert wurde. Damals begann der anfangs schüchterne Riese seine Karriere, indem er als begnadeter Menschenfischer die richtigen Mitarbeiter fand und lernte, dass „Macht“ nichts anderes ist als Zustimmung anderer, ideelle Ziele durchzusetzen. Sein ganzes Leben hat Kohl Politik als Stiftung von Nähe, Vertrauen und Freundschaft interpretiert, und dort, wo es um Gegensätze ging, war sein Stil von eben solcher Direktheit geprägt.

Das erstaunlich erfolgreiche Kohl-Prinzip

Geschichte als Zusammenwirken von wirklichen Menschen zu begreifen, deren Gefühle, deren Herkunft und Familienverhältnisse mindestens so bestimmend waren wie abstrakte Überzeugungen, Ideen und Ideologien, das war das erstaunlich erfolgreiche Kohl-Prinzip. Die Erkenntnis, das alles auf Menschen ankomme, dass „Sympathie“ im wörtlichen Sinne ein hochpolitischer, manchmal alles entscheidender Faktor war, bewährte sich grandios in den  weltpolitischen Schicksalsjahren um 1989. Kohls Regierungsstil setzte nie auf versachlichte bürokratische Apparate, sondern auf dem Dialog mit einzelnen Vertrauten.

Auch in der Außenpolitik suchte er unmittelbare persönliche Kontakte und  kurze Verbindungswege zu den Regierungschefs. 1989/90 hat sich Kohl sechs Mal mit George Bush Senior getroffen und wöchentlich mit ihm telephoniert. Bushs Freundschaft rührte ebenso aus Kohls Standfestigkeit beim Nato- Doppelbeschluss wie aus dem Gleichklang des Familiensinns. Francois Mitterand kannte Kohl aus zahllosen Gesprächen, die sich oft um die tragische deutsch-französische Konfrontations-Vergangenheit drehten. Zwei Historiker hatten sich da gefunden, beide mit dem Glauben an den langen Atem der Geschichte. In Michail Gorbatschow fand Kohl ein ähnlich emotionales Temperament wie das eigene, abhold den verzögernden Winkelzügen, bereit zu dramatischen Entschlüssen.

Sternstunde der Geschichte am Rhein

Als sich die beiden am 14. Juni 1989 im Garten des Kanzleramtes trafen und bis in die Nacht, mit dem Blick auf den majestätisch dahinströmenden Rhein, über Vergangenheit und Zukunft Europas sprachen, muss eine Art Sternstunde der europäischen Geschichte stattgefunden haben. Die beiden Staatsmänner saßen auf der Mauer, drunten flanierten die Liebespaare, winkten erstaunt hinauf, und die Vision eines befriedeten Kontinents erschien ganz handgreiflich. Von da an war der Weg zu großen Entscheidungen offen.

Wer in früheren Tagen einmal die Gelegenheit hatte, Kohl beim Erzählen über Europa zuzuhören, der erinnert sich an so etwas wie einen großen, aus tausenden von farbigen Fäden zusammengewebten Bilderteppich. Alles hatte seinen Platz, nichts kam von ungefähr, und die Menschen, ihre Schicksale, ihre Leistungen und Misserfolge, ihr Handeln und Denken, schließlich ihr künstlerisches Gestalten fügten sich zu einem mächtigen, hinreißenden Muster zusammen. So groß die Vergangenheit war, so groß konnte deshalb auch die Zukunft Europas sein. Und mittendrin der Rhein, an dem Kohl sein Leben verbracht hatte, über den er alles gelesen hatte, was es gibt, der seine Heimat war und der im entscheidenden Gespräch mit Gorbatschow im Juni 1989 zum Sinnbild für das unaufhaltsame Fließen der Geschichte wurde, die einst die deutsche Einheit bringen würde. 

