
- Die Lehrer tragen Verantwortung
Vor fünf Jahren führten Corona-Maßnahmen dazu, dass Schulen über Monate hinweg geschlossen wurden. Trotz immenser psycho-sozialer, medizinischer und schulischer Folgen für Millionen von Kindern fehlt bis heute eine pädagogische Aufarbeitung.
Viele pädiatrische Ärzte, Psychiater, Pädagogen und Sozialarbeiter hatten frühzeitig vor den Maßnahmenkonsequenzen gewarnt – Angst- und Essstörungen, Depression und vielfach eine retardierte Kindesentwicklung. Ihre Stimmen wurden meist ignoriert, bewusst hingenommen, in ihrer Bedeutung relativiert oder gar verneint. Eine Aufforderung zur offenen Diskussion innerhalb der Lehrerschaft von Alexander Wittenstein in der Berliner Zeitung am 26.01.2023, gemeinsam zu reflektieren und Verantwortung zu übernehmen, blieb unbeantwortet. Es scheint, Lehrkräfte weichen einer umfassenden, faktenbasierten und selbstkritischen Überprüfung ihres eigenen, am gesetzlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag orientierten Handelns und Unterlassens sowie dem Beutelsbacher Konsens aus. Es mutet fast an wie eine Flucht in eine kollektive, schamhafte, überforderte Stille, als wäre nie etwas geschehen.
Schülerinnen und Schüler müssen nun selbst aktiv werden und die Aufarbeitung mit Nachdruck in ihren Vertretungsorganen auf Landes- und Bundesebene forcieren. Grund-, Menschen- und Bildungsrechte sowie ethische Fragen der Pädagogik müssen wieder mehr in den Vordergrund des öffentlichen Diskurses rücken. Dazu gründete sich 2024 das Pädagogische Netzwerk zur Aufarbeitung der Coronazeit. Es bietet im Internet dazu umfangreiche Informationen. Ein bundesweiter Zusammenschluss von Pädagogen, die Pädagogen für Menschenrechte e.V., arbeitet ebenfalls seit Jahren an der Aufarbeitung der Geschehnisse in der Corona-Krise an deutschen Schulen.
Ursachen und Folgen der Corona-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche
Am 13.03.2020 überraschte die Kultusministerkonferenz (KMK) mit flächendeckenden Schließungen von Schulen, Kitas und anderen Bildungseinrichtungen als Teil des Infektionsschutzes, obwohl das Robert-Koch-Institut noch im Pandemieplan vom 30.01.2016 keine Evidenz für derartige Maßnahmen feststellen konnte. Es wurden Monate der Zerstückelung des vertrauten, geregelten Lebens für elf Millionen Kinder und Jugendliche. Im Chaos aus sich überschlagenden Medienberichten, Angst, politischem Entscheidungs- und Durchsetzungswillen sowie Meinungswissen wurden zwar Ende April 2020 Schulen wieder geöffnet, aber nur schrittweise, nur für bestimmte Jahrgänge und in geteilten Gruppen. Es fand überwiegend nur digitaler Fern-, Wechsel- oder Hybridunterricht statt.
Probleme zeigten sich schnell. Diese Form des technisierten, technokratischen Lernens blendete alle notwendigen menschlichen Kontexte und sozialen Bedingungen für gelingendes schulisches Lernen aus.
Das neue Schuljahr 2020/21 startete zunächst im Normalbetrieb. Fortwährend neue Anordnungen, Maskenpflicht, Isolationsanweisungen, Wechselunterricht und zeitweise abrupte Schließungen von Einrichtungen aufgrund von positiv getesteten Lernenden und Lehrenden beherrschten aber den Schulalltag.
Im März 2020 entwickelte das Bundesinnenministerium ein internes Arbeitspapier zur öffentlichen Angstkommunikation, das Anfang April 2020 in die Öffentlichkeit gelangte. Lockdowns und Schulschließungen waren darin vorgesehen. Das folgende Zitat daraus zeigt deutlich, dass Kinder, Jugendliche, Eltern- und Lehrerschaft dazu bewegt werden sollten, die drastischen Freiheitseingriffe zu akzeptieren und in deutschen Schulen durchzusetzen (Hervorhebungen durch den Unterzeichner):
„Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend. (…) „Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden”: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.”
