- Rettet die Butterstulle!
Bei vielen Zeitgenossen gilt die klassische Butterstulle als altbacken und piefig. Doch unser Genusskolumnist möchte sie manchmal nicht missen und unterstützt ihre sich anbahnende Renaissance.
Wenn man ein Kompendium zur Kulturgeschichte der deutschen Essgewohnheiten verfassen würde, dann müsste dem Butterbrot ein sehr ausführliches Kapitel gewidmet werden. Martin Luther sprach von der „Putterpomme“, in anderen Gegenden und Zeiten bürgerten sich Bezeichnungen wie Bemme, Knifte oder Schnitte ein. Und ich als Berliner bin natürlich mit der Butterstulle aufgewachsen.
Der Name ist egal, denn es geht immer um das Gleiche. Man schneidet eine Scheibe Grau-, Bauern-, Vollkorn- oder Weißbrot ab und bestreicht sie mit Butter. Man kann auch noch eine Scheibe Brot darauflegen und das dann in der Mitte durchschneiden. In Berlin nannte man das dann Klappstulle, und die war ein unverzichtbares Accessoire für den Schulbesuch, natürlich eingewickelt in Butterbrotpapier und verstaut in einer Brotdose.
Pausenbrote als Tauschobjekt
Zwar kann das auch in dieser puristischen Variante sehr schmackhaft sein, wenn man etwa ein würziges Schwarzbrot nimmt und die Butter mit etwas Meersalz bestreut. Doch die Krönung ist natürlich der Belag in all seinen Variationsmöglichkeiten. In den Schulpausen fanden regelmäßig Butterstullen-Tauschbörsen statt, à la „Ick hab jekochten Schinken, jibste mir dafür mit Camenbert?“
Leider wurde die Pausenbrot-Kultur zunehmend von allerlei süßen Riegeln und abgepackten Snacks verdrängt. Und spätestens in der Pubertät fanden wir das auch irgendwie uncool, mit von der Mutter geschmierten Stullen in der Schule aufzukreuzen. Natürlich gab und gibt es Butterstullen nicht nur für den Schulbesuch, sondern auch fürs Büro, die Baustelle, als Reiseproviant, zum Picknick oder einfach zum Abendessen. Doch generell wurde die „altmodische“ Butterstulle ein wenig an den Rand gedrängt, man isst halt Sandwiches oder Canapés – obwohl das eigentlich meistens auch Butterstullen sind.
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zuviel Eigengeschmack hat, bevorzuge daher schon immer Margarine.
Sehr zum Leidwesen meines Vaters, der früher nicht immer viel zu essen hatte und es als "Kapitalverbrechen" empfand, sich nicht hochsättigender Nahrung zu verschreiben.
Auch Wasser zum Essen war ihm ein Graus.
Porridge mit Milch war die gute Ernährung, die mir meine Mama vor dem Schulweg gab.
Habe es schlecht vertragen, liebe aber Haferflocken mit Wasser.
eine eintagsfliege fragte brennessel, ob sie geschmack haben lernen können?
und ein stinkekäfer fragte schon unverschämt.
natürlich alles demografisch.
"könnte der preis für eine fettbemme ausnahmsweise mal nicht zwischen links und rechts probegekostet werden" ???
im Medizinstudium konfrontiert mit Fragen wie Margarine & Butter ? getrennt oder zusammen, sah ich eine ENTDECKUNG von einem Witzbold auf einem noch ungegenderten öffentlichen LOKUS:
und das sogar auf deutsch!
"FRESST SCHEISSE LEUTE, Millionen FLiegen können nicht irren!" ...
Die Essgewohnheiten sind bei uns immer mehr veramerikanisiert. Fast-Food, Fertiggerichte, Pizzalieferungen. Nicht wenige Frauen können kaum noch gut kochen. (Ja, Frauen gehört immer noch in Überzahl der Platz am Herd. Das hat sich noch nicht geändert). Zudem wird immer schneller das Essen in sich hineingeschlungen. Gleichzeitig kann man einen Verfall der Tischmanieren beobachten. Und es muss billig sein. Ernährung darf nichts kosten. Die Achtung vor den Lebensmitteln geht weiter verloren...also Mittel zum Leben; sollte man sich bewußt machen. Ich wünsche mir ein Zurück zum kulivierten qualitativen Essverhalten.