Das Symbol unserer guten Jahre

Dass in der Politik ein Mann mitten im Trubel der „Forderungen des Tages“ historisch begründet, warum er so und nicht anders handelt, ist selten genug. Dass aber die Politik eines ganzen Lebens anknüpft an einen erzählbaren Sinn, der in der longue durée von Europas Werden festen Grund hat, von Anfang an, das ist so selten, dass wir dergleichen Exempel alle auswendig herzählen können: Churchill, Adenauer, de Gaulle, Brandt, Kohl. Es sind die Menschen, die mit Jacob Burckhardt wissen, dass Geschichte nicht klug macht für ein andermal, sondern weise für immer.

Wie werden wir Helmut Kohl erinnern? Wahrscheinlich als Symbol „unserer guten Jahre“. Im Juni 2013, nach der Enthüllung der Käthe-Kollwitz-Büste in der „Straße der Erinnerung“ an der Spree, fuhren wir mit Kohl auf einem Schiff durchs sommerliche Berlin. In seinem Rollstuhl saß er auf dem Schiffsdeck wie ein mittelalterlicher König auf dem Thron. An den Ufern und auf den Brücken sammelten sich die Menschen, die ihn, erstaunlich genug, schon von ganz weitem identifizieren konnten. Sie rannten herbei, man winkte, lachte, grüßte, spontane Volksfeststimmung breitete sich aus. Touristenschiffe drehten bei. Der Alte sprach wenig, aber seinen  wachen Augen entging  nichts, nicht „sein“ Kanzleramt, nicht die weiße Pracht der Parlamentsbauten rings um den Reichstag. Wir spürten, das dies, obwohl spontan arrangiert, eine Art Abschiedsfahrt wurde. Und dachten an den Shakespeare-Satz: „Wir werden seinesgleichen nicht mehr sehn.“

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Michaela Diederichs | Fr., 16. Juni 2017 - 19:53

Licht und Schatten - Wiedervereinigung und sein "Mädchen" Frau Dr. Merkel, die soweit ich mich erinnere ins Kabinett holte - sind für mich sein Vermächtnis. Als junge Frau habe ich ihn nicht gemocht. 2016 nötigte er mir großen Respekt ab mit seinen deutlichen Worten zu Merkels Flüchtlingspolitik. Er stärkte Orban den Rücken und ließ sich nicht von den MSM vereinnahmen. „Es geht um unsere Existenz“, schrieb Kohl dem Bericht zufolge zur Flüchtlingskrise. So werde ich ihn nun in guter Erinnerung behalten.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article154423049/Fuer-Merkels-F…

Mathias Trostdorf | Fr., 16. Juni 2017 - 21:38

Ob der große Architekt mal gedacht hätte, daß auch seine Politik mal zu den Zuständen, wie wir sie heute haben, führen würden? Ein Brüsseler Politbüro, das den gro0en Aufgaben machtlos gegenübersteht? Politischer wie ökonomischer Unfrieden zwischen den Staaten, Ungleichgewicht durch die Gemeinschaftswährung und verheerende Jugendarbeitslosigkeit in den Südländern, Masseneinwanderung in westlichen Sozialssysteme, Spaltung der Gesellschaften etc. Mit politischer Weitsicht hätte man das eigentlich bedenken müssen und nicht auf Gedeih und Verderb Idelogie über Vernunft stellen sollen.

Margrit Sterer | Mo., 19. Juni 2017 - 13:56

Antwort auf von Mathias Trostdorf

Sie haben Recht mit dem was Sie sagen.
Kohls größter Fehler war Merkel. Ich glaube, er wußte das auch, konnte es aber nicht mehr rückgängig machen.
Der Krach mit Putin wäre unter Kohl nicht passiert, er hätte geredet, so wie er es immer tat.
Leider sind nun alle großen Politiker, egal ob SPD oder CDU, nicht mehr.
Was wir derzeit haben, ist Schrott

