Straßenszene am Kottbusser Tor
Das Kottbusser Tor: Lebensmittelpunkt für viele Türken in Deutschland / picture alliance

Berliner Türken nach dem Referendum - Es brodelt im Schmelztiegel

Warum wollen 63 Prozent der Deutsch-Türken Erdogan als alleinigen Herrscher über die Türkei sehen? Eine Suche nach Antworten am Kottbusser Tor, dem pulsierenden Lebenszentrum vieler Deutsch-Türken in Berlin

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Julia Mirkin studiert Philosophie und Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Sie arbeitet für Cicero Online.

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Hannah Fuchs studiert Philosophie an der Universität Wien. 

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Berlin, Kottbusser Tor, zwei Tage nach dem Referendum in der Türkei. Was wurde nicht alles über diesen Ort geschrieben? Einen „Ort zum Fürchten“ nannte ihn die Berliner Zeitung, „Platz der Verdammten“ schrieb der Spiegel. Für die Welt war es gar eine „No-Go-Area“. Die Klischees werden gleich an der U-Bahn-Treppe bestätigt. Entgegen kommt eine Gruppe von Polizisten mit kugelsicheren Westen. Hinterher schlendern zwei Junkies mit fahlem Gesicht. Draußen dann, unter der Brücke neben dem vielbefahrenen Verkehrskreisel, riecht es streng nach Urin. Gegenüber sitzt ein Bettler mit leerem Blick neben einem duftenden Blumenladen. Für viele türkischstämmige Berliner ist dieser „Ort zum Fürchten“ schlicht ihr Lebenszentrum. Sie wohnen hier, gehen hier einkaufen, betreiben Blumenläden, Schneidereien, Schlachtereien, Kioske, Restaurants. Dort sitzen sie auch heute, schauen fern oder reden angeregt.

Über das Referendum und Erdogan? Mit 51,4 Prozent hat Präsident Recep Tayyip Erdogan das Referendum zur Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei für sich entschieden. Diese Zahl allein offenbart die Spaltung des türkischen Volkes. In Deutschland haben rund 63 Prozent der türkischen Staatsbürger für das Referendum gestimmt. Es muss das Thema sein, hier am Kotti. Doch wer kein Türkisch spricht, kann das nur erahnen. Mit deutschen Journalisten wollen die meisten nur sehr vorsichtig sprechen, wenn überhaupt.

Referendum ist Chefsache

Nicht weit weg von der U-Bahn Station Kottbusser Tor strömt der Duft von süßem Honig aus einem Baklavaladen. Ein junger Verkäufer steht mit aufmerksamem Blick an der Theke, bereit, seine Süßwaren zu verkaufen, als er auf das Referendum angesprochen wird. „Evet“ oder „Hayir“, „Ja“ oder „Nein“?  Seine Augen ziehen sich zusammen. Da müsse man auf seinen Chef warten, sagt er. Der sei aber gerade nicht da. Er selbst dürfe dazu nichts sagen.

Weiter die Straße entlang betreibt Aydin, ein Mann Ende 40, einen Spätkauf-Kiosk. Er muss auf niemanden warten. „Natürlich habe ich mit ‚Nein‘ gestimmt”, sagt er mit sicherer Stimme. Allerdings hatte er schon befürchtet, dass die Mehrheit der Türken anderer Meinung wären. Jetzt, wo es so knapp war, glaubt er nicht daran, dass alles korrekt abgelaufen ist. Mehr als 2,5 Millionen „Ja“-Stimmen seien gar nicht abgestempelt, aber dennoch gezählt worden, rund 700 Säcke mit „Nein“-Stimmen hingegen weggeschafft. Da ist sich Aydin sicher. Und auch sein Lieferant, der sich beim Abladen der Getränke ins Gespräch eingeschaltet hat, stimmt ihm bei.

