Wladimir Putin
Putin will zurück an den Tisch von Jalta / dpa

Russische Aggression - Putins Angst vor dem schwarzen Schwan

Russland fordert den Westen heraus, und zwar nicht nur in der Ukrainefrage. Dabei ist das aggressive Gebaren Moskaus eher ein Zeichen von Schwäche. Genau dadurch wird die aktuelle Situation auch so gefährlich. Und in dieser Situation macht die Bundesregierung unter Olaf Scholz gar keine so schlechte Figur.

picture alliance

Autoreninfo

Rüdiger von Fritsch (Foto dpa) war von 2014 bis 2019 deutscher Botschafter in Russland. Er ist Autor des jüngst erschienenen Buchs "Russlands Weg: Als Botschafter in Moskau" (Aufbau-Verlag).

So erreichen Sie Rüdiger von Fritsch:

Alles schien man so gut inszeniert zu haben: eine anschwellende Bedrohung der Ukraine, die sich dann als Vehikel offenbarte, um im nächsten Schritt die Karten auf den Tisch zu legen: Moskau will eine fundamentale Änderung der internationalen Spielregeln erzwingen. Rasch hatte man seinen ersten Erfolg verbucht (was ist der eigentliche wert?): Man saß wieder direkt mit den Amerikanern am Tisch und schien die Europäer beiseiteschieben zu können. Alles schien nach Plan zu laufen, im Kreml wird man sich die Hände gerieben haben.

Und dann Kasachstan. Das passte nun gar nicht ins Konzept. Plötzlich lief dort jener Film ab, den die russische Führung selbst so sehr fürchtet: Ein autoritärer Führer – Ex-Präsident Nasarbajew – kann nicht loslassen, zieht im Hintergrund weiter die Strippen und verhindert, dass ein möglicherweise durchaus reformbereiter Nachfolger das Land erfolgreich transformiert. Sklerotisierung und Kleptokratie schleppen sich fort – und irgendwann, aus einem scheinbar beliebigen Anlass, hat das Volk die Nase voll, mag es auch von internen Machtkämpfen mobilisiert worden sein. Es folgen Gewalt, Chaos, Instabilität – und Moskau muss eingreifen, obwohl man das möglicherweise gar nicht gewollt hat. Reflexartig werden „ausländische Kräfte“ bezichtigt, an allem schuld zu sein. Lies: die USA oder so. Als ob die Amerikaner irgendein Interesse hätten, hinten in Zentralasien eine unkontrollierte Entwicklung loszutreten, bei der man sich nicht sicher sein kann, wer am Ende die Oberhand gewinnt.

Cicero Plus weiterlesen

  • Monatsabo
    0,00 €
    Das Abo kann jederzeit mit einer Frist von 7 Tagen zum Ende des Bezugzeitraums gekündigt werden. Der erste Monat ist gratis, danach 9,80€/Monat. Service und FAQs
    Alle Artikel und das E-Paper lesen
    • 4 Wochen gratis
    • danach 9,80 €
    • E-Paper, App
    • alle Plus-Inhalte
    • mtl. kündbar
  • Ohne Abo lesen
    Mit tiun erhalten Sie uneingeschränkten Zugriff auf alle Cicero Plus Inhalte. Dabei zahlen Sie nur so lange Sie lesen – ganz ohne Abo.

Bei älteren Beiträgen wie diesem wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen. Wir bedanken uns für Ihr Verständnis.

Tomas Poth | Mo., 7. Februar 2022 - 18:33

Oligarchentum usw. , ein grundsätzliches Problem in fast allen ehemaligen Nachfolgestaaten der Sowjetunion (Die Baltics vielleicht nicht?).
Demokratie nach unserem Verständnis ist da wohl eher in einem kümmerlichen Zustand. Aber darf man da überheblich und ungeduldig sein, nach jahrzehntelangem sozialistischem Joch, und wollen die Menschen überhaupt Demokratie? Ich wiederhole sozialistisch kommunistisches Joch und seit Merkel entwicklen wir uns immer weiter in die sozialistische Richtung.
Gute Nacht Marie, nicht mit mir!
Und dann noch die Frage was ist mit der Kleptokratie unserer Politiker, z.B. Maskenskandal oder Milliarden Subventionen für NGOs oder Parteistiftungen die als Vorfeldorganisationen den Parteien zuarbeiten?

