Auf deutschen Universitäten gilt es als cool, links zu sein
„Links-Grün versifft und stolz“ / picture alliance

Linkes Selbstverständnis - Artensterben ist cooler als Altersarmut. Gender hipper als Grundrente

Die Kommilitonen unseres 22-jährigen Gastautors Clemens Traub sind mehrheitlich politisch links eingestellt. In ihrem vermeintlichen Individualismus aber pflegen sie das Linkssein auf eine überhebliche, großstädtische Weise, schreibt er. Dabei ginge Linkssein doch auch anders

Autoreninfo

Clemens Traub ist Buchautor und Cicero-Volontär. Zuletzt erschien sein Buch „Future for Fridays?“ im Quadriga-Verlag.

So erreichen Sie Clemens Traub:

Dienstagmorgen. Pünktlich um zehn Uhr beginnt das Politik-Seminar. Der Dozent blickt durch Reihen von müden Studenten. Vor ihnen stehen Club-Mate-Flaschen und Laptops mit Aufklebern, auf denen „FCKAFD“, „Links-Grün versifft und stolz“ oder „Refugees welcome!“ zu lesen ist. Die durchsichtigen Designer-Brillen eingequetscht zwischen Kopf und Hand. Sie könnten alle auch Mode-Blogger sein. Alle wählen sie grün oder Satire. Alle scheinen irgendwie gleich zu sein im anders sein.

Meine Kommilitonen sehen sich politisch fast allesamt als links an. Irgendwie auf der richtigen Seite halt. Oftmals ist das aber mehr Lifestyle als Politik. Gin-Tasting und Diskussionen über plastikfreies Einkaufen gehören einfach zusammen. Artensterben ist irgendwie cooler als Altersarmut. Gender-Diskussionen hipper als Grundrente. Linkssein hört für sie dort auf, wo es irgendwie nach Kleinbürgertum und Kleintierzuchtverein aussieht. Passt nicht in die Instagram-Story. Zu wenig Sexappeal. Passt so gar nicht rein in die Lebenswelt eines linksliberalen Selbstverwirklichers. Sie studieren eher in Leipzig als in Ludwigshafen. Das Praktikum machen sie natürlich in Brüssel und nicht in Bottrop.

Hippe Überheblichkeit

Für mich bedeutet links sein etwas anderes. Aus tiefem Herzen auf der Seite derer zu stehen, über die sich ein Loriot damals oder Jan Böhmermann heute lustig machen würde. Menschen, die vielleicht keine ironischen Überflieger sind, aber alles für das Wohl ihrer Kinder machen würden. In meiner Vorstellungswelt riecht links sein nach deftigem Wiener Schnitzel in einem geselligen Vereinsheim. Weniger nach fein serviertem Bio-Sushi in schickem Etablissement. Links sein hört sich für mich nach unverständlichem, herzlichen Dialekt an und weniger nach hippen Anglizismen. Links sein bedeutet für mich, jene Orte zu schätzen, die für keinen Travel-Blog geeignet scheinen, aber die einem mehr Halt geben als jede Ratgeberliteratur auf dieser Welt. Für mich selbstverständlich. Für viele meiner Kommilitonen das reine Entsetzen.

Ich bin Feminist, und auch für mich gehören Umweltschutz und Gerechtigkeit zusammen. Klare Sache. Aber immer mehr stört mich die hippe, großstädtische Überheblichkeit vieler meiner Kommilitonen. In die Lebenswelt anderer möchten sie sich nur hineindenken, wenn sie ihr eigenes Weltbild bestätigt. Solidarität gibt es aber nicht zum Nulltarif. Das richtige, trendigere Weltbild zu haben, ist vielen meiner Kommilitonen wichtiger, als die Ängste anderer Menschen zu verstehen. Moralisch auf der richtigen Seite zu stehen, das ist geil. Sorgen anderer und Selbstkritik, irgendwie ein heftiger Abturner. 