Die Rationalität und Evidenz der Risikobewertung von Sars-CoV-2 und die Maßnahmen im Bildungswesen hinterfragte damals öffentlich fast niemand. Die täglich medial verbreiteten kumulierten Infektionszahlen (in Wahrheit positive Testzahlen) heizten die gesellschaftliche Stimmung auf. Bilder eines Militärkonvois aus Bergamo vom 21.03.2020, die maßgeblich zur allgemeinen Hysterie beitrugen, wurden durch den Bayerischen Rundfunk am 13.09.2021 als manipulative Sensationsberichterstattung entlarvt.
Mitte Dezember 2020 folgte erneut ein bundesweiter Schul-Lockdown. Erst zwei Monate später, im März 2021, wurde Präsenzunterricht wieder ermöglicht – nur in geteilten Gruppen, nur mit Maskenpflicht. Mehrfach belegten Schulstudien wie die der Medizinischen Fakultät der TU Dresden vom 13.07.2020 und 24.11.2020 und der am 06.08.2020 veröffentlichten Studie der LMU Klinikum München eindeutig, dass Kinder keine Treiber der Infektionen waren. Ihr Risiko, ernsthaft an Corona zu erkranken, war extrem gering. So stellten die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) mit einer öffentlichen Stellungnahme vom 18.04.2021 zur Einordnung des Gesundheitsrisikos klar, dass im Zusammenhang mit einer Sars-CoV-2-Infektion von ca. 14 Millionen Kindern und Jugendlichen bis dato
- lediglich ca 1.200 im Krankenhaus behandelt (Anteil: < 0,01%) und
- vier Todesfälle gemeldet (Anteil: < 0.00002%)
wurden, während im Vergleich
- in der Saison 2018/19 nach Angaben des RKI insgesamt 7461 Kinder unter 14 Jahren mit Influenza als hospitalisiert gemeldet waren und neun Kinder verstarben,
- im Jahr 2019 die Zahl der durch einen Verkehrsunfall getöteten Kinder bei 55 und
- nach Angaben der DLRG die Zahl der ertrunkenen Kinder bei 25
lag.
Trotzdem waren regelmäßige Selbsttest das gesamte Schuljahr 2021/2022 Pflicht. Der Schulbetrieb gestaltete sich dauerhaft belastend, die Jüngsten der Gesellschaft blieben stärker eingeschränkt als der Rest der Bevölkerung. Fast täglich wechselnde neue Verordnungen erzeugten mitunter konfuse, verängstigte oder rigorose Reaktionen von Schulleitungen und Lehrkräften, auch aus ständiger Sorge davor, selbst in Quarantäne genommen zu werden. Der zusätzliche Organisationsaufwand für Selbsttests, Kontaktnachverfolgung oder Beschulung von Lernenden in Quarantäne parallel zum Präsenzunterricht war enorm kräftezehrend. Die Schulen in Deutschland waren durchschnittlich 183 Tage ganz oder teilweise geschlossen. Das entspricht zeitlich einem ganzen Schuljahr.