Wer Frieden will darf andere nicht zu Feinden machen/erklären.
Wem es gar nicht um Frieden geht sondern um Vormachtstellung, der sitzt selbst im Glashaus!

Dr.Andreas Oltmann | Mo., 7. Februar 2022 - 19:07

Was für ein dummes, überhebliches Geschwätz eines ehemaligen Spitzendiplomaten, so kommt es mir vor. Die Bewunderung für Merkel „und was für ein Abgang!“, die „Entscheidung einfach in die Hand des Volkes zu legen“. Merkel hat sich in die Büsche geschlagen und ist in der Versenkung verschwunden, als ob sie nichts mit den letzten 16 Jahren zu tun gehabt hätte. Wahrlich kein Grund für Bewunderung.

Joachim Kopic | Mo., 7. Februar 2022 - 22:58

Antwort auf von Dr.Andreas Oltmann

... mir lieber ist: Ihr Vorgänger, der sich ein gutes Zubrot verdient (...hat ja auch einiges davon abzutreten ... Frauenpower ;) oder
die Dame, die sich - wenn ich sie richtig einschätze - irgendeinen internationalen "Politik-Posten" holen wird, bei dem sie da weiter macht, wo sie hier aufgehört hat.
Ich tendier in Sachen "lieber" eher zu ersterem ;)

Reinhard Oldemeier | Di., 8. Februar 2022 - 07:31

Antwort auf von Dr.Andreas Oltmann

Sie haben Rußland nicht wirklich bereist?
Rußland hat wirklich ein strukturelles Problem, nicht nur in der Infrastruktur sondern auch der Umweltschutz ist sehr vernachlässigt. Nur die schiere die Größe des Landes verdeckt die Probleme. Wer außerhalb von St. Petersburg oder Moskau war wird mich sicher verstehen. Viele mögen es als Folklore sehen, sein Trinkwasser noch aus dem Brunnen zu schöpfen. Aber in Neubausiedlungen geht mir die Folklore ab.
Rußland hat riesige Schritte gemacht, aber leider nur in den Hotspots. Die Menschen die auf dem Land leben wünschen sich sicher mehr Komfort. Das meine ich nicht überheblich. Es ist tatsächlich so. Die Menschen, die dort leben sind erfindungsreich und machen aus der gegebenden Situation das Beste. Nur die Nomenklatura wirft Ihnen ordentlich Knüppel zwischen die Beine. Deswegen ist die Analyse gut und auch das Beste was der Journalismus zur Zeit zu bieten hat.

Juliana Keppelen | Do., 10. Februar 2022 - 10:54

Antwort auf von Reinhard Oldemeier

Ich denke es ist richig was sie beschreiben. Was sie aber bemängeln finden sie innerhalb der EU Staaten genauso. Empfehle ihnen dazu eine Rundreise durch das Hinterland auf dem Balkan, Griechenland, Malta, auch in Teilen Schottlands oder Englands könnte man einiges beanstanden usw. nur um einige zu nennen und wenn in Polen nicht an jeder Kreuzung ein Schild stehen würde "Hier baut die EU....." und reichlich Euros fließen würden was glauben sie wo Polen wäre und andere Empfängerländer. Ich möchte das nicht als Arroganz ausgelegt wissen ich liebe die Länder und ihre Menschen die nicht perfekt sind ich möchte nur, dass wir das Prinzip "Splitter im Augen des anderen und Balken im eigenen Auge" durchbrechen. Ja Russland könnte vieles brauchen (und kann bezahlen) von uns und wir waren auf einem guten Weg (mit Schröder). Das hat einigen nicht gefallen und so schwingen wir (seit Merkel) strunzdumm, bei jeder noch so banalen Gelegenheit die Sanktionskeule das gibt Fleißsternchen im Pentagon.