Aus der eigenen Blase austreten

Sind wir doch mal ehrlich. In einer Blase zu leben hat gerade in unserer orientierungslos gewordenen Zeit etwas Verführerisches. Wer ist nicht insgeheim auf der Suche nach Anerkennung? Das ist das normalste Bedürfnis der Menschheitsgeschichte. Egal ob in Berlin-Kreuzberg oder in Buxtehude. Aber daher umso wichtiger: Wir müssen wieder lernen, einander zu verstehen und wertzuschätzen. Auch Meinungen anderer zu ertragen. Brücken bauen, die Blasen zum Platzen bringen. Auf der einen Seite der Brücke wie auf der anderen.

Gerade wir als junge Menschen, denen die Welt vor Füßen liegt, müssen die Skeptiker und Besorgten mit auf unser Boot nehmen. Den Menschen die Angst vor Zukunft und Veränderung nehmen. Gemeinsam. Und glaubt mir, die allermeisten sind keine Nazis, Sexisten oder abschätzig als „alte weiße Männer“ bezeichnete. Hören wir auf, Menschen so zu ettiketieren, die dies nicht verdient haben. Sie sind unsere Nachbarn, Fußballtrainer und zukünftigen Schwiegerväter.

Junge Menschen interessieren sich nicht für Politik, sagen die einen. Die Politik interessiert sich nicht für die jungen Menschen und ihre Anliegen, sagen die anderen. Tatsache ist: Politik wird mehrheitlich von älteren Leuten gemacht und zunehmend auch für ältere Leute, denn die bilden den größten Anteil der Wähler. Mit unserer Serie „Junge Stimmen“ wollen wir darum jenen Gehör verschaffen, die schließlich auch unsere Zukunft sind.

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Petra Führmann | Di., 10. September 2019 - 14:50

der jungen Leute, sich für allwissend und ausgereift zu halten? Mit dem Denken, so finde ich es hier bestätigt, haben sie es nicht so, man schwimmt lieber im Strom mit, das macht Spaß, ist einfacher und sicherer. Sie vergessen, dass auch die heute Älteren einmal jung waren, wahrscheinlich auch so dachten und dass jeder Mensch sich im Laufe der Jahre verändert. Lebenserfahrung nennt man das. Ich glaube, wir Älteren müssen das so hinnehmen, ich suche den Dialog nicht (mehr) und will auch nicht "in deren Boot mitgenommen" werden. Die Jungen täten gut daran, bei klugen Leuten mitzufahren. Es ist schade, dass die Fronten so verhärtet sind, dass niemand dem anderen mit Interesse und Achtung mehr zuhören mag; dass man von den "Alten" nicht lernen mag. Nun, jeder muss wohl seine Fehler selbst machen, ich mag nur nicht unter denen der anderen leiden. Aber hat man eine Wahl? Hoffentlich müssen die Jungen einmal selbst ihre Fehler ertragen, und dann sind wieder andere jung....

Schon bemerkenswert, dass dem Autor zum früheren Linkssein nur Themen wie Altersarmut, Grundrente, Kleinbürgertum und Kleintierzuchtverein einfällt. Der große Erfolg der SPD in den letzten Jahren, der Mindestlohn, hingegen nicht. Auch wenn, hip ist diese Aufzählung auch dann nicht und stark in Richtung ihrer älteren Mitglieder und Stammwähler verschoben. Wundert mich überhaupt nicht, dass damit junge Leute nicht angesprochen werden können. ARD, ZDF und viele weitere staatliche / halbstaatliche Organisationen geht es genauso. Ich verstehe einfach nicht, dass die Parteien sich keinen Themen für jüngere Leuten AUCH widmen. Genauso wie sie keine Angebote für Nicht-Großstädter machen. Sind das denn nur Lobbyisten und keine Strategen?

Es ist so vermessen, wie es arrogant ist, den jüngeren Generationen die Fähigkeit und den Willen zum Denken abzusprechen. Ein fortgeschrittenes Alter ist noch lange keine intellektuelle Qualifikation. Lebenserfahrung formt nicht unbedingt positiv, sie verformt zuweilen auch, führt zu Verbitterung, Resignation, manchmal Hass. Nein, junge Leute mögen kein wesentliches Wissen vom Alter haben (geschweige denn von Altersarmut, woher auch), so wenig wie ältere Semester meist keinen Schimmer von den Nöten der heutigen Jungen haben, sich im eigenen Leid wälzen, die Ungerechtigkeit der Welt bejammern und gleichzeitig herablassend auf die nachfolgenden Generationen herabschauen. Schau ich mir an, was die vorherigen Generationen aus diesem Land gemacht haben, so sehe ich Grossartiges genauso wie Furchtbares. Das geht so weit, dass man den Jungen die Fähigkeit zum eigenen Willen abspricht, man sie zu manipulierten Marionetten degradiert, wenn einem deren Meinung nicht passt. Altersweisheit? Kaum.