Jetzt würde es nur noch schlimmer werden, sagt Aydin. Die Türkei werde sich weiter von Europa abschotten und sich stattdessen zum Nahen Osten hinwenden. Präsident Erdogan würde das Votum nutzen, um die Opposition weiter zu bekämpfen. „Wer gegen den Mann ist, wird von ihm definitiv als Terrorist abgestempelt.” Die Türkei sei eine gespaltene Nation. Das zeige sich unter anderem daran, dass dort Leute eingesperrt würden, die öffentlich sagen, was sie gewählt haben. Und wie sie sieht es unter den Türken in Deutschland aus? Aydin holt Luft. Auch da gäbe es diese Spaltung. Zwischen Türken und Deutschen aber sei alles in Ordnung. Und von Deutschland und Europa erhofft er sich mehr Druck auf die Türkei: „Europa soll Sanktionen verhängen!“ Außerdem solle Merkel keine Vereinbarungen wie das Flüchtlingsabkommen mehr mit Erdogan schließen.

Nein zum Ein-Mann-Staat

In einem anderen Spätkauf sitzen ein älteres Paar und eine Frau Mitte 30 in einem Hinterzimmer und schauen fern. Die jüngere Frau kommt an die Ladentheke. Das Paar seien ihre Eltern, sagt sie, das Geschäft betreiben sie zusammen. Sie spreche gern über das Referendum, ihr Name soll aber nicht im Internet stehen. Sie selbst durfte nicht abstimmen, da sie nur die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Doch hätte sie Möglichkeit dazu gehabt, hätte sie genauso wie der Rest ihrer Familie mit „Hayir“ gestimmt. Nein zu Erdogan und seinem Ein-Mann-Staat. Niemand von ihnen kenne jemanden, der sein Kreuz bei „Evet“ gesetzt habe. „Dass es so gekommen ist, war ein Schock”, sagt die Frau.

Auch sie geht von Wahlbetrug aus. Früher, sagt sie, wäre so eine Wahl selbstverständlich wiederholt worden, aber damit rechnet nun niemand. Die Lage in der Türkei sieht sie vor allem für die dortigen Bewohner kritisch. „Mir tun halt einfach die Menschen leid.“ Erdogan mache, was er wolle. Der Bürger selbst hätte keinen Einfluss mehr auf die politischen Geschehnisse. Und etwas dagegen zu tun, würde immer gefährlicher. Auf Demonstrationen in der Türkei würde sie nicht gehen. Fanatiker würde es immer geben, die sich nicht wirklich mit Politik beschäftigen. Vor ihnen hat sie Angst. Angst, attackiert zu werden und davor, dass ihr die Wörter im Mund umgedreht werden und sie sich plötzlich angreifbar macht.

Stärkt oder schwächt Erdogan die Frauenrechte?

Man fragt sich langsam, wo die 63 Prozent sind, die in Deutschland mit „Ja“ gestimmt haben. Eine ältere Frau auf dem Bürgersteig gehört jedenfalls nicht dazu. Sie, die ihr schulterlanges Haar offen trägt, befürchtet nun weniger Rechte für Frauen in ihrer Heimat. Von der deutschen Politik fordert sie, strenger mit den Leuten umzugehen, die für die Verfassungsänderung gestimmt haben. Sie zeigt auf ein Restaurant auf der anderen Straßenseite. Dort würden einige von denen sitzen, sagt sie.

Die Kellnerin, Mitte 20, aus Istanbul, grüßt mit einem „Hallo” und der Frage „Tisch für zwei?“. Als sie zu ihrer Haltung zum Referendum gefragt wird, bittet sie einen Kollegen mit besseren Deutschkenntnissen, zu übersetzen. Der junge Mann füllt Gläser mit Bier und Cola vor dem mit Fleisch- und Tomatenspießen gefüllten Grill. Am Referendum habe er sich nicht beteiligt. Politik interessiere ihn nicht. Dennoch ist er überrascht, wie viele seiner Landsleute Erdogan ihre Stimme gegeben haben. So wie seine Kollegin, die sich jetzt wieder ins Gespräch einklinkt. Sie sei Erdogan dankbar für das, was er für die Türkei getan habe, erklärt sie ihm auf Türkisch und den deutschen Gästen mit „good economy”. Auch freut es sie, dass er die Rechte von Frauen stärke und sich für die Gleichberechtigung einsetze.

