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„Kein monochromes Siechen, auch nicht von der Erscheinung her“: Die Kabarettistin und Autorin Lisa Eckhart / Franziska Schroedinger

Lisa Eckhart im Porträt - Ätze homo

Lisa Eckhart, Misanthropin und leidenschaftliche Nietzsche-Leserin, balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Über- und Untermensch. Ihr größter Feind ist der Glaube an die moralische Überlegenheit des Durchschnitts. Das ist nicht das einzige, was der Komikerin Kritik einbringt.

Autoreninfo

Ute Cohen ist Schriftstellerin und Journalistin.

So erreichen Sie Ute Cohen:

Die einen bekritzeln Sudelhefte und versuchen mit Ach und Krach ihrer Authentizität Ausdruck zu verleihen, die anderen verfechten das strikte Artifice, das niemals, aber auch niemals von einem selbst besudelt werden darf. Lisa Lasselsberger, eine 27-jährige österreichische Kabarettistin, irritiert als Kunstfigur Lisa Eckhart Ambiguitätsphobiker und Sprachneurotiker gleichermaßen. Das jüngste Debakel ums Harbour Front Literaturfestival, bei dem Eckhart ihren Roman „Omama“ vorstellen sollte, scheint letzten Endes dem Missverstehen des Maskenspiels der Künstlerin geschuldet zu sein. Steht sie nun rechts oder links, teilt sie aus nach oben oder unten?

Wie nur Ketzer sein in einer Welt des „rien ne va plus“? Eckharts Handlungsanweisung ist klar: „Seien Sie maßlos in allem, nur niemals der Mittelmäßigkeit.“ Ein Affront gegen alle, die eisern an die moralische Überlegenheit des Durchschnitts glauben und das Streben nach dem Höheren als Ausfluss einer schändlichen Hybris erachten. 

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Holger Jürges | So., 30. August 2020 - 18:22

...vielleicht noch eine Schippe Schopenhauer dazu, der war einst das Synonym zum Misanthropen schlechthin, jedoch ward er im Alter weise und im Rückblick eher zweifelnd.

Und das, Lisa Eckhart ist der Schlüssel: zweifelnd perpetuierende Erkenntnis, gern auch - Achtung ein wertvoller Tipp!: im Zen das Deterministische überwindend, zur endgültigen Erkenntnis gelangen ! - Das entbindet dann von jeglichem reüssieren der geschundenen Persönlichkeit: Die Elegie des eigenen Schicksals findet Form aus der Formlosigkeit heraus und winkt aus einem Zuhause, nachdem sich alle sehnen.
Es gibt viele Zwischenschritte: tänzelnd in den Irrtümern von tausend Eitelkeiten emittiert das Ich in die Welt.
Nietzsche ist eine große Hausnummer: Er sagte einmal "Neue Wege entstehen, indem wir sie gehen." Und siehe, solches geht ganz ohne Nietzsche - in Resonanz zu einem zeit und ortlosen Zusammenhang aller Dinge...

Jürgen Keil | So., 30. August 2020 - 19:23

Soll sie, balancierend auf diesen schmalen Grat, weiterhin ihre Sprachperlen werfen, den Spießigen, Moralisierenden und anderen Übertreibern den Verzerrspiegel vor die Gesichter halten, sie mit ihren intellektuellen Fingernägeln kratzen und, da bin ich egoistisch, mich weiterhin so köstlich unterhalten.

Dorothee Sehrt-Irrek | Mo., 31. August 2020 - 08:52

Frau Eckhart, die ich nur aus Beschreibungen oder Zitaten kenne.
Ich kenne mich nur ein bisschen bei Nietzsche aus.
Dessen Thema ist nicht die Spanne zwischen Unter- und Übermensch, sein unbedingtes Bemühen ist die Rettung des Lebens als Göttliches.
Ich kann nur davor warnen, Nietzsche "bespielen" zu wollen, ohne Gespür für sein Leiden.
Wenn Dieter Nuhr über Gott spricht, dann spüre ich - zwar jetzt weniger - Respekt in aller selbstbestimmten Traulichkeit.
An Nietzsche zu scheitern ist meiner Erfahrung nach keine Schande, sich über ihn zu erheben jedoch meist irgendetwas zwischen Lächerlichkeit und Größenwahn.
Ich würde mich freuen, wenn Frau Eckhart einen Weg findet und sei es im Scheitern.

vielleicht als Vehikel zur weiteren Entwicklung (im Sinne des Wortes) von Frau Eckhart ? - Ganz recht, werte Frau Sehrt-Irrek. Nietzeschs Leiden zog sich durch´s ganze Leben: Die schmerzhafte Lösung vom Romantischen und dem Metaphysischen seiner Zeit, sind hier nur zwei Beispiele, auf dem Weg zu einer autarken Denkweise, die Generationen geprägt hat.