Herr Lenz, wie immer Spalten, von oben herab & Immerklug.
Diese Zeilen hier im C. erinnern mich an eine sehr alte Predigt.
Der Inhalt war: die junge Generation ist voller Energie & Tatendrang & obwohl Sie noch die meisten Tage vor sich haben, muss alles schnell - schnell gehen.
Aber Qualität braucht eben auch seine Zeit. So wie ein Hartholz eben auch länger zum wachsen braucht.
Die Alten haben nicht mehr eine so große Energie & Ausdauer.
Dafür kennen Sie aber die Abkürzung. Nicht die Energie, sondern das planerische & Ihr Wissen/Erfahrungen sind Ihr Schatz & Ihre Stärken.
Und dazu kommt die Relextheit, die ganz viel Liebe produziert, egal ob an Gott glaubend.
Deshalb glaube ich nicht an das Gute von Frau Merkel, weil ich in ihren Taten keine Liebe sehe. Nicht einmal in der Flüchtlingspolitik.
Mein Wunschtraum wäre, wenn "alle Flüchtlingsunterstützer" mit dem hier ausgebenen Geld ihre Träume an Ort der moslemischen Länder ihre Energie & Tatendrang dort verewigen würden. MfG

..gewagterweise die jugendliche Generation gegen die Arroganz der Altern verteidigt, die doch wohl für den ganzen Schlamassel verantwortlich ist, in dem wir uns befinden - es aber nichts destoweniger natürlich besser weiss. In der Tat, unverzeihlich. Nur:
Es waren nicht die Jungen, die das Klima versaut haben, rechten Extremismus und Kriegsgelüste wiederbelebt haben, Autokraten in die Regierungen gewählt haben,
Nein, altes Holz kann ganz schön morsch und faul sein. Und wenn Sie von spalten reden: Hier, die klugen Alten, lebenserfahren, die ihre ganze Erfahrung einsetzen - nur wozu? Die Alten waren dran, sind dran, was tun sie? Tun sie es richtig?
Dort die dummen, manipulierten Jungen, die es, hoffentlich, nur besser machen können. Hier die "Besorgten", die eigentlich "Guten", die, spöttisch die anderen als "Gutmenschen" verspotten, mit einer Weisheit, die in jedem zweiten Satz "Merkel" oder "Flüchtlinge" beinhaltet. Reichlich schlicht, aber dafür umso selbstgefälliger.

All die Themen, die hier im C. angesprochen werden & ausgedengelt werden durch die .... (Namen sind Rauch & Schall),
Dieses Endprodukt geben Sie wunderbar wieder.
Außerdem, Sie selbst haben sich doch geäußert, dass in der AFD nur "rechte Dumpfbacken" wie Herr Gauland & Höcke befinden.
-Arroganz der Alten+ganzen Schlamassel Verantwortlich
-altes Holz morsch & faul
(die dritte Amtsperiode für Herrn Kretschmann mit 72 - ja, Macht vereinamt die Seele)
-die Alten, die das Klima versaut haben & Kriegsgelüste wiederbelebt haben
ALLES IHRE WORTE - u.v.m.
Wir Alten & Dumpfbacken bei Ihnen OHNE WORTE - Sorry

PS: Frau Führmann
Ihr Artikel ist ein "Kleinod" unter den vielen Kommentaren hier im Cicero.
Danke für solch tiefen Worte mit Inhalt & Seele
MfG

Liebe Frau Führmann,

Sie schreiben sehr richtig, dass jeder das Recht haben sollte seine Fehler selbst zu machen. Von daher gönne ich der Jugend gerne ihre Utopien und Schwärmereien.