„Ich will keine Diktatur”

Dann kommt der Geschäftsführer hinzu. „Ich will keine Diktatur”, sagt er gleich. Aufgebracht und um Worte ringend zeichnet er die Umrisse der Türkei auf ein Blatt Papier. In der Mitte markiert er einen großen Bereich und schreibt AKP, das Kürzel der Partei Erdogans. Da würden viele Menschen mit geringer Schulbildung und in Armut leben, erklärt er mit Hilfe des jungen Kellners, der mittlerweile in seiner Rolle als Übersetzer aufgeht. Ihnen habe Erdogan Kühlschränke und Waschmaschinen geschenkt, um sich so ihre Stimmen zu erkaufen. Dann zeigt er Fotos von sich mit türkischen Oppositionspolitikern, die alle treue Gäste in seinem Lokal seien.

Das Gespräch, das mittlerweile das gesamte Lokal erfüllt, macht es einem weiteren Gast offenbar schwer, sich mit der Rolle des passiven Zuhörers abzufinden. „Die Türkei hat ihr Ziel erreicht, und Deutschland gefällt das nicht”, sagt er. Er habe mit „Ja“ gestimmt. Deutschland solle sich nicht um die Türkei kümmern, das könnten die Türken selbst. Ohnehin seien die Türken nur in Deutschland, um zu arbeiten. In umgekehrter Richtung scheint dies allerdings nicht zu gelten. „Merkel muss weg!”, wirft er unvermittelt ein, was die Kellnerin prompt bejaht. Die lange Amtsperiode von Erdogan hingegen sieht er als ein Zeichen von Stabilität, besonders vor dem Hintergrund der häufigen Regierungswechsel in der Vergangenheit. „Wir sollten warten. Dann wird alles gut.” Es wirkt, als wolle er sich selbst beruhigen. Und vielleicht auch seine Landsleute, hier im Schmelztiegel Kottbusser Tor.

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Hans Herzberger | Do., 20. April 2017 - 11:01

Wenn ich den Anfang des Artikels lese, bin ich froh, dass ich nicht in einer von solchen Städten leben muß. Einkesselt von Schmutz, Drogen, Kriminalität etc. Wir auf dem Land verzichten gerne auf ein pulsierendes Lebenszentrum was nur noch mit Chaos und Elend gleichzusetzen ist. Der Schmelztiegel, hervorgehoben durch Menschen der islamischen Religion, wird zeitlebens ein Unruheherd sein und bleiben. Integration ist ein guter Ansatz besonders für die vielen türkischen Mitbürger. Jedoch bringen die religiösen Wurzel den Hass und Unfrieden . Religion hat schon seit Menschengedenken Hass, Krieg und Vernichtung verursacht. Sollte wirklich über uns ein höheres Wesen wachen, so ist es bestimmt erschüttert über die Hassmaschinen im kleinen wie im großen mit soviel Urzeitlichem Unsinn in den Köpfen der menschlichen Kreatur.

Eckart Lockau | Fr., 21. April 2017 - 15:19

Antwort auf von Hans Herzberger

Wenn i c h den Anfang des Artikels lese, komm ich mir vor, wie bei Spiegel oder SZ.
Warum?
......Prozent der Türken, d i e. z u r. W a h l. gegangen sind, haben Erdogan gewählt. Also was jetzt? Effekt oder Wahrheit. da wird die Zahl gleich a bisserl kleiner!

Ralf Müller | Do., 20. April 2017 - 11:02

Das Gerede vom angeblichen Schmelztiegel ist doch die erste Falschwahrnehmung. Es gibt kein Miteinander sondern ein Nebeneinander. Der behauptete Integrationserfolg ist ein Märchen. Es sind parallelgesellschaften, in denen diese Migranten leben. Viele Deutsche wenden sich auf der Straße ab, wenn diese Leute kommen. Viele ziehen weg. In welcher Welt lebt Ihr Journalisten eigentlich, die Ihr solche Sachen schreibt? Meine Wahrnehmung ist eine ganz andere. Viele Deutsche haben diese Massen-Migration Kulturfremder restlos satt. Nicht nur am rechten Rand. Das kann nicht folgenlos bleiben.

