Thilo Sarrazin
Thilo Sarrazin war bis 2009 Finanzsenator in der Hauptstadt / picture alliance

Thilo Sarrazin über hohe Mieten - „Auch in New York können nicht alle an der Upper East Side leben“

Die Mieten steigen in den Städten drastisch an, besonders in Berlin. In der Hauptstadt fordern Demonstranten die Enteignung von Immobilienkonzernen, die Regierung soll Wohnungen zurückkaufen. Als Finanzsenator hatte Thilo Sarrazin 50.000 Wohnungen verkauft. Er verteidigt die Entscheidung

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Herr Sarrazin, wegen der Mietpreise ist das Wohnen in vielen deutschen Städten für Teile der Mittelschicht unerschwinglich geworden. In Berlin sind die Preise für Neuvermietungen in den vergangenen zehn Jahren um 85 Prozent gestiegen. Sie waren bis 2009 Finanzsenator in der Hauptstadt. Sind Sie also daran schuld, dass die Mietpreise danach in die Höhe geschossen sind?
Nein, da greifen die Gesetze des Marktes. Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, erhöhen sich auch die Preise. Da kann auch die Mietpreisbremse nichts daran ändern, die ja ohnehin nicht greift. Wenn die Nachfrage wieder niedriger wird, fallen auch die Preise wieder. Die Bestandsmieten sind übrigens viel weniger drastisch gestiegen. 

Aber haben Sie nicht auch dazu beigetragen, dass das Angebot kleiner wurde? Als Finanzsenator haben Sie sich dafür eingesetzt, dass das Land die 51.000 Wohnungen der damals hochverschuldeten Wohnungsbaugesellschaft GSW für 405 Millionen Euro und die Übernahme der Schulden in Höhe von 1,7 Milliarden Euro an private Investoren verkauft hat. Ein Fehler?
Der Staat hat in Berlin weiterhin fünf Wohnungsbaugesellschaften mit zusammen etwa 270.000 Wohnungen. Die Frage, wem welche Wohnungsbaubestände gehören, hat null Einfluss auf das Mietniveau. Die Bestandsmieten bei dem Konzern Deutsche Wohnen sind weitgehend ähnlich hoch wie bei den staatlichen Gesellschaften. 

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Christa Wallau | Mi., 17. April 2019 - 17:38

Er hat damals, um die Stadt aus den hohen Schulden herauszubringen, das in d i e s e r Situation Vernünftigste getan.
Die h e u t i g e Situation verlangt andere Lösungen, aber eben auch - bitte - wieder nur vernünftige Lösungen und keine Scheinlösungen, wie sie die Enteignung von privaten Gesellschaften bedeuten würde.
J e t z t sollte in Berlin alles verfügbare Geld zum Bau neuer Sozialwohnungen ausgeben werden, so daß sich allmählich der Mietmarkt wieder entspannen kann. Bis dahin - da hat Herr Sarrazin leider recht - müssen die Bürger warten.
Eventuell könnte man ja - als kleine Entspannungsmaßnahme dazwischen - den von Migranten belegten Wohnraum freimachen, um dort Menschen wohnen zu lassen, die in Berlin arbeiten.
Warten auf ihre Asylbescheide können die Migranten auch in der Uckermark oder sonstwo.

Es gibt einen enlarvenden Satz in dem Interview. Alle Berliner Politiker in irgendwelcher Verantwortung für die Wohnungspolitik haben versagt - nur einer nicht: Er selbst! Nun denn, man weiss ja: Thilo Sarrazin hat die Bescheidenheit nicht unbedingt erfunden. Als Staatssektretär oder Finanzsenator ist der Mann allerdings nicht unbedingt aufgefallen. Seine Anklageschriften gegen den Euro wurden von Fachleuten als in Teilen fragwürdig und fehlerhaft bewertet. Für höhere Aufgaben auf Staatsebene hat er sich nicht unbedingt empfohlen. Bekannt wurde er letztendlich nur durch seine Kampfschriften gegen Zuwanderung. Thilo Sarrazin, noch immer SPD-Mitglied mit gefestigter AfD-Ideologie (wobei er die AfD vor einiger Zeit noch als chaotischen Haufen bewertete), ist heute im Hauptberuf Kreuzritter, berufen das christliche Abendland zu verteidigen. Im rechtsgewendeten Cicero kann er sich Jubel und Zustimmung der AfD-Heerscharen sicher sein.

haben wir ja zum Glück die linksgewendete taz, den Spiegel, die Zeit, die Süddeutsche u.v.a.m . Zu Sarrazin sage ich weiter nichts, aber das, wofür er bekannt geworden ist, unterstütze ich. Man muss Prioritäten setzen.