Volker Leyendecker | Fr., 16. Juni 2017 - 23:22

Helmut Kohl war der richtige Kanzler zur richtigen Zeit um Deutschland zu Vereinigen, gegen viele Widerstände von allen Seiten. Ich möchte gar nicht alle aufzählen die die Vereinigung von Deutschland nicht wollten. Die CDU hat Helmut Kohl nicht unterstützt bei der Spendengeld Geschichte. Frau Merkel war die erste die ihn verleugnet hat. So wie Sie jetzt das ganze Deutsche Volk Verrät und in den Abgrund treibt. Möge Helmut Kohl in Frieden Ruhen. Wir haben Ihn sehr viel zu Verdanken.

Gerdi Franke | Sa., 17. Juni 2017 - 08:29

Tja, jetzt kann man ihn nicht mehr verantwortlich machen für dieses einsturzgefährdete Konstrukt. Kohl hat Westdeutschland nichts gutes gebracht. An seinen "blühenden Landschaften" zehren wir heute noch!

helmut armbruster | Sa., 17. Juni 2017 - 08:40

es ist ja anerkannt, dass man über die Verstorbenen nichts als Gutes sagen soll, aber dass man gleich so übertreiben muss verlangt auch wiederum niemand.
Man könnte ja meinen unter Kohl hätten wir im Goldenen Zeitalter gelebt und der Verstorbene hätte keinerlei Fehler und Schattenseiten gehabt.
Lieber Herr Stölzl, so bitte nicht! Ihre Karriere als "Hofhistoriker" verlangte vielleicht von Ihnen ab und zu solche Bücklinge zu machen und hat Sie eventuell auch betriebsblind gemacht, aber das rechtfertigt noch lange nicht so einen übertriebenen Lobgesang.

Ich habe Herrn Kohl auch "Birne" genannt und ihn nicht gemocht als junge Frau. Für mich ist er heute ein Symbol „unserer guten Jahre“. Ist Frau Dr. Merkel für Sie Ausdruck und Symbol "guter Jahre" für Sie und unsere Kinder und Enkelkinder? Hier möchte ich Herrn Stölzl dann doch ausdrücklich verteidigen.

Reiner Jornitz | Sa., 17. Juni 2017 - 09:26

Herr Stölzl, besser hätte man Helmut Kohl nicht beschreiben können, wie sie es getan haben. Auch ich habe diesem Mann viel zu verdanken! Ich fand mein Lebensglück in Werder an der Havel. Ohne Helmut Kohl wäre dies nie möglich gewesen. Seine Glaubensätze , die er vertrat, können sich viele aktuelle Politiker eine Scheibe abschneiden. Aber ich hoffe und wünsche es mir das es noch Menschen seines Formates gibt , die in seine Fußstapfen treten , die endlich wie er immer an sein Deutschland und deren Menschen gedacht hat zu ihrem Nutzen mfg.

Erhard Puttlitz | Sa., 17. Juni 2017 - 09:32

...der Architekt Europas mußte zum Schluss zusehen wie sein Europa nach und nach den Bach runtergeht.

ingrid Dietz | Di., 20. Juni 2017 - 02:52

Antwort auf von Erhard Puttlitz

"die drei Tage im September 2015" hätte es mit Kohl garantiert nicht gegeben !

Hermann Neumann | Sa., 17. Juni 2017 - 09:34

Ich werde mich an der Heiligsprechung dieser Person nicht beteiligen. Werde die nächsten Tage alle Zeitungen verweigern.

Rolf Pohl | Mo., 19. Juni 2017 - 18:23

Antwort auf von Hermann Neumann

... Sie posteten Ihre Zeilen in einer Kategorie die nicht vorgesehen ist.
Mögen Sie Heiligsprechungen, machen Sie sich auf in den Vatikan, dort werden Sie dann fündig und erhalten Gelegenheiten sich erneut zum Thema zu äussern.

Vielen Dank übrigens für Ihre wichtige Info zum Thema, Sie würden in den nächsten Tagen alle Zeitungen verweigern. Danke!

