Siegesgewiss: Auch Labour-Chef Keir Starmer und seine Frau Victoria gingen heute zur Wahl / dpa

Wahlen zum britischen Parlament - Banbury ist überall

Kandidaten der oppositionellen Labour-Partei werden bei den britischen Parlamentswahlen heute wohl selbst einstige Tory-Hochburgen erobern. Premier Rishi Sunak verschreckte mit seiner Politik eher rechte Wähler. Die Spaltung der konservativen Basis kommt nun Labour zugute.

Autoreninfo

Christian Schnee studierte Geschichte, Politik und Public Relations in England und Schottland. Bis 2019 war er zunächst Senior Lecturer an der Universität von Worcester und übernahm später die Leitung des MA-Studiengangs in Public Relations an der Business School der Universität Greenwich. Seit 2015 ist er britischer Staatsbürger und arbeitet als Dozent für Politik in London.

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Wer in Banbury auf die Konservativen wettete, der konnte nicht verlieren. Seit nunmehr 102 Jahren ist das so. Damals gewann Sir James Edmondson hier. Der Marktflecken in der Grafschaft Oxfordshire am Rande der Cotswolds, einer idyllischen Hügellandschaft, gehört zu den Gegenden, die Wahlforscher gerne als Hochburg der Konservativen bezeichnen. Victoria Prentis gewann hier 2019 mit einem Stimmanteil von 54 Prozent. Ihre Herausforderin von Labour erhielt gerade einmal halb so viel Unterstützung. Der Sieg in Gegenden wie Banbury galt als so sicher, dass das Londoner Spitzenpersonal der Partei und nicht einmal der Wahlkreiskandidat hier auf den Marktplätzen und Haustüren um Wählerstimmen zu werben brauchten.

Aber diese alten politischen Gewissheiten gelten nicht mehr. Nur wenige Tage vor der Neuwahl des britischen Parlaments an diesem Donnerstag besuchte Premierminister Rishi Sunak überraschend Wykham Park Farm, einen Bauernhof vier Kilometer südlich von Banbury. Der Fototermin des konservativen Parteivorsitzenden war eine Rettungsmission für seine Parteifreundin Prentis. Die Abgeordnete, die als Generalstaatsanwältin Sunaks Regierung angehört, ist von katastrophalen Umfrageergebnissen aufgeschreckt und trommelt wie nie zuvor um Unterstützung. „Dreimal sind Parteiaktivisten in den letzten Tagen an meiner Haustür gewesen und haben für die Kandidatin geworben. Dreimal so oft wie bei der letzten Wahl vor fünf Jahren“, erzählt ein Wähler Reportern des Fernsehsenders Sky News

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Heidemarie Heim | Do., 4. Juli 2024 - 17:41

Vielen Dank werter Herr Schnee für Ihre Einführung in die englische Politiklandschaft, die wohl wie in Frankreich gerade eine heiße Phase bzw. einen historischen Umbruch mitmacht. Bei den Einen fliegen die konservativen raus, dieser Sir Keir scheint mir Ihrer Schilderung nach etliches mit Frau Wagenknecht und deren Modifikation zur moderateren linken oder sozialistischen Politikansätzen gemein zu haben? Leider kenne ich weder die Briten noch Franzosen, bei denen es auch gewaltig im Karton rappelt mentalitätsmäßig ausreichend, um richtig mitreden zu können. Sie sind in vielen Dingen anders als wir Deutschen, und das ist auch gut so!! Die besten Grüße an Sie aus der alten Heimat!

Kai Hügle | Do., 4. Juli 2024 - 18:04

Es bahnt sich ein historisches Debakel an für die Tories. Seit der Brexit-Entscheidung hat Downing Street Premierminister schneller ausgespuckt als eine Popcornmaschine. Ob Labour, selbst nicht gerade in gutem Zustand, die politischen und ökonomischen Verwerfungen der letzten Jahre in den Griff bekommt, bleibt abzuwarten.
Auffällig ist, dass überall in Europa sowohl konservativ-nationalistische als auch sozialdemokratisch-liberale Regierungen entweder bereits abgewählt wurden oder massiv unter Druck stehen. Bestätigt werden Regierungen eigentlich nur dort, wo es keine freien Wahlen gibt (z. B. in Russland).
Multiple Krisen haben die Menschen in Europa nachhaltig verunsichert. Beste Voraussetzungen für Populisten und Extremisten von Rechts und Links.

Alexander Brand | Fr., 5. Juli 2024 - 06:56

Die Briten haben die Konservativen abgewählt, das ist aus ihrer Perspektive nachvollziehbar, es ist einfach zu viel daneben gegangen in den letzten Jahren.

Leider haben sie mit Labour genau die gewählt, die immer schon für Steuererhöhungen und wirtschaftlichen Abschwung standen. Auch ihr großes Problem NHS wird Labour nicht lösen, sie werden höchstens die Verwaltung aufblähen und die Kosten explodieren lassen, was anderes können Linke nicht.

Gespannt bin ich nur in einer Sache, wie sich das Wahlergebnis auf die bedingungslose „Unterstützung“ der Ukraine auswirkt. Leider habe ich aber auch hier keine großen Hoffnungen, die Aussagen von Labour vor der Wahl lassen nichts Gutes erwarten.

Für GB stehen schwierige Zeiten an, Labour war die falsche Wahl!

Dietmar Philipp | Fr., 5. Juli 2024 - 08:36

zieht hoffentlich mit der neuen Regierung in GB ein. Falsche Sichtweisen und Entscheidungen sind leider auch in GB getroffen worden.

Ernst-Günther Konrad | Fr., 5. Juli 2024 - 11:20

Die große Democrazia Christiana hat es vorgemacht, die ehemals großen Tories folgen und wer könnten die nächsten sein. Farage in GB geht den Weg einer AFD in Deutschland und eine UNION dürfte, wenn vielleicht nicht ganz so abrupt den großen ehem. konservativen Parteien folgen. Sie alle haben den Fehler begangen, sich zu weit nach links in die Kurve zu legen und sind ins Schleudern geraten und abgeschmiert, Merzel & Co. droht das gleiche Schicksal. Trotz zwei Jahre Ampel bei den EU-Wahlen noch insgesamt 0,5 % verloren und die Prognosen für die nächsten Wahlen im Osten verheißen ebenso erdrutschartige Siege für die AFD, so wie sie die BILD heute für Labour titelt. Und auch des Westen wacht langsam auf, auch das ist die AFD zweitstärkste oder drittstärkste Partei lt. EU-Wahlergebnis. Deshalb meine Bitte an die etablierten Parteien. Beschimpft den Wähler weiter als Nazi, grenzt die AFD weiterhin aus, das stärkt die AFD. Und von Sarah höre ich heute Morgen, die könnte auch mit den GRÜNEN.