Problematisch sehe ich allerdings, dass zunehmend diejenigen, welche schon lange aus ihren Fehlern gelernt haben sollten, immer noch fleissig die Utopien propagieren und deren Umsetzung einfordern. Das Scheitern ist voraussehbar, und wird auch die Realisten mit in den Sog des Leidens ziehen.

Ein Grund, warum dies so ist, liegt wahrscheinlich darin, dass die heutigen Meinungsführer in Politik und Medien sich nie der zuweilen harschen Realität des Arbeitslebens z.B. in der Industrie stellen mussten.
Nahtlos scheinen die meisten von der Schulbank über den Hörsaal in den Plenarsaal gewechselt haben, permanent alimentiert von jenen, die schon lange gelernt haben, dass von den Utopien niemand seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

Schöne Grüße
Joachim Walter

Frau Führmann, zu meiner Jugendgeneration glaube ich feststellen zu dürfen
Sie war nicht so anmaßend...
Ist ein Beispiel dafür, dass öffentliche Selbstdarstellungen in allen Segmenten, Werbung usw im Grunde nur noch Unterhaltungsniveau erreichen - ein ziemlich anspruchsloses dazu.
Oma, Opa und Eltern hatten mir - wie sich später zeigte - viel Wichtiges fürs Leben vermittelt. Zu einer Zeit da ich "junger Spund" noch wenig Einblick hatte.
Diese, zudem soziale Funktion hat die - verkaufende - Unterhaltungsindistrie übernommen.
Seither wird alles gewussst - schon vor der Frage.
Wenn nicht, wurde die falsche Frage gestellt.
Voraussetzung um, nur ein Beispiel, u.a. in Talk Shows ( = deutsch Plauderschau) eingeladen zu werden.

Max Wagner | Di., 17. September 2019 - 11:20

Antwort auf von Wolf-Dieter Hohe

...ist das, was sie hier vorbringen. Haben nicht schon die Älteren im 15. Jahrhundert über die achso respektlose und anmaßende junge Generation geklagt? Ich denke, meine Generation wird das auch einmal tun, über die dann Jungen klagen, aber ich hoffe, mich nicht dazuzuählen zu müssen.
MfG.

an alle, die mir zugestimmt und so freundliche Worte gefunden haben. Das tröstet, macht glücklich und ist mir immer wieder eine Bestätigung, hier beim Cicero und seinen Kommentatoren an der richtigen Stelle zu sein.

Lebenserfahrung ist ja gut und schön, aber schon einmal daran gedacht, dass junge Leute auch eine andere Perspektive in die Sache bringen können? Schon einmal daran gedacht, dass Lebenserfahrung nicht die einzige relevante Qualifikation im Leben ist? Schon einmal daran gedacht, dass, wenn man jungen Leuten die Fähigkeit zum Denken, zum Diskutieren und zum Entscheidungen treffen, die vielleicht auch gut sein könnten, abspricht, man eine Art Altersaristokratie aufbaut? Das Wahlalter immer weiter herunterzusetzen ist mag falsch sein, aber in die andere Richtung zu gehen, also junge Leute aus dem politischen Diskurs mit der Begründung "ihr habt weniger Lebenserfahrung als wir, deswegen seid still" heraushalten zu wollen, ist mindestens genauso falsch.

Kurt Walther | Di., 10. September 2019 - 15:14

Bei solchen Betrachtungen über die jüngere Generation, insbesondere die studentische Jugend fällt mir immer sofort das altbekannte Zitat ein: "Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn." Dies um so mehr, wenn man als heutiger "alter weißer Mann" es so an sich selbst erlebte. Nach meiner Überzeugung gibt es für diesen Tatbestand, in der Jugend links zu sein und später diese Überzeugung zumindest zu relativieren oder gar zu bekämpfen, eine Menge nachvollziehbarer Gründe, für die hier der Platz nicht reicht. Im Endeffekt liegt das Optimum, auf das sich eine Gesellschaft einigen kann, in der Mitte von dem, was man Sozialismus und Kapitalismus nennt. Die Frage ist nur, wo exakt ist diese Mitte. Genau darum wird stets gerungen. Aus meiner Sicht ist die Mitte unter A. Merkel nach links verschoben worden. Die CDU vor 20 Jahren das war/ist die Mitte. Der Wähler kann es korrigieren, wenn er denn will. Es gibt die Alternative.