Peter Wagner | Sa., 17. Juni 2017 - 10:20

Der Artikel und auch Kohls Selbstbild haben Naivität zur Grundlage: Sie implizieren, das kleine Westdeutschland von 1982 habe eine eigenständige Rolle in der internationalen Politik spielen können. Auch der zukünftige Frieden in Europa lag nicht in deutschen Händen, sondern in denen der Atommächte. Im Zeitalter der Atombombe ist ihr Besitz das Zeichen der Souveränität. Die EU dagegen ist ein bürokratisches Monster geworden und Kohl gab selbst zu, dass er die DM durch seine Geheimpolitik mit Mitterrand dem Euro opferte. "Die Mehrheit war dagegen", so sgte er im Interview, das die ARD gestern nacht ausstrahlte. Wie kann er sich rühmen, etwas durchgesetzt zu haben, was die Mehrheit ablehnte?
Der Mann ist ein Antidemokrat.

Thorsten Rosché | Sa., 17. Juni 2017 - 11:21

Seine größte Leistung: Die Wiedervereinigung
Sein größter Fehler: Angela Merkel.
Es zeigt die ganze Verlogenheit mancher Personen, wenn ausgerechnet die, die ihn wegen ein paar lumpiger DM abgesetzt, ihn zur Unperson erklärt und die CDU zu einem Gel umgeformt hat, jetzt Trauer heucheln. In der ersten Reihe die Uckermärkerin !

Sie vergessen, daß Kohl bereits vor der Wende innerhalb der CDU Ungnade gefallen war und vor der Abwahl stand. Die Wiedervereinigung brachte ihm Aufwind und Ansehen, er hat also ebenfalls von ihr profitiert.

Daniel Sunnus | Sa., 17. Juni 2017 - 12:19

Wo sind sie heute, Menschen in Verantwortung, die, realistisch und christlich, Handeln und Hoffen in sich zu vereinen, Glück und Gnade zu würdigen wissen?

Paul Liesner | Sa., 17. Juni 2017 - 13:59

Wie oft habe ich mich mit meinen Studienkollegen in nächtlichen Stunden über unseren Kanzler "Birne" Kohl echauffiert, aber auch lustig gemacht. Sein größter Fehler war, dass er uns das "Mädchen" von der anderen Seite der Mauer als seine Nachfolge präsentiert hat. Diesen Fehler musste er bitter bereuen, weil genau Angela Merkel zur Königsmörderin wurde.

Marianne Wolf | Sa., 17. Juni 2017 - 14:09

Ausschnitte aus einer Bundestagsrede Kohls:
„Und ich spreche ganz bewusst das Thema an, das mir von allen Themen im Augenblick die meisten Sorgen macht; ich spreche das so aus, das ist eine Entwicklung in der europäischen Union. Inwieweit wir fähig sind, gemeinsam ein wirklich verstandenes Subsidiaritätsprinzip zu begreifen. Das hat nichts zu tun, um es klar auszusprechen, mit dem Willen zur Renationalisierung. Ich finde dieses Schlagwort ist ein Totschlagwort. Aber ich vermisse in bestimmten Bereichen in Brüssel, ich sage das einmal so pauschal, ein Verständnis dafür, dass dieses Europa nur etwas werden kann, wenn es ein föderal gegliedertes Europa ist. Und dass wir nicht Kompetenzen geben, die nicht nach Brüssel gehören, auch dort nicht abgeben wollen“ -
„Wir wollen keinen europäischen Zentralstaat und keinen europäischen Überstaat, wir wollen die europäische Union so wie sie in ihrer Gründung gedacht und angedacht wurde.