Was aber genau wollen Sie eigentlich hier (bewirken), wenn hier doch alles rechts ist und die Kommentatoren wie eigentlich der Cicero auch zu nichts weiter nütze als beide zu beschimpfen? Einige Ihrer Aussagen kann ich sogar nachvollziehen und bisweilen auch zustimmen, aber weshalb kommen Sie immer in so einem Ton rüber? So überzeugt man niemanden, Sie teilen zwar manchmal Ihren Standpunkt mit, aber das geht nie ohne Angriffe. Sie würden sicher auch keinen Millimeter von Ihrer Überzeugung abweichen. Und so bekämpfen sich alle gegenseitig....

Gerhard Lenz | Do., 18. April 2019 - 12:36

Antwort auf von Petra Führmann

..der Cicero wäre mittlerweile so etwas wie die Hauspostille der AfD? Sie werden es nicht glauben, aber ich lese ihn immer noch gerne, allerdings ist das Magazin zumeist weitaus "pluralistischer", als das, was sich hier abspielt.
Ich glaube nicht, dass sich der Cicero als rechtsgewendete Alternative zu den von Ihnen genannten Medien begreifft: Insofern schliesst Kontroverse immer auch Meinungen ein, die Ihnen nicht gefallen.
Im Übrigen gebe ich Ihnen Ihren Vorwurf gerne zurück: Weichen Sie denn von Ihren Meinungen ab, wenn hier jemand eine gegenläufige Meinung vertritt? Und was den Ton angeht: Das dürfen Sie ruhig so manchem Schreiber empfehlen, der Ihnen politisch möglicherweise nahe steht. Hasstiraden gegen Merkel oder die "Altparteien" sind fast schon an der Tagesordnung.

Johan Odeson | Do., 18. April 2019 - 13:54

Antwort auf von Gerhard Lenz

Ach Herr Lenz. Was trägt ihr Leserbrief eigentlich sachlich zu der Thematik bei außer allgemeinem Dissen anderer politischer Auffassungen. Und ein bisschen Einstreuen von "AfD" und "populistisch" kommt immer gut, weil dann muss man sich nicht mit den Argumenten auseinandersetzen und kann auf seinem hohen Ross moralisch aufgepudert einhertraben. Meinen Respekt vor ihrer persönlich hochstehenden Moral, leider hilft dieses nicht Probleme überhaupt anzusprechen, geschweige denn diese zu lösen, sondern allenfalls zu verdecken. 30 Jahre nach dem Ende des real existierenden Sozialismus als weiterer Unrechtsstaat auf deutschem Boden kommen wir wieder mal mit den alten sozialistischen Rezepten aus der Mottenkiste die jedes Mal den Bach runter gehen. Dadurch wird keine einzige neue Wohnung geschaffen. Den Zustand staatlicher Wohnungen konnten man nach dem Ende der DDR in der Bausubstanz bewundern. Ich stimme Herrn Sarazin zu und was das Eigenlob angeht vielleicht ist es ja berechtigt.

Petra Führmann | Do., 18. April 2019 - 14:24

Antwort auf von Gerhard Lenz

darauf zu antworten, es gehört nicht zum Thema. Hasstiraden... die gibt es hier, aber nicht in unflätiger Form, und die gibt es auch woanders, aber sehen Sie einfach in den Spiegel und fast alle anderen Medien und tauschen Merkel gegen AfD... Gleiches mit Gleichem. Was das Abweichen von der eigenen Meinung angeht: Die Betonung lag auf auch. Im übrigen weiche ich durchaus ab, wenn ich etwas erfahre, das vorher nicht in meine Beurteilung eingeflossen war - wie hier z. B. das über Herrn Sarrazin. Auch dazu hatte eine deutliche Einschränkung gegeben. Wie dem auch sei: Die Gegenseite, die Ihre, hat deutlich mehr Presse und deutlich weniger zimperlich. Gestern erst Anschlag auf ein Büro, heute auf drei Autos... hört man da einen Aufschrei? Ich will mich für meine Meinung nicht rechtfertigen; es soll nur dazu dienen, auch andere Sichten bekannt zu machen. Ansonsten: Frohe Ostern!

