Merkel, Juncker und Macron
Bussi-Bussi-Kultur statt kritische Debatte: Merkel, Juncker und Macron / picture alliance

Demokratie und politische Kultur - Durch Trump lernen

Demokratie ist Streit und Handeln. Beides ist Europa abhandengekommen. Es schlafwandelt. Und wird gerade wachgerüttelt

Autoreninfo

Frank A. Meyer ist Journalist und Kolumnist des Magazins Cicero. Er arbeitet seit vielen Jahren für den Ringier-Verlag und lebt in Berlin.

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Christopher Clark ist einer der bedeutendsten Historiker Europas, ja weit über Europa hinaus. Und er hat das vielleicht aktuellste Geschichtsbuch geschrieben: „Die Schlafwandler“. Das Werk handelt vom schlafwandlerischen Gang der Mächte und der Mächtigen 1914 in die Katastrophe des Ersten Weltkriegs – hinein in ein fürchterliches Massaker, das damals eigentlich ganz unvorstellbar war, folgte es doch auf eine Friedensperiode, die gesichert schien durch wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und ganz allgemein gesellschaftlichen Fortschritt. Eine schöne Zeit im Rückblick, eine gelebte Utopie.

Aus dem Buch von Christopher Clark lässt sich eine Lehre ableiten: Dass man politisch nicht schlafwandeln, sondern wach bleiben – und bewusst handeln sollte. Nun ist es nicht so, dass es keine Politiker gäbe, die handeln. Leider sind es vor allem Politiker, deren Handlungen uns auf völlig unvorhergesehene Weise aus unserem Tagtraum vom friedvollen Siegeszug westlicher Werte reißen: Orbán handelt, die Populisten Europas handeln, am spektakulärsten handelt Donald Trump. Ich stelle eine völlig unstatthafte, eine frivole Frage: Was können wir durch Donald Trump lernen? Das Erwachen!

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Joachim Wittenbecher | Di., 18. September 2018 - 07:57

Frank A. Meyer hält Deutschland immer wieder den Spiegel vor: man sieht dann zu viel Harmonie-sucht, zu wenig Streitkultur und leider wieder: autoritäre Herrschaft - ein Nachhall des Untertanengeistes. In der Schweiz ist nicht alles Gold was glänzt - aber die Streitkultur ist auf hohem Niveau und offensichtlich ist man dort besorgt über den Zustand des "großen Kantons" (Deutschland): Die Neue Zürcher Zeitung hat ihren Online-Auftritt (nzz.ch) speziell für deutsche Leser modifiziert, mit ausführlicher Berichterstattung über innerdeutsche Themen, sehr interessant - und etwas Besorgnis erregend, denn das wäre die natürliche Aufgabe von Bertelsmann, DuMont, Süddeutscher Verlag etc. Ein Schelm daher, wer Herrn Meyer das Bundesverdienstkreuz verleiht. Dazu herzlichen Glückwunsch, lieber Herr Meyer, von Ihren vielen deutschen Fans.

Armin Latell | Di., 18. September 2018 - 09:32

sind die europ. Bürger, die durch ein Mix an Narkotika namens Multikulti, Buntheit,
Vielfalt geradezu in Agonie verfallen sind. Verabreicht durch ideologisch verbrämte Politfunktionäre, die einzig darauf aus sind, krude Theorien in Realität umzusetzen. Es sind doch genau diese, die nur im eigenen Sinn agieren, handeln. Einige sind gegen deren Narkotika immun geworden, und reagieren nun. Und es werden immer mehr, die durch diese Überdosis Abwehrkräfte entwickeln. Tatsächlich ist es genau umgekehrt, Herr Meyer, wie Sie es beschreiben. Nicht die Demokraten schütteln die Köpfe, sondern die Autokraten wie Macron oder Merkel, die feststellen müssen: der gewünschte Systemwechsel, die Umerziehung Europas funktioniert so nicht. Das, was Sie als Attentismus beschreiben, ist geplante Absicht. Und tatsächlich, die wachen Bürger sind ohnmächtig dagegen. Mit Judo ist die Vergewaltigung ganzer Nationen nicht mehr zu bekämpfen. Diesbezüglich bin ich keinesfalls Ihrer Meinung.

Armin Latell | Di., 18. September 2018 - 09:36

Ja, es war aber nicht. Nichts von allen diesen Möglichkeiten. Die wirklichen Ziele liegen ganz wo anders. No nation, no borders. Dem wird alles untergeordnet. Und auch für Sie, Herr Meyer, sind diejenigen, die die wirklichen Probleme auch nur ansprechen, oder sich erdreisten, Vorschläge zu machen, Populisten. Nur wenn dies die Richtigen machen, dann ist es in Ihrem Sinne wohl gute Politik. Die vermittelt mir als Bürger aber nur noch eines: du bist wehrlos, hilflos, rechtlos, unerhört,
geknechtet. Wehre ich mich, bin ich Rassist, Undemokrat, Nazi, ewig Gestriger, Abgehängter. Ich verzichte gerne auf Bussi Bussi Bilder, schon gar nicht will ich eine Merkel küssen müssen. Die soll nur gute Politik für De machen, aber sie kann und will es nicht. Die erforderliche Dissonanz ist erst nach dem Einzug der AfD in den BT aufgetreten. Herr Meyer, Dissonanz ja, aber bitte nicht mit den Wirrköpfen der AfD? Wo wäre die Alternative?