Gerhard Lenz | Mi., 11. September 2019 - 10:55

Antwort auf von Kurt Walther

Wer nicht völlig blind ist sieht sofort dass hier jeden Tag die Kommentarspalten von AfD-Werbung nur so überquellen. Blinde Begeisterung widersetzt sich normalerweise rationaler Auseinandersetzung, deswegen ist jegliche Kritik daran normalerweise vergeudete Zeit.
Nur gibt es, so hoffe ich, noch den einen oder anderen nicht-AfD-hörigen Leser. Für den muss die Empfehlung der "Alternative" (mit dem üblichen Hinweise, wie toll doch die alte Union war) in einer Diskussion um Altersarmut wie Hohn wirken - hat doch die ach so empfehlenswerte "Alternative" nicht mal ein Rentenkonzept, geschweige denn irgendwelchen sozialpolitischen Vorschläge (klar doch, die Migranten sind an allem Schuld...). Und das, was man von einem Meuthen in diesem Zusammenhang hört, erinnert eher wirtschaftsliberale Ideen, die die sozialen Nöte und die Möglichkeiten vieler alter Menschen schlicht ignorieren.

Cornelia Karopka | Di., 10. September 2019 - 15:43

Lieber Herr Traub, zu Ihrem Artikel fällt mir Vieles ein: zuerst- morgens um Zehn müde Studenten- um diese Zeit arbeiten die, die Ihnen und Ihren Kommilitonen das Studium finanzieren, bereits seit zwei bis vier Stunden und dürfen nicht müde sein.
Was Sie im Weiteren beschreiben, würde das spießige Kleinbürgertum Familie und Heimat nennen, Werte, die im heutigen, trendeigen Linkssein eine, vorsichtig ausgedrückt, eine sehr untergeordnete Rolle spielen.
Skepsis rührt im fortgeschrittenen Alter häufig aus Wissen und gemachten Erfahrungen und sollte ernst genommen und hinterfragt werden. Dann kann man diskutieren, Neues ausprobieren, Prüfen und entscheiden, ob das Alte oder das Neue besser passt, funktioniert...Lesen Sie mal Melford Spiro Geschlechterstereotypen, Kibbuz Studien, hochinteressant, gerade heute.
Schön, dass Sie sich selbst und Ihre Kommilitonen kritisch reflektieren können.

Dennis Staudmann | Di., 10. September 2019 - 16:27

Ob in San Francisco, wo die ursprüngliche Bevölkerung ganzer Stadtviertel vertrieben und durch neureiche Nerds aus dem Silicon Valley ersetzt wurde, bis zum Prenzlauer Berg in Berlin, wo es kaum noch Mieter gibt, die dort schon vor 30 Jahren lebten, gibt es eine Gemeinsamkeit. Menschen, die sich mehr leisten können als der "Normalverdiener", sind die ersten, die sich links-ideologisch bekennen und bei jeder Gelegenheit die Armut auf der ganzen Welt "beweinen". Niemand, der eine sanierte Altbauwohnung für 2.500 € Kaltmiete bezieht, hat wirklich Interesse daran zu erfahren, ob dort einst eine Familie mit drei Kindern lebte. Man geht eher davon aus, dass "die" heute mit Sicherheit AfD wählen und es auch besser ist, wenn diese Leute hier nicht mehr wohnen. Allerdings diskutiert man bei langen Diskussionsabenden mit Gleichgesinnten über soziale Gerechtigkeit. Auch Marx und Lenin wollten mit einzelnen "Proleten" nichts zu tun haben. Sie sahen sich als "intellektuelle Oberschicht".

Bernd Muhlack | Di., 10. September 2019 - 16:29

Zitat: "Wir müssen wieder lernen, einander zu verstehen und wertzuschätzen. Auch Meinungen anderer zu ertragen. Brücken bauen, die Blasen zum Platzen bringen. Auf der einen Seite der Brücke wie auf der anderen." Ende

Das haben Sie schön gesagt, geschrieben.
Mit dieser Ansicht sind jedoch nach meiner Meinung beim Zett Dee Efff (Dieter Thomas Heck) vollkommen am falschen Platz!