Christoph Kuhlmann | Mo., 7. Februar 2022 - 20:09

Was Putin bisher erreicht hat, ist die Aufrüstung der Ukraine zu forcieren und Schweden und Finnland zu einer verstärkten Kooperation mit der NATO zu motivieren. Polen wird ebenfalls aufrüsten und eine deutsche Ampelkoalition sich möglicherweise genötigt sehen die übelsten Ausrüstungslücken der Bundeswehr zu verringern. Och habe mittlerweile den Eindruck, dass die Kriegsgefahr in den Medien übertrieben dargestellt wird. Die USA schicken 2000 Soldaten nach Europa und Deutschland gut 300 nach Litauen. Ich hoffe die Politik hat recht damit den Ball flach zu halten und uns bleiben Krieg und Boykott erspart. Die Europäer haben ein trauriges Talent sich gegenseitig zu marginalisieren. Die Kosten für die Konflikte sind enorm.

Brigitte Simon | Mo., 7. Februar 2022 - 22:18

Ihrem Kommentar schließe ich mich voll und ganz an.

Im Grunde genommen müßig, zu Rüdiger von Frisch´ Artikel Stellung zu nehmen. Lieber greife ich auf Winston Churchill zurück.
Er sagte, trotz Zigarre im Mund, folgende Worte
"Wenn man etwas nicht versteht, sollte man es nicht kommentieren".

Brigitte Simon | Di., 8. Februar 2022 - 15:43

Antwort auf von Brigitte Simon

Herrn von Frisch´Analyse des schwarzen Schwans ist einseitig. Denn sie bein-
durchaus auch eine positive Seite. Diese gibt Putin Sicherheit im vermeintlichen "Westlichen Wortbruch". Kaum eine andere Frage belastet das Verhältnis Rußlands zum Westen so stark, wie die Osterweiterung der NATO. Das russische Narrativ, Gorbatschow´ Zustimmung an Kohl zum Verbleib Deutschland´ in der NATO von 1990, fuße auf eine westliche Verpflichtung, das atlantische Bündnis nicht über die Grenzen Gesamtdeutschlands auszudehnen. Kaum eine andere Frage hat das Verhältnis zwischen Rußland und dem Westen so stark belastet wie die Osterweiterung der NATO. Im Narrativ des Kremls spielt dieser Schritt des atlantischen Bündnisses für Rußland eine zentrale Rolle. Es ist eine Schwächung und Erniedrigung für sie. "Ein "Westlicher Wortbruch" Man begann Militärbasen in nächster Nähe Rußlands zu ziehen, um die Nähe der NATO zu verhindern.

Auf der 43. Sicherheitsheitskonferenz im Februar 2007 sprach Putin davon.

Da hat Putin vor 15 Jahren mal seine Meinung zum Besten zu geben, und das sollte doch dann ...bitteschön....für alle Zeiten für den Westen bindend sein?

Sonst noch was? Vielleicht noch Russia Today als Pflichtprogramm, schon für Schulkinder?

Und ein Putin-Porträt in jede Amtsstube?

Schon doll: Ausgerechnet dort, wo man unter dem Kommunismus sowjet-russischer Prägung litt, biedert man sich heute Russland ganz besonders an.

Ruft nach Putin, der uns doch bitte gegen die verdammten Kriegsgewinnler, die USA, beistehen soll..

Anderswo meint eine Foristin, der Westen habe in Afghanistan nur Chaos angerichtet. Wie war das noch mal schnell, als die Russen das Land besetzt hatten, und irgendwann fast Hals über Kopf flüchten mussten?
Aber in Tschetschenien oder Georgien, da hat sich Russland im heldenhaften Kampf ausgezeichnet. Gegen kleine, chancenlose Nationen.

Putin, der große Kämpfer..

Clara Schwarze | Mo., 7. Februar 2022 - 23:42

Also, wenn das die offizielle Position der deutschen Botschaft war, wundert mich ehrlich gesagt nicht, dass man da diplomatisch vor die Wand gefahren ist. Verkürzt - wird sind toll und Russland ist eine verkleidete Tankstelle.
Außerdem stimmt einiges hier nicht. Jeder weiß doch, dass der Westen die FInger in diesen "bunten Revolutionen" hatte.
Natürlich nicht so sehr, wie der Kreml sagt - nur es dürfte klar sein, wo ein erhebliches Teil des Konfliktes herkommt.

