Die Paulskirche in Frankfurt am Main ist am 10.12.2023, dem internationalen Tag der Menschenrechte, blau illuminiert / dpa

Paulskirche - Nationaldenkmal ohne Nationalgefühle

Die Paulskirche in Frankfurt am Main soll grundlegend saniert werden. Die dafür ins Leben gerufene Expertenkommission lehnt eine Rekonstruktion allerdings ab – und das, obwohl es sich um ein Denkmal der Demokratie handelt.

Autoreninfo

Gerhard Junior absolvierte seinen Master in Politischer Theorie mit dem Schwerpunkt Politische Ökonomie an den Universitäten in Frankfurt am Main, Darmstadt und Warschau. Derzeit hospitiert er bei Cicero Online.

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Stellen Sie sich vor, Deutschland wäre bereits im Jahr 1849 eine Demokratie geworden. Der Welt wäre vieles erspart geblieben. Der Ort zwischen Hoffnung und Scheitern, die Paulskirche in Frankfurt am Main, soll nun grundlegend saniert werden. Zudem soll das Nationaldenkmal um ein „Haus der Demokratie“ ergänzt werden. Der Finanzbedarf wird nach Recherchen der FAZ auf rund 150 Millionen Euro geschätzt, welche Bund, Land und Stadt zu je einem Drittel tragen werden. Eine Rekonstruktion lehnt die für die Sanierung der Paulskirche ins Leben gerufene Expertenkommission jedoch ausdrücklich ab. Dabei hätte es mit ihrem Vorsitzenden Volker Kauder einen namhaften Fürsprecher der Rekonstruktion gegeben. Doch weshalb tut sich die Expertenkommission gerade bei der Rekonstruktion eines Denkmals der Demokratie so schwer?

Gescheiterte Revolution

Die Paulskirche blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Nach Jahrzehnten der Restauration und Repression durch konservative Könige und Fürsten wurden zum ersten Mal in der Geschichte alle (männlichen) Deutschen zu einer freien, gleichen und geheimen Wahl aufgerufen. Tagungsort des gesamtdeutschen Parlaments war der heutige Große Saal in der Paulskirche. Hier spielten sich in den Jahren 1848 und 1849 lebhafte Debatten ab, womit die Paulskirche zur „Wiege der Demokratie“ wurde. Die Abgeordneten arbeiteten eine freiheitliche Verfassung aus, die moderne Grundrechte versprach – ein mutiger Schritt, der die Macht der Monarchen einschränken sollte. Ein modernes Deutschland auf demokratischem Fundament war zum Greifen nahe. 

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Norbert Heyer | Do., 19. Dezember 2024 - 08:08

In der Paulskirche fanden die ersten Versuche statt, die Macht des Königs und des Adels zu beschränken. Es gab eine nationale Bewegung für mehr Freiheit und Rechte für die Bürger. Das Experiment scheiterte, die alte Ordnung setzte sich noch einmal durch. Warum will man heute keine Renovierung dieser Stätte? Nun, es ist eigentlich ganz einfach: Die jetzt maßgeblichen Parteien und Politiker sehen sich als legitime Nachfahren des untergegangenen Adels und uns Bürger als „Pack“, dem man „Politik erklären muss“, wo man solange kungelt, bis eine Regierung „steht“, die vom Volk nie so gewollt ist, die Politker offen sagen, „das die Meinung der Wähler völlig egal ist“ und eine bunte Fahne einen höheren Stellenwert als die Nstionalfahne hat. Wer bunt ist, Migrations-Hintergrund hat, schwul oder lesbisch ist, hat die allerbesten Voraussetzungen für ein angenehmes Leben, die „ schon länger hier Lebenden“ müssen alles ertragen, tolerieren und bezahlen - Meisterstück einer kommunistischen Kanzlerin

Zustimmung bis auf den letzten Halbsatz.

Die gemeinte Person hatte nie einen "Plan" in dem Sinne, nur den
unbedingten Willen zur Macht. Perfektionierte das "Fahren auf Sicht"
und die Disziplinen "Abräumen von Konkurrenten" und das
"Protegieren von fleißigen Schleimer:innen".

Das alles fiel auf fruchtbaren Boden, denn der beschriebene Zustand
ist ja in vielen "alten" westlichen Demokratien durchaus vergleichbar.

Mir fällt es nur schwer, die Wirksamkeit der nichtgenannten Person
zu überhöhen, es gab günstige Umstände, viele ahnungslose
Klatschhasen und den üblen Zeitgeist in vielen Ländern.

MfG

Uli | Do., 19. Dezember 2024 - 08:35

Tja, Demokratie hat eben keinen Wert mehr im "besten Deutschland aller Zeiten". Nachher würde noch jemand an seine Grundrechte erinnert

Wolfgang Borchardt | Do., 19. Dezember 2024 - 09:29

sondern gelebte Demokratie. Und die hört dort auf, wo Parteien glauben, ein Monopol auf die Demokratie zu haben, um Andersdenkende auszugrenzen und den eigenen Machtznspruch zu zementieren.

Karl-Heinz Weiß | Do., 19. Dezember 2024 - 10:58

Die Diskussion zeigt exemplarisch das Problem, in Deutschland mit dem Begriff "Nationalbewusstsein " sachlich umzugehen. Bis 1800 bestand Deutschland aus rund 300 weitgehend selbstständigen Territorien. Von Nationalismus kann man erst ab 1866 reden. Aber im aktuellen Geschichtsunterricht wird dies weitgehend ausgeblendet. Die Initiative von Volker Kauder ist gut. Ob er als "Merkels Fraktionszuchtmeister" exemplarisch für den Parlamentarismus steht, sei dahingestellt.

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