Eine Frau zeigt im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein einen Organspendeausweis.
Sollte es bei der freiwilligen Organspende bleiben? / picture alliance

Widerspruchsregelung in der Organspende - Auf Herz und Nieren

Der Vorschlag zur Neuregelung der Organspende von Gesundheitsminister Jens Spahn wird heiß diskutiert: Sollen künftig alle Bürger nach dem Tod ihre Organe spenden müssen und dem nur mit einer Verneinung entgehen oder nicht? Ein Pro und Contra

Antje Hildebrandt

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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Pro von Chiara Thies

Man spendet nicht Organe, sondern schenkt jemandem das Leben. Das ist meine persönliche Meinung, die ich nur vor mir selbst rechtfertigen muss und mit der ich sterben werde. Die Organspende ist ein persönliches Thema, jeder muss sich damit individuell auseinandersetzen. Das geschieht in Deutschland auch: Laut der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) stehen 84 Prozent einer Organspende positiv gegenüber. Trotzdem sank die Zahl der Spenden 2017 in Deutschland auf einen Tiefpunkt. Denn obwohl 71 Prozent bereit für eine Organspende wären, besitzen gemäß einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nur 35 Prozent einen Organspendeausweis. 

Die Widerspruchsregelung ist nötig, damit auch die restlichen 65 Prozent der „Ja“-Sager ihre Organe spenden. Trotzdem wird bei der Widerspruchsregelung jedes genauso berechtigte Contra-Argument respektiert: Nein heißt nein. Wer nicht will, der muss nicht. Nur muss er es vorher eben entweder deutlich artikulieren, oder seine Angehörigen übernehmen das nach dem Todesfall. Denn auch die Hinterbliebenen besitzen nach Jens Spahns Vorschlag ein Einspruchsrecht. Da einen der eigene Partner, die Kinder oder die Eltern kennen, kann man davon ausgehen, dass ihr Urteil im eigenen Sinne ausfällt. Auch religiöse Bedenken können so respektiert werden.

Gleichzeitig kann eine Widerspruchsregelung den vielen Menschen ein Überleben sichern, die ein Spendeorgan benötigen. Denn momentan ist es wahrscheinlicher auf eine Organspende angewiesen zu sein, als selbst zu spenden. Eine traurige Bilanz, bedeutet sie doch den Tod so vieler Menschen. Da die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland so hoch ist, kann man den restlichen 29 Prozent der Bürger, die gegen eine Organspende sind oder sich noch nicht damit auseinandergesetzt haben, zumuten, ihren Widerspruch deutlich zu artikulieren. 

Niemand wird gezwungen

Sogar die überwältigende Mehrheit der Angehörigen von Organspendern, die sich für die Transplantation entschieden hat, würde wieder so handeln – 90 Prozen, um genau zu sein. Weitere 88 Prozent geben laut DSO an, dass die Organspende ihres Familienangehörigen keinen Einfluss auf ihren persönlichen Trauerprozess hatte. Die Hinterbliebenen können selbst entscheiden, ob sie sich vor oder nach der Transplantation verabschieden möchten. 

Außerdem ist die Widerspruchsregelung längst nötig: Weil in Deutschland so viele Spenderorgane fehlen, müssen sie aus Eurotransplant-Ländern eingeflogen werden. Und das perfiderweise aus Ländern mit Widerspruchsregelung wie Spanien. Dort gilt das Gesetz seit Jahren, sogar ohne das Einspruchsrecht der Angehörigen. Warum sind wir Deutschen also so unsolidarisch, wenn es um unsere Mitmenschen geht?

Bei der Widerspruchsregelung geht es draum, die Menschen vor eine Entscheidung zu stellen: Beim Arztbesuch könnten Patienten aufgeklärt werden. Der Arzt kann ihnen die Angst nehmen, dass bei Todesgefahr „nicht alles für ihn getan“ werde. Die Ärzte schauen niemandem beim Sterben zu, damit sie später zehn Leben retten können. Aus gutem Grund: Menschenleben dürfen nicht gegeneinander aufgewogen werden. 
 
Und wie gesagt: Wer nicht spenden möchte, kann immer noch „nein“ sagen. Niemand wird gezwungen gegen seinen Willen zu handeln. 

 

Contra von Antje Hildebrandt

Der Vorschlag von Jens Spahn ist eine Mogelpackung. Was uns der Bundesgesundheitsminister als  Organspende verkaufen will, ist ein Eingriff in das persönliche Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht. Ja, man ist geneigt, von Leichenfledderei zu sprechen. 

Schließlich will Spahn Transplantationsmedizinern die Möglichkeit eröffnen, jedem hirntoten Patienten Organe zu entnehmen, sofern sich dieser nicht schon zu Lebzeiten dagegen ausgesprochen hat. Von einer Spende als Akt der Freiwilligkeit kann also keine Rede sein. Es ist eine beklemmende Vorstellung. Zwar würde die so genannte Widerspruchslösung nur einen kleinen Prozentsatz von Toten betreffen – nämlich Menschen, die hirntot sind. Zwei Ärzte müssten unabhängig voneinander feststellen, dass die Gesamtfunktion des Hirns unwiederbringlich erloschen ist.   

Doch dieser Nachweis ist nicht immer zweifelsfrei möglich. Das hat der Fall eines 13-jährigen Jungen in den USA gezeigt. Die Ärzte hatten ihn nach einem Unfall schon für hirntot erklärt. Einen Tag vor der Organ-Entnahme wachte der Junge wieder auf. Es gibt Ärzte und Ethiker, die sagen, Hirntote seien Sterbende, die erst durch die Organentnahme getötet werden. Ja, es ist schon vorgekommen, dass Blutdruck und Herzfrequenz während einer Organentnahme plötzlich wieder sprunghaft angestiegen sind. Sind das nur Nervenreflexe, oder ist es ein Zeichen für Schmerzempfinden? Vor der Organ-Entnahme werden in der Regel keine schmerzlindernden Medikamente verabreicht. Bekommt der Sterbende von der Transplantation noch etwas mit? Und was ist mit seiner Seele? 

