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(picture alliance) War es das, Herr Bundespräsident?

Staatsanwaltschaft eingeschaltet - Was wird nun aus Wulff?

Die Staatsanwaltschaft will gegen den Bundespräsidenten vorgehen. Sie beantragt die Aufhebung der Immunität. Welche Konsequenzen hat das?

Für Bundespräsident Christian Wulff wird es eng. Die Staatsanwaltschaft Hannover hat beim Bundestag die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Ein Ermittlungsverfahren wird damit unausweichlich.

Was haben die Staatsanwälte bisher im Fall Wulff geprüft?

Es geht vor allem um Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung, sogenannte Korruptionsdelikte. „Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt es im Strafgesetzbuch zur Vorteilsannahme. [gallery:Wer ist im Rennen um die Wulff-Nachfolge? Eine Kandidatenschau]

Grund der Strafdrohung ist das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung – bis hoch zu Kanzlern, Ministern oder Ministerpräsidenten.

Welche Taten bestraft das Gesetz?

Keine konkreten. Strafbar ist die „Dienstausübung“, ein sehr allgemeiner Begriff. Härter bestraft – mit bis zu fünf Jahren – wird Bestechlichkeit, wenn der Amtsträger mit einer konkreteren „Diensthandlung“ gefällig war. Korruptionsdelikte sind schwer zu beweisen. Auch bei der Vorteilsannahme muss es Indizien dafür geben, dass eine „Unrechtsvereinbarung“ vorliegt, dass Geber und Nehmer sich einig sind, dass Geld für eine Leistung des Amtsträgers gegeben und erwartet wird.

Welches Geschehen kommt im Zusammenhang mit Groenewold in Frage?

Der Filmproduzent David Groenewold hat mit Wulff im Jahr 2005 Bekanntschaft und bald darauf Freundschaft geschlossen. Das Land Niedersachsen hat die Geschäfte des Unternehmers mit Öffentlichkeitsarbeit und einer Ausfallbürgschaft in Millionenhöhe unterstützt. Von Groenewold ist bekannt geworden, dass er Wulff, neben Unterstützung für sein Buch und einem Hotel-Upgrade bei zwei Aufenthalten auf Sylt die Kosten verauslagt hatte. Das war alles, hieß es zunächst. Dann aber tauchte ein privater Überlassungsvertrag über ein Firmen-Handy Groenewolds auf. Wulff habe auch hier die Kosten beglichen, hieß es – doch spätestens zu diesem Zeitpunkt dürften sich die Staatsanwälte zu Ermittlungen entschlossen haben.

Wie die Reaktionen auf den Antrag der Staatsanwaltschaft ausfielen, sehen Sie auf der nächsten Seite

Warum wollten die Staatsanwälte nicht früher ermitteln?

Nicht jede Strafanzeige oder jedes verdächtige Geschehen führt gleich zu förmlichen Ermittlungen. Die Staatsanwälte „prüfen“ dann nur. Gemeint ist damit, dass ein Vorfall noch keine Akte hat, kein Aktenzeichen trägt. Es gibt Hinweise, aber noch keinen Verdacht. Die Ankläger in Hannover wussten wohl in den letzten Wochen nur, was jeder Zeitungsleser wusste – allerdings sprachen sie gestern auch von „neuen Unterlagen“. [gallery:Die Bilder der Wulff-Skandale]

Haben die Staatsanwälte zu lange gezögert?

Es war spät, aber nicht zu spät. In den letzten Tagen war die Kritik an der Behörde immer lauter geworden. Dies hängt auch damit zusammen, dass Staatsanwälte verpflichtet sind zu ermitteln, wenn sie Verdacht schöpfen: „Sobald die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zu ihrer Entschließung darüber, ob die öffentliche Klage zu erheben ist, den Sachverhalt zu erforschen“, steht in der Strafprozessordnung. Andererseits war es auch richtig, das Staatsoberhaupt nicht leichtfertig an den öffentlichen Pranger zu stellen, was mit einem solchen Verfahren zwangsläufig geschieht. Nun, wo die Beamten sich dazu entschlossen haben, stehen sie unter Druck. Löst sich ihr Verdacht wieder in Luft auf, dürften sie wieder zur Zielscheibe von Kritik werden – wenn Wulff dann noch im Amt sein sollte.

Welche juristischen Folgen werden die Ermittlungen für Wulff haben?

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird ein amtierender Bundespräsident Beschuldigter eines Strafverfahrens. Das könnte auch das Ende der einst angekündigten Transparenz bedeuten: Der Präsident darf schweigen. Für die Ermittler würde sich mit der Akte Wulff das Arsenal der Strafprozessordnung öffnen, etwa die Möglichkeit zur Beschlagnahme oder zu Durchsuchungen. Sie kann Zeugen befragen und nach Dokumenten forschen. Trotzdem gilt weiter die Unschuldsvermutung. Staatsanwälte haben zudem die gesetzliche Pflicht, auch entlastende Umstände zu erforschen.

Warum muss der Bundestag erst die Immunität aufheben?

Laut Grundgesetz genießt der Bundespräsident dieselbe Immunität, also den Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung, wie jeder Bundestagsabgeordnete. Die Immunität ist ein sogenanntes Verfahrenshindernis. Eigentlich soll das Immunitätsrecht die Funktionsfähigkeit des Bundestags gewährleisten und vor Übergriffen der Exekutivgewalt schützen. Der Schutz des Staatsoberhauptes ist ein Relikt aus Zeiten der Monarchie, eine Tradition, die sich erhalten hat. Eine Majestät soll sich nicht unterwerfen müssen.

Wie wird die Immunität aufgehoben?

Ermittlungsverfahren gegen Parlamentarier sind durch einen Bundestagsbeschluss generell erlaubt. Die zuständigen Staatsanwaltschaften müssen jedoch vor der Aufnahme der Ermittlungen dem Präsidenten des Bundestags ihre Absicht mitteilen. Durchsuchungen oder die Ergebung der Anklage sind von dem Beschluss nicht umfasst. Kommt es zu schärferen Maßnahmen, spricht zunächst der Immunitätsausschuss eine Empfehlung aus. Dann entscheidet der Bundestag. Liegt ein Antrag der Ermittler vor, gilt die Zustimmung als Formsache.

Wer vertritt Wulff, wenn der sein Amt aufgibt?

CSU-Chef Horst Seehofer, weil er derzeit Präsident des Bundesrats ist. Wulff hatte das Amt auch von einem Vertreter übernommen, dem Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD). Er hatte die Geschäfte für Horst Köhler übernommen.

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