Die polnische Hauptstadt Warschau wird immer interessanter für internationale Investoren / dpa

Polens Wirtschaft - Wirtschaftswunder an der Weichsel

Vom rückständigen Ostblockstaat zur Hightech-Nation: Polens Wirtschaft entwickelt sich mit einer Dynamik, die alte Klischees längst vergessen macht. Für deutsche Unternehmen wird das Nachbarland immer wichtiger.

Autoreninfo

Thomas Urban ist Journalist und Sachbuchautor. Er war Korrespondent in Warschau, Moskau und Kiew. Zuletzt von ihm erschienen: „Lexikon für Putin-Versteher“.

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Jedes Mal freuen sich die Warschauer Geschäftsleute über die verblüfften Gesichter ihrer deutschen Gäste, wenn sie nach Vertragsabschluss zum gemeinsamen Essen einen „exotischen“ Wein kredenzen lassen: einen Solaris aus dem heute polnischen Pommern, ein leicht herber Weißer, die Rebe kommt ursprünglich aus Baden. Also gewissermaßen ein deutsch-polnisches Erzeugnis. Önologen meinen, der Klimawandel habe die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass historische Weingebiete im ehemaligen deutschen Osten eine kleine Renaissance erleben. Noch sind die Produktionszahlen der polnischen Winzer überschaubar, doch das Potenzial ist nach Meinung der Experten durchaus vorhanden. Auch wenn in Deutschland polnische Weine wohl eher ein Nischenprodukt bleiben werden.

Einem anderen Solaris hingegen ist der Einstieg in den deutschen Markt eindrucksvoll gelungen. Man sieht ihn in Berlin ebenso wie in München und Bremen. Es sind Stadtbusse des Posener Herstellers Solaris. Wohl die wenigsten Fahrgäste in Deutschland wissen, dass die mit Hybrid- oder Elektroantrieb ausgestatteten Busse aus Polen stammen. Zu erkennen sind sie an der nach rechts hinuntergezogenen Frontscheibe. Dieses ungewöhnliche Profil soll verhindern, dass der Busfahrer Kinder übersieht. Die Marke, deren Mehrheitsanteile die Gründerfamilie im Jahr 2018 an die spanische CAF-Gruppe verkauft hat, ist längst europaweit etabliert. 

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Christoph Kuhlmann | So., 14. August 2022 - 19:31

sind dringend notwendig. Denn eine weitere Osterweiterung der EU lässt sich nur mit prosperierenden Partnern finanzieren. Außerdem macht Polen einen guten Job gegen Putin und Lukaschenko, genauso wie Deutschland einen guten Job bei der Entspannungspolitik bis zur Wiederbereinigung gemacht hat. Soft- und Hardpower gehören halt zusammen und einmal erfolgreiche Strategien werden meistens zu spät geändert. Das mit der Gewaltenteilung wird sich hoffentlich bei den nächsten Wahlen erledigen. Ihr sind da gerade in den ländlichen Gebieten einige Konkurrenten erwachsen und die städtische Mittelschicht wächst. Auch müsste man sich mal die Altersstruktur der Wähler der PiS anschauen. Ich gehe davon aus, dass die Jüngeren der EU positiver gegenüberstehen. Ein gewisser Nationalismus muss sein, schon wegen der Verteidigungsbereitschaft. Zuviel davon ist wirtschaftlich sehr kostspielig und lässt das Land bei den Nachbarn schlecht aussehen. So oder so es wächst zusammen.

Tomas Poth | So., 14. August 2022 - 19:33

Das wäre ja schön, dann kann Polen ja endlich, statt größter Nettoempfönger ca. 13 Milliarden in 2020, sich vom Tropf lösen und zum Nettozahler in der EU werden.
Deutschland braucht zukünftig seine Nettozahlungen für sich selbst, damit wir nicht abstürzen.

Ernst-Günther Konrad | Mo., 15. August 2022 - 08:17

Das kann man den Polen ja nicht vorwerfen, dass sie all das, was ihnen zum Vorteil gereicht aus der EU herausziehen und dennoch ihre Eigenständigkeit versuchen zu behalten. Die passen eben überall auf, wo sie glauben und vermuten können, nochmal ihre Eigenständigkeit zu verlieren. Ob die Mittel zum Zweck immer die richtigen sind mag jeder selbst beurteilen. Jedenfalls hebt der Artikel hervor, dass die doch so viel gescholtene konservative Regierung mit etwas Ruckeln doch ihr Land deutlich nach vorne gebracht hat. Und was das Rechtsstaatsverfahren anbetrifft schreiben Sie: "...wegen der faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung, nämlich der Unterstellung der Gerichte unter das Justizministerium." Nur mal ein kleiner Hinweis. In D sind die Gericht auch organisatorisch den Justizministerien unterstellt und wer beruft die Gerichtspräsidenten und ihre Vertreter? Wie kam Herr Harbarth zu seinem Job als Chef des BVerfG? Welchen Einfluss nahm Merkel auf das BVerfG beim gemeinsamen Essen?

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 15. August 2022 - 10:44

und bildete auch vor der Kolonisation durch das Deutsche Reich gewissermassen einen Zusammenhang mit Polen; Po/land, Po/m/mern, die einen an Land, die anderen am Meer.
Ich freue mich sehr für Polen und sie werden die Bundesrepublik nicht hängen lassen, auch wenn die ihnen evtl. das Leben in der EU schwer mach(t)en, von der Vergangenheit zu schweigen.
Aber was "erduldet" man nicht alles von "Jüngeren".
Ich bin sehr dafür, dass Polen seine Souveränität ausbaut, parallel zu seinem Wachsen in der EU.
Die evtl. "Invektiven" des Textes gegen die Nationalkonservativen, aber auch gegen Russland, übersehe ich mal.
"Sozialdemokraten/Liberale" waren nie führend in nationalen Angelegenheiten.
Die Welt wartet auf polnisches Know How, polnische Marken...
Der schwache Szloty schadet Polen doch nicht?
Ich "fremdle" zwar mit der polnischen Sprache, nicht aber mit Polen.
Gibt es Anzeichen, dass Vertriebene vermehrt zurückmöchten in eine alte und neue Heimat?
Polen sollte auf Verbundenheit vertrauen.

Andre Möller | Mo., 15. August 2022 - 12:35

in Polen haben meiner Frau und mir das Land meiner Vorfahren wieder sehr nahe gebracht. Ich sah eine Dynamik, die ich in Dt. mittlerweile sehr vermisse. Dort herrscht auch eine Ordnung in öffentlichen Angelegenheiten, die man früher eher aus Dtl. kannte. Die Polen haben preußische Tugenden in ihr Handeln aufgenommen. Es wird Schritt für Schritt ein Masterplan für die Infrastruktur umgesetzt, der in Dtl. so nicht mehr möglich wäre, es wird auf das Ergebnis geschaut und effizient abgearbeitet. Das hat mich sehr beeindruckt. Ob der erreichte Stand auch einer nichtPiS-Regierung gelungen wäre? Ich glaube nicht. Außerdem war es beeindruckend zu sehen, wie familienfreundlich - und damit kinderfreundlich Polen ist. Die brauchen null Zuwanderung und wollen auch keine aus fremden Kulturen. Von der Dreistadt Gdansk-Sopot-Gdynia, die wir vor einem Jahr besuchten, waren wir schwer begeistert. Wir planen schon die nächste Reise...