Trump und Putin
Donald Trump und Wladimir Putin: Wer hat hier den längeren Arm? / picture alliance

Internationale Presseschau zu Trump und Putin - „Ein Sieg für den Kreml“

Das Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin in Helsinki wird von der internationalen Presse scharf verurteilt. Was Trump mit seiner eigenartigen Anbiederung an Putin bezwecke, bleibe ein Rätsel

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New York Times (USA):

Ein solches Verhalten eines amerikanischen Präsidenten steht dermaßen im Gegensatz zu amerikanischen Interessen und Werten, dass man nur zu einem Schluss kommt: Donald Trump ist entweder Humankapital des russischen Geheimdienstes oder er genießt es, als ein solches im Fernsehen aufzutreten. Es gibt nur eine Botschaft, die Trump Putin heute hätte vermitteln sollen: „Sie haben unsere Demokratie angegriffen, ebenso wie zwei Grundpfeiler der globalen Wirtschafts- und Sicherheitsordnung, die Frieden und Wohlstand seit dem Zweiten Weltkrieg garantiert haben – die EU und die Nato. [...]“ Das hätte ein echter US-Präsident, der geschworen hatte, die Verfassung zu schützen und zu verteidigen, Putin heute gesagt. Er hätte verstanden, dass dieses Treffen nur einen Tagesordnungspunkt gehabt hätte – und keine „außergewöhnliche“ Beziehung.

The Guardian (Großbritannien):

Es war immer schon wahrscheinlich, dass Putin der große Gewinner des Helsinki-Treffens sein würde. Die bloße Tatsache, dass es stattgefunden hat, war ein Sieg für den Kreml. Aber Herr Trump hat in Helsinki deutlich gemacht, dass er Vergangenes als Vergangenheit ansieht. Er ist bereit, den Reset-Knopf zu drücken. Herr Trump scheint den Unilateralismus Moskaus gegen die Ukraine kaum thematisiert zu haben – in einem solchen Maße, dass Putin ermutigt war, auf der Pressekonferenz anzumerken, dass Washington nicht genug Druck auf Kiew ausübte, um den russischen Forderungen nachzugeben. Die praktischen Auswirkungen der Gespräche der beiden Männer auf Syrien und den Nahen Osten sind nach wie vor unklar, und es gab keinen Hinweis, dass Herr Trump auch hier einen Standpunkt vertreten möchte. Die russische Einmischung in die US-Wahlen, die kürzlich dazu geführt hat, dass zwölf Russen angeklagt wurden, bleibt ein sehr schwieriges Hindernis. Aber nicht wegen Herrn Trump, der das Thema offenkundig nicht ernst nimmt. Putin kehrt nach Moskau zurück mit weniger Druck bei allen schwierigen Fragen als jemals zuvor.

The Times (Großbritannien):

Es war eine Reise, auf der sich Donald Trump die deutsche Bundeskanzlerin zur Brust genommen hat, Theresa Mays Verhandlungsversuche für den Brexit schlechtmachte und die Queen in der Sonne warten ließ. Es stand zu befürchten, dass er in die Gespräche mit Putin geht und im Ausgleich für russische Zugeständnisse bei der Ukraine den Abzug amerikanischer Truppen aus Europa anbietet. Das Schweigen Trumps zur Ukraine war beschämend. Aber vielleicht am beunruhigendsten war die Weigerung des US-Präsidenten, sein eigenes Land zu verteidigen, als er gefragt wurde, ob er an eine russische Einmischung bei den amerikanischen Wahlen glaube. Es ist schwer vorstellbar, dass auch nur einer seiner Amtsvorgänger eine derart prorussische Linie vertreten hätte.

Echo Moskwy (Russland):

Es ist nicht nur das Fehlen von (vor allem wirtschaftlichen) Interessen, die die USA und Russland verbinden, oder der Mangel an einer gemeinsamen politischen Tagesordnung und des Gleichklangs der strategischen Ansichten. Sondern es liegt auch daran, dass beide Leader unfähig zu Kompromissen sind, die ihre Führerschaft unterminieren würden. Lässt sich Trump zu einem Deal mit Putin ein, wirft man ihm gleich Verrat der US-Interessen vor. Stimmt Putin der Aufgabe einer Position zu, verliert er sein Gesicht und die Aura des Terminators, die er sich so mühsam erschaffen hat.

Nesawissimaja Gaseta (Russland):

Die USA versuchen Russland auf ihre Seite zu ziehen - vor allem bei den internationalen Konfrontationen mit anderen Mächten wie mit Iran und China. Auch das lässt sich zwischen den Zeilen der Verhandlungen zwischen Trump und Putin in Helsinki lesen. Schon während der Begrüßung haben beide sofort alle wichtigen Punkte des historischen Gipfels abgeklopft. Alles kam wie erwartet. Doch gleichzeitig hat sich der Chef des Weißen Hauses das Thema China auf die Fahne geschrieben. Und nun kann man sich ausmalen, dass er sich wünscht, Putin in diesen Handelskrieg hineinzuziehen.

