Rokokosaal der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar / dpa

Bedeutungsverlust der wissenschaftlichen Bibliotheken - Open Access in der Wissenschaft – ein zweifelhaftes Heilsversprechen

Open Access verspricht einen ungehinderten Wissensfluss in der Wissenschaft und den kostenlosen Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen weltweit. Gewinner sind die Verlage, die Druckkosten sparen, Verlierer sind die Autoren – und nicht wenige Fakultäten.

Autoreninfo

Ewald Kiel ist Ordinarius für Schulpädagogik an der LMU München und war Direktor des Departments für Pädagogik und Rehabilitation sowie Mitglied des Universitätssenats. Zur Zeit ist er Dekan der Fak. 11 der LMU.

So erreichen Sie Ewald Kiel:

Im wahrsten Sinne des Wortes jahrhundertelang waren Bibliotheken der Ort, an dem wissenschaftliches Wissen gelagert und zugänglich gemacht wurde. Sie waren auch ein Ort, an dem man Wissenschaft und Belesenheit in teilweise spektakulären Bauten feierte. Die Klosterbibliothek des Klosters Melk, die Herzogin-Amalia-Bibliothek in Weimar, die British Library in London, die wohl größte Bibliothek der Welt, oder die moderne, ästhetisch beeindruckende Bibliotheca Vasconcelos in Mexiko sind solche wirklich spektakulären Orte. Diese Orte verlieren zunehmend an Bedeutung. 

Es gibt die Klage – und empirische Untersuchungen, die diese Klage bestätigen –, dass weniger oder weniger lange Texte gelesen werden, und in Bibliotheken liegen üblicherweise vor allem längere Texte. In den viel rezipierten sozialen Medien gibt es vor allem kurze Texte. Andererseits kann heute jeder zum Autor werden und sich zu allem, auch zur Wissenschaft, äußern, ohne dass irgendjemand eine Bibliothek aufsuchen muss. Um sich etwa über wissenschaftliche Fragen zu informieren, wie Klimakatastrophe, Erziehungsfragen, Gesundheit, Antriebstechniken für Autos etc. gibt es Blogs, Internetplattformen, wo Hinz und Kunz ihre Meinung kundtun und dies als seriöses Wissen verkaufen. Kurz, wenig komplex, klare Botschaft, maximal leicht zugänglich und möglichst viele Follower sind die Qualitätskriterien dieses Publizierens. Wahr ist, was gemeint wird.

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Ronald Lehmann | So., 19. Mai 2024 - 16:07

& in dieser Beziehung habe ich eine frühere SPD-Einstellung wie einst Otto von Bismarck
> Leben & leben lassen

wenn aber ein Thema sich nur der Marktwirtschaft
& der Sucht nach Mehr unterwirft
verschwinden die Tugenden in das Land Nirvana

egal ob beim Thema
Medizin
Sport
Kultur
Wohnraum
Leben &&&

& wie bei ALLEN THEMEN
es muss eine Balance stattfinden ⚖️

weil wie bei meinen Lebensmotto
"Gift ist Medizin & Medizin ist Gift,
die Dosis ist Entscheidend"

wenn ich daran denke, wieviel Wälzer ich lesen musste, um eine bestimmte Informationen zu bekommen

dann sind Web-Bibliotheken eine wahre Fundgrube für die Bildung von Weisheit

für das verstehen von Abläufen auf Erden
& das verstehen der Denkweisen unserer Ahnen

warum - weshalb diese so tickten & nicht anders

wo ich mehr wie enttäuscht bin, dass weltliche wie religiöse Macht altes Wissen nicht frei gibt bzw. für jeden auf der ganzen Welt zugänglich macht

aber da würden so manche Schriften im Widerspruch zum momentanen Zeitgeistes stehen

Theodor Lanck | So., 19. Mai 2024 - 18:09

Wird das OA-Geld eigentlich für das ausgegeben, was den größten Aufwand im Publikationsprozess erzeugt: das Peer Review? Offenbar werden die Gutachter gerade nicht entlohnt, noch nicht mal eine Aufwandsentschädigung erhalten sie. Die Verlage hingegen sparen bei den Gutachtern, bei der (jetzt digitalen) Technik, beim (jetzt digitalen) Vertrieb und heimsen dann noch einen Sack verwertbare Daten ein. Die Gatekeeper-Funktion behalten sie natürlich. Dabei müssten gerade die Verlage doch jetzt umgangen werden können...

