- „Wir kämen in existenzielle Not“
Wegen der Corona-Krise finden keine Fußballspiele statt. Das ist nicht nur für die Fans frustrierend – die Fußballklubs müssen um ihre Existenz fürchten. Im Interview spricht der Geschäftsführer des 1. FC Magdeburg über die wirtschaftliche Situation des Drittligisten.
Mario Kallnik ist ehemaliger Fußballspieler und war lange Mannschaftskapitän des 1. FC Magdeburg. Seit 2016 ist er Geschäftsführer der 1. FC Magdeburg Spielbetriebs GmbH.
Herr Kallnik, Sie sind der Geschäftsführer der „1. FC Magdeburg Spielbetriebs GmbH“. Also ist der FCM ein mittelständisches Unternehmen?
Ja. Der Mutterverein hält 100 Prozent der Anteile an seiner Tochtergesellschaft, der Spielbetriebs GmbH. In diese wurde der gesamte Profifußballbereich ausgegliedert. Die GmbH hat 54 Angestellte. Alle sind derzeit auf Kurzarbeit gestellt.
Das heißt, sowohl der Geschäftsstellen – als auch der Trainingsbetrieb unter Cheftrainer Claus-Dieter Wollitz ruhen.
So ist es.
Das letzte Punktspiel in der Dritten Liga fand am 6. März beim MSV Duisburg statt und wurde mit 0-1 verloren. Die Heimbegegnung gegen den 1. FC Kaiserslautern am 14. März fiel aus. Wann rollt der Ball wieder?
Das weiß aktuell niemand.
Der DFB hat am 3. April bekanntgegeben, dass die laufende Saison in allen Spielklassen über den 30. Juni 2020 hinaus verlängert werden und das Spieljahr 2020/21 zu einem späteren Zeitpunkt beginnen oder sogar ganz entfallen kann. Sind Sie damit zufrieden?
Die Entscheidung hat selbst mich als Ausschussmitglied 3.Liga überrascht. Aufgrund dieser Entscheidung entstehen für mich sehr viele weitere Fragen.
Hat der FCM irgendwelche Einkünfte gehabt seit dem letzten Punktspiel?
Nein, haben wir nicht.
Wie lange hält man fehlende Einnahmen bei bleibenden Ausgaben durch?
Das hängt von der Höhe der Liquidität ab. Wir haben ein Eigenkapital in der GmbH von 3,3 Millionen Euro. Dennoch wären wir massiv betroffen, sollten uns am Ende wirklich Zuschauereinnahmen fehlen. Wir kämen in existenzielle Not, gäbe es auf längere Zeit gar keine Spiele mit Zuschauern mehr.
Der FCM hat mit knapp 17000 Zuschauern den dritthöchsten Schnitt der Dritten Liga.
Uns fehlten, wenn in dieser Saison kein einziges Spiel mit Zuschauern mehr stattfände, 2,6 Millionen Euro. Darin enthalten sind nicht nur fehlende Zuschauereinnahmen in Höhe von rund einer Million Euro, sondern auch Regressforderungen von Werbepartnern. Mit diesen ist ja zum Beispiel vereinbart worden, dass sie sich bei Spielen präsentieren können. Gäbe es keine Spiele mit Zuschauern und TV-Übertragungen, könnten wir diese Leistung nicht erbringen.
Wird es in der Dritten Liga zu Insolvenzen kommen?
Die Wahrscheinlichkeit ist groß. Natürlich werden nicht alle betroffenen Vereine von der Fußballlandkarte verschwinden. Eine Insolvenz kann das Fortbestehen unter veränderten Bedingungen sichern, obwohl man alles dafür unternehmen sollte, um diese zu verhindern.
Für die erste und zweite Bundesliga ist die Deutsche Fußballliga DFL zuständig, ab der Dritten Liga der DFB. Hat sich diese Aufgabenteilung in der Krise bewährt?
Grundsätzlich sehen sich die drei obersten Ligen gemeinsam als Profifußball. Strukturell und wirtschaftlich sieht es anders aus. Die Schere zwischen der Dritten und der zweiten Liga ist sehr groß und die Einnahmen der Drittligisten aus den TV-Erlösen zu gering, so dass sich viele Drittligisten in wirtschaftlicher Not befinden. Darum sind von der gegenwärtigen Krise Drittligisten bei Spielen ohne Zuschauer stärker betroffen als mancher Erst- oder Zweitligist.
Sehen Sie sich vom DFB genügend unterstützt?
Die Kommunikation in der Krise ist gut. Ich persönlich erwarte nicht, dass uns Gelder vonseiten des Verbands zufließen müssten. Entscheidend sind Rahmenbedingungen, die den Vereinen die größtmögliche Chance eröffnen, wirtschaftlich zu überleben – ohne dass der sportliche Wettbewerb aus den Augen verloren wird. Wir brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle.
Momentan steht Ihr Verein nur einen Punkt vor dem ersten Abstiegsplatz.
Als Mitglied des Ausschusses 3.Liga blicke ich in dieser schwierigen Zeit weiter als nur auf meinen Verein. Natürlich hat, wer am Ende einer langen Saison aufsteigt, es ebenso verdient, wie der, der absteigen muss. Wie gesagt: Wenn es das Ziel ist, dem Profifußball möglichst viele Vereine zu erhalten, dann müssen jetzt die entsprechenden Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen geschaffen werden. Sollte hingegen das Ziel lauten, die Saison auf jeden Fall zu Ende zu bringen, um den Auf- und Abstieg nicht anderweitig regeln zu müssen, könnten ganz andere Entscheidungen gefragt sein. Wir brauchen zunächst einen Konsens über das Ziel.
Einige Profivereine haben bereits wieder mit dem Training in kleinen Gruppen auf dem Vereinsgelände begonnen. Wie hält es der FCM?
Die Spieler arbeiten individuell für sich, etwa im Lauftraining. Wir halten uns an die behördlichen Auflagen.
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Der Hype um den Profi-Fußball war mir schon immer suspekt. Viel zu hohe Gehälter, nur dank viel zu hoher TV-Gebühren für die Übertragungsrechte.
D. h. die Vermarktung hat ein Übermaß erreicht,dass sich jetzt negativ zeigt.
M. E. brauchen wir den Profi-Fußball in der aktuellen (vor der Krise)Form gar nicht.
Er ist aber eine Art Brot u. Spiele Methode (wie schon zu Cäsars Zeiten die dazu diesen soll den Massen ein Ventil für ihren Frust zu schaffen.
Da wäre es mir doch lieber für weniger Frust zu sorgen, als künstlich den Fußball zu erhalten.
Als Sport, zur körperlichen Ertüchtigung, ja, aber als Profi-Fußball...nein.
Diese Krise zeigt uns all die vielen Dinge auf, an die wir uns zwar gewöhnt haben, die aber absolut unnütz, oder gar schädlich(f. d. Umwelt) sind.
Wenn die Corona Pause dazu dient die Gehälter auf ein "normales" Maß zu bringen, halte ich das für positiv.