Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki / picture alliance

Militärhilfe - Agrarminister Polens und der Ukraine wollen Getreidestreit beilegen

Polen zählte bis vor kurzem zu den engsten Verbündeten der Ukraine. Warschau will nun nur noch bestehende Verträge über Militärhilfe erfüllen. Anlass ist der Konflikt ums Getreide. Jetzt scheint der sich wieder zu entspannen.

Cicero Cover 01-25

Autoreninfo

Hier finden Sie Nachrichten und Berichte der Print- und Onlineredaktion zu außergewöhnlichen Ereignissen.

So erreichen Sie Cicero-Redaktion:

Im Streit über das polnische Importverbot für ukrainisches Getreide bemühen sich die Agrarminister beider Länder um einen Ausweg. Der ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solskyj telefonierte am Donnerstag mit seinem polnischen Kollegen Robert Telus, wie die Regierung in Kiew mitteilte. Sie seien übereingekommen, eine Lösung zu finden, „die den Interessen beider Länder Rechnung trägt“. Grundlage sei ein Vorschlag der Ukraine, der aber nicht näher ausgeführt wurde. Polen werde diesen Plan prüfen und eigene Vorschläge dazu machen, teilte Solskyjs Ministerium mit.

Telus sagte nach Angaben der Agentur PAP, er freue sich, dass die Ukraine nun direkt mit Polen rede. Kiew solle eine Klage vor der Welthandelsorganisation WTO zurückziehen, forderte er.

Polen lässt zum Ärger der Ukraine Getreide nur im Transit passieren, aber nicht auf den heimischen Markt. Gerade in Wahlkampfzeiten verteidigt die Führung in Warschau die Interessen der polnischen Bauern. Der Ton zwischen den engen Verbündeten wurde deshalb in den vergangenen Tagen rauer. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki schien in einem Interview sogar Waffenlieferungen an die Ukraine infrage zu stellen. „Im Zusammenhang mit Fragen zu Waffenlieferungen möchte ich Ihnen mitteilen, dass Polen nur zuvor vereinbarte Lieferungen von Munition und Rüstungsgütern ausführt. Einschließlich derjenigen, die sich aus unterzeichneten Verträgen mit der Ukraine ergeben“, sagte Regierungssprecher Piotr Müller am Donnerstag.

Dazu gehöre auch der größte Auslandsvertrag, den die polnische Rüstungsindustrie nach 1989 abgeschlossen habe – die Lieferung der Kanonenhaubitze Krab, hieß es weiter. Müller kritisierte, von der ukrainischen Seite habe es zuletzt eine Serie von „absolut inakzeptablen Äußerungen und diplomatischen Gesten gegeben“.

 

Mehr zum Thema:

 

Zuvor hatte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki mit einer Äußerung über Waffenlieferungen an Kiew für Spekulationen gesorgt. In einem am Mittwochabend geführten Interview des Fernsehsenders Polsat News entgegnete er auf die Frage des Moderators, ob Polen trotz des Getreide-Streits die Ukraine weiter bei Waffenlieferungen und humanitärer Hilfe unterstützen werde: „Wir liefern schon keine Rüstungsgüter mehr an die Ukraine, sondern rüsten uns selbst mit den modernsten Waffen aus.“

Morawiecki führte weiter aus, Polen haben seine Bestellungen für Rüstungsgüter enorm erweitert. Die eigenen Streitkräfte sollten so modernisiert werden, dass Polen über eine der stärksten Landarmeen Europas verfügen werde, sagte Morawiecki.

Während seine erste Aussage zu den Rüstungsgütern klar formuliert schien, deutete der Kontext des Interviews darauf hin, dass Morawiecki eher keinen vollständigen Stopp der polnischen Waffenlieferungen an Kiew gemeint haben dürfte – vielmehr schien er darauf abzuheben, dass Polen nicht nur Waffen an das Nachbarland liefere, sondern parallel dazu auch die eigene Armee aufrüste. Dennoch war seine Äußerung in mehreren polnischen und internationalen Nachrichtenportalen so interpretiert worden, dass Polen keine Waffen mehr an Kiew liefern wolle. Das EU- und Nato-Land Polen ist einer der wichtigsten politischen und militärischen Unterstützer der Ukraine.

Importbeschränkungen trotz Aufhebung durch die EU-Kommission

Polen hatte wie die Slowakei und Ungarn an Importbeschränkungen für ukrainisches Getreide festgehalten, nachdem die EU-Kommission am Freitag entsprechende Beschränkungen aufgehoben habe. Dies hatte Kiew erbost.

Zuletzt war der Ton zwischen beiden Ländern immer rauer geworden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in der UN-Generaldebatte am Dienstag von Freunden in Europa, die „ein politisches Theater der Solidarität aufführen und einen Thriller aus dem Getreide machen“. Diese Länder würden nur scheinbar in ihren eigenen Rollen auftreten, aber die Bühne für den Schauspieler aus Moskau vorbereiten. Das Außenministerium in Warschau bestellte daraufhin den ukrainischen Botschafter ein.

Polens Staatsoberhaupt Andrzej Duda wiederum sagte, die Ukraine sei wie ein Ertrinkender, der seinen Retter packen und in die Tiefe ziehen könnte. Regierungschef Morawiecki drohte damit, noch weitere ukrainische Agrarprodukte mit Importverboten zu belegen.

Nun spielt Polen die Karte mit der Militärhilfe. Nach Berichten des polnischen Portals Onet.pl soll das Nato-Mitgliedsland allerdings auch derzeit keine Waffensysteme mehr haben, die es ohne Gefahr für die eigene Verteidigungsfähigkeit an die Ukraine abgeben könne. Regierungssprecher Müller betonte, Polen habe dem Nachbarland gleich nach Beginn des russischen Angriffskrieges Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Flugzeuge und Munition zur Verfügung gestellt. „Als andere Länder noch über die Unterstützung diskutierten, hat Polen konsequent geholfen, den russischen Angriff abzuwehren“, so Müller.

dpa

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Walter Bühler | Do., 21. September 2023 - 18:52

Na, wie wird das wohl werden, wenn die Nationalisten aus allen mittel-ost-europäischen Ländern (einschließlich der im Bruderkrieg erprobten Ukraine) in der EU versammelt sind??

Na ja, die werden nicht nur auf die Russen, sondern wohl auch auf die Deutschen eindreschen, um so viel wie möglich aus uns herauszuholen, von Reparationen in Billionen-Höhe zu schweigen!

Und man muss sagen: Das darf niemand überraschen: Melnyk und Konsorten haben nie damit hinter dem Berg gehalten.

Unsere national-masochistische Regierung ist trotzdem (oder gerade deswegen???) den (ukrainischen) Nationalisten mit Begeisterung hinterhergelaufen!

Von oben tönt unsere Obrigkeit in schönem, sanften Gleichklang: Wir schaffen das!