Emmanuel Macron
Zu früh siegesgewiss? Emmanuel Macron mit Unterstützern nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse / dpa

Macron oder Le Pen - Frankreich bald ganz rechts? 

Der erste Wahlgang zur Präsidentschaftswahl ist gelaufen, das Ergebnis so knapp wie zuletzt erwartet oder auch befürchtet. Am Ende hat sich Präsident Macron auf Platz 1 vor Marine Le Pen behaupten können. Was bedeutet das nun - für die Stichwahl in 14 Tagen, für Frankreich und für Europa? 

Kay Walter

Autoreninfo

Kay Walter arbeitet als freier Journalist in Frankreich

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Zunächst zu den konkreten Zahlen: der président sortant, der amtierende Präsident Emmanuel Macron, erzielt mit 27,6 Prozent der Stimmen die Mehrheit. Klar, aber auch kein Triumph, eher ein knappes Ergebnis. Denn noch vor zwei Wochen waren ihm deutlich über 30% vorausgesagt worden, weniger Folge von so etwas wie Amtsbonus als vielmehr Lohn für gutes Krisenmanagement in der Pandemie und vor allem im Ukrainekrieg. Davon ist er nun wieder zurückgefallen. 

Anders Marine Le Pen. Sie hat in den letzten Wochen gewaltig aufgeholt. Anfang März zweifelten nicht allein ihre Gegner, sondern selbst die eigenen Parteigänger daran, dass sie es in die Stichwahl schaffen würde. Das ist ihr aber gestern mit 23,4% eindrucksvoll gelungen. Sie hat geschafft, sich als volksnah zu profilieren. Sie profitiert dabei vom elitären Image Macrons, seiner falschen Wahlkampftaktik und noch mehr von einer Banalisierung des Rechtsradikalen in den meisten Medien. 

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Ernst-Günther Konrad | Mo., 11. April 2022 - 11:21

Definieren Sie "rechts" Herr Walter. Sollte Le Pen Präsidentin werden muss auch sie sich den Regierungsrealitäten stellen und manches pragmatischer und gleich zweimal in den Konsequenzen durchdenken. Aus der Opposition heraus lässt es sich immer leichter fordern und kritisieren. Sollen die Franzosen doch erstmal ihr eine Chance geben. Und das sie sich beim Thema EU von einem Austritt distanziert , aber dennoch diesem ill. Verein französisches Denken entgegensetzt ist doch mehr als gerechtfertigt, dafür wurde sie dann ja auch ggfls. gewählt. Dass sie sich der Übergriffigkeit dieser EU und der permanenten Einmischungen in das Leben der Franzosen widersetzt ist legitim. Insofern ist das nicht extrem rechts, sondern eine typische oppositionelle Haltung, die man haben kann oder auch nicht. Und das Frankreich nicht zuletzt durch die Kolonialzeit auch Probleme mit ill. Zuwanderung hat ist doch allen bekannt. Das sie da Grenzen setzen und das Volk schützen will ist ihre Aufgabe. Ruhig Blut.

Gerhard Lenz | Mo., 11. April 2022 - 15:40

Antwort auf von Ernst-Günther Konrad

Die EU ein illegaler Verein? Rechtsgültige Verträge zwischen Staaten sind also illegal? Ein fragwürdiges Rechtsverständnis offenbart da ausgerechnet jemand, der früher "Recht und Ordnung" in unserem schönen Vaterland aufrechterhalten sollte.

Weiter geht's: Die EU mischt sich permanent in das Leben der Franzosen ein? D.h. die Umsetzung von Beschlüssen, die Frankreich mitgetragen hat, sind eine - unerwünschte und übergriffige - Einmischung? Wie wirr ist das denn?

Beispiel: Die Liberalisierung des Telekommarktes, die nachweislich zu niedrigen Gebühren (auch in Frankreich) geführt hat, ist "übergriffig"?

Nun gut, der Forist wirbt regelmäßig für die D-Exit Partei am rechten Rand.