"Deswegen widerspreche ich nachdrücklich all denen, die so den Eindruck erwecken wollen, da werde was über unser Volk gestülpt, das das Volk gar nicht will. Ich bin sicher, dass die Zustimmung zum € genau wie seinerzeit die Zustimmung zur DM, so sein wird; doch schon in wenigen Jahren, die meisten sich gar nicht mehr vorstellen können, dass es einmal anders war. Und ich sage noch etwas: Ich bin auch ganz sicher, dass schon in wenigen Jahren dieser verhandlungsgeschichtlichen Ereignisse die es erlebt haben, diejenigen, die heute auftreten mit ihrem Nein und Ihrer Gegenposition das alles leugnen werden, dass sie je einmal eine solche Meinung vertreten haben. (großer Applaus)"
+++ Großer Denkfehler! Eine EU wie sie die Gründerväter dachten und ein € in der jetzigen Form schließen sich aus. So unterschiedliche Länder unter dieselbe Währung zu pressen funktioniert nicht. Es geht in Richtung Europäischer Zentralstaat mit Schuldenvergemeinschaftung und gefährdet den Frieden in der EU.

Ich glaube nicht an den europäischen Zentralstaat, weil die nationalen Politiker sich nicht fernsteuern lassen wollen, von Merkel z.B. ganz sicher nicht. Eher denke ich, dass es zu einer Auslese kommen wird, also wer sich nicht anpasst wird früher oder später die Eurozone verlassen. Der Anpassungsdruck ist heute schon enorm, die Griechen erzählen das sicher gerne. Ich glaube, dass das durchaus damals schon Kohl und anderen bewusst war, weil das eine simple ökonomische Binse ist, man damals aber diese Probleme auf später verschoben hat. "Später" ist leider heute. Im übrigen sind das Entscheidungen bei denen der Bürger, zumindest in Deutschland, keine Mitsprache hat, in der Regel wird das im Küchenkabinett entschieden.

Jens Rudolf | Sa., 17. Juni 2017 - 18:02

steht mächtig schief und wird nur durch deutsche zu Säulen grollte Geldscheine gestützt und zwar von Anfang an. Meine Begeisterung für den Architekten Kohl hält sich in Grenzen. Trotzdem mein Beileid an die Angehörigen.

martin falter | Sa., 17. Juni 2017 - 20:26

Kohl war für mich immer mehr Last als Lust und für mich und viele meiner Bekannten waren die Kohl Jahre eher die Bleiernezeit. Spießigkeit und Stillstand. Die Wende wurde ihm geschenkt die hat er aber gut hinbekommen. War trotzdem nicht mein Kanzler....

Heiner Hannappel | Sa., 17. Juni 2017 - 20:36

Schaut man auf sein Wirken und Ergebnisse seiner Politik, wird einem schlagartig klar, was wir schon lange seit 12 Jahren vermissen.Heute schauen wir auf eine Politik, die mehr schlecht als recht ohne Visionen sein Erbe verwaltet und in Mittelmäßigkeit verharrt.Wir schauen auf eine Politik, welche die von Helmut Kohl mit geschaffenen Instrumente der Mastrichtverträge, zum Funktionieren des Euro und der Einheit Europas relativieren und zerstören lässt.Wir bräuchten heute einen Regierungschef/in des Vertrauens und der Verbindlichkeit wie Helmut Kohl! Doch eine solche im wahrsten Sinne des Wortes hervorragende Person in der europäischen und deutschen Politik fehlt und ist weit und breit nicht zu sehen.Helmut Kohl wird in die Geschichtsbücher als Kanzler der Einheit Deutschlands eingehen, der sich seiner 16 Jährigen Kanzlerschaft nicht zu schämen braucht.Welche Bundesregierung nach ihm kann das von sich schon behaupten, selbst wenn diese auch 16 Jahre nur vor sich hin dauert.