In Deutschland ist in den vergangenen Jahren das Bewusstsein dafür gewachsen, was einen würdevollen Tod ausmacht. Es gibt Kurse zur Sterbebegleitung. Kein Patient hat es verdient, dass er allein in seinem Krankenhausbett stirbt, ohne dass jemand in den letzten Minuten seines Lebens seine Hand hält. Und dann kommt der Gesundheitsminister einer Partei mit dem C im Namen und macht Druck beim Sterben? Er fordert Mediziner zu Eingriffen auf, die weder ethisch noch rechtlich zu vertreten sind. 

Hauptproblem: Kliniken

Spahn argumentiert rein ökonomisch – mit nackten Zahlen. Jeden Tag, so sagt er, sterben in Deutschland drei Menschen, weil es hierzulande nicht genug Organspender gäbe. 797 waren es 2017. So wenig wie noch nie. Damit gehört Deutschland zu den Ländern mit dem geringsten Aufkommen an hirntoten Organspendern. Man kann sagen: Die Lage ist dramatisch. 

Denn die Warteliste für Spenderorgane ist lang. Mehr als 10 000 Menschen warten derzeit auf eine neue Niere, eine neue Leber, ein neues Herz oder eine neue Lunge – immer häufiger vergeblich. 

Trotzdem geht der Vorstoß des Ministers an der Realität vorbei. An der mangelnden Spendenbereitschaft der Bürger liegt der Rückgang der Transplantationen nämlich nicht. Schließlich, das hat eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ergeben, stehen über 84 Prozent der Deutschen einer Organ- und Gewebespende positiv gegenüber. Die Zahl der Inhaber eines Organspendeausweises hat sich seit 2008 sogar verdoppelt. Sie stieg von17 auf 36 Prozent. 

Der Hauptgrund für den Rückgang liegt offenbar nicht bei den Spendern, sondern bei den Kliniken. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Uniklinikums Schleswig-Holstein. Sie offenbart ein Paradoxon. Denn obwohl mit der Zahl der Todesfälle mit Hirnschädigung die Zahl der potenziellen Organspender gestiegen sei, hätten weniger Krankenhäuser mögliche Spender an die Deutsche Stiftung für Organtransplantation gemeldet. Vielen Kliniken fehlten schlicht und einfach die personellen Voraussetzungen, resümieren die Forscher.

Vor diesem Hintergrund geht der Vorschlag des Bundesgesundheitsministers nicht nur an der Realität vorbei. Er ist auch Verrat an den christlichen Werten seiner Partei an. Wiegt das Recht zu leben schwerer als das Recht auf einen würdevollen Tod? 

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Richard Grünert | Mi., 5. September 2018 - 14:50

Gut für die Organmafia-schlecht für den Organbesitzer.
Wer meinen Körper qua Gesetz zum Ersatzteillager erklärt ist, in der Tat, ein Leichenfledderer.

Rudi Hoffmann | Mi., 5. September 2018 - 14:53

und Organenteignug nur durch eine Widerspruchsregelung zu entkommen ist schon dreist . Dann noch von einer Spende zu reden eine Frechheit . Spende ist immer noch eine freiwillige Sache auch an wen gespendet wird !Ich selbst habe einen Spenderausweis in der Hoffnung , dass meine Organe wertvoll sind und mir im ERnstfall
unnötige Maßnahmen erspart bleiben , für ein Leben das keines mehr ist.

Kurt Janecek | Do., 6. September 2018 - 12:25

Antwort auf von Rudi Hoffmann

Auch wenn eine Erklärung vorligt kein Organspender zu sein traue ich unserem System zu auch aus "versehen" Organe im dringenden Bedarfsfall (hohe Persönlichkeit) beim Nichtspender zu entnehmen. Das kann dann sicherlich mit einer tief berührten Entschuldigung wieder beglichen werden.

Günter Johannsen | Mi., 5. September 2018 - 15:33

Herr Spahn (CDU) beabsichtigt sicherlich, Gutes umzusetzen. Aber dennoch Widerspruch:
Eine Organspende-Pflicht ist ein tiefer Eingriff in Persönlichkeitsrechte der Bürger. Nur in einer Diktatur (die wir nicht sein wollen) wäre eine Entscheidung über die Köpfe der Menschen hinweg möglich. Ich musste vierzig Jahre meines Lebens in der DDR-Diktatur ertragen und bin deshalb gegenüber „Zwangsmaßnahmen“ seitens einer Regierung sensibilisiert. Demokratie heißt: die Macht geht vom Souverän, dem Volk, aus. Die Regierung, auch Frau Merkel und Herr Spahn, muss den Willen des Volkes umsetzen, nicht umgekehrt! Aus diesem Grunde ist es notwendig, in einer Volksabstimmung über den Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eines jeden Einzelnen zu entscheiden. Ich meinerseits möchte einer Merkel-Regierung, der ich kein Vertrauen entgegen bringe, keinen Blanko-Scheck über Nutzung meiner Organe ausstellen! Die üble Hofberichterstattung über Kandel und Chemnitz haben mir endgültig die Augen geöffnet!

Im sogenannten 'Westen' groß geworden, fühle ich mich heute so. Alles wird der Wirtschaft untergeordnet - hier der Gesundheitsindustrie. Denn die Idee, die Vergütungen für Organentnahmen zu erhöhen, spricht Bände! Der "Ausbau" wird honoriert - wer prüft die "Nutzung"? Dass Ärzte (wie andere Menschen) auch an Geld denken (oder denken müssen - sogar qua Anstellungsvertrag!), schreckt mich!
Vertrauen? Das haben sowohl Frau Merkel mit ihrem autoritären Handeln genau so verwirkt wie auch die Ärzte, die so denken und handeln wie ich es leider im Bekanntenkreis erleben musste: "Das bringt alles Geld"..... Widerlich!