Der Standard (Österreich):

Der Kreml [will] ein neues, allgemein gültiges Regelwerk in der internationalen Politik aufstellen. Der Westen, so der Vorwurf aus Moskau, habe nach dem Ende der Sowjetunion unter dem Vorwand des Schutzes von Menschenrechten alle Normen gebrochen und die internationale Stabilität gefährdet. Russland spricht zwar nicht von „Artenschutz für Autokraten“, will aber das Prinzip der Nichteinmischung stärken.

Neue Zürcher Zeitung (Schweiz):

Was Trump mit seiner eigenartigen Anbiederung an Putin bezweckt, bleibt ein Rätsel. Sicher ist nur, dass sich der Kreml keinen besseren Akteur im Weissen Haus wünschen kann als ihn – einen Mann, der es in kürzester Zeit geschafft hat, das westliche Bündnis zu zerrütten und die einst so wichtigen Beziehungen mit Berlin, London und Paris toxisch zu machen, der aber auch die amerikanischen Institutionen untergräbt und zugleich naiv darüber hinwegsieht, wie Russland die USA auf dem nahöstlichen Schachbrett ausmanövriert. Könnte Trump im Gegenzug irgendeinen Gewinn vorweisen, ein greifbares Zugeständnis Moskaus, so liesse sich dieser halsbrecherische Kurs vielleicht noch halbwegs rechtfertigen. Doch wie schon von seinem bombastischen Gipfeltreffen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un in Singapur kehrt Trump auch aus Helsinki nur mit dem vagen Versprechen auf Fortschritte in der Zukunft zurück.

La Croix (Paris):

Russland war geschwächt in diese Gespräche gegangen. Aber Wladimir Putin, der seine Verhandlungen „sehr gelungen und wichtig“ fand, geht aus ihnen gestärkt hervor. In dieser ganzen Angelegenheit hat Donald Trump den US-Kongress und seine Regierung getäuscht, die auf einer harten Linie gegenüber Moskau beharrt hatten. Er hat seine Verbündeten der Nato und der EU irritiert, nachdem er ihnen in der ganzen vergangenen Woche Rügen erteilt hatte. Diese Spektakel-Diplomatie ist wie der von Donald Trump begonnene Handelskrieg beunruhigend und bereitet ganz sicher nichts Handfestem den Weg.

El Mundo (Spanien):

Europa blickt mit Sorge auf die Früchte des ersten Treffens von Donald Trump und Wladimir Putin. Der Griff, mit dem beide Führer den Kontinent festhalten, ist zunehmend besorgniserregend. […] Von Russland war nie viel zu erwarten, zumindest nicht seit Putin an die Macht kam. Aber jetzt gilt das Gleiche für die Vereinigten Staaten, die von einem Trump geführt werden, der einen Handelskrieg gegen die EU angezettelt hat und diese jedes Mal kritisiert, wenn er europäischen Boden betritt. Die Diplomatie verblasst vor der Realpolitik, die die beiden Führer praktizieren.

Lapin Kansa (Finnland):

Der wichtigste Erfolg des Treffens dürfte wohl sein, dass sich die Weltlage dank des Treffens – wahrscheinlich – nicht verschlechtert hat. Putin und Trump gingen einvernehmlich auseinander oder zumindest schien es so. Es ist aber falsch, von einem „Geist von Helsinki“ zu sprechen, insbesondere im historischen Sinne. Der Begriff wurde während der KSZE-Verhandlungen [blockübergreifende Konferenzen zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa] vor 40 Jahren geschaffen. [...] Jetzt fehlte solch ein Geist, obwohl es dafür Bedarf gegeben hätte: die Weltlage ist nämlich ähnlich angespannt.

Právo (Tschechische Republik):

Trump hat in Helsinki bewiesen, dass er lieber mit Schwergewichten der internationalen Politik redet. Zu denen gehört neben Russland sicher noch China. Europa nicht. Damit es das wird, muss es sich mehr auf das Tempo und das Maß der Integration einigen, einen Konsens in der Migrationsfrage und bei der gemeinsamen Verteidigung und Sicherheit erzielen. Und sich paradoxerweise mehr von den USA emanzipieren. [...] Die Verletzlichkeit Europas wächst, es kann über Europa ohne Europa entschieden werden. Das belegte Trumps „europäische Woche“ mit Helsinki als Schlusspunkt eindeutig.

