Alexander Marguier Dennis Rudolph
Alexander Marguier und Dennis Rudolph

Dennis Rudolph im Gespräch mit Alexander Marguier - Cicero Podcast Politik: „Man muss sich ein neues Bild von Russland machen“

Dennis Rudolph ist soeben von einer langen Reise quer durch Russland zurückgekehrt. Gemeinsam mit seiner Frau fuhr er zunächst 50 Stunden lang im Bus nach Moskau und von dort im Zug weiter bis an die Grenze zur Mongolei. Was er unterwegs erlebt und welches Bild er von der russischen Gesellschaft vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs gewonnen hat, darüber spricht der Künstler im aktuellen Cicero-Podcast.

Alexander Marguier

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

Der Künstler Dennis Rudolph kennt Russland, seit er vor mehr als 20 Jahren in Sankt Petersburg an der Repin-Akademie studiert hat. Damals war Wladimir Putin gerade Präsident geworden – und Rudolph, der mit einer Russin verheiratet ist und deshalb auch familiäre Verbindungen ins Land hat, ist ein präziser Beobachter des gesellschaftlichen und kulturellen Wandels, der sich dort vollzogen hat.

Trotz des Ukrainekriegs hat sich der 43-Jährige in diesem Sommer gemeinsam mit seiner Frau auf den Weg gemacht und Russland mehrere Wochen lang bereist. Allein die Fahrt dorthin war schon abenteuerlich, denn weil von Deutschland aus keine Direktflüge mehr nach Moskau gehen, haben die beiden 50 Stunden lang im Bus verbracht, um in die russische Hauptstadt zu kommen. Von dort aus ging es mit dem Zug und schließlich im Geländewagen weiter bis ins Altai-Gebirge an der Grenze zur Mongolei.

Was man auf so einem Trip alles erlebt, welche Leute man trifft und was die Menschen dort vom Ukrainekrieg und Putins Politik halten, darüber berichtet Dennis Rudolph in diesem Podcast-Gespräch mit Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier. Rudolph ist jedenfalls davon überzeugt, dass wir uns im Westen ein völlig falsches Bild von Russland machen, das Land habe sich gerade in technologischer Hinsicht enorm weiterentwickelt, und der einst grassierende Schlendrian sei längst passé. Der Ukrainekrieg, so Rudolphs erstaunliche Feststellung, spielt für die russische Bevölkerung eine weniger wichtige Rolle als etwa in Deutschland; die meisten Russen würden den Waffengang als tragisches, aber unvermeidliches Ereignis sehen.

Vom Westen enttäuscht fühlt sich insbesondere die jüngere Generation, die sich jetzt zunehmend auf ihre eigene Heimat fokussiert. Eine bemerkenswerte Beobachtung hat Rudolph bei seinen Begegnungen mit jungen russischen Künstlern gemacht: Fast alle kennen sich hervorragend aus in der westlichen Kunstwelt, eine besondere Faszination herrscht gegenüber deutschen Künstlern wie Jonathan Meese, Anselm Kiefer und der Band Rammstein. Rudolphs Fazit nach seiner fünfwöchigen Russlandreise: „Ich habe mir vorgenommen, von jetzt an jedes Jahr dorthin zu fahren.“

Das Gespräch wurde am 14. August 2022 aufgezeichnet.

 

Sie können den Podcast jetzt hier – klicken Sie dazu „Inhalte aktivieren“ – hören, oder auch auf allen Podcast-Portalen.

 

 

Sie sind interessiert an weiteren Themen und noch kein Abonnent von Cicero Plus? Testen Sie uns, gratis für 30 Tage.

 

Mehr Podcast-Episoden:

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Bernhard Homa | Fr., 19. August 2022 - 23:09

Auch wenn man nicht alle Aussagen des Interviewten teilen muss und natürlich dessen Perspektiven zwangsläufig auch beschränkt sind: Wo findet man denn aktuell noch einigermaßen realistische Berichte aus Russland, nachdem westliche Journalisten das Land entweder verlassen haben oder in ihrer Berichterstattung noch massiver eingeschränkt sind als zuvor?
Unabhängig davon sind auch die "Nebengeschichten" (Kulturszene usw.) aufschlussreich, vermitteln diese doch ebenfalls einen gewissen Eindruck von der Lage im Land

Sabine Lehmann | Sa., 20. August 2022 - 02:59

Gerne habe ich der Unterhaltung zugehört und manchmal fühlte man sich so, als sei man dabei gewesen, so wie im Bus zum Beispiel. Ich finde es unglaublich wichtig noch diese Eindrücke, so subjektiv sie natürlich auch sein mögen, vermittelt zu bekommen. So gab es früher im Fernsehen so viele herrliche Auslandsreportagen aus aller Herren Länder, die mit der Zeit immer weniger wurden und die ich sehr, sehr vermisse. Peter Scholl-Latour war mir einer der Liebsten, aber da gab es noch andere. Seit circa 10 Jahren habe ich den Eindruck, dass der Blick in die Welt bei uns nicht mehr erwünscht ist. So, als ob man lieber um sich selbst kreise, als Moralweltmeister. Und weil man hier nicht mehr zu bieten hat als die Überheblichkeit alles besser wissen zu glauben, spart man sich vielleicht den Blick über den Tellerrand, damit nicht auffällt wie sehr wir schon abgehängt und wie desaströs die deutschen Zustände insgesamt schon sind.
Auf jeden Fall Danke für diese interessanten Einblicke.

Bernhard Mayer | Sa., 20. August 2022 - 06:50

Ich mach mir kein neues Bild von Rußland.