Christine Sander | Mi., 5. September 2018 - 15:33

Der Körper sollte kein öffentliches Gut sein, über das der Staat verfügen kann. Er verfügt ja nicht "nach" dem Tod. Der Tod tritt erst mit dem Herzstillstand ein. Und ab dem Zeitpunkt sind die Organe nicht mehr verwendbar (außer der Hornhaut). Hirntod ist nicht gleich Tod. Hier wurde eine Fiktion geschaffen, um die Ware verwerten zu können, bevor sie verdorben ist. Die Frage ist einzig und allein: Heiligt der Zweck - das mögliche Retten von wertvollem Leben das Töten eines nicht wertvollen Lebens? Und wer maßt sich an den Wert zu bestimmen?
Aus liberaler Sicht ist der Unterschied zwischen Zustimmungs- und Widerspruchslösung gewaltig. Man stelle sich vor, das Vermögen eines Verstorbenen fiele an den Staat, wenn er kein Testament gemacht hätte. Eine solche behördliche Anmaßung würde zu einem Aufschrei führen.
Deshalb sollte der Körper erst recht kein öffentliches Gut sein, über das der Staat verfügen kann.

Thorsten Rosché | Mi., 5. September 2018 - 15:35

Was ist der nächste Schritt ? Der Staat ist automatisch Erbe und Rechtsnachfolger für Körper, Seele, Geist und Nachlass. Ausser man widerspricht - rechtzeitig natürlich, mit amtlich beglaubigtem Formular No. 0001 bis 1001 ;-) Ja, wir sind auf dem Weg in die Zukunft.....

Ihr Kommentar hat mich erheitert. Unter dem Merkel-Regime ist wirklich mit allem zu rechnen.

Georg Zeegers | Mi., 5. September 2018 - 17:17

Antwort auf von Michaela Diederichs

WIE WÄRE es mit einer kleinen Gegenleistung das der Staat für die Beerdigungskosten aufkommt !.Nicht nur die Kliniken Reibach machen?.(DDR 2 Stimmt voll und ganz!)

Mathias Trostdorf | Mi., 5. September 2018 - 19:21

Antwort auf von Georg Zeegers

Das denke ich auch. Wir leben im Kapitalismus, teure Transplantationszentren wollen unterhalten werden und Spezialisten wollen gut verdienen- nur die, die das ganze möglich machen, nämlich die Organspender sollen leer ausgehen. Eine Lungentransplantation wird mit über 100.000Euro beziffert. Da wär es doch bestimmt auch noch im Rahmen, für den Spender 5000Euro Beerdigungskosten zur Verfügung zu stellen.
Das wäre aus meiner Sicht ein Anreiz, die Organspende attraktiver zu machen. Von der Widerspruchslösung halte ich aus dem angeführten Grunde nichts, auch, weil viele Leute aus Bequemlichkeit vorher nicht widersprechen. Und genau darauf baut Spahn. Was ich unfein finde.

Juliana Keppelen | Do., 6. September 2018 - 13:30

Antwort auf von Georg Zeegers

Das mit den Beerdigungskosten ist gar nicht so abwegig. Jedenfalls für die Hinterbliebenen überlegenswert kommen doch locker 7000 - 7500 Euro beim unteren Level bei einer Beerdigung zusammen. Und je nachdem wie das Verhältnis zu dem Toten ist und war könnte das die Organzahl erheblich steigern. Ansonsten soll man es dabei belassen, dass jeder selber sich mit einem Organspenderausweis entscheidet seine Organe zu spenden.

Tomas Poth | Mi., 5. September 2018 - 15:36

Dazu fällt mir ein GG Art.1 "DieWürde des Menschen ist unantastbar" Auch die eines verstorbenen oder etwa nicht!
Dann fallen mir Begriffe ein wie Ausschlachten, Leichenfledderei...
Wie leicht einige es sich machen wollen. Der Organempfänger könnte ja auch ein kapitaler Straftäter sein oder vielleicht später noch werden?
Für mich gilt, nur freiwillige Organspende.

Jürgen Keil | Mi., 5. September 2018 - 16:08

Werte Frau Thies, jeder, auch sehr junge Menschen wie Sie, sollte sich immer eine eigene Meinung zu all den vielfältigen Problemen und Fragen des Lebens bilden. Die haben Sie sicher auch. Aber es gibt Fragen, zu deren objektiver Beantwortung ein gerüttelt Maß an reifer Lebenserfahrung dienlich ist. Wenn man dies, ob seiner Jugend objektiv nicht haben kann, ist Zurückhaltung in der Meinungsäußerung manchmal kein Fehler. Zu Fragen der Lebenswelt junger Leute sind Sie mit Gewissheit kompetenter als ein alter Mann wie ich. Deshalb halte ich mich dort auch zurück.

was ist denn Ihre Meinung?

Ich gebe Ihnen recht, dass ältere Menschen Fragen beantworten können, die jüngere nicht beantworten können und andersherum. Aber ich bezweifele ehrlich gesagt, dass es zu einem so subjektiven Thema wie der Widerspruchsregelung eine objektive Meinung geben kann. Zumal es alle Generationen betrifft. Geht es hier nicht also darum, was die Mehrheit der Bevölkerung möchte? 

