Freiwillige Kämpfer
Freiwillige in einem Trainingslager der Ukrainischen Territorialen Verteidigungskräfte / dpa

Freiwillige Ukraine-Kämpfer - In die Schlacht gezogen

Tausende von Europäern kämpfen als freiwillige „Legionäre“ in der Ukraine, um deren Armee zu unterstützen. Wer sich bei ihnen erkundigt, stößt nicht auf paramilitärische Heißsporne, sondern ziemlich normale Büromitarbeiter aus westeuropäischen Metropolen. Was treibt diese freiwilligen Kämpfer an?

Stefan Brändle

Autoreninfo

Stefan Brändle ist Frankreich-Korrespondent mit Sitz in Paris. Er berichtet regelmäßig für Cicero.

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Es war Sonntag, als Florent Coury beschloss, in den Krieg zu ziehen. Er hörte an diesem 27. Februar gerade den Appell des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj, die Ukraine gegen die russische Attacke zu unterstützen. In dem 39-jährigen Franzosen begann es zu rumoren. Und es hörte erst auf, als er seiner Frau am Abend sagte, er werde Richtung Ukraine losziehen. Am Montag danach kontaktierte er die ukrainische Botschaft in Paris. Sie sucht auf ihrer Webseite Gaben, Geldspenden und Freiwillige, die „bereit zum Kämpfen“ sind.

Noch in der selben Woche war Coury im Einsatz, wie er am Handy erzählt. Wo er gerade ist, sagt er nicht. Dafür erzählt er bereitwillig, dass er über keine militärische Erfahrung verfüge – „wie die Spanienkämpfer der 30er-Jahre gegen die Franco-Diktatur“. Der auf Fotos athletisch wirkende Familienvater führte bisher ein rundum normales Leben: Personalmanager in einer Renault-Fabrik, Macron-Wähler mit leichter Linksneigung, verheiratet, drei Kinder, denen er abends Rittergeschichten erzählt. Am Sonntag hatte er seinen Kindern erzählt, er gehe zu den ukrainischen Rittern. Die seien sehr mutig, aber sie bräuchten Hilfe.

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Tomas Poth | Mo., 28. März 2022 - 18:56

Ist es mehr als eine Verlängerung des Elends, der Zerstörung oder sogar der Einstieg in einen Großen Konflikt?

Karla Vetter | Mo., 28. März 2022 - 18:58

warum jemand Legionär oder Söldner wird. Vor Jahren wollte der Mann einer guten Bekannten, seines Zeichens Major d. Reserve und im zivilen Leben Apotheker, tatsächlich nach Afghanistan. Mit Mühe und Not konnte sie ihn davon abhalten. Seine Argumentation auf die Frage was das denn solle, war: "Wir waren auf unseren Reisen sehr oft in islamischen Ländern. Ein radikaler Islam ist eine Katastrophe für die Menschen. Nur wenn er im Keim erstickt würde, können wir auf Dauer frei bleiben". Da konnte ich ihm nicht widersprechen.

... oder auch in den tschetschenischen Horden) haben sich viele "tapfere" Freiwillige und Söldner aus Europa und auch aus Deutschland engagiert, die sich als Freiheitskämpfer und Helden empfunden (?) und inszeniert haben. Auch diese Söldner und Terroristen samt ihren Unterstützergruppen in der "Zivilgesellschaft" haben eine breite Blutspur der Inhumanität in den Ländern hinterlassen, die sie angeblich befreien wollten..

Walter Bühler | Mo., 28. März 2022 - 20:18

Millionen haben Stalins Herrschaft nicht überlebt. Als ein Teil der Sowjetunion von den Sowjets befreit wurde, gab es nicht nur großen Jubel, sondern auch begeisterte junge Männer, die an der Befreiung der übrigen Sowjetunion mitwirken wollten.

Die Ukraine wurde 41-44 von Hitlers Armee "befreit". Aus ukrainischen Freiwilligen wurde z. B. die 1. galizische Division gebildet. Antikommunistische Freiwillige verstärkten die Befreier, auch bei Wachmannschaften und in den KZ's. Natürlich gab es auch ukrainische Partisanen, die mit den Sowjets gegen die Deutschen kämpften.