Herr Lenz, der einzige, der sich hier immer wieder „entlarvt“, sind Sie selbst.
Der Tagesspiegel beim Abschied von Sarrazin: „Finanzsenator Sarrazin wechselt in den Bundesbank-Vorstand. Der Berliner Senat und die Opposition loben zum Abschied seine Arbeit - geradezu überschwänglich.“ https://www.tagesspiegel.de/berlin/finanzsenator-sarrazin-geht-mit-resp…

Auseinandersetzung auch für Sie akzeptabel.
Nun also, Herr Sarrazin ist kein Realist.
Ich würde ihn eher als Technokraten bezeichnen, was ich auch mit meiner Kritik an ihm anklingen lassen wollte.
Seine Argumentation in Bezug auf die Wohnsituation war nicht vorausschauend, auch ganz unabhängig von Merkels Entscheidung im Jahre 2015.
Denn Berlin war auch schon damals Hauptstadt, deshalb durfte die Stadt keine auch politischen Hebel im Wohnungssektor drangeben, Schulden hin- oder her.
Private Investoren sind nur schwer wieder einzufangen.
Was Dresden damals machte, um schuldenfrei zu sein, für wen hat sich das gerechnet?
Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt gehören ebenfalls zur Realität, die Herr Sarrazin ausblendet.
Er war damals für den Euro und nimmt jetzt Abstand?
So etwas kann man sich nicht alle 10 Jahre neu überlegen.
Seine Überlegungen über das nur schwer mögliche Zusammenleben mit "dem Islam" war damals nicht hilfreich, weil es nicht mehr grundsätzlich zur Debatte stand

Heinz Maier | Mi., 17. April 2019 - 18:27

Da hat Thilo schon wieder Recht. Zurückgekauft oder nicht, dadurch bleibt die Zahl der Wohnungen gleich und bei Neubauten ist eine Miete von 11 bis 12 Euro pro qm nicht kostendeckend. In Frankfurt am Main hat die Stadt im Zentrum Wohnungen gebaut (Wiederaufbau der Altstadt) die 20 € pro qm und Monat kosten. Beim gegebenen Niveau
der unteren und mittleren Einkommen, ist das deutlich zu viel. Die Stadt betreibt also auch Gentrifizierung. Was kann man tun?
1. Zuzug in die Städte bremsen.
2. Kosten senken, z.B. durch Wegfall der Mehrwert- und Grunderwerbsteuer. Bei durchschnittlichen Baukosten von 2.500,00 € pro qm Wohnfläche, kassiert der Staat schon mal 400,00 € MwSt.
Eine 100 qm Wohnung würde dann nicht mehr 1.200,00 € kalt kosten, sondern 972,00 €.
3. Löhne rauf, das ist doch klar und Steuern runter.
4. Gerechte Steuern für alle, Arme und Reiche.
Wieso ist eigentlich die Bemessungsgrundlage
für Krankenkassenbeiträge gedeckelt?

Der große Übeltäter ist also der Staat.

Ernst-Günther Konrad | Do., 18. April 2019 - 13:10

Antwort auf von Heinz Maier

Ich wollte gerade in die Tasten hauen und habe vorher Ihre Kommentare gelesen. Volle Zustimmung und Sarazzin wird von mir ohnehin wertgeschätzt, habe sein Buch gelesen. Schwierig zu lesen, das muss ich zugeben. In den Aussagen dennoch klar und vor allem realistisch.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 17. April 2019 - 20:04

