Adam Smith auf der 20-Pfund-Note der Bank of England / picture alliance

Gedanken zu Adam Smith - Selbstinteresse und Sympathie

Adam Smith gilt gemeinhin als Vordenker der modernen Marktwirtschaft. Sein moralphilosophisches Erbe gerät dabei oftmals in Vergessenheit. Doch dieses ist in Zeiten der globalisierten Ökonomie interessanter denn je.

Autoreninfo

Michael Jäckel ist Professor für Soziologie an der Universität Trier. Zu seinen Schwerpunkten gehören die Konsum- und die Mediensoziologie. Er ist Verfasser mehrerer Einführungs- und Lehrbücher. Seit 2011 ist er Präsident der Universität Trier und aktives Mitglied der Hochschulrektorenkonferenz.

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In Heidelberg wandelt man auf dem Philosophenweg, in Cambridge entlang des Ufers, in Berlin bieten sich viele Grünanlagen an. Die akademische Kontemplation und Spaziergänge gehören zusammen. Das kann auch für Adam Smith (1723–1790) bestätigt werden, der im schottischen Küstenstädtchen Kirkcaldy, einem kleinen Hafenort, vor dreihundert Jahren geboren wurde. Die Welt ist reich an Anekdoten. Wenn ihnen Glauben geschenkt werden darf, dann war er eines Morgens so sehr in Gedanken vertieft, dass er mehrere Stunden im Schlafrock durch Edinburgh ging. Überliefert ist unter anderem diese Charakterisierung: „Er ist das zerstreuteste Geschöpf! Aber von der liebenswürdigsten Art!“

Früher Vertreter des sozialökonomischen Denkens

Wer nun einen weiteren typischen Fall von entrücktem Dasein vor sich zu sehen glaubt, täuscht sich ein wenig in der Person, um die es hier geht. Gerne wird erzählt, dass Margaret Thatcher während ihrer Zeit als britische Premierministerin stets eine Taschenbuchausgabe von Smiths „The Wealth of Nations“ mit sich trug. Es wird sogar behauptet, dass in jeder Amtsstube ein Exemplar vorgeschrieben war.

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Henri Lassalle | Di., 3. Oktober 2023 - 19:28

Smith wird zu oft ad libitum interpretiert, um eine ideologische Tendez zu stützen oder zu legitimieren. Das Eigeninteresse ist die Triebfeder sozialen Handelns und der Gruppenintegration. Wenn ich einen Beruf ausübe der nur mir allein Spass macht und Geld einbringt, dann ist das sozial und nützt der Gemeinschaft. Das Debakel des Kommmnismus hat gezeigt, dass Kollektivismus nur eine andere, heuchlerische Form von Sklaverei ist. Smith war Schotte und vielleicht hat diese Tatsache auch seine Schriften beeinflusst: Die Schotten legen mehr Wert auf Teilhabe und Teilen, anders als die Engländer, die eine individualistischere, nahezu selbstzentrierte Mentalität haben.

Albert Schultheis | Di., 3. Oktober 2023 - 20:34

Bei Smith fing es bei den "Metzgern, Brauern und Bäckern" an. An ihnen konnte man noch anschaulich grundlegende menschliche Bedürfnisse und Interaktionen studieren. Selbst der Altruismus, die "Sympathie" haftete noch Individuen an. Heute sind die ökonomischen Interaktionen zum großen Teil längst von wirtschaftlichen Konglomeraten vereinnahmt und der Staat hat den Altruismus, die Verteilung der Almosen, gleichermaßen zu seinem eigentlichen Business Model gemacht. Sogar in die elementarsten ökonomischen Belange mischt er sich ein und will sie mit Vorschriften, Anreizen, Strafen und Verboten in die Rillen einer herrschenden Moral zwingen.
Nicht nur der Arbeiter ist entfremdet vom Produkt seiner Arbeit, er ist längst auch als Bürger, als einmal gedachter Souverän, von seinem Staat und dessen Machenschaften entfremdet. Sogar dessen Moral wird ihm aufgezwungen in verengten diskursiven Korridoren und Denkschablonen. Der Siegeszug der KI wird ihn wieder vollständig zum Untertan degradieren!

Dorothee Sehrt-Irrek | Mi., 4. Oktober 2023 - 09:49

Gedankens zum Eigeninteresse, die in der Folge evtl. zu sehr den Egoismus als sicheren Weg zum Gemeinwohl erscheinen liess?
Frau Thatcher negierte auch gleich ganz das Vorhandensein einer Gesellschaft, obwohl Smith noch von "Volk" sprach?
Volk ist gewissermaßen eine umgangssprachliche Bezeichnung für eine Gesellschaft, die nur auf ihren Umgang, ihren Zusammenhang hin gesehen wird, gewissermassen unbestimmt naturwüchsig.
Das kann/sollte man für eine Gesellschaft nicht ausschliessen, es sei denn, dass man sie am Reissbrett entwirft.
Es gibt viele Gesellschaftsentwürfe, viele Schwerpunkte von Analysen. Was ich aber auf keinen Fall empfehle, ist rigide Gesellschaftsplanung von oben nach unten, obwohl von Herrschenden nicht wenig Einfluss genommen wurde.
Ich bin aber auch offen für intelligente und verträgliche Planung.
Es gibt diese "Hand" und es besteht die Möglichkeit ineinanderzugreifen.
"Obwohl" Sozialdemokratin, liebe ich doch die Vorstellung, dass ich selbst sein darf und nichts muss