Die beiden ausländischen "Legionäre" oder "Söldner" in der heutigen Ukraine, die Herr Brändle per Handy befragt, sind im Zivilberuf Juristen. Ihre Berichte klingen nach einer Art Abenteuerurlaub in der Ukraine, unter kampferprobter kaukasischer Führung. Allerdings erfahren wir nicht, wer sie bezahlt und wieviel sie damit verdienen.

PS: Die Spanienkämpfer der 30er-Jahre wurden von Stalin unterstützt.

Ein Elend das alles

Joachim Kopic | Mo., 28. März 2022 - 21:11

... Leute, die sich gefreut hätten, wenn damals "Rot-Land" angegriffen hätte, damit sie als "Blau-Ländler" denen zeigen könnten, wie gut sie wären.
Fazit: Wer unbedingt freiwillig kämpfen will (egal, für wen), der soll es meinetwegen tun. Ich trauere ihm später nicht nach!

Gerhard Lenz | Mo., 28. März 2022 - 22:14

Schlüsse der entsprechenden Forist*innen, bei den Freiwilligen handle es sich ausschliesslich um vom CIA bezahlte Söldner, die in letzter Konsequenz das (ach so bedrohte) Rußland zerstören sollen.

Carola Schommer | Di., 29. März 2022 - 12:00

ein Interview mit der Frau und Mutter dreier gemeinsamer Kinder von Florent Coury.

Martin Falter | Di., 29. März 2022 - 13:38

Antwort auf von Carola Schommer

In der Ukraine mit?

Wahrscheinlich nicht und dann ist es deren Familienangelegenheit und geht sie nichts an.

Ernst-Günther Konrad | Di., 29. März 2022 - 14:11

Wer angegriffen wird hat das Recht sich zu wehren. Das gestehe ich jedem Menschen und jedem Staat zu, auch der Ukraine. Nur was sind das für Menschen, die nicht unmittelbar betroffen, sich als Söldner, wohin auch immer aus allen Herrenländer begeben und dort an einem Krieg teilzunehmen? Gar Familienväter, denen am Ende egal zu sein scheint, wie ihre Familien im Falle seines Todes weiter leben.
Und nein, in der Ukraine wird schon gar nicht die Demokratie verteidigt, so wie man das schon heuchlerischer Weise vom Hindukusch behauptete. Und nein, für mich sind solche Söldner eben nicht normal und vernünftig, egal für wen sie kämpfen. Für mich sind Söldner Narzisten, die sich mal frei von gesellschaftlichen Grenzen austoben und eigene Kriegsfantasien ausleben wolle, gerne auch außerhalb des Kriegsrechts. Und leider wurde die Frage der Bezahlung nicht thematisiert. Denn Geld ist doch für die meisten Menschen noch immer der individuelle Gradmesser eigener Moral. Und Geld stinkt nicht.

Olga Leube | Mi., 30. März 2022 - 21:15

"Coury kam in die Brigade der „georgischen nationalen Legion“, die seit 2014 im Separatistengebiet Donbass für die Ukraine kämpft."
Warum stellt sich niemand die Frage, gegen wen die "georgische nationale Legion" kämpft? Vor allem warum seit 2014? Das wäre interessant zu erfahren. Der Krieg fing doch, lt. Medien am 24.02.2022 an. Aber seit 2014 wird die Ostukraine bekämpft und bombardiert. 13.000 Menschen kamen dabei ums Leben. Hat das Westen je mal interessiert? Gab es Demos für die Menschen in der Ost-Ukraine? Was bekamen sie von der ukrainischen Regierung? Nichts außer Bomben. Kein Geld, keine Pensionen, keinen Lebensmitteln... Diese Tatsache entschuldigt auf keine Weise den jetzigen Krieg. Aber einen Herrn Selenskyj zum Helden zu machen ist genauso fatal wie Putin zum Dämon zu erklären. Recherchieren, Hintergründe erfahren, nachdenken, analysieren. Mit Moralkeule zu schwenken hilft niemandem. Weder der Ost- noch der West-Ukraine.