Blumen, Kerzen und Bilder liegen an einem Baum, in dessen Nähe am 17. August 2022 eine weibliche Leiche in einem Auto entdeckt wurde / dpa

Doppelgängerinnen-Mord von Ingolstadt - „So ein Druck in ihrem Herz“

Am Donnerstag endete der Prozess um den Doppelgängerinnen-Mord vor dem Landgericht Ingolstadt. Das Entsetzen über die Tat liegt nicht nur an der Rätselhaftigkeit des Motivs und der großen Brutalität – die Besonderheit ergibt sich auch aus dem Kontrast zum Ort des Geschehens.

Autoreninfo

Wolfgang Mueller ist Schriftsteller und Filmproduzent. Er hat viele Jahre als Rechtsanwalt gearbeitet. Zuletzt veröffentlichte er den Roman „Das Weiße Haus“ (2021 btb/Random House). Für Netflix hat er die Serie „Totenfrau“ kreiert und produziert, deren 2. Staffel demnächst anläuft. Die u.a. von ihm produzierte Neuverfilmung von „Bonjour Tristesse“, basierend auf dem gleichnamigen Roman, kommt 2025 in die Kinos.

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In Fußfesseln und unter strenger Bewachung trippeln die Angeklagten in den Verhandlungssaal. Abgeschirmt von ihren vier Verteidigern wartet die zierliche Angeklagte auf das Eintreffen der Richter, während ihr bulliger Mitangeklagter ungerührt vom Blitzlichtgewitter der Fotografen aus dem Fenster starrt. So wie am Donnerstag begann jeder der 52 Verhandlungstage vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Ingolstadt. So außergewöhnlich, so rätselhaft und bis heute unklar die Umstände dieses Falls geblieben sind, so früh steht außer Frage, dass die beiden Angeklagten am 16. August 2022 von Ingolstadt aus im 300 km entfernten Eppingen mit dem Auto die 23-jährige Khadidja O. abholten, sie in einem nahen gelegenen Waldstück zusammenschlugen und – aller Wahrscheinlichkeit nach der Angeklagte – mit 47 Messerstichen regelrecht massakrierten. 

Anschließend fuhren die beiden mit der Toten auf dem Rücksitz nach Ingolstadt zurück und stellten den Wagen ab. Noch in derselben Nacht fanden die Eltern der Angeklagten das Auto mit ihrer toten Tochter auf dem Rücksitz. Zunächst geriet deren Ex-Mann Rawan unter Verdacht, bis wenige Tage später ein DNA-Abgleich die wahre Identität des Opfers herausfand und die Polizei die Angeklagten festnehmen konnte. Das weltweite Entsetzen über die Tat und die Trauer um das Opfer liegt nicht nur an der Rätselhaftigkeit des Motivs und der sprachlos machenden Brutalität – die Besonderheit ergibt sich auch aus dem Kontrast zum Ort des Geschehens: zu Ingolstadt, der Provinzstadt, geprägt sowohl von mittelalterlicher Bayern-Romantik wie dem gigantischen Audi-Werk. Ingolstadt, Geburtsstadt des Frankenstein-Mythos, hat eine der niedrigsten Verbrechensraten im ganzen Land. 

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