Sepp Kneip | So., 18. Juni 2017 - 11:54

Ja, Kohl war ein Machtmensch. Sicherlich muss man das sein, wenn man seine Ideen durchsetzen will. "...indem er als begnadeter Menschenfischer die richtigen Mitarbeiter fand..." So mag es am Anfang seiner Karriere gewesen sein. Er hat in der Tat für Deutschland und Europa viel geleistet. Sein mangelndes Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge brockte uns jedoch den Euro ein, der Europa mehr auseinander riss, als es zu festigen. Dann fischte er einen verhängnisvollen Fisch: Merkel. Sie bescherte ihm das Ende seiner Karriere. Kohl beteuerte früher, den Euro erst dann einzuführen, wenn die politische Einheit Europas erreicht ist. Verwarf er dieses Vorhaben aus eigenen Stücken, oder wurde er dazu gezwungen? Endete die Macht Kohls in dem Moment, als andere Kräfte daran gingen, ein anderes Europa zu schaffen, als Kohl es wollte? Ist Merkel die Handlangerin derer, die Europa mit einen Multukulturalismus überziehen wollen? Hat sie in deren Auftrag Kohl aus dem Amt gedrängt?

Sie könnten durchaus im Recht sein mit der Handlangerin. Nachdem Herr Soros 2014 ordentlich auf ihr herum gehackt hat, hat sie die Grenzen aufgemacht und kein denkender Mensch hat es verstanden. Wenigstens das hat ihm gefallen. Nun geistern die Eurobonds wieder durchs Land und Griechenland muss mal wieder gerettet werden und wir sind dabei. Ob es ihm wohl gefallen wird? Worauf der Mensch wohl diesmal wettet? Sein Alter lässt hoffen.
http://www.zeit.de/politik/2014-02/soros-merkel-europa-krise-eu

Horst Schäffer | Mo., 19. Juni 2017 - 14:23

Über die Leistungen und Verdienste Helmut Kohl kann man unterschiedlicher Meinung sein.
Meiner Meinung nach war sein größter, schlimmster und fatal törichter Fehler, diese Frau aus der Uckermark zu fördern und Merkel zu dem machen, was sie seit November 2005 ist - nämlich deutsche Bundeskanzlerin.
Zweifelsohne hat Helmut Kohl seine Heimat und das deutsche Volk geliebt. Bei Merkel glaube ich weder das eine noch das andere.

Michaela Diederichs | Mo., 19. Juni 2017 - 21:49

Antwort auf von Horst Schäffer

"Zweifelsohne hat Helmut Kohl seine Heimat und das deutsche Volk geliebt. Bei Merkel glaube ich weder das eine noch das andere." Da stimme ich Ihnen zu. Unter Kohl hätte es die heutigen Zustände in D nicht gegeben. Bei Frau Merkel habe ich immer das Gefühl, sie kann jetzt ihre Macht so richtig ausleben als einst ohnmächtige Pastorintochter in einem Unrechtsstaat. Jetzt mobbt sie zurück - ein ganzes Volk. Einfach, weil sie es kann.

Erich K.H. Kalkus | Mo., 19. Juni 2017 - 16:06

Dank Helmut Kohl hat eine Kinderidee zum Umweltschutz schon 1987 *) unsere Grenze friedlich überwunden und Ost-Berlin erreicht: die "Europa-BAKI" (s. GOOGLE).
Erich K.H. Kalkus, Lehrer i.R.

Juliana Keppelen | Mo., 19. Juni 2017 - 17:14

"nie wieder Krieg" begann, fügt sich zu einem mächtigen Muster. Das hat seine Nachfolgerin aber nicht gestört und so stehen wieder deutsche Soldaten an der Ostfront.