Viel Erfolg beim Studium; Politologen werden ja bekanntlich händeringend gesucht!

Ernst-Günther Konrad | Di., 10. September 2019 - 16:57

lese ich in Ihrer Autoren-Kurzbeschreibung. Ihre Ansätze sind lobenswert. Aus der eigenen Blase kommen. Andere Menschen nicht ettikettieren.
" Und glaubt mir, die allermeisten sind keine Nazis, Sexisten oder abschätzig als „alte weiße Männer“ bezeichnete." sagen Sie.
Ja, das stimmt. Ich frage mich nur, wie lange Sie diese Sichtweise beim ZDF bei Klaus und Marietta durchhalten? Dort wird Ihnen schon erklärt, wie Journalismus geht und welche Meinung Sie zu vertreten haben. Ich wünsche Ihnen viel Glück, beim Zerstechen der ör Blase. Es hört sich gut an, wenn Sie schreiben, man muss die Menschen mitnehmen. Nur wohin? Wer bestimmt das Ziel?
Sie sind in der SPD lese ich. Wielange wird es die noch geben? Was würde ein Kevin Kühnert zu ihnen sagen, wenn Sie ihm erklären, dass ihr Fußballtrainer, der Nachbar keine Nazi's sind , aber AFD wählen.
Das sind alles Menschen, die aufgrund ihrer Lebenserfahrung mal links anfingen und rechts im Sinne von konservativ weiter leben, halt unmoralisch.

helmut armbruster | Di., 10. September 2019 - 17:21

zumindest nicht in Sachen Politik und Weltanschauung.
Ich kann aus eigener Erfahrung versichern, dass man in späteren Jahren nicht mehr verstehen kann, was man mit 20-25 für das einzig Richtige hielt.
Lasst sie sich sonnen in ihrem roten Glanz. Der wird verblassen mit der Zeit.
Ein paar dauerhaft Unbelehrbare wird es freilich immer geben...

Ellen Wolff | Di., 10. September 2019 - 18:04

„Gerade wir als junge Menschen, denen die Welt vor Füßen liegt, müssen die Skeptiker und Besorgten mit auf unser Boot nehmen.“

Ich kann dem Autor gut folgen, er scheint tatsächlich etwas über den Tellerrand zu schauen, doch dann kommt von ihm dieser überheblich wirkende Satz. Was ist, wenn ich mich nicht mit auf das Boot von irgendwem nehmen lassen will? Was, wenn ich meine Freiheit, von Fall zu Fall selbst entscheiden zu wollen, in welches Boot ich steige, und in welches nicht, wenn ich mir mitunter mein eigenes Boot baue?

Und die „Besorgten“, das ist doch mittlerweile genau so ein Schmähwort wie „alte Weiße Männer“. Und „Skeptiker“ zählen bei den Neuquasireligiösen, die genau wissen, wer die Guten, und wer die Bösen sind, auch zu den Bösen bzw. Unverbesserlichen.

Klaus D. Lubjuhn | Di., 10. September 2019 - 18:13

l
Lechts oder Rinks- das ist hier die Frage. Wer dem politischen Rechts/Links- Schema noch Bedeutung
beimisst, müsste zuerst einmal sagen, welche politischen Inhalte, welche Positionen denn im Zeitalter der Globalisierung in einem zweidimensionalen Links/Rechts- Koordinatensystem welcher politischen Richtung aktuell zugeschlagen werden. Und warum? Mehr noch: Was für die eine oder andere politische Richtung - auch gemäß historischer Begriffsbildung - heute anschlussfähig wäre. So ist die Sozialdemokratie als Linkspartei ein Jahrhundert- Phänomen, die Linkspartei aber gerade erst gegründet. Auch was Rechts betrifft, geht Vieles durcheinander- normal eigentlich, weil angesichts neuer Problemlagen aktuelle Sachentscheidungen sich nicht verlustfrei den alten Werten und Maximen fügen oder umgekehrt. Quizfrage:Welcher politischen Richtung wird wohl heute jemand zugeschlagen, der darauf hinweist, dass der Mangel an Grundschullehrern wohl auch auf die starke Zuwanderung zurückzuführen ist?