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Dr. Volker O. Rachui | Di., 17. Juli 2018 - 14:50

Der kollektive Aufschrei des "Westens" über das augenscheinlich gute Verstehen von Trump und Putin in Helsinki, ist wohl nur zu verstehen, wenn man die jahrzehntelange Indoktrination: "Die Gefahr kommt aus dem Osten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion, gab es eine weltweite Erleichterung über das Ende des Kalten Krieges. Der Warschauer Vertrag (Pakt) löste sich freiwillig auf. Seitdem sucht die NATO/der Westen nach einer neuen Begründung für die Nichtauflösung seines militärischen Bündnisses. Im Gegenteil: Sie erweitert sich ostwärts, bis an die russische Grenze. Also, wen wundert's, dass "Der Russe" wieder zur Verfügung stehen soll. Die überschwenglichen und durchweg positiven Erfahrungsbilder der ausländischen Gäste anläßlich der WM in Russland, sind offenbar nicht erwünscht. Ich bin entsetzt!

Dimitri Gales | Di., 17. Juli 2018 - 16:29

Ohne Russland, das weiss Trump der Realist genau, kann man im internationalen Politikgeschäft nicht mehr allzu viel machen, jedenfalls nichts effizientes.

Yvonne Walden | Di., 17. Juli 2018 - 17:18

Wenn sich die USA und die Russische Föderation annähern, könnte eine echte Abrüstung die Folge sein. Und das schreckt in der Folge den Militärisch-Industriellen Komplex, sprich die Rüstungsbranche.
Also muß aus deren Sicht weiterhin alles getan werden, um internationale Konflikte nicht einzudämmen, sondern auszudehnen.
Das ist nun einmal die Logik des Kapitals und insbesondere dieses Militär-Industrie-Komplexes.

da die Gewinne privatisiert sind und die Verluste in Form von Krieg, Flüchtlinge, Elend, Not sind sozialisiert.

gelungen ist oder was sie nicht wollten: eine Annäherung USA-Russland. Dazu muss man daran erinnern, dass Trump als Systemgegner, Establishmentgegner gewählt wurde. Daher erscheint es so, dass er vieles ganz anders macht als seine Vorgänger. Auch die US-Geheimdienste sind auf der Seite des Establishments - also keine Freunde Trumps.

Joachim Wittenbecher | Di., 17. Juli 2018 - 21:54

Der mit Abstand lebendigste Kommentar stammt von der tschechischen Zeitung "Pravo", was mich sehr überrascht hat, handelt es sich doch um den Nachfolger der Zeitung "Rude Pravo", dem einstigen Sprachrohr der kommunistischen Partei der CSSR. Ihr Tenor lautet: gegen solche Gipfeltreffen ist nichts einzuwenden - aber Europa muss seine Einheit stärken und sich von den USA emanzipieren, um weiter ernst genommen zu werden; hierzu wird auch ein Konsens in der Migrationsfrage angemahnt, was für ostmitteleuropäische Leser sicherlich eine gewisse Zumutung sein dürfte.
Demgegenüber lesen sich viele westliche Leitmedien - auch die Neue Zürcher - wie Moralvorträge hochbetagter Gouvernanten. Spitze Moral, erhobener Zeigefinger. Leider repräsentieren sie die herrschende Meinung. Hätte eine solche verklemmte, verbogene und selbstgerechte Moral in den 60er bis 80er Jahren im Westen vorgeherrscht, es hätte nie eine Ost-West-Entspannung gegeben.

Ralph Barthel | Mi., 18. Juli 2018 - 16:31

und mir ein Friedensnobelpreis beschenkter erklären würde Führer einer Regionalmacht zu sein, dem Würde ich auch zeigen wo der Hammer hängt (siehe Krim, Ukraine, Assad usw.). So einfach ist die Sache.
Und nun auch noch die Fussball-WM, die den Gästen aus aller Welt zeigten, das kein Babyfressender-Bolschewist über den Roten Platz marschiert.
Gewiss hat Russland noch viele innere Probleme zu lösen. Doch stelle man sich mal vor, eine Regierung ala BRD würde diese lösen müssen. Was käme wohl dabei herraus?
Hatte Putin in seiner Rede vor dem Bundestag nicht um Zusammenarbeit und auch um Hilfe gebeten? Die Antwort kam direkt, in den Gesichtern der Regierungsbank-Figuren abzulesen.
Dem Westen war es wichtiger einen Keil zwischen der Ukraine und Russland zu treiben. Das nennt sich dann Friedenspolitik.
Trump versucht einen neuen Weg zu gehen. Ob es ihm gelingt, wird sich in der Zukunft zeigen. Auffallend ist, das alle Verlierer der US-Wahl heute am lautesten gaggern.

MfG RB