Will man in die Höhe bauen, verändert das auch das städtische Klima, auch im Sinne der Natur.
Geht man weiter in die Breite, was ich für sinnvoller halte, dann muss man mit Brandenburg Gespräche führen.
Muss dann, sagen wir eine Krankenschwester stundenlang mit der U-Bahn zur Charité fahren?
Nicht, wenn die Krankenhäuser dann je vor Ort nach Bedarf ausgebaut werden.
Eine Wohnidylle und sei es nach angesagten Gebieten zu schaffen, ist ein verständliches Anliegen, sollte soweit wie möglich realisiert werden, aber wächst die Stadt, verändern sich auch die Bedingungen zu leben.
Eine Skylinecity auf dem Tempelhofer Feld wäre zwar eine verlockende Idee, aber hey, New York hat doch auch den Central Park?
Viele Einwohner benötigen auch vile größere Flächen, auf denen sie sich entspannt begegnen können.
Dem Genossen Sarrazin möchte ich Know How attestieren, er hat aber diese ihm evtl. eigene Sprache, mit der man sich von vornherein wie ein "Depp" vorkommt?
Muss das sein?

liebe Frau Sehrt-Irrek, ich finde Ihre Sichtweise absolut realistisch und klar. Und wie sie letztlich den Artikel von ihrem Genossen beantworten zeigt mir klar und deutlich, Sie sind nicht depp, sondern denken selbst und für sich klar. Das erschwieirg ist gebe ich Ihnen gerne zu, Sie brauchen jedenfalls keine Gedanken zu machen, sie könnten depp sein. Ich bin nicht immer Ihrer Meinung, aber ich respektiere die Ihre. Alles Gute.

Sie mögen ja mit Ihrer Aussage ein zukünftiges Berlin andenken, weil das Ihren Wünschen besser entspricht. Aber die weltweite Tendenz geht zum Zuzug in die Städte. Diese Tendenz werden Sie mit hehren Motiven und Träumen nicht stoppen können.
Und dort wo Menschen leben (und nicht in Brandenburg!) braucht man Sozialberufe, deren Wertschätzung in unserer Gesellschaft leider so gering ist, dass man glaubt, sie so schlecht bezahlen zu können, dass sie sich innerstädtischen Wohnraum kaum leisten können, aber auch, weil dieser aufgrund politischer Versäumnisse einfach nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist.

Um Wohnraum für solche Gruppen geht es und nicht um Sarrazins populistische Aussage über “Upper East End” in New York!

Unabhängig davon: Krankenhäuser und Polizeistationen wie Feuerwehr gibt es m.W. auch im Umfeld von Berlin: damit wird die Charité nicht obsolet. Bzgl. Ausdehnung in die Fläche müssen Sie nur schauen, was sich diesbezüglich in den letzten 30 Jahren getan hat!

Gerd Runge | Mi., 17. April 2019 - 20:29

"Persona non grata", wie für viele andere. Stimme mit dem Ihhalt seiner Bücher, die ich tatsächlich gelesen habe, weitgehend überein.
Aber hier rettet er sich in Ausreden.
Auch er scheint nicht erkannt zu haben, welcher Stellenwert, und damit soziale Verantwortung, sich hinter bezahlbarem Wohnraum verbirgt.

Dr. Georg Steger | Mi., 17. April 2019 - 20:58

Herr Sarrazin ist eindeutig mitschuldig an der Wohnungsmisere in Berlin!

Im Rahmen des “Öffentlich geförderten Sozialen Wohnungsbau in Berlin” hatte ich mich zu Sarazzins Zeiten als Finanzsenator der Stadt Berlin an einem Fonds beteiligt, dessen Ziel die Erstellung mietpreislich gedeckelter Wohnungen für Mieter mit Wohnungsberechtigungsschein war. Dafür beteiligte sich die Stadt Berlin an diesem Objekt mittels Zuschüssen für die aufzunehmenden Darlehen.

Unter dieser Prämisse wurde der Fonds kalkuliert und sollte einen Ertrag bringen, wie er zum damaligen Zeitpunkt generell für Anlagen (z.B. Aktien) üblich war. Für die meisten Kleininvestoren diente dieses Engagement mit Sozialkomponente zur Altersvorsorge.