Wenn so viele es restlos satt haben - und das höre ich auch in meiner Umgebung - wie kommt es dann zu den vorhandenen Wahlumfrageergebnissen? Absolute Mehrheit für die beiden Großparteien. Und die sind es doch, die für die bestehenden Verhältnisse verantwortlich sind. Sollten sie nicht logischerweise deshalb "abgestraft" werden?

Umfragewerte sind inzwischen nur noch Propaganda.
Demobilisierung gehört zum System. In einer Parteiendemokratie reicht zum
Machterhalt auch eine geringe Wahlbeteiligung.
Außerdem werden im Schnitt nur rund 2000 Bürger am Telefon befragt.
Wer sagt in diesen Zeiten, dass er regierungskritisch wählt?
Unsere Schwestern und Brüder im Osten sind für die aktuelle Lage besser ausgebildet!!

Giesela Kramski | Fr., 21. April 2017 - 11:11

Antwort auf von Daniela Gmeiner

Ich wünschte, daß die Umfragewerte nur Propaganda wären. Aber glauben tue ich es nicht. Mit nicht allzugroßen Abweichungen haut das meistens hin. Der Deutsche-Wahl-Michel ist keiner für Neuerungen. Er trottet einfach immer brav weiter. Und die Medien und fast sämtliche Prominenten sagen ihm, was er zu denken hat. Und was er vor allem auf gar keinen Fall wählen darf.

Wenn ich Deutscher wäre würde mich die bevorstehende Bundestagswahl richtig quälen. Wie ich ständig lese, ist die Lage in Europa bedrohend -- die fortsetzende Immigration fremder/feindlicher Kultur in D und EU trägt riesige Risiken mit sich. Schon hinter dem schwindenden Traumnebel des multikulti Gutmenschentums treten die Umrisse der zukünftigen islamisierten Bundesrepublik zutage. Viele einheimische Bürger scheinen ernsthaft verunsichert. Bestürzt sogar. Aber ehrlich gesagt sehe ich keinen Ausweg. Die EU Meinungsmacher und Machthaber kommen mir kaum mehr als träumerische Sturköpfe vor. Die deutsche Parteilandschaft und Politiker fast genauso. Die einzigen die m.E. halbwegs ehrlich und klar sehen und reden sind Seehofer und Petry -- aber weder die eine noch der andere wird je ihre Einsicht im Kanzleramt in Wirkung bringen können. So, mitten in einer so kritischen Phase tritt entweder Fr. Merkel oder Herr Schultz ab September langjährig an die Macht. Wie oben gesagt -- echt quälend!

helmut armbruster | Do., 20. April 2017 - 11:07

ob zwei Studentinnen, die zwar den Erzähl- und Beispieljournalismus beherrschen, die richtigen Autoren für so ein wichtiges Thema sind, muss gefragt werden.
Denn der Artikel hat keinen Tiefgang, fragt nicht nach den Hintergründen und liefert stattdessen nur Einzelbeispiele, die ja nicht repräsentativ sein können.

Leider muss ich Ihnen zustimmen, Herr Armbruster. Die beiden Autorinnen sind sicher sympathisch und aufgeweckt. Doch bereits mit dem Klischee-Begriff aus dem Englisch-Unterricht zeigt sich, dass ihre Weltsicht noch von der poltisch korrekten deutschen Schulweisheit bestimmt ist. Der Begriff "melting pot" stimmt schon für die USA nicht, hat in der Mehrheit nie gestimmt, da Weiße meist aus der Nachbarschaft von Schwarzen wegziehen, wenn sie Kinder bekommen. Während in Deutschland mit manchen Ausländern geheiratet wird, so ist die Wand zwischen Türken und Deutschen durch den Religionsunterschied deutlich höher. Das Kottbuser Tor-Viertel ist kein Schmelztiegel, sondern ein Gebiet zwischen Brennpunkt und Drogenslum. Letztes Jahr traf ich einen dort typischen Deutschen: Mitte Zwanzig, kaputte Zähne, wirrer Blick. Wenn ein solcher armer Kerl sich von seinem Bettelgeld dann einen Döner kauft, ist das kein Schmelztiegel, sondern Zeichen seiner Entwurzelung.

