Glück im Unglück: Ein Baby wird aus Trümmern in der türkischen Stadt Hatay gerettet / picture alliance

Erdbeben in der Türkei - Politisches Nachbeben

Der Südosten Anatoliens und Nordsyrien erleben die schlimmsten Erdbeben ihrer Geschichte. Über 6000 Menschen sterben, zehntausende werden noch vermisst. Dabei warnen türkische Wissenschaftler seit Jahren vor einer solchen Katastrophe.

Autoreninfo

Ilgin Seren Evisen schreibt als freiberufliche Journalistin über die politischen Entwicklungen in der Türkei und im Nahen Osten sowie über tagesaktuelle Politik in Deutschland. 

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Türkische Kinder lernen schon im Kindergarten, wie sie sich im Falle eines Erdbebens zu verhalten haben. Das Land gehört zu den seismisch aktivsten Regionen der Welt, viele der größten Erdbeben weltweit ereigneten sich in der Türkei. 1999 starben bei einem Erdbeben in Gölcük, das auch die Städte Izmir und die Marmara-Region erfasste, fast 19.000 Menschen. 33.000 Menschen fielen 1939 einem Erdbeben im ostanatolischen Erzincan zum Opfer. Beide Erdbeben gehören zu den nationalen Traumata und haben sich tief in das Gedächtnis der Menschen eingebrannt. 

Die Türkei verfügt über zahlreiche Forschungszentren und Fakultäten, deren Experten die vergangenen Erdbeben auswerten und interdisziplinär zusammenarbeiten. Einige dieser renommierten Wissenschaftler erarbeiteten in den letzten Jahren Handlungsempfehlungen, die sie den politischen Verantwortlichen präsentierten. Mit einer Umsetzung dieser wissenschaftlich fundierten Empfehlungen, so ihre Hoffnung, könnten bei zukünftigen Erdbeben Tausende Menschenleben gerettet werden.  

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Ernst-Günther Konrad | Mi., 8. Februar 2023 - 13:15

Das kann man durchaus mal hinterfragen, wenn die Soforthilfe und Ausrufung des Notstandes erst einen Tag später erfolgt, weil die Hauptbetroffenen Aleviten sind aus regierungskritischen Gegenden und man durchaus zynisch und menschenverachtend hofft, dass AKP Gegner durch Tod und schwerste Verletzungen und Flucht demnächst nicht wählen können? Warum missachtete Erdogan wohl die Geologen und Erdbebenwarner? Vielleicht auch, weil er die nach dem letzten Beben erhobene Erdbebensteuer für andere Zwecke missbrauchte und eben nicht in die Sicherheit von Gebäuden investierte? Weil korrupte Bauunternehmer keine, minderwertige oder zu wenig in die Baustatik investierten? Weil er jetzt durch Erdbebenhilfen wieder Geld mehr von der EU fordern kann, dieses Leid der Bevölkerung für sich ausnutzt und seinen Wahlkampf finanziert? Ich frage ja nur für einen Freund. Ein türkischer Maurer hat mir erzählt, dass viele Bauten in der Türkei trotz des Wissens von Erdbeben statisch unzureichend gebaut seien.

Das Schofligste für die leidgeprüften Menschen in der Gegend ist auch noch die Tatsache, dass nach dem Erdbeben der Stärke 7,7 im türkisch-syrischen Grenzgebiet.
Bereits in der Nacht zum Dienstag die türkische Armee begonnen, die vom Erdbeben betroffene Stadt Tel Rifat in Nordsyrien und ihre Umgebung mit Artillerie zu beschießen.

Karl-Heinz Weiß | Mi., 8. Februar 2023 - 13:17

Unzureichende Vorsorgemaßnahmen sind überall der Schwachpunkt beim Katastrophenschutz. Lehren aus der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal oder der miserablen Vorbereitung auf eine Pandemielage wurden in Deutschland bis heute nicht gezogen. "Beim nächsten Vorfall wird alles besser" - nein, es werden nur neue Ausreden gesucht. Eben organisierte Verantwortungslosigkeit, nicht nur in der Türkei und Syrien.