Psychologen, Kinderkliniken und -fachärzte wie die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin sowie die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie hatten seit April 2020 vor den erwartbaren schweren negativen Folgen der Schul- und Kita-Schließungen für Kinder und Jugendliche eindringlich gewarnt. Die Zahl der Suizidversuche bei Jugendlichen verdreifachte sich nahezu, allein zwischen März und Mai 2021 gab es ca. 500 Selbsttötungsversuche. Die Zahlen der stationär mit sozialen Störungen behandelten Grundschulkinder und Ess-Angst-Störungen bei Schulkindern schnellten nach Auswertung des DAK-Kinder- und Jugendreports von 2020 zu 2021 deutlich nach oben. Im Jahr 2020 erreichte die Statistik zu Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung von Kindern einen Höchststand. Der Bericht zu „Gesundheitlichen Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona“ des Bundesfamilien- und -gesundheitsministeriums vom 15.09.2021 fasst den damaligen Forschungsstand wie folgt zusammen:
„Kinder und Jugendliche sind aufgrund der COVID-19-Pandemie besonders belastet. Zwar ist ihr Risiko für schwere COVID-19-Krankheitsverläufe und dadurch bedingte Krankenhausaufenthalte in den allermeisten Fällen deutlich geringer als für Erwachsene, aber die sozialen Einschränkungen aufgrund der Pandemie belasten sie auf vielfältige Weise. Das gilt umso mehr für Kinder und Jugendliche, die bereits vor der Pandemie in schwierigen Lebenslagen aufwuchsen.”
Schulbarometer 2024 und PISA-Studie 2023
Das Schulbarometer von 2024 belegt eindeutig die weitreichenden Schäden durch die Corona-Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen. Über 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler, mehr als jedes fünfte Kind, zeigt psychische Auffälligkeiten. Über ein Viertel der Kinder und Jugendlichen schätzt seine Lebensqualität als gering ein, immer noch geht es einem großen Anteil von ihnen nicht gut. Die positive Bedeutung der Lehrkräfte wird bestätigt. Ihre konstruktive Unterstützung im Erziehungs- und Lernprozess ist ganz zentral für das kindliche Wohlbefinden.
Der in der Krise stark verminderte Kontakt zum Lehrpersonal hat auch ihre schulische Lern- und Leistungsentwicklung beeinträchtigt, so die PISA-Studie von 2023. Möglicherweise wurde ein grundsätzlicher Abwärtstrend „lediglich“ verstärkt. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass deutsche Schülerinnen und Schüler im Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften so schlecht wie noch nie zuvor abschnitten. Im Vergleich zu „PISA 2009“ liegt ein Lernrückstand von eineinhalb Schuljahren vor. Insgesamt, so die Ergebnisse der COPSY-Längsschnittstudie, hat sich das psychosoziale Niveau immer noch nicht erholt.
Ursachen von Gesundheitsschäden unter Kindern und Jugendlichen durch Corona-Impfungen und -Maßnahmen
Die wöchentlichen Corona-Tests für Kinder wurden öffentlich oft verharmlosend dargestellt, etwa im April 2021 durch den Kasperl der Augsburger Puppenkiste. Grundschulkinder schädigten sie jedoch nachhaltig mit ärztlichen Folgebehandlungen. So berichtete am 13.06.2021 eine Lokalzeitung:
„Nach dem Testen blutet bei immer mehr Kindern die Nase. Das beobachtet das Team der Praxis von Hals-, Nasen- und Ohrenarzt Dr. Faleh Zohbi aus Bassum (…) „Kindernasenschleimhäute sind sehr empfindlich und bluten sehr schnell, wenn das Stäbchen zu grob eingeführt wird. Die Eltern kommen dann mit den Kindern in die Praxis und Dr. Zohbi und sein Team müssen den kleinen Patienten eine Vollnarkose für etwa fünf Minuten geben. In dieser Zeit veröden sie die geplatzten Äderchen mithilfe einer elektrischen Pinzette. Doch das nützt auch nicht viel, wenn sie am nächsten Tag wieder getestet werden (…) Zu tiefes Einführen des Stäbchens sei nicht ungefährlich, denn der Knochen, der das Gehirn schütze, sei bei Kindern noch dünner als bei Erwachsenen.”
