Putin und Xi Jinping
Hybride Kriegsherren: Wladimir Putin und Xi Jinping

Cicero im Juni - Die Uhr tickt

Cyber, Propaganda, Bestechung, Desinformation: Die Schlachtfelder der Gegenwart verlagern sich in neue Sphären. Der Westen steht vor der Herausforderung hybrider Kriege.

Alexander Marguier

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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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„Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Dieser – angeblich auf den amerikanischen Dichter Carl Sandburg zurückgehende – Slogan der deutschen Friedensbewegung aus den 1980er Jahren hätte heute eine zeitgemäße Abwandlung verdient. „Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner kriegt’s mit“: Mit diesen Worten lässt sich das Wesensmerkmal hybrider Attacken ziemlich gut auf den Punkt bringen. 

Die wirklichen Schlachtfelder des 21. Jahrhunderts sind nämlich nicht mehr geografisch klar bestimmbare Orte wie „Verdun“ (WK I), „Stalingrad“ (WK II) oder „Dien Bien Phu“ (Vietnam). Nicht einmal „Bachmut“ taugt noch als Chiffre für den aktuellen Krieg im Osten Europas, obwohl diese Stadt zum weltweiten Symbol eines brutalen Abnutzungskampfes zwischen Russland und der Ukraine geworden ist.

Wann kommt der erste flächendeckende Blackout?

Tatsächlich geschehen die entscheidenden Vorstöße inzwischen meist im Verborgenen – als Angriffe auf Computernetzwerke, in Form von Desinformationskampagnen oder Destabilisierungsversuchen etwa durch gelenkte Massenmigration. Und vieles mehr. Insofern befindet sich auch Deutschland längst im Krieg. Es mag zwar bei uns noch – zumindest an der Oberfläche – verhältnismäßig ruhig zugehen. Aber die hybriden Einschläge häufen sich und rücken immer näher. 

Aufmerksame Beobachter sprachen schon im Jahr 2016 beim „Fall Lisa“ von einer Fake-News-Offensive, weil die von außen geschürte Aufregung wegen eines angeblich vergewaltigten russlanddeutschen Mädchens vom Kreml propagandistisch ausgeschlachtet worden war. Inzwischen erleben wir eine massive Ausweitung der Kampfzone – bis hin zu Anschlägen auf unsere Infrastruktur. Und es ist immer noch erst der Anfang. Wann kommt der erste flächendeckende Blackout?

Für die Titelgeschichte dieser Ausgabe konnten wir als Autor einen der besten Kenner hybrider Kriegsführung gewinnen: Oberst a. D. Ralph Thiele hat in seiner militärischen Laufbahn entscheidende Positionen auch auf internationaler Ebene besetzt, etwa im Planungsstab des Bundesverteidigungs­ministers und als Stabschef am Nato Defense College. Vor allem aber beschäftigt er sich schon seit Jahren mit „Hybrid Warfare – ­Future and Technologies“, so auch der Titel eines seiner Bücher. Thieles Fazit: Wenn wir nicht ganz bald aufwachen, wird der Westen diesen Konflikt verlieren. Noch ist es nicht zu spät. Aber die Zeit läuft.

 

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Bernd Windisch | Fr., 31. Mai 2024 - 10:29

Wir haben gerade wieder einmal Hochkonjunktur für Apologeten des Weltuntergangs. Narrationen gibt und gab es mehr als genug aus denen sie schöpfen können. Klimawandel, Klimakatastrophe, Völkerwanderungen, Krieg und Umweltzerstörung.

Jetzt haben sie auch noch den Cyberkrieg im Angebot. Aus Handelspartnern werden "Systemische Rivalen"

Wat ne Quatsch", sagte immer meine Tante Lisbeth. Wenn wir den Cyberkrieg so managen wie die Massenmigration und die Energiewende, dann sollten wir bereits jetzt die weiße Fahne hissen. Kommt billiger.

Henri Lassalle | Fr., 31. Mai 2024 - 11:08

zum russischen Inventar, ebenso wie die Unterwanderung westlicher Institutionen und Medien. Daher fürchte ich, im Gegensatz zum Mainstream, keinen konventionellen militärischen Angriff Russlands auf Europa.
Putin kennt die Schwächen Deutschlands und die Arglosigkeit, die noch immer in diesem Land herrscht.
Putin geht es nicht darum Deutschland und Europa zu zerstören wie er es mit der Ukraine macht, sondern es zur definitiven Einflusszone, quasi zum Machtbereich Russlands zu machen.