Ich sehe zwar auch die Schwächen in dem Beitrag der beiden. Wie vieles was in den letzten Jahren medial verbreitet wurde "menschelt" mir der Artikel zu sehr.
Ungeachtet dessen begrüsse ich es wenn sich die junge Generation in der politischen bzw. gesellschaftlichen Debatte einbringt. Die beiden Damen werden eines Tages mit fundierten und wertvollen Beiträgen zur Meinungsbildung beitragen, da bin ich ganz sicher.

Frank Goller | Do., 20. April 2017 - 11:50

Ich habe das Gefühl, es gibt nur noch gespaltene Länder, Deutschland, Türkei, USA, usw. , was in Frankreich los ist werden wir am Sonntag erfahren.

Gerhard Hellriegel | Do., 20. April 2017 - 11:55

Die Bevölkerung ist für die Machtverhältnisse, die sie hervorbringt oder zulässt, selbst verantwortlich. Sie hat die Konsequenzen zu tragen. Das gilt nicht nur für Deutschland oder Syrien, auch für die Türkei. Jeder Türke hatte die Möglichkeit, die Vorgehensweise im Wahlkampf zu beobachten. Jeder konnte abschätzen, wie das Wahlverfahren laufen würde. Wenn sie das nicht sanktionieren, dann haben sie, was sie wollten. Seltsam finde ich dieses "deutsche Beleidigtsein", der "Schrei nach Sanktionen". Als wären die deutschen Verhältnisse zur Abstimmung gestanden. Die Pflicht zur Laudatio? Müssen Deutsche in USA die amerikanischen Verhältnisse für gut halten? Wählen Deutsche nicht auch aus persönlichen Gründen? Und verteilen manchmal Denkzettel?

Johanna Trapp | Do., 20. April 2017 - 12:05

Immerhin hat dieser politisch zumindest in Deutschland irrelevante Umstand der Wahlergebnisse eine Erkenntnis gebracht, die Integrationsbeauftragte Özuguz und Spitzenkandidaten der SPD ist sich mit AKP funktionären und deren Spitzenpolitikern darüber einig, dass an der Doppelten Staatsbürgerschaft für ihre Landsleute dadurch sich nichts ändern darf.

Michelle Frahmann | Do., 20. April 2017 - 12:09

Der wichtigste Fakt scheint mir zu sein, und das haben die Autorinnen nicht genannt, dass es für viele Türken kein Widerspruch zu sein scheint, in Deutschland linke aber in der Türkei rechte Parteien zu wählen.

Ich glaube, das ist kein Widerspruch. Es zeigt nur, dass sie in D auf ihr Wohlergehen achten. Und das ist in der weniger autoritären Ecke besser aufgehoben. Was aber überhaupt nicht heißt, dass sie selbst nicht autoritär strukturiert wären. Dass das nicht nur für Türkdeutsche gilt, zeigt der Aderlass, den die AfD der SPD oder Linken zugefügt hat. Da breiteten auch nicht alle die Arme aus. Vielleicht stimmen die Stereotype nicht mehr so richtig. Ich erlebe es an mir.

Die linken Parteien in Deutschland, ermöglichen den Türken das auszuleben, was ihnen die rechte Parteiführung in der Türkei vorgibt - und dies ist auch so etwas wie Macht über die Ungläubigen zu haben. So einfach ist es wohl und wir müssen damit leben - leider!!

Thomas Radl | Do., 20. April 2017 - 16:10

Antwort auf von Bettina Diehl

Naja, zum Glück nicht ganz. In NRW wird gewählt, im Bund wird gewählt - es gibt durchaus Möglichkeiten, etwas anderes zu wählen. Ob man eine "Alternative" hat, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Für NRW z.B. wird am Wochenende der Parteitag der AfD zeigen, ob die parteiinternen Winkelzüge fruchten...