Und, nur nebenbei erwähnt, heute wurden in Hessen fünf Polizisten wegen rechtsextremistischer Umtriebe im Zusammenhang mit dem NSU 2.0 verhaftet.

Markus Michaelis | Mo., 11. April 2022 - 12:21

die die französische Gesellschaft zerfallen ist. Manchmal wird es so beschrieben, dass es ein modernes Lager gebe, dass der Zukunft zugewandt ist und Europa anpackt und gestaltet, und ein frustriertes Lager, dass an einer dubiosen Vergangenheit hängt und sich nicht in die, schon als "gut" erkennbare, Zukunft traut.

Ich glaube eher, dass die Gesellschaft in viele Gruppen und Wahrnehmungen zerfallen ist; aus vielerlei Gründen die Austarierungen, Weltsichten, akzeptierten Regeln, die eine Gesellschaft ausmachen, nicht mehr funktionieren. Für Wahlen und große Debatten (wie Corona) rauft man sich in zwei Lager zusammen, weil sonst die Schlagkraft fehlt, ein tiefer Konsens ist es nicht.

Es wird wohl irgendwann auch wieder mehr gemeinsame Sichtweisen in größeren Gruppen geben, aber welche Sichtweisen und Gruppen das genau sein werden, ist glaube ich heute noch schwer abzuschätzen. Dafür ist zuviel im Land und von außen im Um- und Aufbruch.

hermann klein | Mo., 11. April 2022 - 12:53

Offensichtlich sind immer mehr Menschen in Europa es leid (außer im Gender-Biotop- Deutschland) sich die Wahrnehmung der Wirklichkeit durch die arrogante linksgrüne pseudowissenschaftliche Gender-Wahn-Ideologie diktierte Sprache vorschreiben zu lassen.
Mit den Wahlerfolgen der rechten Konservativen in Ungarn und jetzt Frankreich kippt eine politische Agenda, die uns vermeintlich ins Licht führen sollte: endgültiges Schleifen der Nationalstaaten, offene Grenzen für jeden, Relativierung und Auflösung des Religiösen, Abschaffung von Geschlechtern und traditionellen Familienbildern unter dem Diktat der Genderideologie, Energiewende und Klimarettung als alles überwölbendes eschatologisches Endziel.

Heidemarie Heim | Mo., 11. April 2022 - 14:49

Was soll man als "unverdächtige(r;)" Demokrat* dazu sagen, werter Herr Walter? Das die Deutschen da ja sooo viel vernünftiger sind was die Wahl rechts angesiedelter Parteien betrifft?
Mit welchem Recht eigentlich? Und mit welchem Recht bzw. wie unterscheiden wir aktuell wer als böser Putin nah Stehender oder nur als guter Putin-Rohstoffempfänger gilt? Ich bin sicher, auch den Franzosen gehen die unvermeidbaren Doppelbödigkeiten und Heucheleien der Politik im Allgemeinen ebenso auf den Keks wie uns Deutschen. Wobei sie gründend auf einem anderen Wahlsystem verschont bleiben von zusammen gebastelten Koalitionen, die kein Mensch so gewählt hat. Und die von uns allen nicht direkt "wählbare" EU, die sich gern als Zentralorgan, auch übernationaler Rechte sieht, muss zusehen wie sie im Fall der Fälle mit einer ihr weniger zugewandten Politikerin oder Partei fertig wird ohne das immer wiederkehrende Brimborium, das um solche Wahlen gemacht wird wenn Ungemach in ihrer EU-Komfortzone droht. MfG

Tomas Poth | Mo., 11. April 2022 - 14:52

... ist alles andere ganz Rechts.
Vermutlich werden sich die Franzosen einen Wechsel nicht trauen.
Aber wenn nicht dieses mal dann ein anderes mal, ist offensichtlich alles noch nicht schlimm genug.