Keppelen Juliana | Fr., 31. Mai 2024 - 11:23

dass nur die bekannten Bösen das Böse tun. Hybride Kriege, echte Kriege, Abhören, Überwachung, Cyberangriffe, Propaganda, Desinformation, Bestechung, Einmischung und all das böse Zeugs würden wir die Guten niemals tun. Ich muss mein Weltbild komplett ändern war ich doch der Meinung, dass die Guten immer Vorbild und eher Vorreiter für die heute so Bösen waren. Nein es sind die Bösen die das alles erfunfen haben und schamlos ausnutzen, Schande über sie. (Beitrag kann Spuren von Ironie enthalten)

Denn die Bösen sind ja deswegen "böse", weil sie "Böses" tun.

Das wird aber sicher nicht Ihre Einstellung zu Putin ändern, dem Sie ja besonders ergeben sind.

Ein wohl gar nicht so seltenes Phänomen: Frauen, die sich von Schwerstverbrechen angezogen fühlen.

Niemand würde merken, dass wir die Guten sind. Der Unterschied zu den Bösen ist, dass die Guten alles Böse tun können und dem Mob trotzdem glauben lassen immer noch die Guten zu sein.

Nein meine Einstellung zu Russland hat sich nicht geändert ein tolles Land mit toller Landschaft und tollen Menschen das gleich gilt für die USA.

Hans Schäfer | Fr., 31. Mai 2024 - 12:06

Ukraine kann Russland mit deutschen Waffen angreifen.
Das kann nicht wahr sein.
Bild vom Kanzler auf NIUS.
Erspare mir einen Kommentar. Sonst wird Blockwart Lügner-Lenz tätig

Ernst-Günther Konrad | Fr., 31. Mai 2024 - 12:41

Das kann sich jeder halbwegs wache Geist an fünf Fingern abzählen. Natürlich nützt jeder Staat die Cyberwelt, das Netz schlichtweg alle hybriden Mittel, um sich Vorteile zu verschaffen, den anderen Nachteile zu bringen. Da sind sich alle gleich. Ob Russland, China oder USA. Denken wir nur daran, wie viele Angriffe es auf deutsche Politiker bereits gegeben hat mittel Abhören, mitlesen und falsch informieren. Und das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Und vor allem entwickeln sich die Techniken immer schneller weiter. Wir sind bereits Gefahren ausgesetzt von denen wir offiziell noch gar nichts wissen. Und wenn wir unsere Geheimdienste anschauen, werden wir außer wer alles rechts sein soll, nichts, aber auch nichts von irgendwelchen Angriffen gegen uns erfahren. Das teilen uns befreundete Dienste mit, weil wir selbst unfähig sind und vieles auch gar nicht wissen wollen, was "befreundete Dienste" so alle treiben. Die große Macht hat am Ende der, dem es gelingt den Stecker zu ziehen.

Albert Schultheis | Fr., 31. Mai 2024 - 21:01

"Stell dir vor, es ist Krieg im Osten und die ganze SchwarzRotGelbGrüne Mischpoke, die gestern noch "Soldaten sind Mörder!" schwadroniert hat, geifert auf einmal: "Schickt schwerere Waffen dahin und beschießt Russland!"
...
"Insofern befindet sich auch Deutschland längst im Krieg." - Ab heute befindet sich Deutschland nicht "insofern" im Krieg, wir sind mit Haut und Haaren, mit Säuglingen, Kindern, Jugendlichen, Männern, Frauen und Transen, Opas und Omas gegen Rechts mit zwei Beinen mitten drin! Vergessen Sie Ihren Cyber War Bullschitt! Es geht um Handfestes: Hiroshima und Nagasaki! Denn das ist der logische nächste Schritt. Der Einsatz taktischer Nuklearwaffen irgendwo westlich der Ukrainegrenze. Wo? Das werden wir dann sehen, wenn es so weit ist. Deutschland gilt in der Nato als Schmuddel-Mitglied - siehe Nato-Angriff auf Nordstream! Idealer Ersteinsatzort für eine kleinere Nuklearwaffe, als Zeichen, dass es die Russen ernst meinen! Alle unsere Freunde würden sich wieder totlachen!

Inana | Sa., 1. Juni 2024 - 09:21

Letztendlich dürfte diese ganze hybrid-Rhetorik darum gehen, auch zu verschleiern, dass unsere Politik real in den Ukraine-Krieg eintreten will. Und man von irgendeinem „hybriden“ Krieg redet, um uns langsam an den Gedanken vorzubereiten. Was eine sehr geschickte Strategie ist. Man erzählt, wir wären schon im Krieg, würden schon längst angegriffen werden und die Schritte unserer Politiker, wie Angriffe auf russisches Territorium oder Ausbilder sehen damit aus wie eine Reaktion und kleine Teilschritte. Dazu verliert der Begriff Krieg seinen Schrecken - wenn wir eh schon drin sind. Dazu kann man Kriegsvorbereitungen beginnen, die irgendwie ziviler wirken, weil sie ja nur um irgendwelche sauberen Cyber-Angriffe gehen.
Real ist Sabotage und Info-War gar nichts Neues, sondern Teil von jedem Krieg.