Mit freundlichen Grüßen
Chiara Thies

Michaela Diederichs | Mi., 5. September 2018 - 17:11

Antwort auf von Kirsch

Nachdem ich gerade das Wort Leistungsrassismus gelernt habe, kann man das Statement zu Ihrem Alter auch als Jugendrassismus umdeuten. ;-)

Ich denke, jedem ist es frei gestellt, sich einen Organspendeausweis zu besorgen. Mein Kind trägt einen mit sich herum. Ich nicht. Übrigens mein Kind denkt ganz ähnlich wie Sie.

Heidemarie Heim | Mi., 5. September 2018 - 18:38

Antwort auf von Michaela Diederichs

Die Leichtigkeit des Seins;-), lang ist`s her! Liebe Frau Diederichs und liebe Tochter!
Ich denke mit den Ausweisen verhält es sich wie mit den Patientenverfügungen, den Betreuungsverfügungen, der Sterbepolice oder dem Grabkauf. Hat alles was Morbides, Unfälle haben nur die Anderen, Pflegeheim oh Graus! "Seien Sie nett zu Ihren Kindern, denn die suchen das Altersheim für Sie aus!";-) Bis bald, liebe Grüße!

Jürgen Keil | Mi., 5. September 2018 - 19:40

Antwort auf von Kirsch

Da Sie nach meiner Meinung fragen, Frau Thies, ich bin gegen den Vorschlag des Gesundheitsministers. Ich betrachte erstens diesen Vorschlag als eine Einschränkung meiner persönliche Freiheit durch die Hintertür. Und zweitens ist mir das Vertrauen in dieses System verloren gegangen. Es gibt genügend Beispiele für nicht legales, monetäres Gewinnstreben im Gesundheitswesen (unnötige Operationen, Organspende- Skandal, unwirksame Krebsmedikamente). Und drittens, bei Meinungsumfragen ist immer Skepsis geboten. Warum nicht eine Volksbefragung wie in der Schweiz. Und an die Damen, die geantwortet hatten: auch wenn es Frau Thies selbst betreffen könnte, dass möge nie eintreten, stehe ich zu meiner Grundaussage.

Arne Bruhn | Do., 6. September 2018 - 00:42

Antwort auf von Kirsch

Es geht um die individuelle Entscheidung jedes Einzelnen - nicht um das "was die Mehrheit der Bevölkerung" will! Jeder kann und darf sich als Spender "outen" - dazu wurde der Spenderausweis geschaffen. Und wer sich nicht entscheiden kann oder will, muss darauf vertrauen können, dass das respektiert wird!
Meine Sorge: Eine Widerspruchserklärung wird "nicht gefunden" - "übersehen" oder "verloren" etc. etc.
Leider hat "man" jedes Vertrauen zerstört bei mir!

Wolfgang Brauns | Do., 6. September 2018 - 08:39

Antwort auf von Kirsch

Als ebenfalls älterer Mensch sage ich Ihnen jetzt etwas, was sogar auch ein jüngerer Mensch wissen könnte und sollte.

Keine Demokratie kann funktionieren, wenn die MEHRHEIT die Belange der Minderheit nicht berücksichtigt. Erst recht nicht, wenn die Minderheit an die fünfzig Prozent geht.
Die meisten Probleme haben wir ja derzeit gerade wegen der Aufkündigung dieses auch dem Grundgesetz zugrunde liegenden wichtigsten Grundsatzes.

Stellen Sie sich zur Veranschaulichung nur einmal vor, eine Mehrheit beschlösse die Abkehr vom Prinzip der Unschuldsvermutung.
Und falls Sie sagen wollten, das ist ein zu krasses Beispiel, so denken Sie nur mal über die Umkehrung diese Grundsatzes bei finanziellem Besitz nach.
Natürlich wird der Einstieg immer mit einem Missbrauch (Geldwäsche etc.) begründet .
Danach wird das "Aufgebrochene" dann Stück für Stück "weiterentwickelt".
Nach einigen Jahren dieser systematischen "Weiterentwicklung" wachen Sie dann in einer Diktatur auf und wundern sich!

Olav Bouman | Do., 6. September 2018 - 09:47

Antwort auf von Kirsch

Das Alter spielt bei vielen subjektiven Meinungen eine Rolle. Wenn ich mich subjektiv auch öfters darüber ärgere, hat das aber natürlich einen evolutionsbiologischen Sinn - objektiv. Zur Organspende lässt sich eine objektive Position aber problemlos darstellen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Und das muss auch gelten, wenn es einem in einem spezifischen Fall nicht gefällt, oder die Mehrheit denken würde sie in bestimmten Fällen entziehen zu können.
Dieser Grundsatz unseres Grundgestzes und aller demokratischen Verfassungen (sinngemäß) muss universell gelten und darf nicht bei Bedarf ausgesetzt werden. Und gibt es einen schlimmeren Eingriff in die Menschenwürde als ihn einfach als Ersatzteillager zu nutzen? Alle anderen Argumente pro oder contra einer Widerspruchslösung sind eine Frage der Abwägung und persönlichen Sichtweise. Oder wenn es beliebt des Alters oder der noch verbleibenden Zeit die einem von dem wahrscheinlichen Zeitpunkt des eigenen Todes trennt.

Ihre Zurechtweisung der jungen Autorin ist alleine schon deshalb deplatziert, da sie von der Thematik in exakt dem gleichen Maße betroffen ist wie Sie !

Sascha Hans | Mi., 5. September 2018 - 16:23

Die Mittel unseres Gesundheitssystems sind begrenzt. Daher sollten sie da verwendet werden wo sie den meisten nutzen bringen.
Bevor man jetzt alle Menschen zu Zwangsspendern macht wäre zu überlegen ob es überhaupt sinnvoll ist, noch mehr Geld in die Transplantationsmedizin zu investieren oder ob mit diesem Geld nicht in anderen bereichen der Medizin mehr für die Patienten erreicht werden kann.

