Per WhatsApp verschickt: Ursula von der Leyen 2017 auf Besuch bei Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan / dpa

Chatkontrolle zunächst gescheitert - Rechtsstaatlicher Kontrollverlust

Eigentlich sollte heute in der EU über die Überwachung von Messengerdiensten wie WhatsApp oder Telegram geredet werden. Doch die sogenannte „Chatkontrolle“ ist abgesagt worden – vorerst.

Ralf Hanselle / Antje Berghäuser

Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Die Vertraulichkeit von Kommunikation genießt in Deutschland den Rang eines Verfassungsprinzips. Und auch wenn Artikel 10 GG in heutigen Ohren klingen mag, als hätten sich die Mütter und Väter des Grundgesetzes mit der Beschränkung des staatlichen Zugriffs auf die Kommunikation an Postkutschenfahrer und Briefkastenomas gewandt, so hat die Formulierung im Kern nichts an Aktualität verloren: Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich, heißt es in Absatz 1 des zehnten Grundgesetzartikels.

Nun werden Briefe nur noch selten verschickt, und das Fräulein vom Amt hat ihre Vermittlungstätigkeit wohl auch längst eingestellt. Unzählige Rechtsgelehrte und Professoren haben sich daher in den zurückliegenden Jahrzehnten Gedanken dazu gemacht, was das Post- und Fernmeldegeheimnis im Zeitalter von E-Mail, Smartphone und Social Media bedeuten könnte. Gilt etwa eine auf einem Mailserver hinterlegte E-Mail noch als laufende Kommunikation, die unter das konventionelle Fernmeldegeheimnis fällt, oder ist die Kommunikation schon bei der Zwischenspeicherung durch den Serveranbieter abgeschlossen? Fragen wie diese haben in der Vergangenheit nicht nur das Bundesverfassungsgericht beschäftigt, sie haben auch in der Politik immer wieder zu neuen Irritationen und Grübeleien – besonders aber zu neuen Begehrlichkeiten geführt.

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Rainer Mrochen | Do., 20. Juni 2024 - 17:12

Öffentlich gern als autoritär geschmäht wird China aber zugleich, kaum verhohlen, um seine Zugriffsmöglichkeiten aufs eigene Menschenmaterial ( Human Resources) beneidet. Das hat mehr gemeinsam als die Verfechter der liberal, demokratischen Idee eingestehen.
Niemand sollte sich in dieser Hinsicht etwas vormachen. Demokratie hin oder her; dieses Modell wird kurz über lang auch im Universum des "Wertewestens" Einzug halten wenn nicht bereits, unterhalb der Schwelle von Rechtsstaatlichkeit und Gesetzgebung, praktiziert. Datenernte ist noch nicht gleich Datenverwertung. Mit der entsprechenden Beugung bestehender Rechtsnormen lässt sich sicherlich auch an dieser Stelle einiges bewerkstelligen. Es sollte nie in Vergessenheit geraten, daß mit der Schaffung von Straftatbeständen hier (verfassungsschutzrelevante Delegitimierung... ) die Legislative jedwede Option zur Kontrolle in ihren Händen hält. Ob das GG , frei interpretiert, dem Stand halten kann? Die unheilige Allianz: Legisla./Judika.

Thomas Romain | Do., 20. Juni 2024 - 17:44

Das Telekommunikationsgeheimnis ist ein hohes Gut.
Aber wie es in Bezug auf emails, Messangerdieste usw damit steht, darf bezweifelt werden. Die Techkonzerne nutzen die Inhalte mit Sicherheit schon, für ihre Nutzerprofile, personalisierte Werbung, um ihre KI zu trainieren, und wer weiss noch was.
Und dagegen schein man ziemlich Machtlos.

Tomas Poth | Do., 20. Juni 2024 - 18:02

Das bildet die Grundlage für ein totalitäres System. Genau das scheint gewollt zu sein!
Für Demokratie ist ja keine Zeit, dem politischen Willen darf sich nichts entgegenstellen.
Der nächste "Fortschritt" wird ein Implantat für jeden sein, mit dem der Mensch auf Knopfdruck gelenkt werden kann.

Albert Schultheis | Do., 20. Juni 2024 - 22:57

Ich hab's hundertfach geschrieben: Diese EU ist nicht reformierbar, sie muss abgeschafft werden und nur auf ihren Trümmern kann etwas Neues entstehen. Denn diese EU ist menschenfeindlich, familienfeindlich, sie hasst den mündigen Bürger, sie hasst demokratische und subsidiäre Verfasstheit, sie hasst Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und Verantwortlichkeit. Darum wird am Dexit nichts vorbeigehen. Eine EU ohne Deutschland ist keine EU mehr. Also raus aus dem Brüsseler Augiasstall. Ein Neubeginn Europas kann nur auf Augenhöhe beginnen mit gleichberechtigten Partnern und unter Beibehaltung nationaler Souveränität, kultureller Eigenheit - und jeder führt seine eigene Kasse!

Sabine Lehmann | Fr., 21. Juni 2024 - 03:55

Deutsche Politiker kommen seit einiger Zeit recht vielfältig daher, finde ich. Lügen und vertuschen hier, ein wenig vergessen dort und etwas „bereicherndes“ fürs Konto kann auch nicht schaden. Delinquenten unter sich, der Ami sagt dazu „Buddies in Crime“.
Flinten-Uschi ist ja schon lange ein Garant für erfolgreiche Projekte, deshalb durfte sie ja auch nach Brüssel auswandern, damit sie von dort noch mehr Schaden anrichten kann. In dieser Hinsicht ein erfolgreiches Unterfangen.
Ja, und die Doppel-Standards der moralisierten Strafverfolgung darf uns nicht verwundern, in dieser Rubrik gehören deutsche Politiker zum Goldstandard! Selbst Champus saufen, aber Wasser predigen, das ist ganz normal. Und soweit ich weiß, ist Uschi eh kurz davor der Heiligen Angela den hart erarbeiteten Verruf in Brüssel streitig zu machen: Lord Voldemort ist zurück! Aber psssst, nicht laut aussprechen;-)
P.S. Es muss heißen „Widerstand“ und nicht „Wiederstand“, lieber Herr Hanselle

Ernst-Günther Konrad | Fr., 21. Juni 2024 - 10:00

.... von den Politikern? Es wird gerne lautstark als Keule gegen "rechts" genutzt, verbal als Todschlagsargument eingesetzt und ist was? Genau, inzwischen in vielen Bereichen zum morschen Gerippe zerbröselt. Allein das ein ill. EU-Parlament nationale Verfassungen "überbieten" können und man sich einfach über das nationalstaatliche Recht hinwegsetzen kann ist und bleibt für mich ein Unding. Und das auch unser BVerfG sich schon ein paar Mal beugte sagt doch alles über unsere Freiheit und Unabhängigkeit aus. Nein, ich mache mir da nichts vor. Das wird irgendwie eingeführt werden und die machen auf dem Sektor doch jetzt schon was sie wollen. Da wird immer das Hauptargument "schwere Straftaten, KIPO, Terrorismus" vorgeschoben und am Ende wird es zu allem benutzt, was dem Staat dienlich erscheint, gerne auch gegen die Kritiker desselben.
@ Rainer Mrochen - ich kann Ihrem Kommentar nur zustimmen. Ist die Überwachung mal "offiziell" eingeführt, werden Haldenwang Tür und Tor geöffnet.