Das Projekt, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen, scheitert an genereller Reformunlust und anderweitigen Prioritäten / dpa

Deutsche Verkehrspolitik - Der Niedergang des Schienengüterverkehrs

Offiziell will die Bundesregierung den Marktanteil des Schienengüterverkehrs steigern. Tatsächlich aber werden Förderprogramme gestrichen, der Branche werden zahlreiche neue Lasten auferlegt, Strecken werden kurzfristig und entschädigungslos gesperrt.

Christian Böttger / dpa

Autoreninfo

Christian Böttger war in verschiedenen Funktionen für die Bahn und für Siemens tätig. Seit dem Jahr 2000 ist er an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin Professor für Wirtschaftsingenieurwesen. 

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Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien das Ziel festgeschrieben, den Marktanteil des Schienengüterverkehrs bis 2030 von knapp 20 auf 25 Prozent zu steigern. Aktuell sinkt der Marktanteil der Schiene, die aktuellen politischen Entscheidungen werden zu weiteren Marktanteilsverlusten – und zu Mehrverkehr auf den Straßen – führen. Dabei ist die Entwicklung nicht die Folge gezielter Politik, sondern lässt sich weitgehend mit der genereller Reformunlust und anderweitigen Prioritäten der verantwortlichen Politiker erklären.

Der Schienengüterverkehr steht aus unterschiedlichen Richtungen unter Druck: Zum einen besteht eine harte Konkurrenz zwischen Schiene und LKW, vor allem in dem wichtigsten, wachsenden Marktsegment des Containertransports. Die Kunden entscheiden kurzfristig, der Preiswettbewerb ist hart. Jüngst wurde die Maut für LKW erhöht. Dies wird aber mehr als kompensiert durch den starken Anstieg der Trassenpreise. Das Verfahren zur Festlegung dieser Trassenpreise ist gesetzlich bestimmt. Schon seit 2017 passt diese gesetzliche Regelung nicht mehr zu den politischen Vorgaben. Die jeweiligen Regierungen haben beschlossen, dass die Infrastruktursparte der DB AG (InfraGO AG) keine Gewinnmaximierung mehr betreiben soll. Sie haben aber nicht die Energie aufgebracht, das Gesetz entsprechend anzupassen. Bis heute hat die Bahn einen Anspruch auf eine „kapitalmarktadäquate“ Verzinsung ihres Kapitals. Eine Effizienzkontrolle hingegen ist gesetzlich ausdrücklich nicht vorgesehen. Die InfraGo legt die deutlich gestiegenen Kosten und die steigenden Zinsen auf die Trassenpreise um. Der Regionalverkehr, der etwa zwei Drittel der gesamten Netznutzung ausmacht, ist bei dieser Kostenumlegung ausgeklammert. Das bedeutet, dass die gesamte Zins- und Kostensteigerung nur auf rund 30 Prozent Fern- und Güterverkehrstrassen umgelegt wird. Deshalb steigen die Trassenpreise für diese Verkehre im kommenden Jahr um 15 Prozent. Zugleich hat die Bundesregierung die Subvention der Trassenpreise für den Güterverkehr gekürzt.  

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Tomas Poth | Di., 23. Juli 2024 - 15:14

Erschreckende Darstellung der ganzen Unzulänglichkeiten, als auch Bloßlegung der politischen Lügen.
Den Altparteien muß ihre Unfähigkeit aus der genommen werden. Das geht nur über die anstehenden Wahlen.

Tomas Poth | Mi., 24. Juli 2024 - 11:22

Antwort auf von Tomas Poth

Schon wieder fehlt ein Wort, diesmal die Hand aus der es genommen werden soll.

Stefan Jarzombek | Di., 23. Juli 2024 - 15:37

Es wird der ICE Verkehr genauso zurückgefahren wie die Güter auf der Schiene.
So erreicht die Regierung weder Klimaziele noch bringt sie den Bürger dazu auf die Bahn umzusteigen.
Knurz und Murks in Deutschland,wohin der Bürger auch schaut. Dieses Land ist auf keinem guten Weg und das in fast allen Lebensbereichen.

Walter Bühler | Di., 23. Juli 2024 - 17:20

Deutschland (und Europa) hat in der Vergangenheit viel Geld in die Unterhaltung von Wasserstraßen gesteckt, auch für den Bau und die Unterhaltung von zahllosen Brücken für Straßen und Eisenbahnen.

Rentiert sich das irgendwie?

Auf diesen Wasserstraßen zwischen Rhein, Elbe, Oder, Spree und Donau bekommt man aber fast nur Sportboote und Freizeitkapitäne zu sehen. Warentransporte werden allenfalls von Schiffen aus anderen Ländern durchgeführt.

Walter Bühler | Di., 23. Juli 2024 - 18:44

Bei unserer Elite herrscht ein Mangel an technischer Bildung und ein tiefes Unverständnis für Technik.

Auch wenn jeder sein Handy, sein Navi und sonstige Software verwendet, bleibt Technik für solche Leute etwas, was billig und bequem aus China importiert werden kann, was aber sonst nichts mit dem eigenen Leben zu tun haben darf.
Dem "Aktivisten", der - gepampert von "Unterstützern" - im Baumhaus Krieg spielt, sich auf der Straße festklebt oder Attentate gegen die technische Infrastruktur ausführt, dem winkt bei uns eine anstrengungslose Lebensstellung als Funktionär.

Irgendwie politisch "links" verortet sieht der Einfaltspinsel keine Notwendigkeit für eigene Anstrengungen. Die Verantwortung für alles, insbesondere für das eigene Leben, schiebt er dem "Staat" zu.

Wie aber kann ein Staat dieser ungeheure Aufgabe gewachsen sein, wenn er von Einfallspinseln regiert wird?

Herauskommen kann doch nur eine Planwirtschaft ohne Plan, ein chaotischer Staat, wie wir ihn zur Zeit erleben.