Ich benötige allerdings ein etwas anders Bild von Putin.
Das allerdings nur weil die Medien inklusive Gerhard Schröder ihren Pflichten zu Information und Wahrheit nicht nachgekommen sind :-((.

Vielleicht weil die Berichterstattung im Westen durch die neue "böser Putin" Propaganda geprägt wird? Denn machen wir uns nichts vor unser Bild wird geprägt duch die Medien und eine gut geschmierte PR Maschinerie der westlichen Geheimdienste. Die wenigsten können sich ein Bild selber vor Ort machen und viele die vor Ort sind berichten das was ihr Arbeitgeber von ihnen erwartet also selten opjektiv. Während der eine Kriegsverbrecher und Drohnenmöder einen Friedensnobelpreis bekommt wird der andere als der Leibhaftige verunglimpft das sind einfach die westlichen Werte. Während ein Kremlkritiker durch ein Gerichtsurteil im Gefängnis ist und täglich seinen Sermon in westlichen Medien verbreiten darf, sitzt ein Wistleblower der es gewagt hat Kriegsverbrechen der USA zu veröffentlichen im Hochsicherheitstrakt in England, also ein Land mit westlichen Werten ohne Urteil, abgeschirmt von der Aussenwelt und muss verrotten.

Juliana Keppelen | Sa., 20. August 2022 - 09:34

wei erfrischend und erfreulich.
Hoffentlich droht da nicht der mediale Scheiterhaufen.
Kleiner Hinweis: ebenfalls sehenswert und wunderbar entspannend sind die Russlandberichte von dem Finnen Ville Haaspasalo und dem Schweizer Christof Franzen.

Gerhard Lenz | Sa., 20. August 2022 - 10:42

frage ich mich, warum das Land noch immer auf der Wohlstandsskala hinter Ländern wie Bosnien oder Albanien liegt.
Warum noch immer so viele sogenannte Russland-Deutsche lieber hier, im dekadenten Westen leben, als im schönen Russland, wo doch der ordentliche Herr Putin durchgreift und Oppositionelle genauso wie Schwule zusammenknüppeln und im Kerker verschwinden lässt.

Dem Bericht ist trotz der erwähnten technologischen Fortschritte - die es auch in China und wahrscheinlich auch in Nordkorea gibt - nicht zu entnehmen, dass das Land sich gesellschaftspolitisch entwickelt.

Im Gegenteil, wenn man den "Ukraine-Krieg" als tragisches, aber unvermeidliches Ereignis wertet, zeugt das von einem bedenklichen Fatalismus. Der nichts anderes sagt als: Putin macht eben was er will, und wir Russen können (wollen?) ihn nicht aufhalten. Erinnert mehr an 1933, als an Fortschritt.

Wie soll daraus ein anderes Russland-Bild entstehen?

Nur die Putin-Jubler (siehe Kommentare) fühlen sich bestätigt.

Ihre ätzende Polemik(„Putin-Jubler“) beweist einmal mehr wessen Geistes Kind Sie sind, Herr Lenz. Sie belegt aber auch, dass Sie die Texte Anderer entweder nicht mal mehr lesen oder evtl. gar nicht mehr verstehen! Aber Hass macht ja bekanntlich blind.

Gerhard Lenz | Sa., 20. August 2022 - 20:48

Antwort auf von Sabine Lehmann

Zitat: "... wie desaströs die deutschen Zustände insgesamt schon sind"

Wie war das mit dem Haß?

Sie können offensichtlich mit diesem, demokratischen Deutschland nichts anfangen. Das stellen sie im Prinzip in jedem Ihrer Beiträge unter Beweis.

Also wirklich, Herr Lenz, das Zitat soll allen Ernstes "Hass" widerspiegeln? Ich musste laut lachen, als ich diesen "erdrückenden" Beleg für meinen angeblichen "Hass" zur Kenntnis nahm. Kurios. Offenbar haben SIE ein Verständnisproblem, wie "Hass"(schreibt man übrigens nicht mit "ß") definiert wird u. was Demokratie bedeutet. Aber gerne erkläre ich es Ihnen, ist mir eine Ehre: Demokratie bedeutet, dass ich "Zustände" kritisieren darf. Wer da Hass impliziert, dem sind wohl die Argumente ausgegangen u. muss polemisieren. Also können Sie wohl, Herr Lenz, mit "Demokratie" nicht viel anfangen!? So wird umgekehrt aus allem, was Sie schreiben ein Schuh draus, lustig.
Über objektive Fakten, in welchen elementaren Bereichen in unserem Land desaströse Zustände herrschen, darüber werde ich mit Ihnen an dieser Stelle nicht schon zum x-ten Mal die Redundanzschleife auspacken. Sie können sich das weiter schön reden.
Und "Hass"? Den verbreiten Sie in jedem Kommentar mit chronischen Beleidigungen.

Martin Falter | Sa., 20. August 2022 - 18:01

schon ein interessanter Bericht, der natürlich aus der persönlichen Sicht von Herrn Rudolph abgegeben worden ist.

War es in Nazideutschland nicht auch so, dass aufeinmal nur Deutsch und Deutschtümliches angesagt war?
Wurde damals nicht auch Deutschland auf Autarkie getrimmt?

Heute wissen wir, dass dies aus Mangel an Alternativen für das Regime und das Volk notwendig war.

Glückwunsch Russland zur Beschränktheit und freut euch hier gibt es auch Einige, die mit euch gerne gegen Weltoffenheit und Liberalität feiern wollen.