Börse in Mexico City / picture alliance

Börsencrash im August - Meine flatterhafte Freundin

Nach dem jüngsten Börsencrash scheint die Lage weit weniger dramatisch als zunächst befürchtet. Kürzere Anfälle könnten noch folgen, aber nach einer schweren Nervenkrise wie in 2000 bis 2002 oder 2007 bis 2008 sieht es nicht aus.

Thomas Mayer

Autoreninfo

Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute mit Sitz in Köln. Zuvor war er Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe und Leiter von Deutsche Bank Research. Davor bekleidete er verschiedene Funktionen bei Goldman Sachs, Salomon Brothers und – bevor er in die Privatwirtschaft wechselte – beim Internationalen Währungsfonds in Washington und Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Thomas Mayer promovierte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und hält (seit 2003) die CFA Charter des CFA Institute. Seit 2015 ist er Honorarprofessor an der Universität Witten-Herdecke. Seine jüngsten Buchveröffentlichungen sind „Die Vermessung des Unbekannten“ (2021) und „Das Inflationsgespenst“ (2022).

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Seit über dreißig Jahren habe ich eine Freundin, die mich nie langeweilt, in ihrem Urteil unbestechlich ist, aber manchmal auch sehr flatterhaft sein kann. Ich meine den Finanzmarkt. Vor kurzem gebärdete sich meine Freundin wieder wie eine hysterische Diva. Ich meine den Blitz-Crash Anfang August. Aber ich habe gelernt, mit den Ausrastern meiner Freundin zu leben, auch wenn sie mich immer nerven und manchmal so lange dauern, dass ich beinahe die Geduld mit ihr verliere. Denn wenn ich über die lange Historie unserer Freundschaft zurückblicke, sehe ich, dass sich die Freundschaft lohnt.

Nach ihrem jüngsten Anfall scheint sich meine Freundin wieder etwas beruhigt zu haben. Das kann sich zwar schnell ändern, aber ich denke, die Auslöser des Anfalls waren nicht so schwerwiegend, dass sie in eine tiefere Krise fällt. In der ersten Hälfte dieses Jahres erwies sich der Aktienmarkt als unerwartet stark. Der US-Index S&P 500 stieg bis Mitte Juli um 18 Prozent. Aber die Rally hatte eine schmale Grundlage. Die Aktien der großen Technologiefirmen trieben sie voran. Der Technologieindex Nasdaq stieg um 22 Prozent, während der gleichgewichtete S&P 500 Index, in den jede Aktie mit dem gleichen Anteil eingeht, mit plus neun Prozent hinterherhinkte. Die Rally war auch nicht ohne Übertreibungen, wie der kometenhafte Aufstieg der Aktien von Nividia, des Herstellers von Computerchips für künstliche-Intelligenz-Software, zeigte.

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Henri Lassalle | Mi., 7. August 2024 - 20:06

behalten, sich nicht emotional überwältigen lassen, sonst sollte man dem Jojo-Spiel der Börse fernbleiben. Manchmal können auch massenhaft auftretende Gewinnmitnahmen zu falschen Schlüssen verleiten. Finanzgeschichten sind reine Psychologie - wie bei einer kapriziösen Diva.

Christoph Kuhlmann | Do., 8. August 2024 - 09:19

Es gibt zu viele Markteilnehmer, welche die Knappheit durch kreditfinanzierte Anlagen künstlich erzeugen, selbst wenn Staatsbanken wie die FED und EZB die Märkte mit Geld fluten. Wer auf Kredit Milliarden anlegt und mit zehntel Prozentpunkten rechnet, destabilisiert das Finanzsystem. Insofern wäre eine globale Transaktionssteuer ein probates Mittel, die Gemüter zu beruhigen.

Ernst-Günther Konrad | Do., 8. August 2024 - 10:14

Die Finanzwelt mit Aktien und unübersichtlichen Firmengeflechte ist für mich nicht durchschaubar. Ich weiß nur, das seit Jahrzehnten schon vorausgesagt wurde, dass die Weltwirtschaft zusammen bricht und irgendetwas "neue" kommen soll. Wie gesagt, ich verstehe nichts davon, weiß aber genau, nichts hält für die Ewigkeit, was der Mensch erschaffen hat. Dieser ganze Börsenmarkt ist ein künstliches Geflecht. Viele vorgegaukelten Werte existieren real gar nicht , sondern sind Geldwerte auf dem Papier. Bräche die Finanzwelt zusammen, stehen bereits neue Systeme bereit zu übernehmen, wenn die Menschheit dem machiavellistischen Umtrieben nicht abschwört. Würde sie das tun? Wünschen würde ich es mir.