- Wie hoch ist, bei den verschiedenen Transplantationen (Herz, Leber, Niere), die 1-Jahres-Überlebensrate, wie hoch die 3-Jahres-Überlebensrate, usw. ?
- Nach wie vielen Jahren wird im Schnitt das zweite Transplantat benötigt?
- Wie Hoch sind die Kosten für Transplantation und 1-, 3-, 5-Jahres Behandlung?
- Wieviele zusätzliche Lebensjahre werden mit diesen Geldmitteln durch die Transplantationsmedizin generiert?
- Wieviele zusätzliche Lebensjahre könnten diese Geldmittel, wenn sie in anderen bereichen der Medizin verwendet werden - z.b. besser Hygiene in Krankenhäusern - generieren?

Wenn Ihr Kind mit kaputten Nieren auf die Welt kommt und nur mit Dialyse weiter- oder mit Spenderniere leben kann? Wie sieht es dann aus?

Juliana Keppelen | Do., 6. September 2018 - 15:38

Antwort auf von Michaela Diederichs

Wenn man selbst ein schwerkankes Kind hat dann hofft man dass ein anderes Kind so schnell als möglich stirbt um meinem Kind zu helfen. Ergo jedes Ding hat zwei Seiten. Aber an jene Mehrheit die sich jetzt (angeblich) für die Wiederspruchslösung stark macht ein Hinweis, jeder ich betone jeder kann sich ohne Probleme und ohne große Mühe einen Organspenderausweis besorgen. Ich glaube Herrn Spahn wäre damit schon sehr geholfen.

Es sind vor allem die Folgekosten der Transplantationen die mehr ins Geld gehen als die Transplantation selbst, d.h. die dauerhafte medizinische Überwachung und medikamentöse Versorgung bis zu einer möglichen Folgetransplantation oder Exitus.

Na, Herr Hans hat schon recht, daß man Kosten und Nutzen nicht aus den Augen verlieren darf, denn das Geld könnte vielleicht- auch wenn es im Einzelfall bedauerlich ist- anderswo im Gesundheitswesen "besser" eingesetzt werden.
Ich sah zb. eine Reportage, in der ein ca vierzigjähriger bedauernswerter Familienvater bereits dreimal(!) eine neue Lunge bekommen hatte und nun um eine vierte bettelte. Ich glaube, es gab niemanden, der die Doku gesehen hat, der ihm und seiner Familie das neue Organ nicht gegönnt oder mitgefühlt hätte, aber der Arzt und die Kasse sollten diese unglaublich schwierige Entscheidung treffen, ob er die nun noch bekommen sollte. Aus medizinischer, aber auch aus Kostensicht.
Es bleibt auch über den Vorgang hinaus eine heikle Sache. Ich gönne es wirklich jedem, dem durch eine Organspende noch ein bißchen Leben geschenkt wurde.
Aber es ist ein komplexes Thema, ob jemand seine Organe spenden möchte, sollte ihm selbst und ohne Tricks überlassen bleiben.

Thomas Diebels | Mi., 5. September 2018 - 17:20

stufen "Menschlein" jetzt als Ersatzteillager ein -
wie praktisch !

ingrid dietz | Mi., 5. September 2018 - 17:21

Dann darf die Entnahme versch. Organe aber nicht mehr als "Spende" definiert werden !

Wortvorschläge sind erbeten !

Vielleicht Organabgabe? So wie Steuern und Abgaben? Jeder muss was beisteuern.

Kommt erst mal harsch herüber liebe Frau Dietz. Dachte ich auch schon bei Auswüchsen in der Medizinwelt wie Klonen, Embryonenstammzellen usw.
Auf der anderen Seite, wenn ich mir so angucke was die Leute in der kosmetischen Chirurgie sich so alles an "Ersatzteilen" an-oder reinpfriemeln lassen. Auch die Echthaarperücke setzt man sich auf den Kopf aus den wegen Armut verkauften
wunderschönen Haaren vieler Asiatinnen.
Wie wäre es mit "Lebensgeschenk"? Was höherwertigeres als ein hoffentlich auch funktionierendes Teil von mir, habe ich sonst nicht anzubieten.
PS: Die, die es als Zwang empfinden, brauchen doch nur "NEIN" zu sagen. Ich glaube es gibt Länder, die dann aber auch knallhart sagen, das der Nichtspender im Fall der Fälle auch keinen Anspruch auf Ersatzteil hat bzw. an`s Ende der Liste zu rücken ist. Das ist Zwang, oder? Liebe Grüße!

Lebensgeschenk gefällt mir außerordentlich gut. Allerdings ist es ja eher ein Lebend-verschenkt, sonst kann man die Organe nicht mehr verwenden. Allerdings wenn das Hirn tot ist, ist es tot. Da ich nie gesund gelebt habe, ist an mir vermutlich sowieso nichts Brauchbares zu verwerten. Die Mediziner dürfen natürlich gucken, ob da noch was bei rumkommt, aber das wäre aus meiner Sicht Zeitverschwendung. Deshalb hab ich auch keinen Ausweis. Liebe Grüße und auf bald

Carola Schommer | Mi., 5. September 2018 - 17:51

deutet ein Schweigen in eine Zustimmung um, was rechtlich höchst bedenklich ist. Aber es wäre nicht der erste Paradigmenwechsel in den letzen Jahren, warum also nicht auch hier ?
Eine andere Frage ist, wie lange die Aerzte nach einem Widerspruch suchen würden, wenn sie doch eigentlich gar keinen finden wollen. Der Zettel im Portemonnaie kann bei einem Unfall (Unfallopfer als die größte potenzielle Spendergruppe) schließlich auch verloren gegangen sein. Macht nichts, derjenige wollte bestimmt ein Organspender sein !