Demgegenüber konnte das Oberverwaltungsgericht Münster weder in seinen Entscheidungen vom 22.04.2021 (Eilverfahren) noch vom 13.11.2023 (Hauptsacheverfahren) – mehr als zwei Jahre später – bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung von Schnelltests in NRW-Schulen ein relevantes Gesundheitsrisiko für Grundschulkinder erkennen. Ohne eine intensive Auseinandersetzung mit den Risiken im Realbetrieb oder der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens stellte das Gericht fest, dass bei einem Nasenabstrich Hirnschäden fernliegend, das Risiko des Nasenblutens sehr gering und der mit dem Nasenabstrich verbundene Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Kindern allenfalls eine „bloße Unannehmlichkeit” seien. Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.11.2021 zeigt deutlich, dass die von den Schulschließungen in ihren Grundrechten verletzten Kinder und Jugendlichen gegen die (vermeintlich) alles überragenden Belange des kollektiven Gesundheitsschutzes keine Chance auf Rechtsschutz hatten.
Dieser Linie folgt auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.01.2025, welches die Rechtmäßigkeit von Test- und Maskenpflicht von Grundschülern feststellte. Dem liegt eine ungerührt auf die amtlichen Auskünfte des RKI abstellende Rechtsprechung zugrunde , die sich mehrheitlich weigert, die ans Licht gelangte evidenzschwache Risikohochstufung des RKI vom 17.03.2020 und die prozessrechtlichen Konsequenzen aus dem Inhalt der freigeklagten und geleakten RKI-Protokolle zu ziehen. Hierzu gehört auch, dass nicht protokollierte mündliche Anweisungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) an das RKI existieren, die nach Art, Umfang, Themenfeld und Zeitpunkten unbekannt sind und daher kein Gericht zuverlässig feststellen kann, ob und wieviel ministerielle Einflussnahme in der jeweiligen wissenschaftlichen Fachinformation des RKI steckt, auf die sich auch das Paul-Ehrlich Institut (PEI) und die Ständige Impfkommission (STKO) stützen.
Viele Beschwerden von Kindern und Jugendliche werden in der heutigen öffentlichen Interpretation rasch Long-Covid zugeschoben. Diese Behauptungen lassen sich nicht validieren. Selbst das BMG kann keine Aussagen zur Häufigkeit machen. Unklar ist auch, ob diese Symptome bei gegen Covid-19 geimpften Kindern und Jugendlichen nicht tatsächlich Folgen dieser Impfung sind. Die Beschwerden lassen sich klinisch nicht voneinander unterscheiden, darauf wies die Ständige Impfkommission (STIKO) am 19.08.2021 hin. Zwar haben Maßnahmen wie „social distancing“ und das Tragen von Masken die Zahl der Atemwegsinfektionen damals reduziert. Allerdings war nach dem Wegfall der Maßnahmen eine stärkere RSV-Welle (Respiratorischen Synzytial-Virus) unter Kindern festzustellen, was einen beträchtlichen „Nachholeffekt“ begründet haben könnte. Alles in allem ist inzwischen unstrittig, dass Kinder und Jugendliche am meisten von allen unter den Corona-Maßnahmen litten.
Verfügbares Tatsachenwissen im Lichte der RKI-Protokolle
Die Bedeutung von Kitas und Schulen für die positive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist hinlänglich bekannt. Trotzdem gab Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erst Ende Januar 2023 zu, dass Schulschließungen (und ihre Dauer) ein Fehler gewesen seien. Man habe zum damaligen Zeitpunkt nur wenig über die Übertragung des Corona-Virus gewusst. Die damalige Bundesregierung habe auf Empfehlung der Wissenschaft die Schule geschlossen. Die freigeklagten Sitzungsprotokolle des Corona-Krisenstabs im Robert-Koch-Institut (RKI) zeigen inzwischen, dass dies so nicht stimmen kann:
„Altersverteilung: Kinder 2% der Fälle in großer Studie, Kinderkrankenhaus bestätigt alle ohne Komplikationen; auch in Transmissionsketten nicht prävalent; Schulen, Kitas stehen nicht im Vordergrund, Kinder keine wichtigen Glieder in Transmissionsketten; scheiden lange im Stuhl aus aber unklar, ob lebendes Virus; Rolle der Kinder eher untypisch untergeordnet (anders als Influenza), mehr Studien müssen erfolgen.” (RKI-Protokoll vom 26.02.2020, S. 3)
„Das RKI hält Schulschließungen nur in besonders betroffenen Gebieten für sinnvoll.”