Gisela Fimiani | Di., 10. September 2019 - 18:51

Loriot und Böhmermann in einem Atemzug zu nennen ...oh weh....!
Als Werkstudent beim ZDF sollten Sie dringend versuchen, ihre Gedanken den dortigen „Staatsfunkern“ zu vermitteln. Als da wären: „das richtige Weltbild“ , moralisch auf der richtigen Seite stehen“, „Meinungen anderer zu ertragen“, „Sorgen anderer und Selbstkritik! , irgendwie ein heftiger Abturner“...Nicht nur Ihre Kommilitonen „ticken“ so, leider auch unerwachsene, bequeme und feige ZDFler, sowie andere Medienvertreter. Da Sie nun in der „Blase“ sitzen, setzten Sie alles daran, diese zu zerstechen. Haben Sie den Mut zur rationalen Kritik! Ich halte Ihnen die Daumen.

Hans Page | Di., 10. September 2019 - 21:47

den Konformismus der Non-Konformisten. Leider ist den meisten Non-Konformisten oder „Linken“ nicht bewusst wie spiessig sie selbst sind den. letztlich gehen sie den Weg des geringsten Widerstands. Anpassung an die „linken“ Standards ist einfach, dazu gehört null-Mut; die Standards der „progressive“ Mehrheit in Frsge zu stellen, dazu gehört Mut. Das war übrigens 1968ff nicht anders, schon damals bedeutete Nicht-Links-Sein Ausgrenzung, vielleicht nicht so brutal wie heute, aber immerhin. Und da ähneln die „Linken“ sehr ihrem Hassobjekt, den imaginären „Rechten“. Noch eine persönliche Bemerkung: ich kann mich nicht irrere Zeiten erinnern als die heutige. Mir tut nur did jetzt junge Generation da sie all das was man als selbstverständlich erachtete wieder mühsam erkämpfen muss: Toleranz, Respekt und Akzeptanz für andere Sichtweisen und Lebensstile egal ob man sie mag oder nicht.

Ulf Müller | Di., 10. September 2019 - 22:19

Lieber Clemens Traub, vielen Dank für diese treffende Einschätzung. Das Sie Werksstudent beim ZDF sind, ist das positivste was ich über das ZDF in den letzten Jahren über diesen gehört habe. Und ich habe diesen Sender samt seiner Mannschaft geschätzt. Ich weiß nicht, ob die sich jahrelang verstellt haben oder was mit denen passiert ist, ebenso Die Zeit, von intelligenten Medien zu Klonen des DDR Fernsehens bzw. des Neuen Deutschlands. Ulf Müller

Ulrich Mende | Di., 10. September 2019 - 22:39

was der junge Mann geschrieben hat. Dafür meine Hochachtung. Ich weiß von meiner erwachsenen Tochter, wie schwer es für junge Menschen ist, aus einer solchen Meinungsblase auszubrechen.

Aber Feminist zu sein passt für mich in keiner Weise zu seiner sonstigen Einsicht und relativiert das Gesagte teilweise wieder.
Hier nur ein paar Stichworte zum Neo-Feminismus: toxic masculinity, fat acceptance day, #NotCoolMan, Frauenquote, Vulva-Malen am Kirchentag, Prof. Jordan Peterson…

Mein ganz persönliches Feminismus-Erlebnis: Ich kenne einen jungen Wissenschaftler (Promotion summa cum laude in Bio-Chemie). Mehrfach wurde seiner Bewerbung die einer fachlich deutlich schlechteren Frau vorgezogen. Bei der jetzigen Bewerbung um eine Professur hatten sich keine Frauen beworben – offensichtlich gab es keine mit der geforderten Qualifikation. Die Bewerbung wurde gestoppt, um nach Frauen zu suchen…

Sophie Kerger | Mi., 11. September 2019 - 09:29

"Die durchsichtigen Designer-Brillen eingequetscht zwischen Kopf und Hand. Sie könnten alle auch Mode-Blogger sein. Alle wählen sie grün oder Satire"
Dieser Satz hat mich sehr amüsiert. Früher ging Protest mit T-Shirt und Jeans. Diese Generation mokiert sich über die Muffigkeit und angebliche Rückständigkeit der Alten, hat aber mit Ihrem gestylten Aussehen das Höchstmaß an Angepasstheit schon längst erreicht.