Ich denke sehr geehrte Frau Schommer, das sich kein Mediziner an Ihnen zu schaffen macht ohne eine Kostenübernahmeerklärung durch die Krankenkasse, bei der man Ihren Widerspruch, hoffentlich digital abrufbar;-) hinterlegt hat.
Was das Schweigen betrifft und die Interpretation, so ist es aktuell eine der größten Schwierigkeiten für die Angehörigen, die sich neben ihrem Schock oder Trauer immer hinterfragen, ob sie mit ihrer Zustimmung das richtige im Sinne des bis dahin "Schweigenden" getan haben. Diese Zusatzbelastung sollte man mit vorzeitigem Bekunden des eigenen Willens bitte vermeiden! Gute Zeit! MfG

Carola Schommer | Mi., 5. September 2018 - 19:27

Antwort auf von Heidemarie Heim

natürlich ist es sinnvoll mit den Angehörigen vorher das Gespräch zu suchen. Aber vielleicht will das nicht jeder. Der Mensch hat auch das Recht sich mit etwas nicht auseinander zu setzen.
Und die Umdeutung des Schweigens in eine stillschweigende Zustimmung ist vor allem anderen ein juristisches Problem von Verfassungsrang. Wie auch Herr Bingel schreibt, gilt in unserem Rechtssystem ein Schweigen gerade nicht als Zustimmung. Dies kann auch ein Leitfaden für Angehörige sein.

Heidemarie Heim | Do., 6. September 2018 - 11:28

Antwort auf von Carola Schommer

Danke liebe Frau Schommer für Ihre Antwort! Natürlich hat jeder Mensch erst mal das Recht sich bestimmten Auseinandersetzungen mit sich selbst und Anderen zu verweigern. Nur erlebe ich es aktuell leider im nahen Familienkreis, deshalb bin ich wahrscheinlich nicht sehr objektiv in dieser Hinsicht, wie so ein Ausschweigen über die willentlichen Bedürfnisse die Familie belastet. Bis hin zu gegenseitigen Vorwürfen nach dem Motto:" Du willst mich ja nur abschieben...usw.!" Frau Diederichs in ihrer Antwort auf meinen Kommentar handelt da für mich vorbildlich.
Juristisch gesehen haben Sie und Herr Bingel natürlich recht. Wobei ich denke, das dieses Gesetz vor allem für Menschen gemacht wurde, die ihren Willen nicht mehr zum Ausdruck bringen können? Ich weiß es nicht. Bin bei vielem auch im Zwiespalt und bin sehr froh, mich hier mit Ihnen allen auseinandersetzen zu können. Beste Grüße!

Heidemarie Heim | Mi., 5. September 2018 - 18:04

Das können die von uns Gewählten oder nicht Gewählten, gar per GroKo-Mehrheit, meines Erachtens nicht entscheiden. Solch ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen gehen nicht per Gesetz. Für Kinder müssten die Eltern im Akutfall entscheiden wie bisher und mit Eintritt der Volljährigkeit ist es Sache des Individuums. Beide Argumentationen hier sind richtig, aber bei diesem höchst ambivalenten Thema gibt es kein falsch oder richtig. Nur die eigene Entscheidung ob mein Herz eventuell länger lebt als meine Seele. Ich trage den Spenderausweis mit persönlichen Anweisungen was das Umgehen mit meinen Körper betrifft seit mehr als 20 Jahren mit mir herum. Er altert sozusagen mit mir;-)Er ist für mich persönlich u.a. eine Versicherung für ein würdevolles Sterben ohne endlos beatmetes Dahinvegetieren im Falle meines Hirntodes. Was Koma betrifft und das was mancher als Leben nach einem Erwachen darunter versteht, habe ich bei der eigenen Mutter erleben müssen.Patientenverfügung!!!

die dann hoffentlich nicht angezweifelt wird , ob gerade in diese Situation anwendbar ? Zweifel über Zweifel .

Ja werter Herr Hoffmann! Man zweifelt aber weniger über den Bedarf einer solchen Verfügung, wenn man z.B. wie ich selbst sämtliche "Institutionen" unseres Gesundheitswesens wie ich es mal nennen möchte, durchlaufen und kennengelernt hat. Als Arbeitnehmer vertraut mit Arbeitsweise und den realen Umständen, wie auch als betroffene Angehörige wenn Fehler unterlaufen. Am besten und sichersten sind m.E. Verfügungen, die in Absprache z.B. dem Arzt Ihres Vertrauens und Ihrer engen Angehörigen welche als mögliche Betreuer in Betracht kämen, erstellt und hinterlegt werden. Das betrifft nicht nur den Todesfall. Ich habe z.B. sehr unterschiedliches Verordnungsverhalten hinsichtlich lebensverlängernder medizinischer Maßnahmen im Pflegeheim durch persönliche Hausärzte erlebt, die ihre langjährigen Patienten dort betreuten und mit der Sicherheit einer Verfügung entsprechend handeln konnten. Auch gegen ökonomische Interessen, wenn Sie verstehen was ich meine. Alles Gute! MfG

Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht haben wir notariell nach der Geburt unseres Kindes geregelt. Den Dachboden haben wir schon leer gemacht. Ich miste beständig aus. Die Suche nach dem richtigen Heim läuft auch. Wartezeiten sind lang. Besser früher als zu spät daran denken. Nein sagen kann man ja immer. Es auf das Kind abzuwälzen, finde ich persönlich sehr asozial. Schlimm genug, wenn die Eltern - ob durch Demenz oder Tod - verloren gehen. Liebevolle Vorsorge nenne ich das. Liebe Grüße

