Kurz und Bündig - Philippa Foot: Die Natur des Guten

«Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.» Und sei es, dass man ein gutes Buch schreibt. Vielleicht sogar eines über das Gute. Doch das hat Philippa Foot nicht getan. Sie bemüht vielmehr «die Natur des Guten», mithin eine längst überholte Metaphysik.

«Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.» Und sei es, dass man ein gutes Buch schreibt. Vielleicht sogar eines über das Gute. Doch das hat Philippa Foot nicht getan. Sie bemüht vielmehr «die Natur des Guten», mithin eine längst überholte Metaphysik. Unerschrocken in der Wahl ihrer Beispiele, erklärt sie das Funktionieren attributiver Adjektive wie folgt: «So könnte ‹schlecht› zu ‹gut› werden, wenn wir ein bestimmtes Buch zuerst als einen Beitrag zur Philosophie, dann aber als ein Schlafmittel betrachten.» Vielleicht bewahren ja Foots Geschichten den Leser vorm Einschlafen. Zum Beispiel die von der guten Biene – gut deshalb, weil sie durch ihren Honigtanz den Bienenschwestern signalisiert, wo köstlicher Nektar zu finden ist. Couragiert zieht die Moralphilosophin Foot gegen den Immoralismus zu Felde, vor allem vertreten durch Friedrich Nietzsche mit «seinem teuflischen Blick für verborgene Böswilligkeit». Ihr selbst wünschte man den Blick dafür, wie krumm nicht selten ihre Logik läuft. Schwerlich gelingt es ihr so, Nietzsche mit seiner «Leugnung der wesensmäßigen Schlechtigkeit von Handlungen» die «Stirn zu bieten» – der erklärte Vorsatz der Autorin. Gegen Ende wird der Immoralismus Nietzsches ausdrücklich zum Testfall ihrer «Theorie der moralischen Bewertung», mit der sie zugleich das vermeintliche Versagen ihrer Zunft wettmachen will. «Wir, die philosophischen Wachhunde, haben zum größten Teil versagt: Wir haben nicht gebellt.» Und so war es «den Nazis immerhin möglich, sich bei der Verteidigung ihres Völkermordes auf Nietzsche zu berufen». Deshalb will sie wenigstens heute bellen. «Nietzsches Behauptung, der freie Wille sei bloß eine Illusion …, diese Auffassung von moralischer Verantwortlichkeit» sei zentral für seinen Immoralismus. Allerdings verfolgt sie diesen Gedanken nicht weiter, sondern lässt erneut die Bienen tanzen. Foots Problem: Wie, wenn die anderen Bienen gleichwohl keinen Nektar fänden? Dann «hätte das Tanzen einer Biene keinen Wert». Mit «diesem Beispiel», meint Foot, habe sie «ein Verfahren skizziert, das zur Umwertung einer Bewertung führen könnte». Nicht anders hätten wir ja auch «überkommene Auffassungen zum verhängnisvollen Einfluß von Masturbation oder Homosexualität umgewertet». Dennoch lastet sie Nietzsche dessen «Annahme» an, «keine Handlung sei an sich richtig oder falsch». Foot hält dies nun ihrerseits für «völlig falsch». Und während Nietzsche «behauptete, mit einer Umwertung der Werte beschäftigt zu sein», verrät uns die Autorin ein letztes Mal, dass «im menschlichen Leben, so wie es ist», bestimmtes Handeln weder «durch Authentizität» noch «durch Selbstverwirklichung zu gutem Handeln (wird)». So authentisch betreibt Philippa Foot ihre Selbstverwirklichung als – laut Verlag – «Grande Dame der zeitgenössischen Moralphilosophie».

 

Philippa Foot
Die Natur des Guten
Aus dem Amerikanischen von Michael Reuter.
Suhrkamp, Frankfurt a.M. 2004. 162 S., 19,80 €

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