Ursula von der Leyen / picture alliance

So hat Europa abgestimmt - Von der Leyens Parteienbündnis bei Europawahl vorn - Rechte stark

In Deutschland jubeln CDU und CSU, und auch europaweit dürften die Unionsparteien und ihre Partner die Nase vorn haben. Die größten Zugewinne aber verbuchen wohl andere. Der französische Präsident Emmanuel Macron erlebt eine herbe Niederlage.

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Die Union hat die Europawahl in Deutschland klar gewonnen, und auch europaweit hat sich ein Sieg ihrer Parteienfamilie EVP abgezeichnet. Die deutsche Spitzenkandidatin des Mitte-Rechts-Bündnisses, Ursula von der Leyen (CDU), kann somit auf eine weitere Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission hoffen. Zugleich dürften rechte Parteien nach den ersten Trends deutlich zulegen. In Deutschland gewann die AfD trotz der Kontroversen um ihren Spitzenkandidaten stark dazu und landete mit ihrem bislang besten Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl klar auf dem zweiten Platz – in Ostdeutschland sogar auf Platz eins.

CDU und CSU lagen nach Hochrechnungen von ARD und ZDF bei der deutschen Abstimmung mit großem Abstand vorn. Im Europaparlament dürfte die Europäische Volkspartei (EVP) nach Prognosen der Sender erneut stärkste Kraft werden.

Die Parteien der Ampel-Koalition erlitten eine schwere Schlappe. Die SPD von Kanzler Olaf Scholz kam mit einem historisch schlechten Wert nur auf Platz drei, die Grünen liegen mit deutlichen Verlusten auf dem vierten Platz, die FDP verlor nur leicht. Die Linke sackte stark ab – und wurde von der neuen Partei BSW von Sahra Wagenknecht überholt.

Die deutschen Hochrechnungen vom Sonntagabend: CDU/CSU 30 Prozent, AfD 16,2 bis 16,4 Prozent, SPD 13,9 bis 14 Prozent, Grüne 12 bis 12,2 Prozent, FDP 4,8 bis 4,9 Prozent, Linke 2,7 bis 2,8 Prozent, BSW 5,7 bis 6,1 Prozent, Volt 2,6 bis 3 Prozent.

Trendprognose: Zugewinne für rechte Parteien

Dem um kurz vor 19.00 Uhr veröffentlichten europaweiten ARD-Trend zufolge könnte die EVP auf rund 176 der 720 Sitze im neuen Europäischen Parlament kommen. Im Vergleich zur Europawahl 2019 bleibt sie damit stabil. Zweitstärkstes Lager bleiben demnach die Sozialdemokraten, die auf etwa 134 Sitze kommen könnten – etwas weniger als vor fünf Jahren. Grundlage der Zahlen waren Umfragen und Hochrechnungen.

Danach folgen die Liberalen, die der Prognose zufolge auf 87 Sitze abrutschen, sowie die zwei bisherigen rechtspopulistischen Parteienbündnisse EKR und ID, mit knapp 78 beziehungsweise rund 70 Sitzen – zusammen demnach rund 30 Sitze mehr. Die deutsche AfD wird zu den fraktionslosen Parteien gezählt, da sie kurz vor der Europawahl aus der ID-Fraktion ausgeschlossen worden war. Insgesamt dürften rechte Parteien den Zahlen zufolge am stärksten hinzugewinnen. Die Grünen verlieren demnach deutlich und landen weit unter 60 Sitzen.

Rechte FPÖ liegt in Österreich vorn

In Österreich zeichnete sich bei der Europawahl ein Sieg der rechten FPÖ ab. Die Niederlande hatten bereits am Donnerstag gewählt, wobei sich ein rot-grünes Wahlbündnis ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der radikal-rechten Partei des Populisten Geert Wilders liefert. Prognosen aus den großen EU-Ländern Frankreich, Italien, Spanien und Polen wurden im Laufe des Abends erwartet.

In vielen EU-Staaten war mit einem deutlichen Plus für rechte Parteien gerechnet worden. So hatten Umfragen vor der Wahl die AfD zwischenzeitlich bei mehr als 20 Prozent gesehen. Vorwürfe gegen ihren Spitzenkandidaten Maximilian Krah und die Nummer zwei auf der Europawahl-Liste, Petr Bystron, brachten die Partei aber in Schwierigkeiten. Beide gerieten wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken in die Schlagzeilen, im Fall Krah geht es zudem um mögliche China-Verbindungen.