Albert Heim | Do., 20. April 2017 - 12:46

In D gibt es anscheinend keine anderen Themen mehr als das abgeschlossene Türkei -Referendum. Auf das was dort jetzt passieren wird haben wir Deutschen keinen Einfluss mehr. Die hier lebenden Türken müssen sich für oder gegen D entscheiden, das heißt es gibt nur einen Pass.
Wir sollten uns auf unsere brennenden deutschen Themen wie : Masseneinwanderung in unsere Sozialsysteme aus allen Teilen der Welt, Rentensystemumbau, Digitalisierung unserer Industrie sowie darauf ausgerichtete Bildung, Steuerreform, Gedanken machen. Diese Themen sind für unsere Politikereliten nicht angenehm, denn sie erfordern enorme Arbeit sowie Visionen. Diese Eigenschaften vermisse ich bei den führenden Parteien gänzlich.

Karin Zeitz | Do., 20. April 2017 - 13:31

Antwort auf von Albert Heim

anstatt sich Gedanken über wirklich wichtige Probleme zu machen sinnieren einige Politiker/innen über eine Änderung des Wahlrechts dahingehend, dass für die Wahlberechtigung nicht die Staatsbürgerschaft, sondern der Lebensmittelpunkt entscheidend sein müsste. Dann bekäme RRG noch größere Wahlchancen.

Christian Apel | Do., 20. April 2017 - 12:50

Für Berliner ist dieser Platz eine no-Go-Area. Zentrum der Kriminaltät wie Drogenhandel, Raub, Schutzgelderpressungen und und. Ein normaler Mensch meidet diese Gegen weiträumig. Besser so. Früher war ich dort mal unterwegs. Heute nicht mehr.

max frisch | Do., 20. April 2017 - 18:40

Antwort auf von Christian Apel

Äh? Das heisst also, dass ich, der am Kotti bin kein Berliner bin? Und mal ganz nebenbei: ich wohne hier sehr gerne.

Karl-Ernst Neumann | Do., 20. April 2017 - 13:11

Sicher war das ein interessanter Versuch herauszubekommen, wieso so viele Türken in Deutschland dem Referendum zugestimmt haben. Die beiden jungen Autorinnen haben es allerdings selbst erkannt: man sollte türkisch sprechen können. Seitens der Redaktion leider - wie ich finde - eine unglückliche Entscheidung, daß man keinem Journalisten mit Türkischkenntnissen den Auftrag erteilt hat. So bleibt es leider bei dem Versuch, dem Mysterium auf den Grund zu gehen. Übrigens sind mit Türken keineswegs unsympathisch. Sie haben sich einen gewissen Stolz erhalten. Was man leider von deutschen Landsleuten nicht immer behaupten kann. Ich habe wirklich noch niemals in Frankfurt einen Türken im Müll nach Pfandflaschen wühlen sehen - wohl aber Deutsche. Mich hat auch noch nie ein Türke um Geld im Bahnhof angebettelt - wohl aber Deutsche.

"Seitens der Redaktion leider - wie ich finde - eine unglückliche Entscheidung, daß man keinem Journalisten mit Türkischkenntnissen den Auftrag erteilt hat."

Aber das ist doch genau Teil des Problems. Da leben Türken der zweiten und dritten Generation in Deutschland, sind oft hier zur Schule gegangen und sprechen kein Wort Deutsch! Wollen sie nicht und brauchen Sie in ihrem Kiez auch nicht, in dem ein gesamtes Netzwerk, inclusive Sozialhilfeanträge, türkisch ist. Erkennen Sie den Widerspruch?

Joachim Wiemann | Do., 20. April 2017 - 14:48

Die Türken, die hier bei uns leben, verdienen gutes Geld, erfreuen sich guter Sozialleistungen, genießen die hiesige Freizügigkeit und die angenehmen Freiheiten.
Gleichzeitig aber sehen und erleben sie die Segnungen , der "besten Demokratie aller Zeiten", die zur Verlotterung unseres Staates geführt haben und sichtbar sind im Gesundheitswesen, der Justiz, im Schulwesen, in der Infrastruktur usw. Und genau das wollen sie in ihrer Heimat, die sie noch immer im Herzen tragen, verhindert wissen, wenn es sein muß auf diktatorische Weise.