Plötzlich kam die Stadt Berlin auf die Idee, ihre Zusagen aufgrund “schlechter Finanzlage” zu reduzieren. Alle Kalkulationen waren damit obsolet mit der Folge, dass der Fonds an den Rand des Ruins kam. Dies ging etlichen Fonds in Berlin ähnlich, wobei nicht alle zu retten waren!

Dr. Georg Steger | Mi., 17. April 2019 - 21:00

Eine Pleite konnte nur dadurch vermieden werden, dass die Fonds-Eigner im Rahmen einer “Sanierung” erhebliche Nachschüsse leisten mussten. Wer dies nicht konnte (z.B. weil er inzwischen arbeitslos oder in Rente war, weil er die Beteiligung geerbt hatte und nicht über das nötige Geld verfügte), verlor seine gesamte Investition und damit seine Vorsorge fürs Alter.

Herr Sarazzin, der heute mit seinen Pensionen aus diversen Tätigkeiten (Öffentlicher Dienst/Finanzsenator, Politik, Bundesbanker, Autor) auch im Alter zu den Topverdienern der Nation zählt, hat es mit zu verantworten, dass durch ihn etliche Investoren ihre Vorsorge für ihr Alter verloren!

Dr. Georg Steger | Mi., 17. April 2019 - 21:04

Die unter I und II genannte Wohnungsbau-Historie der Stadt Berlin trägt natürlich dazu bei, dass aufgrund von Unsicherheiten aus der Politik wohl kaum Investoren daran interessiert sind, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Dann werden eben von Großinvestoren Wohnungen erstellt, die von Angestellten in Sozialberufen oder von Geringverdienern nicht mehr bezahlt werden können!

Die damals und heute Verantwortlichen haben immer noch nicht erkannt, dass das Problem auch mit eigenen Fehlentscheidungen in Vergangenheit und Gegenwart zu tun hat.

"Die Förderung des Neubaus von Sozialwohnungen hatte das Land Berlin bereits Ende der neunziger Jahre wegen der Haushaltskrise und der Entspannung des Wohnungsmarktes eingestellt. Die hohen jährlichen Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau von rund 1,5 Milliarden Euro ergaben sich ausschließlich aus der laufenden Subventionierung bereits gebauter Sozialwohnungen. Jedes Jahr wurde dabei für einen weiteren Jahrgang bereits gebauter Wohnungen die sogenannte Anschlussförderung beschlossen. Als ich im Januar 2002 Finanzsenator wurde, sollte gerade die Anschlussförderung für den Förderjahrgang 1989 beschlossen werden.

Das stoppte ich. (...) Anfang 2003 setzte ich mich in einer Kampfabstimmung in der SPD-Fraktion durch, unterstützt vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und vom Fraktionsvorsitzenden Michael Müller.

Dr. Georg Steger | Do., 18. April 2019 - 12:48

Antwort auf von Nina Wunderlich

Sehr geehrte Frau Wunderlich,
eigentlich bestätigen Sie nur die von mir dargelegte Situation. Ihre Zeit- und sonstige Zahlen interessieren nur bedingt. Im Gegensatz zu Ihren theoretischen politischen Aussagen (dass Herr Wowereit und Herr Müller hier nicht unbedingt als Qualitätsstandard herangezogen werden können, sollte klar sein).

Politische Aussagen sind die eine Seite der Medaille, faktische Aussagen die Andere!
Im Gegensatz zu Ihnen habe ich es selbst miterlebt, dass Investoren in Projekte des sozialen Wohnungsbaus, die damit ihren Lebensabend sichern wollten, ihr gesamtes Geld verloren haben (ja selbst für den Austritt aus dem geschlossenen Fonds noch Geld zahlen mussten)!
Statt aufzuführen was S i e geleistet haben oder wie die politischen Konstellationen waren: glauben Sie, dass man nach solchen Erfahrungen weiter in den sozialen Wohnungsbau in Berlin investieren will? Aber die Politiker werden das nicht verstehen (wollen)!

Ja, sehr geehrter Herr Dr. Steger, dann nennen Sie mir bitte mal jemanden, der
j e t z t noch Verantwortung in der Politik trägt und der einen e i n z i g e n Fehler, den er/sie gemacht hat, offen zugibt?