PS: Das besagte Pathos stammt aus eigener Feder und ist unabhängig von anderen Quellen entstanden...

Nietzsche als "Retter des Lebens als Göttlichem"?

Mit Verlaub, ich schätze eine solche Formulierung hätte Herrn Nietzsche - trotz seiner angeschlagenen Gesundheit - ein Grinsen ins Gesicht gezaubert.

Mit dem "Göttlichen" hatte Nietzsche wohl wenig Last. Er meinte doch schlicht "Gott sei tot". Und es wäre Zeit für eine Umkehrung aller Werte. Weg mit dem ganzen christlichen Zeug...

Nur der von solchem "Ballast" befreite Mensch wäre in der Lage, "aufzusteigen" - wohin auch immer.

Passend dazu, dass Nietzsche immer den Selbstmord als akzeptablen Ausweg gesehen hat.

Da bleibt von "Göttlichem" nicht mehr all zuviel übrig, oder irre ich mich?

so startete Nietzsche wohl so, ob aus eigenem Antrieb, ob aus pessimistischer Perspektive oder positiv gestimmt, es könnte bei ihm auch wahlweise zum Tragen gekommen sein...
Wie Bach, fest in in der lutherischen Tradition und dann in der h-moll Messe diese Tradition zu einem Neuen Kanon, einer neuen Messe zu fügen.
Nietzsche ist einer der Wenigen, von denen ich richtig viel gelesen habe, neben Agatha Christie und eben wenigen Anderen.
Gerade fiel der Vorhang für Poirot, GOTT sei Dank, geht es wieder von vorne los.
Aus Lebens- und Leseerfahrung heraus würde ich meinen, dass das Göttliche bei Nietzsche wundersam AUFGEHOBEN ist:)
Es ist aber immer wieder furchtbar für mich, zu bemerken, was man mit Nietzsche meinte begründen zu können.
Dieser englische Komiker??? hat er nicht einen Sketch gemacht über Nietzsches Ankunft im Himmel?
Niederdrückend und zugleich mildert der Sketch ab.
Das ist nun mal die Art Komik, die ich brauche, eine, die vom Leiden und den Niederlagen oder Untaten weiss.

Michael Andreas | Mo., 31. August 2020 - 09:19

Ohne die Kritik an einer jahrealten Bühnenpassage und ohne die törichte Ausladung in Hamburg wäre Lasselsberger/Eckhart nicht raketenschnell und unfreiwillig (?) zur Ikone der anti-PC geworden.

Wobei die Hinwendung zur Literatur zu begrüßen ist, ihr Bühnenprogramm ist nicht sehr komisch.

Romuald Veselic | Mo., 31. August 2020 - 12:18

sind ebenso Schauspieler, die in eine Rolle schlüpfen, um den moralischen Spiegel aus der Masse zu reflektieren. Kann sein, dass sie auch den Hofnarren von damals, nur anders widergeben.
Ein Clown im Zirkus, der einen Trinker imitiert, bedeutet nicht, dass er den Alkoholiker verachtet, sondern nur parodiert. Wenn es in der Kunst so weiter gehen wird, wie sich einige moralisch dazu äußern u. ihre Kriterien der Kunst diktieren, wird es bald dazu kommen, dass in Kriminalfilmen, nur alte weiße Männer als Mörder dargestellt werden. Andere, nichtweisse, nichtalte Männer, falls sie doch unerklärlich kriminell werden, dürfen so nicht dargestellt werden. Denn sie damit nur Ressentiments erzeugen, was wiederum den Nazis/Neonazis, Rechten, Sexisten, Rassisten, Schwarzfahrern,... nützen wird/werde.