Gottfried Meier | Do., 20. April 2017 - 15:16

"Die Türken" sind selber schuld, dass sie keiner mag. Ich habe das bewusst so formuliert, weil viele Türken genau so rumjammern und pauschalieren. "Deutsche mögen keine Türken". Das ist doch Quatsch. Es gibt viele liebenswerte Türken und Deutschtürken oder Deutsche mit türkischer Abstammung, die eine Bereicherung für unser Land sind. Es gibt aber leider auch viele andere. Vielleicht sollten die mal nachdenken, ob sie nicht selber was falsch machen.

Reinhard Schröter | Fr., 21. April 2017 - 05:33

Antwort auf von Gottfried Meier

Ist irgendwer legitimiert von uns zu erwarten, dass wir eine Volksgruppe zu mögen hätten ?
Ich mag bestimmte Menschen, mehr nicht.
Als Christ Ist mir auch der Islam fremd, ich lehne ihn sogar ab und dafür hab ich mich nicht zu rechtfertigen.

Johannes Reusch | Do., 20. April 2017 - 19:09

Es scheint wie bei Gottschalks McDonalds-Spot: Fast kein Deutschtürke hat Erdogan gewählt, aber der hat eine 2/3-Mehrheit erhalten.
Ob die von Wahrheits-Maas und anderen forsch bekundete Absicht jetzt mit denen, die dafür gestimmt haben, mal ernsthaft zu reden, zu diesem Mangel an Bekennenden geführt hat? So nach dem Motto "Halts Maul Türke, wenn Du unter Demokratie nicht genau das verstehst, was wir wollen! So weit geht deine Meinungsfreiheit bei uns nicht.".
Da will doch auch niemand eine Schweigespirale aufsetzen, nur damit die Einheimischen nicht noch weiter irritiert werden, oder?

Reinhard Schröter | Do., 20. April 2017 - 19:11

Was auffällt ist, dass sich die deutsche Öffentlichkeit , allen voran die Politik und die Medien sich so ausführlich mit der Seelenlage der hier lebenden Türken beschäftigen.
Mit Verlaub, ich bin eher am seelischen Zustand meiner Landsleute und darüber hinaus , an dem , der mit uns in in der EU vereinten Zeitgenossen in Europa interessiert.
Die islamische Welt ist groß genug , als dass sie die Seelenmassage der Europäer bedürfte.

Werner Wirth | Do., 20. April 2017 - 19:55

Sie fragen erstaunt, warum 63 % der Deutsch-Türken Erdogan als alleinigen Herrscher über die Türkei sehen wollen und scheinen diesen Prozentsatz sehr hoch zu finden.

Ich wundere mich hingegen überhaupt nicht und hätte mich auch bei 70% oder 75% noch nicht gewundert; erst bei 85 oder 90%.
Man sollte sich die Dinge nicht schöndenken.

Martin Wienand | Do., 20. April 2017 - 23:28

Die Türkei hat den Folterbericht des Europarats verhindert. Das Antifolterkomitee des Europarats darf das Ergebnis der Gespräche mit Hunderten Insassen türkischer Gefängnisse nicht veröffentlichen. Der Präsident des Verbands der türkischen Anwaltskammern, Metin Feyzioglu, fürchtet um die Existenz des Staates.

Nur ein Fünftel der Stimmberechtigten in D hat gegen den Diktator gestimmt, und das waren vermutlich hauptsächlich Kurden.