Le Pens Rechtsnationale gewinnen in Frankreich deutlich

Die rechtsnationale Partei Rassemblement National um Marine Le Pen hat ersten Hochrechnungen zufolge die Europawahl in Frankreich klar gewonnen. Die Liste von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Verbündeten landete wie erwartet weit abgeschlagen dahinter, wie die Sender France 2 und TF1 am Sonntag nach Schließung der Wahllokale berichteten. Das europaskeptische RN kam demnach auf 31,5 bis 32,4 Prozent der Stimmen, Macrons proeuropäisches Lager auf nur etwa 15,2 Prozent. Die Sozialisten landeten den Hochrechnungen zufolge mit 14 bis 14,3 Prozent knapp hinter Macrons Mitte-Block auf Platz drei.

Für Macron ist das Ergebnis eine herbe Niederlage. Bereits bei der letzten Europawahl 2019 lagen die Rechtsnationalen vor seinem Lager. Während die Rechten damals aber nur einen knappen Vorsprung hatten, haben sie diesen nun erheblich ausgebaut und wohl etwa doppelt so viele Stimmen eingeholt wie Macrons Mitte-Kräfte. Der haushohe Gewinn der Rechtsnationalen dürfte das Regierungslager, das in der Nationalversammlung keine absolute Mehrheit mehr hat, weiter unter Druck setzen.

Der Blick richtet sich in Frankreich zudem auf die Präsidentschaftswahl 2027. Macron, der sich zweifach in der Stichwahl gegen die rechte Galionsfigur Le Pen durchsetzte, wird nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren können. Noch ist unklar, wen die Mitte-Kräfte ins Rennen schicken werden und wer eine Chance gegen Le Pen hätte. Die Tochter des rechtsextremen Parteigründers Jean-Marie Le Pen hat es in den vergangenen Jahren erfolgreich geschafft, ein deutlich gemäßigteres Bild abzugeben und ihr RN bis weit in die bürgerliche Rechte hinein wählbar zu machen.

In den 27 EU-Staaten waren rund 360 Millionen Bürger wahlberechtigt, davon knapp 61 Millionen Deutsche. Gewählt wurden 720 Abgeordnete für das neue Europäische Parlament, davon 96 in Deutschland. Abgesehen von der Parlamentswahl in Indien ist es die größte demokratische Abstimmung weltweit – und die einzige Direktwahl über Staatsgrenzen hinweg.

Eine der ersten Aufgaben des neuen Europaparlaments ist die Bestätigung der neuen EU-Kommission, der Exekutive der Union. Das erste Wort haben aber die Staats- und Regierungschefs der EU – sie haben offiziell das Vorschlagsrecht für den Kommissionspräsidenten oder die -präsidentin, das Parlament muss anschließend mehrheitlich zustimmen.

In Deutschland gilt die Abstimmung auch als wichtiger Stimmungstest vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September und der Bundestagswahl im kommenden Jahr.

dpa

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Ingofrank | So., 9. Juni 2024 - 21:47

trat der „schöne Franzose“ durch die Ergebnisse der EU Wahl zurück und rief Neuwahlen in Frankreich aus.
Ich war nie ein Fan von Macron, aber dieser Schritt nötigt mir großen Respekt vor dieser Entscheidung ab. Daran sollte sich die ganze rot grün gelbe Truppe in Berlin ein Beispiel nehmen. Und einmal mal innehalten und sich gemeinsam mit der CDU die Frage stellen, was haben wir gemeinsam falsch gemacht
Aber, da wird wieder die Arroganz der Parteien der neuen nationalen Front siegen mit der immer gleichen Einsicht: wir haben nichts falsch gemacht.
Und genau das, beginnt der Souverän abzustrafen.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Rainer Dellinger | Mo., 10. Juni 2024 - 09:45

Im Grunde genommen sind es die Lobbyisten des European Round Table for Industry, die in Europa den Parteien empfehlen, welche Politik durchgesetzt werden soll. Mal so nebenbei bemerkt.