Etwas unsere großartige Kanzlerin???
Dabei dürfte der Jahrhundertfehler, der im August/September 2015 von ihr begangen wurde, sämtliche mögliche Fehlentscheidungen eines Herrn Sarrazin weit in den Schatten stellen.

Allerdings hat der von Ihnen gescholtene Herr inzwischen sehr wohl einen Irrtum , dem er unterlegen ist, offen zugegeben: Sarrazin hat immer wieder erklärt und geschrieben, daß er als seinen großen Fehler ansieht, die Einführung des Euros befürwortet und dafür Werbung gemacht zu haben. Die verfrühte gemeinsame Währung
m u ß t e zu großen Problemen führen - das sieht er heute ganz klar. Er bedauert, nicht auf andere, warnende Ökonomen gehört zu haben.

mir geht es nicht um Herrn Sarrazin und seine gesellschaftskritischen Themen: mir geht es um S. in seiner Funktion als Finanzsenator in Berlin und das sich d a r a u f
beziehende Interview. Einige Kommentatoren scheinen das nicht verstanden zu haben und als S.-Bashing zu betrachten: dem ist in meinem Falle nicht so!

Für mich ist das Interview insofern interessant, als es zeigt, dass S. seine politische Funktion genauso wenig kritisch sieht, wie die aktuell versagenden Politiker, die er deswegen angreift.

Er hat auch nicht verstanden, dass es nicht um Wohnraum im “Upper East End” geht, sondern um bezahlbaren Wohnraum und den - bei einem Arbeitsplatz in Berlin - nicht irgendwo in Brandenburg ! Und es ist S., der dazu beitrug, dass sich Kleininvestoren aufgrund negativer Erfahrungen in Berlin (politisch bedingt!) aus dem Bereich “Sozialer Wohnungsbau” verabschiedeten. Großinvestoren füllten dann diese Lücke: allerdings für Einkommensklassen ganz anderer Größenordnung!

... gegen Herrn Sarrazin kann ich nachvollziehen, Herr Dr. Steger.
Sie sind ja auch persönlich von seinen damaligen Maßnahmen betroffen gewesen.

Für mich ist klar, daß Berlin als Stadt jetzt unbedingt wieder in den sozialen Wohnungsbau investieren muß, was man - als Sarrazin in der Regierung unter Wowereit zusammen mit der PDS war - offenbar nicht so sah.

Daß diese linke Regierung Sie als private Investoren damals im Stich ließ, wundert mich gar nicht. So sind sie halt, die Linken! Privates Eigentum und private Vorsorge interessiert sie im Zweifelsfalle nicht. Das zeigen die jetzigen Forderungen nach Enteignung auch wieder, denen Grüne und Linke ja viel abgewinnen können.

Im Gegensatz zu seinen "Genossen" hat jedoch Herr Sarrazin sehr viel dazugelernt,
weil er überhaupt l e r n f ä h i g und - willig ist, was man beileibe nicht von allen Menschen in der Politik und in anderen Verantwortungsbereichen behaupten kann. Ich rechne ihm dies hoch an.

Schöne Ostertage!

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: es geht mir gar nicht darum, Herrn Sarrazin eine persönliche Schädigung in die Schuhe schieben zu wollen (ich konnte damals durchaus mit der Situation leben und kann es auch heute noch).
Es geht mir darum, dass der Berliner Senat und insbesondere der Finanzsenator Sarrazin durch ihre Entscheidung mit den Grundstein für die heutige Misere gelegt haben: Vergraulen von Klein-Investoren in den sozialen Wohnungsbau durch Unzuverlässlichkeit auf der einen und Verkauf Berlin-eigener Wohnungen an Großinvestoren auf der anderen Seite! Aber damit hat Herr Sarrazin gem. Interview ja gar nichts zu tun: wer dann?

Und, im Gegensatz zu Ihnen, glaube ich keinesfalls, dass S. lernfähig ist: das Interview mit ihm zeigt doch ganz deutlich, dass er die Schuld überall, nur nicht bei sich, sieht: also ein "Saubermann" par excellence. Kann so Jemand glaubhaft sein?