Heidemarie Heim | Do., 6. September 2018 - 12:15

Antwort auf von Michaela Diederichs

Vorbildlich liebe Frau Diederichs! Möchten Sie uns eventuell adoptieren;-)? Spass beiseite, wie ich Frau Schommer schon schrieb, machen mein Mann und ich, auch beide schon fortgeschrittenen Alters, gerade Bekanntschaft mit "schweigendem Altersstarrsinn" wie ich es inzwischen verzweifelt nenne. Und da mein Liebster als einziger Sohn erheblich darunter leidet, bin ich natürlich besonders "angefressen" bei bestimmten Themen;-). Trost finde ich immer in dem Spruch von Zsa Zsa Gabor glaube ich, der in etwa lautet: " Altwerden ist nichts für Feiglinge!" So Long! MfG

Thomas Bingel | Mi., 5. September 2018 - 18:12

Das Hauptargument aus meiner Sicht wurde hier noch gar nicht genannt, nämlich:
Es kann doch wohl nicht sein, dass es automatisch als meine Einwilligung gewertet wird, wenn ich nicht ausdrücklich „Nein” sage. Man stelle sich das mal für sonstige Situationen im Leben vor! Wie ein Professor von der Universität Basel im Fernsehen sagte: „Nach dieser Vorstellung "Nur der, der widersprochen hat, hat sein Nein erklärt", nach dieser Vorstellung könnten wir, im Extrem gedacht, eigentlich zu allen erdenklichen Ansprüchen, die an uns herangetragen werden …” – man stelle sich das mal vor, nichtwahr: z.B. da wird dir nicht mehr Werbung für ein neues Auto geschickt und du musst das bestellen, sondern die stellen dir die Kutsche gleich vor die Tür und du musst sie bezahlen, denn du hast ja nicht vorher gesagt, dass du sie NICHT haben willst. Wo soll so eine Umkehrung der Willensäußerung hinführen?

Michaela Diederichs | Mi., 5. September 2018 - 20:44

Antwort auf von Thomas Bingel

Das Thema ist so ernst und ich biege mich hier heute Abend vor lachen. Beim Sex machen es die Schweden anders herum. Da muss man vorher um Erlaubnis fragen. Ich denke, das gilt auch für die Ehe. Ich stelle mir vor, meinem Mann ein Formular in die Hand zu drücken oder er mir eines. Wollen wir oder wollen wir nicht? Oder vielleicht doch besser jeder für sich, wegen der rechtlichen Seite? Sonst hat man anderntags eine #MeToo-Debatte am Hals. Wie sagte Frau Özoguz: Das Leben muss täglich neu ausgehandelt werden. Die Leichtigkeit des Lebens geht mir mehr und mehr abhanden.
https://www.morgenpost.de/politik/article212897335/Neues-Gesetz-Schwede…

Teile Ihren Humor und hatte ganz ähnliche Assoziationen bezüglich der Herangehensweise liebe Frau Diederichs. Ausgerechnet die Schweden?, dachte ich als Erstes. Dann kamen mir die schlimmen Statistiken in diesem einen der liberalsten Länder der Welt in den Sinn. Da sackte mein Humorbarometer sozusagen abrupt ab. Als Schutz für die unanständig wie stetig wachsende Zahl sexueller Übergriffe sehe ich diese Verordnung in ähnlich hilflosen Aktionismus begründet wie der Arm-Längen-Verweis einer Bürgermeisterin aus dem Rheinland.
Kommt als Propaganda vor den Schweden-Wahlen am Sonntag für die meisten aber wahrscheinlich zu spät. Sollte der erwartete Rechtsruck wirklich eintreffen, können wir uns nächste Woche wieder die Finger wund schreiben über unsere so scheinbar "kalt erwischten Überraschten" aus Politik und Medien;-(. Aber wir schaffen das! MfG

Renate Genth | Mi., 5. September 2018 - 19:35

Es ist vermutlich ein Beweis für das Ethos der Ärzte in den Krankenhäusern, wenn die Explantation nicht stattfindet. Bevor über Transplantation gesprochen wird, muß erst über Explantation aufgeklärt werden. Der Tod ist ein Herztod. Die Menschen werden bei lebendiger Empfindung ausgeweidet.
Es gibt eine ältere Habilitation darüber. Das ist eine schockierende Lektüre.

oder auch nicht. Es gibt über den endgültigen Tod des Körpers und was wir Seele nennen leider keine für alle befriedigende Erklärung. Meine Überlegungen dahingehend leite ich ab bezüglich meiner Kenntnisse der Pathologie und der persönlichen Erfahrung mit der mitunter grausamen Restfunktion des Organs Hirn. Einem Ethos in der Medizin, der alles Machbare macht, unabhängig der Bewertung eines noch lebenswerten und würdevollen Überlebens, stehe ich sehr kritisch gegenüber. Was die Explantation betrifft gelten meines Wissens nach auch für einen hirntoten Patienten die gleichen Regeln wie für andere OP`s. Narkose mit Schmerzmittelbeigabe zur Unterbrechung der Reizweiterleitung. Man bekommt wahrscheinlich nur nicht mehr das Antidot, die Aufwachspritze.
Im Grunde genommen wie der oft geäußerte Wunsch "im Schlaf zu sterben".
Und im OP sind da bei meinem Tod wahrscheinlich mehr Menschen anwesend als an meinem Pflegebett auf Station oder nachts im Pflegeheim. Hoffe ich zumindest! MfG

Monique Nilsen | Mi., 5. September 2018 - 21:41

wenn der Raubtierkapitalismus nicht wäre:

Wer am Ende der Nahrungskette steht, ist am abhängigsten und deshalb gefährdet. Die kurze Überlegenheit im Moment des Beutefangs zahlt das Raubtier auf lange Sicht mit einer dauerbedrohten Existenz. Und dieses Schicksal teilt der Raubtierkapitalismus mit dem Raubtier: Auch er, der in den Städten jagd, kann ohne Hilfe von außen, vom schützenden Staat, nicht überleben.