Ernährung darf nichts kosten." Da möchte ich widersprechen. Für Viele ist der Lebensmitteleinkauf das einige, an dem gespart werden kann/muss. Die Grünen-Kommunalpolitikerin, die ich kürzlich vor dem Basic-Biosupermarkt ("Bio für alle") sah, wollte ich fast ansprechen und ihr sagen, dass ich mir den Einkauf dort nicht leisten könne. Ich hab es aber nicht getan, weil sie schließlich nichts für die niedrigen Renten in D kann – obwohl seinerzeit Rot-Grün das Rentenniveau kräftig abgesenkt hatte. Man kann aber – auch mit einfachsten Zutaten – etwas Gutes zaubern. Nur der regelmäßige Bio-Einkauf darf es nicht sein. Ein gutes Sauerteilbrot ist aber ein Muss, auch selbst gebacken. Und die Butter gehört auf jeden Fall dazu. Das frische Roggenbrot aus dem Steinbackofen, bestrichen mit selbst geschlagener Butter aus dem Holzfass, darauf eine dicke Schicht Zucker – unvergessliche Kindheitserinnerungen.
Frühstückspause, irgendwo in D:
"Lewwerworscht! Jeden Daach Lewwerworscht!"
"Sach doch Deiner Fraa, sie sull mol was anneres nemme!"
"Welche Fra? Ich schmier mei Brot doch selwer!"
Ja, so ein "Kosakenbrot" mit Butter und einem guten Käse!
Diese kleinen Quader aus Sauerteig mit der eingeschnittenen Kruste wie bei einem Braten!
Natürlich vom Bäcker, nicht aus dem Supermarkt.
Pausenbrote?
Vor vielen Jahren hatte der Hausmeister unseres Gymnasiums im Rahmen einer "Welternährungswoche" spontan eine tolle Aktion durchgezogen. Nach der großen Pause sammelte er die ganze Woche "weggeworfene Brote" und pinnte sie in der Aula auf Pressspanplatten.
Das reichte zweimal rund um die Aula, unglaublich oder?
Ok, solch ein genial belegtes Baguette beim Bahnhofsbäcker ist ebenfalls klasse.
"Ja wie, Thunfisch-Sardellen-Zwiebel is alle?"
Am schlimmsten sind diese "heat ´n eat"-Fertigpackungen - wie aussem 3-D-Drucker!
Tochtern lebt in London - sie hat sich eine Brotbackmaschine gekauft!
Notwehr!
Seit über einem Jahr backe ich mit meinem Sauerteig verschiedene Brote, gerne Roggenbrot mit Gewürzen. Samstags beginne ich mit dem Vorteig, Sonntag wird gebacken. Ich nehme es mit ins Geschäft und genieße es mit Butter oder Käse. Brot ist Leben.
1960 im Kindergarten. Der erste Tag, ein Lederumhängetasche gefüllt mit was? Mit einem Margarinen Brot, Butter gab es selten. Meistens ohne Belag, gerne mal mit Zucker. Wurst und Käse weniger, der Kindermund verlangte damals süß. Später dann, frisches Brot mit Butter oder ohne gerne mal mit Senf drauf. Lecker. Mir hat damals nichts gefehlt. Manchen Kindern schon, die nichts dabei hatten. Gerne wurde geteilt oder die Kindergärtnerinnen schmierten ein Brötchen mit Zucker oder Marmelade. Dazu obligatorisch Pfefferminztee. Im Stuhlkreis dann das Frühstückslied: Aija, popeija, die Brötchen sind gut, wenn man fein Butter und Zucker drauf tut." Ich esse auch heute noch Margarine- oder Butterbrote, ja gerne auch mit Kräutern oder mit Salz, Brot ohne Butter mit Senf, Radieschen, obwohl selber angebaut, mag ich nicht. Jeder nach seiner Facon. Jedenfalls eines stand fest, weggeworfen wurde nichts. Entweder mittags oder am nächsten Tag, wenn die Vögel darüber gepfiffen haben, wurde es verspeist.
...und meine wunderrsame Kindheit läßt mich nicht mehr los. Meine Mutter knetete den Teig, rein in den
Ofen. Sie brach das warme Brot, eine dicke Scheibe
blank - was für ein Duft - und jetzt kommt´s! Dick bestrichen mit der damaligen frischen Bauernbut-
ter. Sie versöhnte uns mit den unangebrachten Strafen wie z.B. klauen der Äpfel fremder Bäume und so weiter und so fort. Ach ja, war das schön!