Sehr geehrter Herr Poth.
Richtig, uns gehts noch viel zu gut. Und wenn ein FM als CDU Vorsitzender gestern Abend im ORR darüber schwadroniert, dass unser Wohlstand schwinden wird ….. Hört hört….. aber es hört niemand …. weil sich D immer noch im Dauerwohlfühlschlaf befindet.
Mit freundlichen Gruß aus der Erfurter Republik

Gerhard Lenz | Mo., 11. April 2022 - 15:33

Eine ziemlich gewagte These. Richtig ist, dass der Front National (oder wie er gerade heißt) seit Jahren in der französischen Politik etabliert ist. Nicht zum ersten Mal sind die Rechtsextremisten in der Stichwahl, das gab es bereits zweimal vorher. Zählt man diesmal die Stimmen für Rechtsaussen zusammen, sind es irgendwo knapp über 30%, eine noch extremere Splittergruppe mitgerechnet.
Das ist viel, allerdings muss man relativieren. Die Konservativen geben seit Jahren ein grottenschlechtes Bild ab - so wie auf der linken Seite die Sozialisten. Besinnen sich die Konservativen auf ihre Wählerschichten in der Mitte und präsentieren keine weichgespülte Le Pen-Kopie, sondern eine Persönlichkeit, die auch Liberale und Zentristen anspricht, haben sie Siegeschancen.
Die Franzosen hatten "rechts" die Wahl zwischen "grottenschlecht" (konservativ) und vielleicht "besser als vorher" - sie haben sich für das Letztere entschieden.
Für einen Warnschuss ist Le Pen gut, aber nicht für mehr.

Joachim Kopic | Mo., 11. April 2022 - 19:12

... und Frankreich wird seinen Macron behalten. Für uns ist beides gut:
Frankreich wird unter Macron etwas(!) mehr Flüchtlinge nehmen und Orban zumindest das "Balkantor" geschlossen halten.
Allerdings fehlt noch der Rücktritt von Faeser ;)

Niels Christian Otzen | Mo., 11. April 2022 - 21:15

Der Artikel lässt außer Acht, dass das Wahlergebnis von Jean-Luc
Mélenchon, dem Kandidaten der LFI, nur knapp hinter dem von Marine le Pen lag.
Wenn man aber diese zwei sowie Eric Zemmour einmal zusammennimmt, wird
erkennbar, dass hier eine deutlich von tendenziell national bis nationalistisch denkende
Mehrheit gegen Macron steht.
Ich halte die Gleichsetzung von „Europa“ und der „EU“ für falsch und die
meisten Menschen können das auch noch unterscheiden. Die Franzosen haben
mehrheitlich eine Vorstellung von der Verfasstheit eines „Europas der Vaterländer“ und die EU ist mit Verlaub zu einem antidemokratischen, Lobby-gesteuerten Club der Superstaats-Ideologen mutiert, das ist das Problem!
Emmanuel Macron hat als Sprössling des Weltwirtschaftsforums darüber hinaus noch
etwas globalistische Soße darüber gegossen und meiner Meinung nach schmeckt
dieses Gericht den meisten Franzosen einfach nicht!
Eine gewisse Fähigkeit zur Selbstkritik der politischen

Sabine Lobenstein | Di., 12. April 2022 - 09:24

Nachdem die angebliche Mitte immer mehr nach Links abgedriftet ist, Wildwasser was als rechts abgetan wird, immer mehr zur eigentlichen Mitte. Daneben sind sicher auch noch extrem Rechte. Aber Le Pen gehört für mich wie die AfD inzwischen dahin wo früher die CDU/CSU war. Es ist doch nachvollziehbar, dass das Volk lieber Verbrecher zurück in deren Land schickt, dass man Migration wie z.B. in Dänemark kontrolliert haben möchte und auch dass das eigene Volk (dazu gehören heute selbstverständlich alle Integrierten Migranten dazu) erst mal die eigenen Bedürfnisse befriedigt wissen will. Das man den Krieg von Putin mit der Ukraine nicht automatisch zu seiner eigenen Sache macht, ist doch auch überlegenswert. Wir sollten mal wieder beginnen, nicht alles als rechtsradikal zu bezeichnen, nur weil es unserem links/grünen Mainstream nicht entspricht. Nicht alles ist radikal Böse, weil es andere denken.