- Der Weltvermesser
Der Schriftsteller Teju Cole wird zu den bedeutendsten Stimmen seiner Generation gezählt. Mit seinen Essays will er nicht unterhalten, sondern bezeugen, was immer schon da war. Ein Porträt
Die schwerelosen Ellipsen des Kammermusiksaals, den der Architekt Frank Gehry der Berliner Barenboim-Said-Akademie zum Geschenk gemacht hat. Das Publikum, das sich an diesem Spätnachmittag in dem in kanadisches Zedernholz eingefassten Oval allmählich einen Platz sucht, während Teju Cole am Rande des Parketts steht und in ein Gespräch mit dem Dekan der 2012 von Daniel Barenboim begründeten Musikhochschule vertieft ist: Cole ist auf der Durchreise.
Er will in einem Vortrag an den 2003 verstorbenen amerikanisch-palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward W. Said erinnern. Vor zwei Tagen hat er in New York über seine Arbeit als Schriftsteller und Fotograf gesprochen, nächsten Samstag nimmt er an einer Podiumsdiskussion an der Yale University teil, dann muss er weiter nach Bogotá, Toronto und Boston. Anfang Juni erscheint in Deutschland „Blinder Fleck“, der aus Fotos und Texten bestehende Essay, in dem Cole seine seit dem internationalen Erfolg des Romans „Open City“ (2011) unternommene Vermessung der Welt reflektiert. Es ist für den 1975 in den USA geborenen, in Nigeria aufgewachsenen Autor immer auch eine Vermessung des Geistes und seiner Wahrnehmungsgrenzen. „Lange bevor ich auf die Verweise stieß“, so Siri Hustvedt in ihrem Vorwort zu „Blinder Fleck“, „verstand ich, dass Teju Coles Projekt ein phänomenologisches ist. Es ist die Erforschung des Verhältnisses zwischen dem körperlichen Bewusstsein und der sichtbaren Welt.“
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finden wir aktuell Lebenden in den Zeugnissen unserer Vergangenheit. In Schriften, Bauwerken, Überlieferungen jeglicher Art. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen und Erfahrungen sollte man meinen, die Menschheit wäre ein gutes Stück weiter in ihrer Entwicklung. Leider sieht man gerade beim "Bereisen" unserer Welt, wo sich Grenzen im wortwörtlichen Sinne ergeben. Unserer Natur entsprechend und als soziales erst mal ohne Eigengrenzen geborenes Wesen, überlebt
man erfahrungsgemäß weder in großartiger Isolation, aber auch nicht ohne gewisse essentielle
Grenzen zum Eigenschutz. Solch eine Zivilisation hat der Mensch bisher m.E. noch nicht geschafft zu errichten. Denn leider zeigen die aktuellen Kriege, Machtkämpfe und sonstige vom Menschen ausgelöste Katastrophen dieser Welt, wo die Schöpfung selbst, einer Fortentwicklung des nur scheinbar modernen Humanoiden die Grenzen gesetzt hat. Und nur in diesen können oder müssen wir uns als Individuen bewegen. Ob`s uns passt oder nicht. MfG