(RKI-Protokoll vom 12.03.2020, S. 9)„In einer weiteren Publikation (zitiert von Hr. Drosten) wurde die Effektivität von Schulschließungen modelliert, Publikation bezieht sich aber auf Influenza. (…) Es ist unklar was die Konsequenz ist wenn die Schulen jetzt für 4 Wochen schließen, ggf. kommt bei Wiedereröffnung zu einer verstärkten Aktivität (sowohl von Influenza wie auch von COVID-19, 2009 hat man das gesehen).” (RKI-Protokoll vom 13.03.2020, S. 6 f. / Tag der öffentlichen Bekanntgabe der Schulschließungen)
„Neue Publikation, systematisches Review zur Effektivität von Schulschließungen: Ergebnis: keine harten Daten zum Beitrag von Schulschließungen zur Übertragungskontrolle verfügbar. Modellierungen sagen voraus, dass durch Schulschließungen nur 2-4% der Todesfälle verhindert werden können. Bereits 1 Woche vorher kam eine Untersuchung aus Norwegen zu dem Ergebnis, dass keine Daten zu finden sind.” (RKI-Protokoll vom 09.04.2020, S. 4)
„Es wird angemerkt, dass das Tragen von Masken „den Kern jedes Unterrichts torpediere“ (Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes Susanne Lin-Klitzing).”
(RKI-Protokoll vom 08.06.2020, S. 4)„Anmerkung dazu: Schulen sind nicht das Mittel um die Pandemie einzudämmen, das zeigen auch andere Länder;” (RKI-Protokoll vom 09.12.2020, S. 9)
Noch bedenklicher sind die bereits dem RKI und damit auch dem Bundesgesundheitsminister sowie Bundesregierung erwartbaren Schädigungen auf die Psyche von Kindern:
„Kritisch diskutiert wird Maskenpflicht für Grundschüler, evtl. Langzeitfolgen. Einzelschicksale: Depressionen, Suchtmittelkonsum steigen.” (RKI-Protokoll vom 21.10.2020, S. 8)
Trotzdem waren Schulschließungen an der Tagesordnung. Im Herbst und Winter 2021 liefen über 1000 Schulen ohne oder im eingeschränkten Präsenzbetrieb. Die Maskenpflicht galt bis April 2022. Die Strafrechtlerin Prof. Frauke Rostalski hob in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 14.08.2024 hervor: „Die RKI-Protokolle zeigen, wie die Politik willentlich die wissenschaftlichen Befunde übergangen hat. Dies erfordert eine Untersuchung unter juristischen Aspekten.“ Das Bundesverfassungsgericht beurteilte die Schulschließungen als verfassungsgemäß und, trotz massiver gegenteiliger Gutachten, verhältnismäßig. Die erdrückenden Widersprüche und eindeutige Faktenlage erfordern Antworten:
- Wie konnte es dazu kommen, dass im Bildungsbereich fast drei Jahre lang Maßnahmen offenbar ohne wissenschaftliche Evidenz ergriffen wurden?
- Wo blieb das entschiedene Eingreifen der pädagogischen Fachkräfte?
- Warum findet bis heute keine nennenswerte pädagogische Aufarbeitung statt?
Ebenso ist eine sachliche Auseinandersetzung zwischen der Schülerschaft und Lehrkräften sowie Schulleitungen notwendig, wie die meist widerspruchslose Kommunikation und Umsetzung der Corona-Maßnahmen der Jahre 2020 bis 2023 sowie das bis heute andauernde große Schweigen in den Schulen im Lichte der Leitlinien des Beutelsbacher Konsens zu beurteilen ist. So wurden auf Einladung der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg in Beutelsbach im Rahmen einer Tagung drei wesentliche Prinzipien für die demokratisch orientierte politische Bildung formuliert:
1. das Überwältigungsverbot (Verbot des Einsatzes von Mitteln zu Überrumpelung der Schülerschaft im Sinne erwünschter Meinungen zur Hinderung einer eigenen Urteilsbildung)
2. das Kontroversitätsgebot (Kontroverse Meinungen in Wissenschaft und Politik müssen auch im Unterrichtsinhalt abgebildet werden) und
3. die Interessenlagen (Befähigung der Schülerschaft zur Analyse einer politischen Situation und der eigenen Situation sowie der Anwendung von Mitteln zur Einflussnahme auf die politische Situation zur Geltendmachung der eigenen Interessen).