Dr. Georg Steger | Mi., 17. April 2019 - 21:11

Nachtrag:
Natürlich, lieber Herr Sarrazin, kann sich nicht Jeder - so wie Sie - eine Wohnung an der "Upper East Side" oder am "Prenzlauer Berg" leisten.
Aber man sollte sich auch mal Gedanken darüber machen, inwieweit man selbst für eine Situation mitschuldig ist und man sollte (wie im Interview geschehen) nicht nur seine Hände in Unschuld waschen und den eigenen Beitrag zur derzeitigen Misere einfach ausblenden!

Der Mann trägt hier in diesen Kommentarspalten einen Heiligenschein. Da werden Sie mit Ihrer mehr als gerechtfertigten Kritik an einem Politiker, der sich selbst als positive Ausnahme versteht (siehe Interview), wohl hier auf Granit beißen.

Sie haben voll uns ganz recht! Einige Kommentatoren melden sich z u j e d e m Thema zu Wort, so dass man das Gefühl hat, sie schreiben täglich mehrfach - immer leicht abgewandelt - über ihre Befindlichkeit (ist schon toll, wenn man bei Allem mitreden kann oder glaubt können zu müssen). Andere Kommentatoren outen sich ganz eindeutig als die Sprachrohre der AfD: CICERO aufgepasst! Da ist es ganz klar, dass man Herrn Sarrazin als Heilsbringer betrachtet ohne sein gesamtes Wirken überhaupt kritisch unter die Lupe nehmen zu wollen.

Herr Dr. Stegner, es sind „Sprachrohre der AfD“ und private Ich-Befindlichkeiten (ohne Sachkenntnisse). Man könnte es an dieser Stelle als eine Art Hausbesetzung im Häuserkampf bezeichnen.

Wolfgang Schuckmann | Mi., 17. April 2019 - 22:22

Ja, was soll man da sagen? Solange Marktwirtschaft gesetzlich angesagt ist, greift der Grundsatz von Angebot und Nachfrage.
Und wenn sie alle in die großen Zentren streben, dann ist halt Erntezeit bei den Wohnungsbauunternehmen, und Vermietern.
Man könnte etwas sehr einfaches tun. Ein Zuzugsverbot würde sicher die Lage beruhigen. Ja, ich weiß, kein guter Gedanke. Deshalb denke ich, dass es auf absehbare Zeit bei der Unvernunft der Leute keine Entspannung geben wird in dieser Frage.
Ich fage mich manchmal schon, ob ich etwas versäume, wenn ich nicht in der großen Stadt wohne. Ich glaube eher nicht. Hier , in der Provinz haben wir Natur pur, Ruhe und die Gelegenheit nach zu denken. Da lösen sich sehr viele Fragen auf einfache Weise. Ich glaube, das Alles hängt ein bisschen von der Zufriedenheit ab und nicht nur vom "besseren "Stadtleben. Aber jeder wie er will.

Petra Führmann | Do., 18. April 2019 - 07:39

aber nicht allem. Zum Beispiel Volksentscheid: Das sehe ich anders, denn der Bürger ist nun mal der Souverän. Dass er nicht immer "vernünftig", sondern subjektiv oder nach anderen Kriterien als rein ökonomischen entscheidet, kommt dabei vor. Haben sich die Berliner zum Beispiel dafür entschieden, lieber Rollschuh zu laufen anstatt das Feld zu bebauen, ist das in Ordnung, aber dann dürfen sie halt auch nicht meckern. Das tun wahrscheinlich andere... siehe Subjektivität. Rückkauf der Wohnungen: Ich denke, das wäre zu teuer und würde tatsächlich keine neuen Wohnungen schaffen. Aber geht es nicht weniger um das Eigentum an den Wohnungen als vielmehr darum, dass die Wohnungsnot von einigen schamlos ausgenutzt wird? Der Mensch hat nicht so viele Ausweichmöglichkeiten, denn wohnen muss er, aber, wie Herr Sarrazin auch sagt, es hat keiner das Recht, genau dort und günstig zu wohnen, wo es ihm vorschwebt. Wo kein Angebot, muss ich woanders suchen. Eine Stadt sollte nicht unendlich wachsen.