Armin Latell | Mi., 11. September 2019 - 09:39

durch einen ‚Insider‘. Der Beitrag könnte auch aus der Feder eines Konservativen gekommen sein. Die Einstellung von Herrn Traub dürfte, und das bestätigt ja sein Bericht, eher selten sein und ich bin versucht, ihn in dieser weltfremden Umgebung (Blase) im positiven Sinn als einen naiven Idealisten zu bezeichnen. Ich hoffe für ihn, dass er seiner Linie treu bleiben kann und wundere mich, dass er deswegen (noch?) keinen Repressalien ausgesetzt ist. Wenn sein Artikel einen allgemeinen Zustand an unseren Universitäten beschreibt, brauchen wir Steuerzahler uns um unsere Zukunft keine Gedanken mehr machen, wenn solche weltfremde Ideologen dieses Land dereinst managen sollten.

Dieter Haselbaum | Mi., 11. September 2019 - 14:57

Man muss zuerst das Alte verstehen lernen, um das Neue zu gebären.

Heidemarie Heim | Mi., 11. September 2019 - 16:52

Oder entstammt er etwa einem spießbürgerlichen
Elternhaus und gerät beim Anblick von Gelsenkirchener Barock-Möblierung und bezopften Mädeln nicht in Panikzustände wie seine Lifestyle-Kommilitonen;-)?
...hat da einer Jehova gesagt? Steinigt ihn!"
PS: Punktabzug lieber Clemens fürs ZDF;-), ansonsten beide Daumen hoch für Ihren "reifen" Beitrag hier im Cicero! MfG

Dieter Haselbaum | Do., 12. September 2019 - 09:50

Man muss das Alte verstehen lernen, um das Neue zu gebären.

Gerhard Schwedes | Do., 12. September 2019 - 10:36

Der einleitende Satz über die Jugend stammt von Nietzsche und trifft ins Schwarze. Auch als Student - ich blicke da auf meine eigene Studentenzeit zurück - ist man, wie könnte es auch anders sein, noch ziemlich grün hinter den Ohren. Ohne Erfahrung, Mit einer Bildung, die noch in den Kinderschuhen steckt, auf der Suche nach der ganz großen Liebe und dem ganz großen Leben. Das Bemühen, ein ganzer Kerl oder eine unwiderstehliche Dame zu sein, steht ganz oben an. Dabei hat man sich gerade vom Elternhaus so recht und schlecht abgenabelt - wenn es denn gelungen ist. Da kommt dann eine Contra-Ideologie gegen die Erwachsenen und das Elternhaus äußerst gelegen, um sich eine Identität zu verschaffen. Und dazu braucht es Symbole. Bei den 68-ern war es die Militärjacke, die selbst gedrehte Zigarette im Mundwinkel, die langen Haare, die Opposition gegen Alles und Jedes und natürlich die verdammt linke Haltung, die auch schon mal Gewalt gegen Sachen legitim finden konnte. Aber alles nur Gehabe.

Armin Latell | Do., 12. September 2019 - 12:48

durch einen ‚Insider‘. Der Beitrag könnte auch aus der Feder eines Konservativen gekommen sein. Die Einstellung von Herrn Traub dürfte, und das bestätigt ja sein Bericht, eher selten sein und ich bin versucht, ihn in dieser weltfremden Umgebung (Blase) im positiven Sinn als einen naiven Idealisten zu bezeichnen. Ich hoffe für ihn, dass er seiner Linie treu bleibt und wundere mich, dass er deswegen (noch?) keinen Repressalien ausgesetzt ist. Wenn sein Artikel einen allgemeinen Zustand an unseren Universitäten beschreibt, brauchen wir Steuerzahler uns um unsere Zukunft keine Gedanken mehr machen, wenn solche weltfremde Ideologen dieses Land dereinst managen sollten.