Romuald Veselic | Di., 18. September 2018 - 12:49

Antwort auf von Armin Latell

Bravo & Bingo. Volltreffer! Ich könnte das nicht besser zum Ausdruck bringen!
Danke für Ihre Courage.

Am 15. Oktober wird man im frühen Morgen sehr viele verkaterte Gestalten in Bayern erleben. Wem wird die Schuld zugesteckt?

helmut armbruster | Di., 18. September 2018 - 09:52

Ist das echte, lebendige Demokratie, was wir im Bundestag sehen? z.B. so:
Man erhält mit Hilfe von Schöntun und Kungelei von einer etablierten Partei einen Listenplatz. Kommt dann so ins Parlament. Dort unterwirft man sich der Fraktionsdisziplin.
Im Gegenzug für solch konformes Verhalten ist einem der Listenplatz sicher und die Diätenzahlungen auch.
Das ist Beamtenmentalität, also eigentlich Versorgungsdenken mit Rundumabsicherung.
Das ist nicht unbedingt das, was man von einem Abgeordneten erwarten würde.
Und so bewegt sich so gut wie nichts. Wir, die Wähler sollten Leute wählen, die weniger an ihre eigene Versorgung denken, als vielmehr an ihr Land und wie sie es bewahren und nach vorne bringen können.

Eigentlich gehörende Listenplätze abgeschafft, denn nur dann weiß ich wen ich eigentlich gewählt habe und kann dann in seiner Sprechstunde im Wahlkreis ein bisschen mitreden....das wäre für mich gelebte Demoktatie

Wolfgang Tröbner | Di., 18. September 2018 - 11:42

Aber auch "von Trump lernen". Ich fürchte allerdings, dass ein solcher Appell an unseren Politikern (und zwar die ganze Bandbreite von Merkel über Nahles bis Habeck) ungehört abprallt. Trump mag sein, wer er will. In einer Hinsicht unterscheidet er sich jedoch grundsätzlich von den deutschen Politikdarstellern. Bei letzteren handelt es sich um reine Ideologen, während Trump Pragmatiker durch und durch ist.

Juliana Keppelen | Di., 18. September 2018 - 11:51

für die EU sich endlich zu emanzipieren. Allerdings mit den im alten Denken verhafteten Politiker/innen wird das kaum gelingen (die müssen sich erst ganz verwundert aus dem A....... der Pentagon-Boys heraus arbeiten und können immer noch nicht glauben, dass die Welt sich weiter gedreht hat). Ich hoffe auf neue nach vorwärts gerichtete Köpfe und ich hoffe für die Zukunft auf ein partnerschaftliches Verhältnis auf Augenhöhe dazu muss man aber erst mal unabhängig sein.

Michael Maschke | Di., 18. September 2018 - 12:58

Zitat: "...Berlin, wo Publizistik und Politik sich geradezu unzüchtig intim in den Armen liegen"
Danke, besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.

Heinz Meier | Di., 18. September 2018 - 15:59

Der Text meines fast Namensvetters ist mir leider zu hohl. Es geht nicht um ein taktisches Geplänkel, wie ich es meinem störrischen Kind beibringe ( z. B. durch wirkungloses Diskutieren in Talkshows) sondern um Grundsatzfragen. Wollen die Bürger einen europäischen Zentralstaat oder nicht und eventuell welcher Ausprägung? Wollen die Bürger
no nation, no border ? Wollen die Bürger die z. Zt. laut oder leise stattfindende Masseneinwanderung von überwiegend Muslimen? Wer würde glauben, die „Eliten“ wären bereit über ihre Projekt ernsthaft und ergebnisoffen zu diskutieren? Wer ist hier der Schlafwandler?

Günter Fischer | Di., 18. September 2018 - 16:00

Ich stimme hier zu:
"Demokratie ist Streit und Handeln. Beides ist Europa abhandengekommen. Es schlafwandelt."

Als gelernter DDR-Bürger musste ich mal lernen: Von der Sovietunion lernen bedeutet siegen lernen."
Wie sehr das in die Binsen gegangen ist, weis jeder meinesgleichen und ein Teil der Brüder und Schwestern wahrscheinlich auch.

Nun jedoch aus Trumps Verhalten etwas zu Lernendes folgern zu konnen/dürfen/müssen ... ist mir nicht nur suspekt, sondern lässt mich fast schon wieder ans die alte DDR-aufgezwungene "Weisheit" glauben.

Ich will ja niemandem zu nehe treten, jedoch sollte sich der Verfasser doch mal mit den Grundlagen der Demokratie beschäftigen."

Mein Grossvater hätte es deutlicher gesagt:
"Der soll sich sein Lehrgeld wiedergeben lassen, weil es nix genutzt hat."

In jedem Falle schadet Weiterbildung Niemandem.