Unterstützer des Oppositionsbündnisses während eines Wahlkampfauftritts ihres Kandidaten / picture alliance

Wahlen in der Türkei - „Hauptsache Erdogan ist weg“

Am 14. Mai werden das türkische Parlament und der Präsident gewählt. Die Opposition gibt sich siegessicher, fürchtet aber Betrug und Wahlfälschungen. Und die Frage steht im Raum: Was, wenn der amtierende Regierungspräsident eine Niederlage nicht akzeptiert?

Autoreninfo

Ilgin Seren Evisen schreibt als freiberufliche Journalistin über die politischen Entwicklungen in der Türkei und im Nahen Osten sowie über tagesaktuelle Politik in Deutschland. 

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„Er könnte die Stimmen der Toten klauen“, lautet die Überschrift eines Beitrags in einer regierungskritischen türkischen Tageszeitung. Was bei Literaturfreunden nach Nikolai Gogols Meisterwerk „Die toten Seelen“ klingt, sind Befürchtungen türkischer Bürger und Politiker, die wenige Wochen vor den Wahlen in der Türkei vom Schlimmsten ausgehen.

Die Toten, um die es hier geht, sind die beim verheerenden Erdbeben vom 6. Februar Verstorbenen. Es fehlt weiterhin jede Spur vieler Vermisster und in ihren Häusern Verschütteter. Der Verbleib dieser Toten verärgert nicht nur die Hinterbliebenen, die ihnen ein ehrenhaftes Begräbnis ermöglichen wollten, es weckt auch Ängste vor einem Wahlbetrug. Oppositionelle und NGO befürchten, dass die AKP bei den Wahlen im Mai die Daten der Verstorbenen nutzen könnte, um sich selbst zu wählen. 

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Romuald Veselic | Do., 30. März 2023 - 09:37

Maße in vielen Gesellschaften weltweit, indem sich volatile Minderheiten zusammen tun u versuchen das Bisherige zu überwinden, mit unterschiedlichen Methoden u Werkzeugen.

6 oppositionelle Strömungen u Parteien wollen den anatolischen Frankenstein loshaben, was ich sehr hoch schätze, allerdings ob dies danach funktionieren wird, ist eine andere Sache - siehe die Ampelkoalition, die nur der Machtwillen an der Macht ist, um ihr Parteipersonal mit Posten in der Hierarchie zu versorgen, die man früher als unnütze Esser betitelte.

Der Kandidat des Oppositionsbündnis, Kemal Kılıcdaroǧlu, ist mir schon wg seinem Vornamen sympathischer, abgesehen davon dass er sogar ein alter, weis(s)er Mann ist.
Ich wünsche ihm viel Erfolg.

Wegen Erdogan, machte ich in letzten 20 Jahren keinen Urlaub in der TR.

PS Ich mag Menschen nicht, die mit "Gottes Willen" argumentieren, vor allem dann nicht, wenn es die anderen negativ betrifft.

Gerhard Lenz | Do., 30. März 2023 - 11:33

Bis Mai kann viel passieren. Erdogan ist äußerst geschickt darin, Krisen und Konflikte Kurden oder dem (zunehmend) feindlichen Westen zuzuschieben und sich als "Vaterlandsretter" zu präsentieren.
Und mal eben einen Oppositionspolitiker ins Gefängnis zu werfen. Die Medien sind angeblich, wie in Diktaturen bzw. Autokratien üblich (siehe Russland oder Ungarn), stramm auf Regierungskurs. Wahr ist das, was seiner Wiederwahl dient.

Nationalismus an sich ist schon eine toxische Sache. Wird sie mit Religion angereichert, ist sie kaum in Schach zu halten.
Man schaue nur in die USA - wo ein Trump auf die Unterstützung von Evangelikalen und anderen christlichen Weltentrückten bauen konnte. Allerdings konnte Trump Oppositionelle nicht einfach in den nächsten Kerker schmeißen, so wie ein Erdogan (oder ein Putin) das macht.
Für die Türkei und die ganze Region wäre das Ende der Herrschaft Erdogans ein Hoffnungsschimmer.
Fast zu schön, daran zu glauben. Diktatoren verschwinden nicht einfach so.