Ernst-Günther Konrad | Di., 8. Februar 2022 - 08:59

Manchmal ist es besser, auch als ehem. Botschafter zu schweigen als zu glauben, mit einem solchen Artikelinhalt "helfen" zu können, das Desaster des falschen Umgangs mit Russland zu kaschieren. Ist das eine Bewerbung für eine neue Berufung in ein Amt? Was für eine Sichtweise. Ja, sie dürfen das natürlich so sehen und bewerten, sich die "Rosinen" herauspicken, die ihrer Argumentation hilfreich erscheinen lassen. Nur ist Ihre Sichtweise nicht die meine. Aber gut. Jeder wie er will. Nur eines. Wenn das Verhalten Putins ein Zeichen von Schwäche sein soll, haben die USA und die NATO den Grad von Schwäche bei sich selbst wohl nicht erkannt. Dann halten die sich ja selbst für stark, oder? Also, wovor haben die Angst?
@ Tomas Poth - Kleptokratie
Die scheint es bei dem Autor nur in Russland zu geben. Der Westen würde so etwas nie machen.
Da heißt es westliche Werte.
@ Dr. Andreas Oltmann -Merkel versteckt sich bis zur Wahl von Steinmeier. Sie darf ihn dann dort auch „mitwählen“.

Sebastian Niemeyer | Di., 8. Februar 2022 - 10:00

Ich hätte nicht erwartet, dass ein ehemaliger Botschafter so eine einseitige Sicht haben kann.

Es ist okay, ein Urteil zu fällen oder ein Fazit zu haben, keine Frage.

Von einen "spitzendiplomaten" würde ich mir Einsichten erhoffen und keine einseitigkeiten. Der obige Text bringt null Erkenntnis und viel lobhudelndes Geschwurbel.

Hans Meiser | Di., 8. Februar 2022 - 10:55

Schon lustig, wie der Herr von Fritsch uns seine naive und vom Blick durch die westliche/deutsche Brille stark verzerrte Sicht auf Russland hier schildert.
Ich habe zu lesen aufgehört, als er von einer sanften Revolution in RU zu träumen begann, und die selbstbewussten Russen mit den traditionell opportunistischen Polen verglich ...

Bernhard Marquardt | Di., 8. Februar 2022 - 11:08

Putin ist vorwiegend ein scharfsinniger Machtpolitiker.
„Verantwortliche“ der Bundesregierung „drohen“, bei einem militärischen Einsatz Russlands gegen die Ukraine würde Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen. Das heißt, sollte Russland nicht angreifen, sähe sich die Bundesregierung quasi im Wort, die Leitung freizugeben.
So setzt ein geschickter Schachspieler wie Putin sein Vorhaben durch. Ohne einen einzigen Schuss. Gegen strategisch armselige europäische, besonders über den Gashahn erpressbare deutsche Amateure.
Die militärische Bedrohung/Nötigung durch den massiven Aufmarsch war vermutlich das aus Putins Sichtweise das geeignete Mittel nicht nur zur Durchsetzung von Nord Stream 2.
Dieses Etappenziel erscheint bereits erreicht.
Putin wird bis zur Neige ausloten, welche der eigenen strategischen Ziele sich mit dieser Bedrohungslage noch erpressen lassen.
Das werden auch die weitschweifigen Einlassungen eines ehemaligen Botschafters in Moskau nicht verhindern.

Annette Seliger | Di., 8. Februar 2022 - 11:32

"schwarzen Schwan".

21 Jahre Demokratie Bemühungen des Westens in Afghanistan haben Putin sicher vor Angst erstarren lassen!

Anderes Beispiel? Regime Change in Libyen oder im Irak. Nur Chaos!

Unsere "Werte" bringen nur Chaos und Tod.

Respekt ist angesagt!

Ronald Lehmann | Mi., 9. Februar 2022 - 10:30

Ich erhebe mich über die anderen, weil ich nicht durch Taten & Demut glänze, sondern die anderen erniedrige & demütige.

Aber vielleicht auch Plan der Macht, um Putin näher an China zu bringen & binden, damit auch er in dieses neue "Wuhan-Gebilde" eingegliedert wird, um im Gleichschritt der neuen Weltordnung mit zu marschieren.
Denn wahre Motive bleiben meist in der Politik im dunklen, um das unappetitliche nicht zeigen zu müssen.