- Auszug Glossar der Krise Raubtierkapitalismus von Julia Voss in der Frankfurter Allgemeinen. -

Wolfgang Dewor | Do., 6. September 2018 - 08:36

Für mich klingt das nicht wie DDR 2.0 sondern das ist bereits Release 4.0, wie die gute Dame schön öfter bemerkte

Alexander Mazurek | Do., 6. September 2018 - 09:31

… das ist konsequent unChristlich und unSozial, die "deplorables" zum Ersatzteillager zu erklären und ihre Anzahl wegen der Ökologie zu reduzieren, natürlich nicht ganz, für die Zucht des Übermenschen braucht man ja noch einen gewissen Genpool. Schöne neue Welt: Soylent Green ...

Bernhard Meyer | Do., 6. September 2018 - 10:52

Wer nach System Jens Spahn dem Status als wandelndes Ersatzteillager entgehen will, sollte sich auf seine Brust ein:
"Bin kein Ersatzteil-Spender" Tätowieren lassen, und das in ausreichender Größe. Zur Vermeidung von Irrtum.

Dieter Hegger | Do., 6. September 2018 - 11:31

Ich formuliere gerade den Widerspruch an Herrn Spahn und lege eine Preisliste für meine Organe bei. Kommt ganz schön was ins Sparschweinchen, aber halt für die bucklige Verwandschaft :-(((

Heidemarie Heim | Do., 6. September 2018 - 14:02

Antwort auf von Dieter Hegger

Beim heutigen Zinssatz und dem zu erwartenden Preisgefälle verhagelt es den Buckligen wahrscheinlich die Vorfreude;-) lieber Herr Hegger? Wie wäre es mit einer
entsprechenden Grabesinschrift in interpretationssicherer Formulierung.
"Er erfüllte bis zuletzt in exzellenter Weise seinen Dienst an Menschheit und Natur" oder ähnliches ;) Fast britischer Humor den wir hier entwickeln, nicht wahr? Wider des uns nachgesagten Klischees der Deutschen damit. Alles Gute! MfG

Bernhard K. Kopp | Do., 6. September 2018 - 11:59

Ich habe immer gedacht, dass mir eine Freude wäre, wenn bei meinem Gehirntod das eine oder andere Organ geeignet wäre jemandem zu helfen - kurz bevor die Maschinen abgestellt und der tote Körper verbrannt wird. Dies steht seit vielen Jahren so ähnlich im Organspenderausweis und in der Patientenverfügung. Ich respektiere die meisten Contra-Argumente, auch wenn ich sie nicht teile. Es ist eine emotionale Entscheidung, die jeder nur für sich selbst treffen kann.

Wolfgang Brauns | Do., 6. September 2018 - 14:22

Antwort auf von Bernhard K. Kopp

Und ich respektiere Ihre Ansicht und daraus abgeleitete Entscheidung, wenn Sie mich nicht zwingen, der Ihrigen zu folgen.

Was aber die Umkehr von Grundsätzlichem betrifft, habe ich schon weiter oben erläutert.

Bernhard K. Kopp | Do., 6. September 2018 - 16:55

Antwort auf von Wolfgang Brauns

Ich sehe in der Widerspruchslösung keinen Zwang eine Organentnahme zuzulassen. Eine sehr grosse Zahl von Menschen unterwirft sich dem Zwang, gegebenenfalls mit Maschinen an einem Leben gehalten zu werden, das keines mehr ist, weil weder die Ärzte, noch Angehörige, soweit anwesend, die kritische Entscheidung zum Abschalten treffen können und wollen. Der Krankenhausdirektor ist immer an einem möglichst langen 'Aufenthalt' in der Intensivstation interessiert - diesem Interesse möchte ich mich in aller Freiheit zuletzt unterwerfen. Ich muss also immer eine Entscheidung treffen, wenn ich meine Freiheit und meinen Willen gewahrt wissen will. Die Notwendigkeit zu einer bewussten Entscheidung ist kein Zwang.

Bernd Muhlack | Do., 6. September 2018 - 12:53

Ein Kumpel von mir hat bereits die dritte Spenderniere, ansonsten hätte ich diesen Kumpel nicht mehr. Das ist natürlich einerseits ein sehr emotionales Thema, andererseits besteht in der Tat die Gefahr, dass dem Betrug Tür und Tor geöffnet wird. An "Ausschlachtungen" wie etwa in Brasilien gar nicht zu denken! Man könnte auf die Idee kommen bundesweit "Organzentren" zu installieren; quasi nach dem Motto: "Wir organisieren das für Sie!" - Eines noch: also von mir könnte man wohl nur die Augen/Hornhaut verwenden, den Rest will ich niemand zumuten!

Da hat Ihr Kumpel aber großes Glück gehabt. Ich wünsche ihm das es anhält! Und ja, es ist ein sehr emotionales Thema, ob betroffen oder nicht. Ihre Zweifel und Befürchtungen hinsichtlich einer unguten Kommerzialisierung bis hin zu kriminellen Auswüchsen kann ich ebenso teilen. Es gibt wohl immer auch die andere Seite der Medaille die uns nicht gefallen kann. Man könnte doch mal mittels Erhebungen aus anderen Ländern, die nicht im Verdacht einer Korruption durch eine Organmafia stehen , versuchen sich ein Bild zu machen. Das Beispiel China mit seinen zahlreichen Todesurteilen für in unseren Augen geringe Vergehen und die wahrhaftige Ausschlachtung der Deliquenten ist so grausam wie ungeeignet dafür.
Es kann aber auch nicht sein das ein Land wie unseres auf die Organe anderer Länder mit mehr Spendern (per Gesetz) angewiesen ist. Ihr Kumpel weiß deshalb aus gutem Grund nicht (Spendegeheimnis), welche "Nationalität" seine Spendernieren haben. Er ist einfach froh, oder? Alles Gute! MfG