Renate Genth | Mo., 19. Juni 2017 - 19:00

De mortuis nihil nis si bene, ein ehrwürdiges europäisches Prinzip. Kohl mag ja dies und das nicht im Sinne seiner Kritiker gemacht haben, aber er war der letzte europäische Staatsmann, der noch die schrecklichen Kriege und die europäischen Verwicklungen im Gedächtnis trug. Seine geistige, nicht nur körperliche, Größe ist von seinen Kommentatoren nicht begriffen worden. Umso bewundernswerter, daß er, sobald er die Lage begriffen hatte, handeln konnte. Er war ein echter Macchiavellist, der einen harten Kampf gegen di e Gegner und Konkurrenten in der Oligarchie führte , aber, gemäß Macchiavelli, "nicht das Volk bedrückte". Er hat auf Zuschriften von Bürgern, wie mir von seiner Umgebung berichtet wurde, handelnd reagiert. Welch ein Gegensatz zu seiner Nachfolgerin, die sich nur an die Mächtigen hält und der die Bürger gänzlich egal sind, der es nur um die persönliche Macht geht und nicht um die politische Macht im Sinne der Demokratie für die Bürger.

Robert Müller | Mi., 21. Juni 2017 - 16:07

Wenn ich mir die Querellen um die Beisetzung ansehe, erinnere ich mich an die letzten Kohl-Jahre. Ich war damals heilfroh, dass Rot-Grün übernahm. Das war damals ein Aufbruch. Mein Eindruck war, dass Kohl der wirtschaftliche Umbau in der EX-DDR ziemlich egal war und so konnte die FDP mehrere verhängnisvolle wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen durchdrücken. Imho war der Absturz der Ex-DDR damals so nicht notwendig gewesen. Schon vor der Wende war Westdeutschland sanierungsbedürftig, aber nichts passierte, und dann das noch. Deshalb auch 5 Mio Arbeitslose bei Schröder. Es war nur die Wiedervereinigung, die Kohl ins Geschichtsbuch hebt. Wie texteten die Grünen 1990: "Alle reden von der Einheit. Wir reden vom Wetter." Bei der SPD war es nicht ganz so krass, aber nur Kohl und Genscher! ergriffen die Chance mit beiden Händen, wobei von den DDR-Oppositionellen wenig übrigblieb (Neues Forum, Demokratischer Aufbruch, ...). Letztlich ist es gut gegangen, wenn es auch sehr teuer wurde.

Martin Kleber | Mi., 21. Juni 2017 - 22:19

Das nun folgende Nachspiel-Kein nationaler Staatsakt-selbst zeitweilig erwogenes Redeverbot für die Humanitäre Flüchtlingspolitikerin-erinnert stark an die letzten Ruhestandsjahre und das schließliche Ende Otto von Bismarcks.Auch hier ewiges Grollen gegen die Nachfolger-damals Kaiser und Kanzler Caprivi (Jener war noch von Bismarck zu seinem Nachfolger bestimmt worden)-Unrühmliche- streitlustig-verbitterte Abgänge.Und keine Staatsrede bei der Beisetzung in Friedrichsruh.Es scheint,als sei der Sturz aus höchsten Höhen das Ende aller Freundschaften und allen Daseins.Auch das Basteln an der eigenen wirkungsmächtigen Vergangenheit,ist eine unverzichtbare Beschäftigung nach dem Ende.Aber zwei große Männer-nicht nur körperlich-und voller Wehmut wird man auch bei Kohl zurückschauen.Merkel ist dagegen der personifizierte "Sprung ins Dunkle"....

frank grundmann | Fr., 23. Juni 2017 - 09:18

Wenn auch der Anspruch bestehen mag, die Person über den Nachruf in das bestmögliche LIcht zu stellen, so sei auch eine kritische Betrachtung des Lebenswerkes statthaft - andernfalls hätten wir geschichtlich ausschließlich Helden.
Wenn sich also der dichte Nebel ideologischer Verblendung langsam lichtet, so wird der Blick frei auf das "Werk" des Architekten. Man muss nichts beschreiben, da uns allen die architektonischen Fragmente des ungehemmten pan-europäischen Wahnsinns zu Füßen liegen. Natürlich haben auch die politischen Erben das Werk verpfuscht. Aber bei aller Geduld mit seien dilettantischen Baumeistern - der Architekt trägt die Verantwortung!