Zustimmung. Im Moment ist der Prozess ja hauptsächlich eine Gelddruckmaschine für die (remmomierten) Verlage wissenschaftlicher Zeitschriften.
Diese veröffentlichen Forschungsergebnisse, die ganz überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden. Für den aufwändigsten Teil ihrer Arbeit, der Begutachtung der eingereichten Artikel, nimmt sie Forscher in Anspruch, die dies unentgeldlich tun (d.h. in ihrer grösstenteils öffentlich finanzierten Arbeitszeit). Dann verkaufen die Verlage die Artikel für viel Geld, ganz überwiegend an öffentliche Einrichtungen wie Universitäten oder Institute.
Die Gewinnmargen sind da schwindelerregend, wen wunderts bei so einem Geschäftsmodell.
Daher ist ein open Access Ansatz sehr begrüßenswert, allerdings am Besten in Verbindung mit den bewährten peer-Review Verfahren. Die Verwetungs bzw Urheberrechte der Autoren lassen sich ja auch in einem open Access Modell problemlos schützen.

Henri Lassalle | So., 19. Mai 2024 - 19:50

Natürlich. Angenommen, Sie publizieren einen selbstverfassten originalen Text im Internet. Im Augenblick der Publikation gehört Ihnen dieser Text nicht mehr; jeder kann ihn sich aneignen und für eigene Zwecke verwenden. Das geschieht laufend. Studenten, Geistes-und Kultur"wissenschafter", Journalisten, Publizisten und andere sind im Netz ständig auf der Suche nach Brauchbarem. Ich finde, man sollte dem Einhalt gebieten. Oder möchten Sie beklaut werden? Es geht hier schlicht und ergreifend um Eigentum.
Es ist daher zu empfehlen, nichts im Internet zu publizieren, sondern zuerst in einer Printedition.

Bernhard Homa | So., 19. Mai 2024 - 21:19

Der Autor beschreibt durchaus korrekt die Probleme bei OA, sein Lösungsvorschlag, einfach die Finanzmittel dafür zu verstetigen, überzeugt aber gar nicht: damit würden die Großverlage und deren groteskes Gebaren (exorbitante Gewinnmargen, Tracking usw.) weiter gemästet.
Dabei wird das Kernproblem, das auch die OA-Idee in Mitleidenschaft zieht, in der Mitte des Artikels sogar benannt: es ist die wiss. "Reputation" , die eben maßgeblich von Publikationen in den hochrangigen Journals der Großverlage abhängt, welche dann wieder über Karriere und Forschungsgelder entscheiden. "Die Wissenschaft" sollte also erst mal ihre Maßstäbe für Personalauswahl und Forschungsqualität auf den Prüfstand stellen, wie dies der "Wissenschaftsnarr" Ulrich Dirnagl schon lange fordert (s. https://www.laborjournal.de/rubric/narr/narr/n_23_11.php).
Unabhängig davon ist sicher richtig, dass auch die bürokratistischen Wucherungen im Wissenschaftsbetrieb dringend der Reduktion bedürfen.

Albert Schultheis | So., 19. Mai 2024 - 22:09

Die Wikipedia hatte nur ein relativ kurzes Vorspiel der weitgehend politikfreien Dokumentation enzyklopädischen Wissens. Dann schlugen die linksgrünen Seeräuber zu und machten sie sich zur Beute. Heute gibt es keinen politisch relevanten Topos mehr darin, der nicht linksgrün-woke-post-kolonial ge-rigged wäre.
Allein die naturwissenschaftlichen hardcore-Beiträge blieben von der Vereinnahmung verschont - klar, weil die linksgrünen Bibliotheksstürmer offenbar zu blöd sind, sie zu redigieren. Die gesellschaftspolitischen, literaturwissenschaftlichen und geschichtlichen Inhalte sind bereits durchgehend linksgrün gleichgeschaltet.
Den neuen Internet-Bibliotheken wird das gleiche Schicksal blühen. Die linksgrünen Khmer respektieren keinen Bereich, um ihm nicht ihren Stempel der Simplifiziering, der Infantilisierungund der Verblödung auszudrücken und ihn mit ihrem linksgrünen Urin zu markieren. Solche Übergriffigkeiten gibt es ausschließlich in Gottesstaaten und im Sozialismus.

Marianne Bernstein | So., 19. Mai 2024 - 22:52

Das war das Versprechen womit OA angetreten ist. Es sollte die Macht der Wissenschaftsverlage brechen. Schon damals war mir klar, dass es nicht so kommen wird. Anstatt für das Lesen zu zahlen, muss nun der Autor zahlen und den Wissenschaftsverlagen kann es egal sein wer zahlt. Jetzt können zwar alle die Ergebnisse lesen, allerdings nur die, die es schaffen veröffentlich zu werden. Die Preise werden weiter steigen, die Gelder für die Wissenschaft aber nicht.