Ernst-Günther Konrad | Mi., 8. Februar 2023 - 14:57

Wie die BILD und andere MSM melden, soll Assad derzeit die Region dort unten weiter bombardieren. Wenn das zutrifft, dann wird sich auch der Flüchtlingsstrom aus Syrien weiter erhöhen und wir neben der Hilfe für die Türkei, bei weiterhin freier und unkontrollierter Einreise, dem ohnehin schon kollabierenden Aufnahmefähigkeit der deutschen Kommunen, den Todesstoß versetzen. Und Erdogan hat dann wieder ein weiteres Druckmittel, mehr und mehr Geld von uns zu erpressen. Die Aufnahmekapazitäten sind längst erreicht. Und Scholz stellt sich " tot" und Faeser nur Fragen und beide haben keine Antworten. Anstatt das Baerbock ihre dummen Sprüche läßt, sollte sie mal endlich anfangen, eine einheitliche Aufnahmebegrenzung mit der EU vereinbaren und die Aufnahme stoppen. Aber was schreibe ich denn, die wollen ja alles und jeden, lieber heute wie morgen ins Land holen. Und wenn noch die türkischen Familienmitglieder aus den Erdbebengebieten kommen, dann gute Nacht. Und türkische Familien sind groß

Heidemarie Heim | Do., 9. Februar 2023 - 15:08

Herr Kubilay befürchtet mit Recht, dass sich seine Landsleute wie oben beschrieben sich in ihren religiös begründeten Ausflüchten und Erklärungen besser mit der "z.T. von Menschen verursachten bzw. zu verantwortenden Folgen der Katastrophe" besser zurecht kommen werden, als sich vorzustellen, dass sie und ihre toten Angehörigen einer Leitfigur und ihr bisheriger Glaube und Vertrauen zu derselben ins Chaos geführt hat. Und noch bedrückender die Frage der eigenen Verantwortlichkeiten. Dabei geht es nicht nur darum wie man neben Religion oder politischer Gefolgschaft der Wissenschaft und deren Warnungen Glauben schenkt, sondern um ein leider gesellschaftliches Phänomen so alt wie die Welt. Jeder bzw. die Mehrheit weiß, da ist was oberfaul, man müsste was tun gegen die "Korruption", die maßgeblich zu dieser Tragödie beitrug. "Aber hält nicht jeder die Hand auf? Ist doch normal, gehört dazu, war schon immer Bestandteil usw." Dies macht eine Gesellschaft m.E. anfällig für eigentlich alles.

Sabine Lehmann | Do., 9. Februar 2023 - 18:39

Nachdem ich gestern noch einmal erschütternde Aufnahmen aus den Trümmern dieser völlig zerstörten Region gesehen habe, frage ich mich doch, wie man tatsächlich effektiv helfen kann. Ich hoffe jetzt nicht, dass wieder halb Deutschland in den Keller oder an ausgediente Schränke geht, um sich der Sachen zu entledigen, die sonst auf dem Müll gelandet wären. Denn ich habe schon wieder Berichte gelesen, dass Menschen tatsächlich Pakete mit Nahrungsmitteln und Altkleidern schicken?! Ich glaube nicht, dass in der Türkei, auch nicht im Erdbebengebiet, Nahrungsmittelknappheit herrscht. Von daher sollte doch klar sein, dass am besten Geld hilft. Nur, wer bekommt das, wer verteilt das? Und bekommen das wirklich die Opfer und Hinterbliebenen? Nach den Erfahrungen der letzten Jahre, speziell denen aus dem deutschen Ahrtal, bin ich eigentlich nicht mehr bereit Geld an Organisationen zu spenden. Also was tun, hat jemand einen konstruktiven Vorschlag?