Walter Bühler | Do., 30. März 2023 - 13:11

... gegeben, die nachher nicht das gemacht haben, was man sich von ihnen versprochen hat.

Ich kann daher die Selbstpositionierung von Frau Evisen zwar verstehen, glaube aber, dass man als Ausländer und Außenstehender gegenüber einer künftigen Oppositionsherrschaft ebenfalls vorsichtig sein muss, genau so wie bei einer weiteren Herrschaft Erdogans.

1968 haben sich linke Berliner Studenten für Khomeini von der Polizei und von den Schah-Anhängern prügeln lassen, heute wollen sie nicht mehr daran erinnert werden, dass sie tatsächlich Khomeini unterstützt haben.

Sie schreiben: Erdoǧan genießt in "traditionell und religiös geprägten Schichten der Türkei und vor allem unter Deutsch-Türken großes Ansehen."

Hat die Zulassung des Kopftuchs in Berliner Schulen vielleicht damit zu tun, dass Linke, Grüne und SPD genau um diese Erdoǧan - Wähler buhlen?

Die Wirklichkeit ist selten wirklich nur schwarz-weiß. Das wäre zu einfach.

"Linke, Grüne und SPD ...um Erdoǧan - Wähler buhlen?

Wie ist das eigentlich mit den Verbindungen der AfD in den Iran? Wenn eine Gruppe um dem AfDler Roger Beckkamp sich um bessere Verbindungen zu dem Mullah-Regime bemüht, in dem das von Ihnen genannte Kopftuch zur Frage von Leben und Tod beitragen kann - siehe jüngste Beispiele?

Nur nebenbei: Als es in Istanbul Proteste im Zusammenhang mit Erodgans Plänen zum Gezi-Park gab, war wer vor Ort und nahm Kontakt auf mit der dortigen Opposition? Das AfD-Cicero-Foristen-Hasssymbol Nr. 1, Claudia Roth. Und welcher Politiker bekommt regelmässig Drohungen von fundamentalistischen Erdoghananhängern? Cem Özdemir.

Und die AfD, die doch sonst so lautstark gegen den Islam Stimmung macht? Biedert sich nicht nur dem Iran an, sondern reist nach Syrien, macht einen Knicks vor dem Schlächter Assad und dessen Haus-Iman.

Na ja, so sind sie eben, die "Retter" des Abendlandes...

Ernst-Günther Konrad | Fr., 31. März 2023 - 10:00

So sehr ich den Türken und Kurden wünsche, dass sie friedliche Wahlen und einen Regierungswechsel erlangen, so skeptisch bin ich aber auch gegenüber Erdogan, ob dieser tatsächlich nicht die Wahlen manipuliert oder gar nicht das Ergebnis vielleicht zu seinem Nachteil nicht akzeptiert. In jedem Fall ist mir Kemal eher vertrauenswürdig, sollte er im Falle seiner Wahl, gemeinsam mit den Kurden einen friedlichen Weg der leidvollen Konfliktlösung finden. So viele Türken und Kurden sind längst im wahren Leben miteinander verheiratet, verwandt und leben im Alltag friedlich miteinander. Es sind wieder einmal fanatische Minderheiten auf beiden Seiten, die versuchen die Konflikte am Köcheln zu halten. Jedenfalls traue ich Erdogan nichts Gutes zu. Er muss damit rechnen, genauso wie seine von ihm eingesetzten Regionalfürsten, dass sie ggfls. zur Rechenschaft gezogen werden, falls Erdogan aus dem Amt gewählt wird.
Noch ist es aber nicht so weit. Hoffentlich strahlen die Wahlen nicht nach D ab.