Was für eine Schande für die Türken in Deutschland

http://www.faz.net/aktuell/politik/tuerkei/tuerkei-verhindert-veroeffen…

Und weshalb unterstützen so viele Deutschtürken Erdogan? Sehr guter Link dazu:

https://www.nzz.ch/wirtschaft/nach-dem-referendum-zaehe-integration-der…

Werner Schick | Do., 20. April 2017 - 23:30

Werte Herr Neumann,
könnten ihre Beispiele zum mangelnden Stolz der Deutschen nicht damit zusammenhängen, dass türkische Staatsbürger eine bessere staatliche Überstützung geniesen als die eigene Bevölkerung. Es ist zwar eine Schande, aber dennoch in vielen Fällen Realität. Können sie sich ein solch schändliches Verhalten der eigenen Bevölkerung gegenüber in der Türkei vorstellen, ich nicht.

Martin Wessner | Fr., 21. April 2017 - 00:28

Scheint so, dass am Kottbusser Tor besonders viele türkischstämmige Aleviten, Kermalisten und Kurden wohnen, die naturgemäß keine großen Fans von Erdogan und seiner AKP sind. Warum haben die beiden ReporterInnen daher keinen Tripp nach Essen/NRW gemacht, wo überwältigende 76% der dort ansässigen Auslandstürken bei "Evet" ihr Kreuzchen gemacht hatten? Ins Ruhrgebiet kamen zu den Hochzeiten des Bergbaus und der Zechen dagegen vor allem Türkeistämmige aus den ländlichen Gebieten wie aus Zentralanatolien oder der Schwarzmeerküste, die größtenteils zur Arbeiterklasse gehören und islamisch-konservativ geprägt sind. Generell ist es ja so, dass in den Ländern, die ein ausgeprägten Sozialstaat haben, besonders viele Exiltürken FÜR die Verfassungsänderung gestimmt hatten und in den Ländern, wo den türkischen Einwanderern der kalte Wind des "Ellebogenkapitalismus" entgegenweht, man sich stattdessen mit großer Mehrheit GEGEN das Referendum entschieden hat. Interessant, nicht wahr?

Jürgen Winzig | Fr., 21. April 2017 - 12:44

Der "Schmelztiegel" hat einen Migrantenanteil von rund 70%. Tendenz wohl eher steigend. Es ist also eher ein "Verdrängungstiegel". Sozusagen eine Blaupause für die Ghettoisierung, die in unseren Städten immer mehr um sich greift. Einfach mal Kölnberg googlen. Da fliegen sogar halbverweste Leichen vom Balkon. Was daran bunt und pittoresk sein soll, erschliesst sich mir zumindest nicht.

Rolf Pohl | Fr., 21. April 2017 - 17:43

Es ist mir sozusagen total schnuppe wie, welche/r Türke/in wo wählte. Das ist schlicht Sache der Türkinnen und Türken selbst, denn nur sie haben am Ende auzubaden was sie wählten.
Nicht schnuppe ist mir hingegen wie die EU und z.B. der deutsche Staat, incl. dessen aktueller Regierung, mit sich umspringen lassen.

Thomas Sauer | So., 23. April 2017 - 14:41

sind die Hauptursache. Wenn man vorzugsweise die türkische Unterschicht ins Land lässt, gelingt die Integration, also auch die, die einen stolz in den Spiegel schauen lässt, in deutlich geringerem Maße. Diese Frustration befördert dann überdurchschnittlich Gewaltkriminalität oder einen Hang zum Großen, für den ein Führer als Stellvertreter steht. Die dahinterstehende Religion mit ihrer konträren Einstellung gegenüber der freiheitlichen, westlichen Lebensweise unterstützt dieses Jetzt - erst - recht Verhalten.

Joost Verveen | So., 23. April 2017 - 23:08

Die Türken sind so wie sie schon immer waren. Nur wurden sie eben immer anders dargestellt, weltoffen, integriert usw. Der Fehler liegt hier keineswegs bei den Türken - sondern bei den Medien. Das deutsche Publikum wurde von den 63% Faschismus-Wählern nicht überrascht. Andere islamische Völker denken übrigens keineswegs anders als die Türken. Die Marokkaner in Holland z.B. halten sich seit Jahrzehnten an eine Order ihres Königs, nach der Auslandsmarokkaner ihren Kindern keine europäischen Namen geben dürfen. Die Integration des Islams war schon immer ein Märchen. Jetzt ist es eben nicht mehr aufrecht zu erhalten.