Diese Prinzipien sind ebenso wie das für die Vitalfunktionen eines demokratischen Rechtsstaats notwendige Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz auch in einer Krisenlage zu achten.
Aufforderung zum offenen und öffentlichen Diskurs
Alexander Wittenstein forderte frühzeitig medial zur offenen Diskussion und selbstkritischen Überprüfung des eigenen Wissens innerhalb der Lehrerschaft auf. Zum einen spricht er die Methodik der eigenen Meinungsbildung im Rahmen der persönlichen Informationsverarbeitung an. Sein zweiter Punkt gilt den ausufernden Infektionsschutzmaßnahmen und wie ihre Verhältnismäßigkeit bewertet wurde. Er weist auf das Tatsachenwissen hin, das sich seit 2020 kontinuierlich erweitert und abseits der Auskünfte weisungsgebundener Behörden verfügbar ist, jedoch unberücksichtigt blieb. An der Grundsorge hat sich bisher prinzipiell nichts geändert: Die Gefahr ist, dass in einer möglichen neuen, diffusen Risikolage elementare Rechte von Kindern und Jugendlichen durch staatliche Maßnahmen wiederholt verletzt und massive Schäden billigend in Kauf genommen werden könnten.
Gründe hierfür liegen in mangelndem bis fehlendem Engagement zur Aufklärung durch die Beteiligten aus Bildungspolitik und den Interessenvertretungen von Lehrkräften, Schüler- und Elternschaft. Auch in Politik und Medien herrscht nahezu Schweigen. (Vorgeschobenes) Nicht-Wissen begründet das eigene Handeln und damit die Schäden der Maßnahmen. Doch Wissen ist eine Holschuld. Es muss durch Selbststudium in einer sachlichen, thematischen Auseinandersetzung und auf Basis von Fakten und der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit aus Artikel 5 Grundgesetz gebildet und fortgeschrieben werden. Sich ausschließlich über Angaben politisch weisungsgebundener Behörden, gleichlautender Interpretationen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder der selbsternannten „Faktenchecker“ zu informieren, führt rasch zur Selbstentmündigung und Täuschung. Dies entlastet gleichzeitig nicht von Verantwortung für das daraus resultierende eigene Handeln.
Nimmt man diese Systematik ernst, hätte es im Bildungsbereich nicht nur mehr und faktenbasiertes Wissen geben können, sondern sogar geben müssen! Stattdessen gab es kaum öffentliche Kritik am Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Vermutlich wurden diese kritischen Stimmen zur Lageeinschätzung und den Maßnahmen – auch durch Gewerkschaften und Verbände – in den Bereich von „Verschwörungstheorien“ oder „Coronaleugnung“ verbannt oder sogar in einen Zusammenhang mit rechtsextremen Demokratiefeinden gestellt.
Dies führte zu einer aufgeheizten Gemengelage aus einseitiger Informiertheit, der Abwertung von Fragen (und der Fragenden) und Einschüchterung. Vermutlich waren auch viele Lehrkräfte daher nicht mehr in der Lage, sachlich-kritisch auf die Situation zu schauen und selbstständig zu einer durchdachten und begründeten Beurteilung zu gelangen: Es herrschte Angst vor Tod und schwerer Erkrankung, vor einer Überlastung des Gesundheitssystems sowie davor, für Krankheit und Tod anderer verantwortlich zu sein. Vor diesem Hintergrund konnte die mit erheblichen Evidenzlöchern und Widersprüchen belastete Argumentationskette des Schutzkonzeptes mit Inzidenzerfassung einerseits und Abstand, Schulschließungen, Masken und Tests andererseits vielen Menschen als schlüssig erscheinen.
Auch wenn die hochbelastenden Maßnahmen in Bildungseinrichtungen als das kleinere Übel für alle erschienen, stellten sie qualitativ durch Vernachlässigung psychosozialer Entwicklung und Teilhabe qualitativ eine Kindeswohlgefährdung dar. Dass epidemiologische Daten und Modellrechnungen mit Unsicherheiten belastet und die Maßnahmen keineswegs alternativlos waren, wurde so gut wie gar nicht in Erwägung gezogen. Stattdessen wurden abweichende Stimmen aus den medizinischen Wissenschaften und der Pädagogik verbannt. Ihre Kritik und konstruktiven Vorschläge zur rationalen Bewertung der Risikolage und Anwendung evidenzbasierter Maßnahmen auf Basis des bis dato etablierten Grundlagenwissens wurden im Wissens- und Meinungsbildungsprozess systematisch ignoriert. Auch aus Sorge vor möglichen arbeits- bzw. dienstrechtlichen Konsequenzen äußerten sich Lehrkräfte nur vereinzelt sachlich-kritisch zu schulischen Corona-Maßnahmen.
Ausblick
In das Recht von Kindern und Jugendlichen auf schulische Bildung und freie Entfaltung der Persönlichkeit wurde massiv eingegriffen. Fünf Jahre nach den ersten Schulschließungen steht fest, dass eine Verbesserung ihrer Situation auf das Niveau vor der Zeit der Corona-Maßnahmen bisher nicht erfolgt ist. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte von 2022, vertreten durch Stefanie Raysz, ist immer noch anhängig. Es fehlt an einer ernsthaften pädagogischen Aufarbeitung mit zwingend tiefgehender wissenschaftlicher Analyse der Art und des Umfangs des verfügbaren Tatsachenwissens zu bestimmten Zeitpunkten sowie der Ursachen und der Folgen der ergriffenen Maßnahmen im Bildungsbereich.
Dies setzt voraus, dass Lehrkräfte einsehen, dass auch sie beigetragen und Fehler gemacht haben. Sie müssen sich über die Gründe der Missstände klar werden. Nur so können sie diese künftig vermeiden. Zentral dafür wird aber die Haltung sein, eingestehen zu können, dass sie selbst von angstmachenden Bildern, ausgrenzenden Worten und nicht angemessenen Vorstellungen über das Virus, die Erkrankung sowie die Wirksamkeit scheinbar schützender Maßnahmen und der genbasierten Impfstoffe in unredlicher Weise beeinflusst gewesen bzw. sogar davon getäuscht worden sind.
Was uns an gesellschaftlichen Folgen aus der Corona-Krise erwartet, lässt sich nicht verdrängen. Eine gemeinsame, tiefgehende Aufarbeitung und Übernahme von Verantwortung seitens der Lehrer- und Elternschaft birgt die Chance, Polarisierung und Misstrauen zu überwinden und zukünftig weitere Schäden zu verhindern. Kinder und Jugendliche müssen tonangebend zu Wort kommen. Auch müssen sich endlich die Organisationen von Lehrkräften wie Gewerkschaften und Verbände, Interessengruppen von Schülerinnen und Schülern, Studierenden sowie Eltern der Notwendigkeit einer Aufarbeitung und ihrer Verantwortung bewusst werden. Ein demokratischer Staat muss Kindern und Jugendlichen Schutzraum und politische, juristische und wissenschaftliche Transparenz bieten. Ursachen, Wirkung und Folgen von Handlungen müssen in Beziehung gesetzt und offen debattiert werden. Es droht eine individualisierte, traumatisierte gesellschaftliche Zukunft – wir tragen deshalb strukturell, persönlich und kollektiv gemeinsam die Verantwortung, sie positiv zu gestalten.
Der vorliegende Artikel bildet die persönlichen Ansichten der Autorinnen und Autoren als Privatpersonen ab.
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